Im Kampf gegen falsche Lehren
Wie Frieden und Reinheit der Gemeinde bewahrt werden können
Weil er schon mehr als zwei Jahrzehnte im christlichen Dienst war, hatte Pastor Werner bereits einige herausfordernde Gemeindesituationen miterlebt. Er war Zeuge der spaltenden Auswirkungen von Streitigkeiten über Lobpreisstile. Er hatte Wellen von Techniken und Methoden für den christlichen Dienst gesehen, die an die Gemeinde herangeschwappt waren. Er hatte sogar die Zerstörung infolge eines moralischen Falls eines Pastors aufgeräumt. Aber nichts hatte ihn auf die zersetzende Wirkung vorbereitet, die durch die falsche Lehre einer neuen Familie in der Gemeinde ausgelöst wurde.
Die Schmidts waren die Art Familie, die sich jeder Pastor erträumt. Sie waren freundlich, hatten eine starke Ehe mit gottesfürchtigen Kindern und waren bereit, in der Gemeinde mitzuarbeiten. Nach nur wenigen Monaten hatte der Vater sich bereit erklärt, im Kindergottesdienst zu lehren, die Mutter in der Kleinkinderbetreuung zu helfen und ihre jugendlichen Kinder dienten im Lobpreisteam. Es gab nur ein Problem: Die Schmidts hatte eine falsche Sicht über die Lehre der Bibel bezüglich Ehescheidung und Wiederheirat. Sie glaubten, dass Wiederheirat nach einer Scheidung niemals erlaubt sei. Sie glaubten, dass jede Ehe dieser Art in Wirklichkeit „Ehebruch“ war, egal welche Umstände zur Scheidung geführt hatten, und sie behielten ihre Ansicht nicht für sich. Bald hörte Pastor Werner von Gemeindemitgliedern, die darum besorgt waren, wie Herr Schmidt seine Position in der Gemeinde verfocht. Nach dem Gottesdienst oder zwischen zwei Gottesdiensten näherte er sich einem Ehepaar und unter dem Vorwand, sie kennen lernen zu wollen, fragte er sie über ihre Ehe aus. Wenn sie vorher verheiratet gewesen waren, riet Herr Schmidt dem Paar, sich scheiden zu lassen, und erinnerte sie daran, dass Gott gedroht hat, Ehebrecher zu richten und dass Ehebrecher keinen Platz im Reich Gottes haben. Diese Befragungen waren genug, um eine echte Glaubenskrise im Leben mancher Leute hervorzurufen, und Pastor Werner wusste, dass er Herrn Schmidt konfrontieren musste.
Als sie sich trafen, beschuldigte Herr Schmidt Pastor Werner, dass dieser wie die anderen Pastoren der früheren Gemeinden wäre, die die Schmidts besucht hatten (und von denen sie ausgestoßen worden waren): „Sie wollen nicht für die Wahrheit einstehen“, sagte er. Obwohl Pastor Werner die Schmidts nicht aus der Gemeinde warf, machte er ihnen klar, dass ihre Ansichten den Frieden der Gemeinde störten und nicht der Lehre der Gemeinde entsprachen. Er sagte Herrn Schmidt, dass er seine Ansichten in der Gemeinde nicht verbreiten dürfe. Nach ein paar angespannten Wochen zogen sich die Schmidts von allen freiwilligen Diensten in der Gemeinde zurück und starteten eine Hausgemeinde mit ein paar Freunden aus der Gemeinde, die ihre Ansichten teilten.
Leider kommt dieser Fall so oder so ähnlich sehr häufig vor. Viele Pastoren mühen sich nicht nur im Wort, um das Volk Gottes mit den Werkzeugen auszurüsten, um als Fremdlinge in einer feindseligen Kultur zu leben, sondern müssen auch in einem Nachhutgefecht gegen falsche Lehre innerhalb der Gemeinde kämpfen. Selbst wenn die entsprechende Lehre nicht den Kern des Evangeliums berührt, kann der Frieden und die Reinheit der Gemeinde erschüttert werden. Statt die Einheit durch das Band des Friedens zu bewahren, wie Jesus in Johannes 17,22–23 betet und Paulus in Epheser 4,1–3 erklärt, wird eine Gemeinde durch falsche Lehre gespalten und verstört.
