Ist Christus genug?

Artikel von Augustus Nicodemus
31. Januar 2018 — 4 Min Lesedauer

In dem Brief, den er an die Kolosser schrieb, hatte Paulus mit einer falschen Lehre zu kämpfen, die die Gelehrten oft als die „Häresie von Kolossä“ bezeichnen. Diese Beschreibung rührt von dem einzigartigen Charakter dieser Lehre, und sie scheint nur in dieser Region floriert zu haben. Es war eine Kombination aus jüdischen Elementen und asketischen sowie mystischen Praktiken – alle verbunden durch einen Gnostizismus im Anfangsstadium. Ihre Unterstützer hatten es geschafft, die christliche Gemeinde in Kolossä zu infiltrieren und wahrscheinlich auch Gemeinden in anderen Städten im Flusstal des Lycus. Wir haben keine Hinweise, dass diese Sekte sich an anderen Orten niederließ.

Es scheint so, dass der Anreiz dieser gefährlichen Sekte für Christen ihr Versprechen auf Fülle, Vollkommenheit und Zufriedenheit in Gott durch ein besonderes Wissen (gnosis) war, welches nicht vorher durch den Dienst der Apostel Jesu Christi offenbart worden war. Diese gnosis beinhaltete jüdische Praktiken wie Beschneidung, die Speisegebote und den religiösen Kalender in Verbindung mit asketischen Praktiken und mystischen Anbetungsformen, die auf Kontakt mit Engeln beruhten. Wir können ableiten, dass die Christen in Kolossä angefangen hatten, den Vertretern dieser Lehren Aufmerksamkeit zu schenken. Paulus schreibt diesen Brief, um sie davon abzuhalten, diese Lehren vollständig zu übernehmen.

Die Zentralität Christi

Das Hauptargument von Paulus in dem Brief ist, dass die Christen in Jesus Christus schon alles haben, was diese Sekte fälschlicherweise anbot: Ganzheit, Fülle, Vollkommenheit und Zufriedenheit in Gott. Mit anderen Worten, Paulus antwortete auf die falschen Lehren, indem er die Genugsamkeit Christi hervorhob.

Sein Argument zielt zunächst auf die Person Christi ab. Er ist „das Ebenbild des unsichtbaren Gottes“ (Kol 1,15), in dem, durch den und für den alle Dinge geschaffen wurden (Vers 16). Er ist vor allem; und alles hat seinen Bestand in ihm (Vers 17). Er ist der Erstgeborene aus den Toten und in allem der Erste (Vers 18). Es gefiel Gott, in ihm alle Fülle wohnen zu lassen (Vers 19) und durch ihn versöhnte Gott alles mit sich selbst (Vers 20). In Christus wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig (Kol 2,9).

Als Folge davon, mit Christus verbunden zu sein, haben die Gläubigen schon von Gott gnädiglich Vollkommenheit, Ganzheit, Fülle und Zufriedenheit empfangen. Die ultimative gnosis Gottes ist in Wirklichkeit Christus. Er ist das Geheimnis Gottes, in dem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind (2,2–3), etwas, das unendlich höher ist als die gnosis, die von den falschen Lehrern angeboten wurde.

Die Überlegenheit Christi

Die Lehren dieser Sekte fußten auf subtilen philosophischen Argumenten. Unter ihn war, was Paulus die „Grundsätze der Welt“ nannte, ein möglicher Bezug auf geistliche Engelwesen, die, nach der gnostischen Lehre, die Planeten und andere himmlische Körper beherrschten und den Raum (die Fülle) zwischen Mensch und Gott erfüllten und dadurch als Mittler fungierten. Paulus‘ Antwort auf diese Lehre ist, dass in Christus die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt (2,8–9). Jesus Christus ist Gott, der Mensch geworden ist. Es gibt keine Notwendigkeit für einen engelhaften Mittler, damit man zu Gott kommen und Vollkommenheit erlangen kann. Diejenigen, die durch den Glauben in Christus sind, sind schon zur Fülle gebracht (Vers 10).

Gleichermaßen sind Bedingungen wie das Praktizieren der Werke des Gesetzes unnötig. Beschneidung ist durch die Taufe in Jesu Namen erfüllt worden und es gibt eine höhere Beschneidung (Verse 11 und 12). In seinem Leben erfüllte Christus für sein Volk die ganzen Bestimmungen des Gesetzes. Am Kreuz bezahlte er ihre Schuld (Vers 14). Die Werke des Gesetzes, wie die Speisegebote und das Einhalten heiliger Tage, waren wie Schatten, der vom Leib Christi geworfen wurde, und sobald der Leib kam, wurden die Schatten unnötig (Vers 17).

Christus triumphierte über die Herrschaften und Gewalten, Engelwesen, die nach der gnostischen Lehre die Grundsätze der Welt beherrschten (Vers 15). Deshalb sollten Gläubige die Vorstellung ablehnen, dass es notwendig ist, Engel anzubeten. Solch eine Lehre ist das Resultat von Halluzinationen eines sinnlich beeindruckbaren Verstandes (Vers 18). In Christus sind die Gläubigen tot für die „Grundsätze der Welt“ (Vers 20).

Die Genugsamkeit Christi

Und schließlich sind die asketischen Praktiken, die von den falschen Lehrern verlangt wurden, um die Lüsternheit und sündigen Leidenschaften zu beherrschen, nutzlos. In Wirklichkeit sind die asketischen Mühen, die von den Vertretern diese Lehren gezeigt wurden, Selbstanbetung und selbstgemachte Religion. Sie haben keine Kraft, die Leidenschaften des Fleisches aufzuhalten (Verse 20-23). Aber durch Einheit mit Christus in seinem Tod und seiner Auferstehung können die Gläubigen das Fleisch abtöten und für Gott leben (3,1–17).

Demnach lehrt Paulus die Gläubigen in Kolossä, dass Jesus Christus genug ist, um alle Bedürfnisse derer zu befriedigen, die zu ihm gehören. Christus erfüllt unseren Durst nach Ganzheit. Er erfüllt unsere Sehnsucht, Gott zu erkennen und unser tiefes Verlangen, ganz zu sein. Durch tägliche Gemeinschaft mit Christus durch die Mittel der Gnade finden wir Erfüllung für all unsere Bedürfnisse. Diese Erfüllung befähigt den Christen, Gott in dieser Welt mit einem Herz voller Leidenschaft und Hingabe zu dienen. Ein glückliches Herz in Christus ermöglicht es dem Gläubigen, Sünde zu überwinden und sich völlig dem Dienst für seinen Herrn und Erlöser zu widmen.