Lieber Pastor, gib nicht auf!
Veränderung braucht Zeit
Stell dir vor, du hättest Mäuschen gespielt, als Gott die Schöpfung ins Dasein gerufen hat (unmöglich, da Gott die Schöpfung aus dem Nichts erschuf, aber du verstehst, was ich meine). Durch sein Wort platzierte Gott die Sterne am Himmel und setzte die Zeit in Bewegung.
Es gibt zu viele Galaxien, um sie alle zu zählen. Allein in der Milchstraße befinden sich 100.000 Millionen Sterne, und jeder einzelne ist wunderschön. Das ist Gottes Werk. Seine Kreativität lässt Rembrandt und Picasso wie Kleinkinder erscheinen, die mit Buntstiften auf einer Wand herumkritzeln. Gott arbeitete, er arbeitete schnell und er arbeitete perfekt.
Als ich als Rechtsberater im US-Senat beschäftigt war, arbeitete ich mehr als ein Jahr lang an einem Gesetzesentwurf, der nie zum Gesetz wurde – monatelange Arbeit, ohne etwas erreicht zu haben. Gott ist nicht so. Er ist immer produktiv und die Geschwindigkeit, mit der er den Kosmos erschuf, ist absolut überwältigend.
Aber Gott arbeitet nicht immer schnell. Sein Erlösungsplan zum Beispiel entfaltet sich ziemlich langsam. Frag mal Joseph, der zwei Jahre im Gefängnis verbracht hat, bevor er in der Lage war, sein Volk zu retten (1Mose 41,1). Denk an das Volk Israel, das 400 Jahre in Ägypten gearbeitet hat (Apg 7,6), bevor es von der Milch und dem Honig des verheißenen Landes kostete. Elia erduldete schwere Verfolgung durch Ahab und Isebel, bevor er das sanfte Säuseln des Herrn hörte (1Kön 19,1–8.12).
„Die Glaubenshelden im Hebräerbrief sind eine ernüchternde Erinnerung daran, dass Gottes Zeitplan nicht unserer ist.“
Gott ist manchmal still, auch wenn seine Kinder leiden (Ps 28,1; Jes 42,14). Die Glaubenshelden im Hebräerbrief sind eine ernüchternde Erinnerung daran, dass Gottes Zeitplan nicht unserer ist. Auf dieser Seite des Himmels bleiben unsere Wünsche oft unerfüllt. Obwohl sie voller Glauben waren, haben sie „das Verheißene nicht erlangt” (Hebr 11,39) – denn ihre Belohnung sollte erst noch kommen.
Wir sind versucht zu glauben, dass Gott, der die Dinge schnell erschafft, uns schnellstmöglich durch die Trübsal führen sollte. Aber das tut er nicht. Gott neigt dazu, sowohl damals als auch heute langsam zu arbeiten.
Eine Frau leidet unter chronischen Schmerzen und hat nie einen Tag der Linderung. Jemand anderem wird eine Beförderung versprochen, sie kommt aber nie. Ein Kind ist an einen Rollstuhl gebunden. Eine Kirche kämpft darum, zu wachsen. Und selbst wenn sich Erfolg einstellt, geschieht es fast immer nach langer mühevoller Arbeit. Ein Running Back in der NFL holt den Super Bowl erst, nachdem er seinen Körper über Jahre im Fitnessstudio trainiert hat. Der Hochschulprofessor ist seinem Lehrstuhl nicht gewachsen, wenn er zuvor nicht Jahre in der Bibliothek verbracht hat.
Und ein Pastor sieht kein Wachstum – kein wirkliches Wachstum –, ohne Jahre auf den Knien ausgeharrt zu haben.
Das ist typisch für Gottes Wirken, und das erfordert Geduld.