Wir sollten von der Gefahr, die falsche Lehre erzeugt, nicht überrascht sein. Wir schließen unsere Haustüren ab, weil wir wissen, dass es Menschen gibt, die unsere Haushaltsgüter stehlen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Auf gleiche Weise sollten wir voraussehen, dass Wölfe in die Gemeinde kommen werden, die die Herde nicht schonen (Apg 20,29). Das Wissen um die Probleme, die kommen werden, sollte die Leiter der Gemeinde anstacheln, aufmerksame Wächter zu sein, die bereit sind, den Frieden und die Reinheit der Gemeinde zu schützen. Ein Wort der Warnung jedoch: Spiele die zwei Tugenden nicht gegeneinander aus! Wir können so bedacht darauf sein, den Frieden zu bewahren, dass wir in lehrmäßige Nachlässigkeit schliddern. Auf der anderen Seite können wir so darauf bedacht sein, die Reinheit zu bewahren, dass unsere Wachsamkeit zu Misstrauen und Furcht degeneriert.
Also, was können wir tun, um den Frieden und die Reinheit der Gemeinde zu bewahren? Obwohl wir nicht jeden Angriff des Feindes gegen die Gemeinde verhindern können, werden ein paar einfache Schritte helfen, den Schaden zu verhindern, den falsche Lehre in einer Ortsgemeinde anrichten kann.
Erstens, halte hohe Erwartungen an ordinierte und nicht ordinierte Leiter aufrecht. Der Apostel Paulus sagt Timotheus und Titus, wonach sie Ausschau halten sollen, wenn sie Leiter für ihre neuen Gemeinden einsetzen wollen. Ihre Ältesten und Diakone sollten gesunde Theologie, gottesfürchtigen Charakter und ein positives Zeugnis in der Welt haben (1Tim 3,1–7; Tit 1,5–9). Stellen unsere Ortsgemeinden sicher, dass ihre Leiterschaftskandidaten den Qualifikationen des Apostels Paulus entsprechen? Ich befürchte, dass in manchen Gemeinden diese Qualifikationen beiseitegelegt werden, weil der entsprechende Kandidat ein erfolgreicher Geschäftsmann ist, eine starke Persönlichkeit hat oder der Gemeinde viel Geld gespendet hat (oder möglicherweise spenden wird). Die Gemeinde sollte Leiterschaft erwarten, die den apostolischen Vorgaben entspricht, nicht den Vorgaben einer säkularen Unternehmensführung.
Zweitens, sei ein Teil der Lösung und nicht ein Teil des Problems. Gemeindeleiter lesen weitreichend, um sich darauf vorzubereiten, Gottes Volk zu lehren, aber, wenn wir eine gesunde Ernährung mit guter Theologie sicherstellen wollen, müssen wir regelmäßig Autoren und Bücher zitieren, die die Menschen nicht in die Irre führen. Die gute theologische Einsicht aus einer schlechter Quelle oder einem heterodoxen Denker ist es nicht wert, das Volk Gottes zu verwirren. Schau dir die Bücher in deiner Gemeindebibliothek genau an; überprüfe die Bücher, die auf dem Büchertisch liegen. Verweisen die Bücher dort Menschen auf unser theologisches Zentrum oder ermutigen sie eine „radikale Theologie“, die die Menschen in der Gemeinde auf einen unbekannten Weg führt? Gemeindeleiter sollten ihren Einfluss gebrauchen, um die Menschen regelmäßig auf das Bewährte und Wahre zu verweisen statt grenzwertige Produkte auszutesten.
