Was ich nach einem Jahr als Pastor gelernt habe

Artikel von Dallas Goebel
3. Juni 2015

Ich liebe es, zu lernen, zu lesen und mich mit Theologie und Dogmatik zu beschäftigen. Die Auseinandersetzung mit der Kirchengeschichte und schwierigen Fragen macht mir große Freude. Diese Dinge sind essentiell für den Zustand einer Gemeinde. Aber sie können nicht die Belehrung ersetzen, die Gott durch seinen Geist mittels seines Wortes an uns richtet.

„Wir haben noch nichts erkannt, wenn wir nicht durch den Hl. Geist gelehrt worden sind, der zum Herzen spricht und nicht zum Ohr.“ Dieser Satz stammt von Charles Haddon Spurgeon, der ihn nach 42 Jahren des Dienstes auf einer Konferenz gesagt haben soll. Er hatte gelernt, was es heißt, von Gott belehrt zu werden (Joh 6,45). Nun, ich habe 41 Jahre weniger Erfahrung, aber nach meinem ersten Jahr kontinuierlichen Predigens habe ich verstanden, was er damit meinte. Gottes Wort hat mit mir Augen für Wunder geöffnet (Ps 119,18) und der Dienst an seinem Volk hat es mir ermöglicht, sichtbare Ausdrücke von Gottes geistlichen Wahrheiten zu sehen.

Es sind vor allem drei Dinge, die ich in meinem ersten Jahr gelernt habe.

1. In meiner „Überbetonung“ der Ortsgemeinde hatte ich ihren wahren Wert immer noch verkannt

Ich hatte schon immer eine sehr hohe Sicht von der Gemeinde. Als meine Frau und ich uns zum ersten Mal gemeinsam einer Gemeinde anschlossen, war die Tatsache, dass die Gemeinde korrektive Gemeindezucht praktizierte, ein Grund für unsere Wahl.

Einige würden vielleicht meinen, ich würde zu viel Wert auf die Ortsgemeinde legen. Das liegt wohl daran, dass viele Evangelikale in der Gemeinde nicht das Volk Gottes sehen, das wie Israel dazu berufen ist, das Böse aus ihrer Mitte zu entfernen. Sie sehen in der Gemeinde eher ein Lokal, das Güter an die Konsumenten verkauft und eine gemütliche Kaffee-Ecke besitzt, wo Menschen ihre Lebensgeschichten teilen können. Sie sehen in der Gemeinde nicht den Tempel, in dem Gottes Gegenwart und seine Gebote gegenwärtig sind, sondern vielmehr eine Art Areopag, wo wir zusammenkommen, um etwas Neues zu hören.

Ich finde es erstaunlich, dass eine einjährige Predigtreihe durch den Epheserbrief mich gelehrt hat, das ich die Gemeinde nicht überbetont, sondern sogar unterbetont habe. Gott hat mir klar gemacht, wie klein mein Verständnis war. Vor dieser Predigtreihe beruhte mein Verständnis von Gemeindemitgliedschaft auf Texten wie Matthäus 18, 1. Korinther 5 und 2. Korinther 2. Hier war Gemeindezucht logisch impliziert. Jetzt aber beginnt mein Verständnis von Gemeindemitgliedschaft mit Gottes Plan vor Grundlegung der Welt, ein Volk für sich zu erschaffen und zu retten (Eph 1), das aus Menschen besteht, die durch die Versöhnung mit Gott auch untereinander versöhnt sind (Eph 2), um die Weisheit Gottes widerzuspiegeln (Eph 3), indem sie in Einheit leben und wachsen (Eph 4). Dieses Volk stellt die aufopfernde Liebe Christi unter der Leitung des Geistes dar (Eph 5), während es sich im Krieg gegen das Böse befindet und bis zum Ende durch Gebet ausharrt (Eph 6).

Gott legt einen größeren Wert auf seine Gemeinde als ich vor einem Jahr noch dachte!

2. Ein guter Pastor muss auch ein guter Gärtner sein

Vor meinem Einstieg in den Dienst, hatten wir immer in Wohnungen gelebt. Jetzt leben wir im Pfarrhaus unserer Gemeinde, was unter anderem bedeutet, dass wir zum ersten Mal einen eigenen Garten haben. Wir haben uns entschieden, einige Blumen und Pflanzen (mit komplizierten Namen) und einen Rasen zu pflanzen.

Als wir den Samen für den Rasen gesät hatten, bewässerten wir ihn täglich mehrere Male. Doch Wochen vergingen und nichts passierte. Wir waren ratlos. War mehr Dünger nötig? Mussten wir vielleicht den pH-Wert überprüfen?

Dann fing es an, regelmäßig zu regnen. Plötzlich ging die Saat auf. Das gleiche galt für die Blumen. Von einem auf den anderen Tag waren sie plötzlich da.

Ein guter Gärtner freut sich an dem, was er pflanzt. Er findet Freude an der kleinsten Frucht. So sollte es auch bei einem Pastor sein. Die Frucht erscheint nicht gleich nachdem der Same ausgestreut wurde. Ein Prozess muss durchlaufen werden. Es braucht Zeit und Geduld. Die Frage ist: Freuen wir uns über die kleinen Anfänge oder murren wir darüber, dass die Früchte noch nicht vollständig gereift sind?

Geistliche Früchte wachsen langsam. Die Gemeinde wird nicht sofort zu einem lebendigen, einheitlichen und reifen Volk, wenn wir einmal über Epheser 4 gepredigt haben. Aber wir können kleine Sprosse sehen: ein Kommentar hier, ein Gebet dort; eine Gabe hier, eine Diskussion dort. Lassen Sie uns Gott für diese Momente danken!

3. Das Volk Gottes muss Mr. Hermeneutik kennenlernen

Warum lesen so viele Christen furchtbare Bücher und hören sich unbiblische Predigten an, die sie für biblisch halten? Ich denke, ein Grund ist, dass sie nicht wissen, wie man die Hl. Schrift lesen und verstehen sollte.

Biblische Interpretation muss gelehrt werden. Ich glaube, wir gehen manchmal fälschlicherweise davon aus, die Menschen wüssten, wie die Bibel zu lesen ist. Als Theologen wurden wir in Biblischer Hermeneutik unterrichtet und vergessen dabei schnell, dass nicht jeder Christ Theologie studiert hat. Viele Christen, die die Bibel lesen, suchen nicht nach der Intention des Autors, sondern nach einer speziellen, persönlichen Offenbarung. Mystizismus liegt in der Luft, die unsere Kultur atmet.

Auslegendes Predigen wird den Menschen helfen, die Bibel richtig zu lesen, aber es braucht noch mehr. Wir können der Gemeinde beibringen, wie Gottes Wort zu lesen und zu verstehen ist – in der Sonntagsschule, Abendveranstaltungen, durch Jüngerschaftsbeziehungen oder in Hauskreisen. Wie wir das auch angehen, es muss höchste Priorität für uns haben, denn nur so können wir Menschen zu echten Jüngern machen.

Nehmen Sie diese drei Lektionen mit. Ich bin kein Veteran, aber Gott lehrt auch die Anfänger. Es gibt gute Zeiten und auch schwierige Zeiten. Aber auch wenn wir manchmal von Trockenheit geplagt sind und es scheinbar keine Frucht gibt, wollen wir uns in dem HERRN freuen, dem Gott unserer Rettung (Hab 3,17-18).


Dallas Goebel, What I’ve Learned After One Year of Preaching God’s Word
© 9MarksMinistries
Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung