Paulus’ Damaskus-Erfahrung
[Saulus] ist mir ein auserwähltes Werkzeug, um meinen Namen vor Heiden und Könige und vor die Kinder Israels zu tragen! Denn ich werde ihm zeigen, wieviel er leiden muss um meines Namens willen. (Apg 9,15–16)
Der Gott unserer Väter hat dich vorherbestimmt, seinen Willen zu erkennen und den Gerechten zu sehen und die Stimme aus seinem Mund zu hören; denn du sollst bei allen Menschen ein Zeuge für ihn sein von dem, was du gesehen und gehört hast. (Apg 22,14–15)
Aber steh auf und stelle dich auf deine Füße! Denn dazu bin ich dir erschienen, um dich zum Diener und Zeugen zu bestimmen für das, was du gesehen hast und für das, worin ich mich dir noch offenbaren werde; und ich will dich erretten von dem Volk und den Heiden, unter die ich dich jetzt sende, um ihnen die Augen zu öffnen, damit sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Herrschaft des Satans zu Gott, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbteil unter denen, die durch den Glauben an mich geheiligt sind! (Apg 26,16–18)
Der erste dieser Berichte enthält Jesu Worte an Ananias in Damaskus; der zweite Ananiases Worte an Saulus in Damaskus; der dritte Jesu Worte an Saulus auf dem Weg nach Damaskus.
Wenn wir diese Berichte zusammennehmen, lernen wir zwei Dinge über die Berufung des Saulus und seine Bekehrung: wozu Jesus Saulus berief, es zu tun, und was Jesus durch Saulus tun würde. Erstens sehen wir, dass Saulus anvertraut wurde, Jesu Namen vor die Menschen zu tragen (Apg 9,15). Dazu wurde Saulus als Jesu „Zeuge“ (Apg 22,15) und als sein „Diener und Zeuge“ (Apg 26,16) eingesetzt. Was ihn als Jesu Zeuge ertüchtigte, war, dass er den auferstandenen Jesus sowohl gesehen als auch gehört hatte (Apg 22,15; 26,16; 1Kor 9,1). Das Gebiet des Zeugendienstes von Saulus waren nicht nur die Menschen in Damaskus oder Jerusalem. Er war zu den „Heiden und Königen und den Kindern Israels“ gesandt (Apg 9,15; siehe 26,17). Saulus würde gegenüber allen Arten von Menschen Zeugnis geben, aber er hatte eine besondere Berufung, Jesus unter den Heiden zu bezeugen.
Zweitens sagen uns diese Berufungsworte, dass Jesus ein großes Werk in dem Leben von Menschen in Verbindung mit dem Zeugnisdienst von Saulus vollbringen würde. Insbesondere würde Jesus „ihnen die Augen öffnen“, das heißt, die Augen der Menschen, denen Saulus von Jesus bezeugte. Sie würden sich „bekehren von der Finsternis zum Licht“ (Apg 26,18), von der Blindheit zum Sehen. Natürlich machte Saulus die gleiche Erfahrung durch – durch Ananias: „Und sogleich fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er konnte augenblicklich wieder sehen“ (Apg 9,18). Diese Erfahrung, bei der Jesus die Augen eines Menschen öffnet, geschieht, für sowohl Paulus als auch für seine Zuhörer, in Verbindung mit Jesu Worten. Saulus hörte die Worte Jesu, wurde blindgeschlagen und erlangte daraufhin erneut das Augenlicht. Auf gleiche Weise würden die Zuhörer des Saulus die Worte Jesu durch Saulus hören und von der Blindheit zum Sehen gebracht werden.
Saulus diente demnach als Muster und Vorbild dessen, was Jesus Christus im Leben der Männer und Frauen tun würde, die das Zeugnis von Saulus über Jesus hörten. Wir können schließen, dass das, was Jesus im Leben der Hörer von Saulus tun wollte, er schon im Leben von Saulus selbst getan hatte.
In Apostelgeschichte 26,18 bekommen wir einen Einblick in das Werk Jesus Christi im Leben von den Zuhörern des Saulus und in Saulus selbst. Jesus, wie Paulus sagt, „öffnet Augen, damit [Menschen] sich bekehren von der Finsternis zum Licht“. Ein Ziel des Augenöffnens ist, dass Menschen von der „Finsternis“ zum „Licht“ gebracht werden. Im 2. Korintherbrief beschreibt Paulus den Beginn des christlichen Lebens auf genau dieselbe Weise. „Bei den Ungläubigen, denen der Gott dieser Weltzeit“, das heißt der Teufel, „die Sinne verblendet hat“. Als Folge davon werden die Ungläubigen davon abgehalten, „das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit des Christus zu sehen, welcher Gottes Ebenbild ist“ (2Kor 4,4).