Nahe daran aufzugeben
Als ich nach Atlanta kam, wo ich derzeit diene, fühlte ich mich bereit, Pastor zu werden. Ich hatte die letzten 12 Jahre damit verbracht, mich auf den Dienst vorzubereiten. Ich hatte zur Wiederbelebung zweier Gemeinden beigetragen. Ich hatte eine theologische Ausbildung absolviert und war von hervorragenden Lehrern unterrichtet worden. Ich hatte mir ein Bild davon gemacht, sowohl anhand der Schrift als auch aus eigener Beobachtung, was eine angeschlagene Gemeinde benötigt. Doch ein paar Jahre nachdem ich meinen Dienst hier begonnen hatte, war ich mir meiner Zukunft nicht mehr so sicher. Ich fühlte mich wie ein Athlet, der die richtigen Bewegungen kennt, aber nicht weiß, ob er die erforderliche Sportlichkeit hat, um die Mannschaft mitzutragen.
Vielleicht hast du eine ähnliche Geschichte. Nach und nach verließen die Leute unsere Gemeinde. Kritik häufte sich. Deine Predigten sind zu lang. Den Gottesdiensten fehlt es an Freude. Wir müssen uns mehr unter Studenten engagieren. Du konzentrierst dich zu sehr auf die Mitgliedschaft. Du redest zu viel über das Kreuz. Andererseits wurde ich auch sehr ermutigt. Ich erinnere mich deutlich an einen älteren Mann, der mir liebevoll sagte, ich solle durchhalten. Aber Kritik schallt in den Ohren der Ungeduldigen lauter als Ermutigung.
Ich war lange genug im Dienst, um zu wissen, dass ein guter Leiter nicht alle glücklich machen wird. Trotzdem begann ich mich zu fragen, ob ich das Zeug dazu habe, diese bestimmte Kirche in die richtige Richtung zu bewegen. Waren meine „Fähigkeiten“ ausreichend, um die notwendige Veränderung in diese Gemeinde zu bringen? Ja, Gott baut seine Gemeinde. Nein, Gott braucht meine „Redeweisheit“ nicht (1Kor 1,17). Ja, Gott „gibt das Gedeihen“ (1Kor 3,7). Ich wusste das alles mit meinem Verstand, aber mein Herz keuchte hinterher und versuchte, mit meinem Kopf Schritt zu halten. In meinem sündigen Stolz dachte ich, wenn ich die Gemeinde nur besser führen könnte, würden sich die Dinge schneller verändern.
„Diejenigen, die in einer gefallenen Welt arbeiten, werden ständig von Dornen gestochen.“
Ich war versucht aufzugeben.
Pastoren sind nicht die einzigen, die auf diese Weise kämpfen. Ehen gehen durch Schwierigkeiten. Freundschaften durchleiden Durststrecken. Es gibt Zeiten, in denen du auf der Arbeit alles richtig machst, nur um zu sehen, dass das Projekt fehlschlägt. Diejenigen, die in einer gefallenen Welt arbeiten, werden ständig von Dornen gestochen (1Mose 3,18). Inmitten all dessen ist Geduld nicht nur eine Option.
Lerne vom Senfkorn
In jener Anfangszeit meines Dienstes war mir Jesu Gleichnis vom Senfkorn eine große Hilfe. Darin sagt er, dass das Reich Gottes wie „das kleinste ist unter allen Samen auf Erden“, doch „wenn es gesät ist, geht es auf und wird größer als alle Gartengewächse" (Mk 4,30–32). Mit anderen Worten: Erfolg ist nicht immer sichtbar.
Es dauert Jahre, bis ein winziges Senfkorn zu der Pflanze wird, die alle anderen in den Schatten stellt. Warum habe ich angenommen, dass ich noch in diesem Leben Frucht sehen würde? Im pastoralen Dienst gibt es keine solchen Garantien. Keine. Gott segnet einige Gemeinden mit schnellem, radikalem und atemberaubendem Wachstum. Aber meistens arbeitet er langsam wie ein Senfkorn, das auf fruchtbarem Boden wächst.
Du magst versucht sein aufzugeben. Und vielleicht solltest du eine Veränderung anstreben. Ich schreibe nicht, um dir zu raten, es nicht zu tun. Ich möchte nur, dass du weißt, dass Warten möglich ist, weil Gott es liebt, seinen Dienern Geduld zu schenken.