Drittens, erinnere dich daran, dass der ganze Dienst aus dem sonntäglichen Dienst am Wort fließt. Gemeindeleiter sollten regelmäßig mit den Hauskreisleitern sprechen, um zu erfahren, wie die Kleingruppen in der Gemeinde in Beziehung zum Gottesdienst der versammelten Gemeinde am Sonntag stehen. Es ist leicht, für Kleingruppen zu „Silos“ zu werden, die von dem größeren Dienst der Gemeinde losgelöst sind. Diese Isolation kann die Stimme eines Leiters über die ordinierte Leitung der Gemeinde erhöhen und ihnen eine Plattform geben, falsche Lehren in die Gemeinde zu bringen. Diese Gefahr kann zum Teil verringert werden, indem man sorgsam auswählt, wer Kleingruppen in der Gemeinde leiten und lehren darf, und indem man sorgsam einen Studienplan bestimmt, den jede Gruppe verwendet. Gewöhnlich ist jedoch noch ein weiterer Schritt notwendig: versammle Kleingruppenleiter und Bibellehrer regelmäßig für Training, Gebet und Ermutigung. Stelle sicher, dass sie ihren Dienst als Erweiterung des Dienstes am Wort sehen – nicht als Konkurrenz zu diesem Dienst. Pastoren, Älteste, Diakone und ehrenamtliche Leiter müssen in den Diensten, zu denen Gott sie berufen und begabt hat, zusammenarbeiten. Zusammen – „nach dem Maß der Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Gliedes“ – erbaut sich der Leib Christi selbst auf in Liebe (Eph 4,16).
Leider kann, trotz unserer besten vorsorglichen Mühen, eine Konfrontation manchmal notwendig sein, wenn wir entdecken, dass falsche Lehre in der Gemeinde Wurzel geschlagen hat. Deshalb ist der vierte Schritt, das schwierige Werk der Konfrontation anzugehen. Obwohl sich Menschen online grauenhafte Sachen an den Kopf werfen, geschützt durch die Anonymität des virtuellen Raums, leben wir in einem Zeitalter, das Konfrontationen scheut. Unser Wunsch, „nett zu sein“, führt uns manchmal dazu, schwierigen Gesprächen aus dem Weg zu gehen. Diejenigen, die weise im Glauben sind, die älteren Brüder und Schwestern, die Väter und Mütter der Gemeinde sind, müssen bereit sein, Menschen, die den Frieden und die Reinheit der Gemeinde stören, sanft zurechtzuweisen.
Pastor Wernes Beispiel in der Geschichte oben ist hier hilfreich. Er erklärte Herrn Schmidt fest, aber sanft, die Position der Gemeinde. Er kehrte die Sache nicht unter den Teppich (hoffend, dass sie von selbst besser wird), noch reagierte er über (indem er ihn öffentlich zurechtwies oder aus der Gemeinde warf). Jede Möglichkeit, die wir haben, um den Frieden und die Reinheit der Gemeinde zu schützen, ist auch eine Möglichkeit des persönlichen Dienstes an denen, die im Irrtum sind.
Während die Ältesten der Gemeinde besonders dazu beauftragt sind, die Gemeinde vor falscher Lehre zu schützen, sind trotzdem alle Menschen in der Gemeinde dazu berufen, Beröer zu sein (Apg 17,11) und „das Gute zu behalten“, nachdem sie die gehörte Lehre geprüft haben (1Thess 5,21). Wenn Gott unsere Bemühungen segnet, ist das Ergebnis eine sichere Gemeinde, in der Männer, Frauen und Kinder Gewissheit haben können, dass Gott zu ihnen durch den Dienst des Wortes redet und ihnen Sonntag für Sonntag in der versammelten Anbetung der Gemeinde dient.
Für den Frieden und die Reinheit der Gemeinde zu arbeiten ist normalerweise kein glamouröses Werk. Es benötigt die harte Arbeit des Studiums und einen beständigen Charakter. Man steht manchmal in der Versuchung, verzweifelt die Hände sinken zu lassen. Erinnere dich in diesen Momenten daran, dass während der Frieden und die Reinheit der Gemeinde jetzt wie eine zerbrechliche Realität erscheint, unser Streben danach ruht auf der verheißenen Zukunft Gottes. Ein Tag wird kommen, wenn die Pforten des neuen Jerusalems niemals verschlossen werden und wenn Gottes Volk niemals mehr in Gefahr stehen wird (Offb 21,27). Ein Tag wird kommen, wenn Jesus sich die Gemeinde selbst darstellt als eine reine und tadellose Braut (Eph 5,27). Wir arbeiten für den Frieden und die Reinheit der Gemeinde mit diesem Tag im Sinn, gewiss, dass er in Gottes Zeit kommt.