Wie überwindet der wahre und lebendige Gott das Verblendungswerk des „Gottes dieser Weltzeit“? Gott „hat es auch in unseren Herzen licht werden lassen, damit wir erleuchtet werden mit der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi“ (2Kor 4,6). Dieses Werk der Erleuchtung vertreibt die satanische Blindheit, welche diese Menschen einst gefangen hielt. Paulus beschreibt dieses Werk als nichts geringeres als ein Werk der Neuschöpfung: „Denn Gott, der dem Licht gebot, aus der Finsternis hervorzuleuchten, er hat es auch in unseren Herzen licht werden lassen, damit wir erleuchtet werden mit der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi“ (2Kor 4,6). Paulus zitiert den Schöpfungsbericht aus 1. Mose 1,3. Das Werk, das Paulus im Leben eines Gläubigen beschreibt, ist demnach ein Werk der Neuschöpfung. Es ist ein Werk souveräner Allmacht. Gott ist wirkend; auf das Geschöpf wird eingewirkt. Die Wirkung dieses Werkes, so betont Paulus, ist, dass Menschen befähigt werden, „das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit des Christus“ zu sehen (2Kor 4,4). Sie verstehen die Botschaft nunmehr nicht bloß auf intellektueller Ebene, sie finden auch Gefallen am Evangelium und wenden sich ihm zu. Sie finden insbesondere Gefallen an dem Christus dieses Evangeliums und wenden sich Ihm zu.
Aber Jesu Werk des Augenöffnens bei den Menschen, denen das Evangelium verkündigt wird, hat eine weitere Wirkung. Menschen, deren Augen geöffnet wurden, bekehren sich „von der Herrschaft des Satans zu Gott“ (Apg 26,18). Gewiss, sie werden aus einem Zustand der geistlichen Blindheit gerettet. Aber es geht noch um mehr. Paulus entfaltet diese Wirklichkeit in seinem Brief an die Kolosser: „[Der Vater] hat uns tüchtig gemacht, teilzuhaben am Erbe der Heiligen im Licht. Er hat uns errettet aus der Herrschaft der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe, in dem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Sünden“ (Kol 1,12–14). Paulus charakterisiert den Anfang des christlichen Lebens mit der Versetzung aus der „Finsternis“ ins „Licht“. Früher waren wir unter der „Herrschaft der Finsternis“. Der Vater hat uns „versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe“. In diesem Reich wohnen „die Heiligen im Licht“, von denen alle Erben sind. Diese Versetzung geschieht von einem Reich (Finsternis) in ein gegensätzliches Reich (Licht). Die Gläubigen sind diejenigen, die aus einer Daseinsweise herausversetzt und in eine gänzlich neue Daseinsweise gebracht wurden.
Was charakterisiert das Leben derjenigen, die souverän in das Reich Christi versetzt worden sind? Sie sind Heilige. Das heißt, sie sind von der Welt und für Gott ausgesondert. Sie sind ihm geweiht und dazu berufen, ihr ganzes Leben dementsprechend auszurichten. Sie sind Erben. Sie haben „Erlösung“, die Paulus als „Vergebung der Sünden“ beschreibt, das heißt, die Vergebung „all [ihrer] Übertretungen“ (Kol 1,12.14; 2,13). Genau diese Klänge stimmt Paulus in Apostelgeschichte 26,18 an. Das Werk Christi im Leben von Sündern ist dergestalt, dass sie „Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbteil unter denen, die durch den Glauben an [Jesus] geheiligt sind“.
Wir können das rettende Werk, das Jesus Christus im Leben von Männern und Frauen vollbringt, die das Evangelium hören, welches Paulus beauftragt war, zu verkünden, folgendermaßen zusammenfassen: Menschen werden aus satanischer Finsternis in göttliches Licht gebracht. Sie werden aus der Herrschaft Satans in das Reich Christi hineingerettet. Ihnen wird vergeben, sie werden geheilt und zu Erben gemacht. Sie werden tüchtig gemacht, an Jesus Christus als auferstandenen Retter und Herrn zu glauben. Nicht nur die Zuhörer von Paulus erfahren diese Wirklichkeiten, sondern Paulus selbst erfuhr diese Realität bei seiner Bekehrung auf dem Weg nach Damaskus. Es war die Absicht von Christus, dass derjenige, der das Evangelium zu den Heiden bringen würde, aus erster Hand die rettende Kraft dieses Evangeliums in seinem eigenen Leben erfahren würde.