Ja, die Bibel lehrt Gemeindemitgliedschaft (Teil 2)
Manchmal nehmen wir an, die frühe Kirche habe in einer Weise gelebt, die spannender ist, da alles, was wir im Neuen Testament finden, vor 2000 Jahren passiert ist. Es muss, davon gehen wir aus, organischer gewesen sein als heute. Doch vielleicht hat die Gemeinde es genauso praktiziert, wie wir es heute tun.
Entscheidungen durch Mehrheitsbeschluss
In 2. Korinther 2 kehrt Paulus zurück zu der Situation, der er schon in 1.Korinther 5 gegenüberstand (in welcher er der Gemeinde sagte, sie solle den unbußfertigen Mann aus ihrer Mitte entfernen) und weist die Gemeinde an, den Mann zurück in die Gemeinschaft zu führen. Der Mann kehrte um und sollte deswegen rehabilitiert werden. Doch werfen wir einen genauen Blick auf V. 2,6. Dort sagt Paulus der Gemeinde, dass sie gegen den Mann vorgehen soll, indem sein Bekenntnis zum Glauben „von den meisten“ abgelehnt wird. Wie haben sie eine Mehrheit hergestellt? Sie zählten! Offensichtlich stimmte die Gemeinde ab, ganz gleich, ob durch Stimmwahl, Händeheben oder Stimmzettel. Diese Wahl war das Mittel der Gemeinde, um zu sprechen, zu handeln und die Schlüsselgewalt auszuüben, die sie von dem König Jesus bekommen hat.
Die Grenze um Gottes Volk
Wenn wir alles zusammen führen, ist es wichtig, zu sehen, dass die Bibel immer wieder von Grenzen der Gemeinde spricht. Es gibt Leute, die drinnen sind und Leute, die draußen sind. Eindeutig. Es gibt „eine Anzahl“ und jemand ist Teil davon oder nicht.
Außerdem ist diese Realität eine offiziell anerkannte Beziehung. Die Gemeinde und der einzelne Christ erkennen an, dass eine solche Beziehung existiert und die Gemeinde ist in offizieller Weise aktiv, sowohl, um sie zu begründen, als auch, um sie aufzulösen. Um diese zu begründen, tauft sie (oder anerkennt eine frühere Taufe). Um diese aufzulösen, stimmt sie ab, um „jemanden Satan zu übergeben.“
Mitgliedschaft bedeutet Beziehung
Trotzdem bleibt die Frage: Spricht die Bibel irgendwo explizit über Gemeindemitgliedschaft? Ja. Sie verwendet sogar das Wort. In 1. Korinther 12 adressiert Paulus eine einzelne Gemeinde in der Stadt Korinth, wobei er ihnen erklärt, dass sie anstelle von gespalten und neidisch aufeinander zu sein, vereint sein sollten. Im Lauf der Argumentation sagt er in V. 12,27: „Ihr aber seid Christi Leib und, einzeln genommen, ein (Mit-)Glied.“
Da ist es doch. All diese Schattenbilder im Neuen Testament davon, jemanden der Gemeinde teilhaftig zu machen, ihn herauszunehmen aus der Gemeinschaft, und davon, das Leben in gemeinsamer Verbindlichkeit zu teilen, deuten auf das biblische Bild der lokalen Gemeinde als Leib Christi hin.
Mitgliedschaft bedeutet Verbindlichkeit
Das bedeutet: Mitgliedschaft ist kein kaltes, lebloses Wort, das nur etwas mit dem Namen auf einer Liste zu tun hat. Es ist ein lebendiges Wort aus Fleisch und Blut, das Teile eines Körpers beschreibt. Das meint letzten Endes das Wort „Mitglied“. Es ist ein wirklich faszinierendes Bild, da es anschaulich erfasst, was es bedeutet, Teil der „Anzahl“ in der Gemeinde zu sein.
Zunächst einmal unterstreicht es einfach die Wahrheit – welche wir immer wieder in der Bibel sehen –, dass die lokale Gemeinde eine Begrenzung hat. Lass dir das mal durch den Kopf gehen. Es ist eigentlich ziemlich klar, was Teil deines Körpers ist und was nicht. Vielleicht trägst du einen Ehering. Ich trage einen und dieser verlässt so gut wie nie meinen Finger. Er ist meinem Körper so nah wie etwas nur sein könnte. Man kann ihn sogar einen stets verbundenen Gefährten und Teilnehmer des Lebens meines Körpers nennen. Zugleich weiß ich, dass er nicht Teil meines Körpers ist. Außerdem, egal wie nah der Ring meinem Körper auch sein mag, nimmt er nicht wirklich teil am Leben meines Körpers, seinen Freuden oder seinen Schmerzen. Wenn ich meinen Zeh stoße, reagiert mein Ring nicht. Mein Finger hingegen tut es.
Mitgliedschaft ist kein modernes westliches Konzept
Bei Gemeindemitgliedschaft geht es nicht notwendigerweise darum, irgendetwas zu unterschreiben oder deinen Namen in eine Liste oder in ein Heft eintragen zu lassen. Es geht darum, dass es eine gemeinsame, offiziell anerkannte Beziehung zwischen einem Christen und der Gemeinde gibt. Beide Seiten sagen auf eine Weise, dass sie von der jeweils anderen Seite anerkannt ist: „Ich bin mit dir verbunden“. Ich werde deine Freude und dein Leid teilen. Ich werde Verantwortung für dich übernehmen. Ich werde dich lieben und für dich sorgen. Dies bedeutet Mitgliedschaft. Es ist kein modernes westliches Konzept, sondern vielmehr eine tiefe biblische Realität, die aus der geistlichen Einheit Christi und seiner Gemeinde entspringt – die Realität dessen, dass jede lokale Gemeinde der Leib Christi ist und wir als einzelne Christen dessen Glieder sind.
Greg Gilbert ist leitender Pastor der Third Avenue Baptist Church in Louisville, Kentucky (USA). Er hat mit einen B.A. an der Yale University und mit einen MDiv. am The Southern Baptist Theological Seminary abgeschlossen. Er ist der Autor von What Is the Gospel? (dt.: Was ist das Evangelium?, 3L Verlag) und der Mitautor von What Is the Mission of the Church? (dt.: Was ist der Missionsauftrag der Gemeinde?, 3L Verlag). Im Jahre 2015 war er Hauptredner der Evangelium21-Konferenz, seine Vorträge können hier nachgehört werden.