Was hat die Versuchung Jesu mit Israel zu tun?
Dieser Artikel ist Teil einer zweiteiligen Serie über Typologie. Hier geht es zum vorherigen Artikel.
Als junger Mann verbrachte ich manchmal Zeit damit, mich mit einem Freund der Familie zu unterhalten, der ein Uhrenexperte war. Ich war fasziniert von der Art und Weise, wie er blitzschnell zwischen einer wahren und gefälschten Rolex unterscheiden konnte. Einmal zeigte mir mein Freund die mikroskopisch kleinen Initialen, die der Uhrmacher auf die Unterseite eingraviert hatte. Es war ein kleines Detail, welches meinen Freund befähigte, diese Uhr zu authentifizieren. Ich hätte nie daran gedacht, nach solch einem kleinen und scheinbar unwichtigen Detail Ausschau zu halten, wenn er es mir nicht gezeigt hätte. Auf gleiche Weise identifiziert die Schrift den Herrn Jesus als das wahre Israel Gottes durch die kleinsten und scheinbar unbedeutendsten Details in der Aufzeichnung seiner Versuchung in der Wüste.
Sobald Gott seinen Sohn (2Mo 4,22), Israel, aus Ägypten herauf und durch das Wasser geführt hatte, brachte er ihn für vierzig Jahre in die Wüste – um von ihm geprüft und vom Teufel versucht zu werden. Auf gleiche Weise, nachdem er Jesus aus Ägypten heraufgeführt hatte (Mt 2,15) und durch das Wasser der Taufe, führte der Geist Gottes geliebten Sohn für vierzig Tage in die Wüste, um von Gott geprüft und vom Teufel versucht zu werden. Die überspannende Parallele ist bemerkenswert. Aber die kleinen Details, die im Bericht der Versuchung aufgezeichnet sind, erweisen sich als noch bemerkenswerter.
Das erste signifikante kleine Detail über Jesus als das wahre Israel Gottes findet sich im Bericht von Markus. Dort lesen wir, dass er während er in der Wüste war, „bei den wilden Tieren“ (Mk 1,13) war. Bevor wir darüber nachdenken, wie das mit Jesu Rekapitulation der Geschichte Israels zusammenhängt, müssen wir bedenken, was es uns über Jesus als den zweiten Adam lehrt. Als Gott Adam schuf, sagt uns die Schrift, dass er im Garten mit den Tieren war. Der Herr gab Adam den Auftrag, das Garten-Tempel-Paradies „zu bebauen und zu bewahren“ und die Tiere zu benennen. Als Adam durch das Essen von dem Baum, den Gott ihm verboten hatte, sündigte, verwandelte Adam den Garten-Tempel in eine unfruchtbare Wüste. Die Welt war nun ein Ort der Sünde, Rebellion, des Elends und der Gefahr. Der zweite Adam betrat die Welt, um alles, was Adam tat, rückgängig zu machen. Um das zu tun, musste er seinen Dienst als letzter Adam nicht in einem Garten beginnen, sondern an dem Ort, der die Unfruchtbarkeit und den Fluch über der gefallenen Welt symbolisierte. Jesus war nicht im Garten-Tempel-Paradies wie der erste Adam, sondern in der Wüste mit den wilden Tieren.
Wenn wir über Jesus als das wahre Israel Gottes nachdenken, bemerken wir, dass, als Gott Israel in die Wüste führte, er ihnen Bundessegnungen und –flüche verhieß (5Mo 28–31). In der Wüste stellte er sie auf die Probe. Israel versagte im Gehorsam gegenüber dem Gott der Erlösung und erlangte deshalb nicht die Bundessegnungen. Aus diesem Grund begann der Sohn Gottes seinen Dienst als Fleischgewordener in der Wüste. Er kam, um das zu tun, woran Israel gescheitert war. Er kam in die Wüste, um das Garten-Tempel-Paradies wiederzugewinnen. Wenn wir anfangen, die Wüste/Garten-Themen zu sehen, erkennen wir schnell, dass es kein Zufall war, dass unser Herr Jesu seinen Dienst damit begann, anstelle seines Volkes in der Wüste versucht zu werden, und damit endete, die Sünde seines Volkes im Gartengrab zurückzulassen.
Die Versuchung Jesu in der Wüste hat dieselbe Struktur wie die Versuchung Adams und Israels. Satan versuchte unsere Erzeltern mit „der Fleischeslust, der Augenlust und dem Hochmut des Lebens“ (1Joh 2,16). Eva aß von der Frucht des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen als sie anfing zu glauben, dass die Frucht „gut zu essen wäre, eine Lust für die Augen und begehrenswert, weil sie weise macht“ (1Mo 3,6). Auf gleiche Weise gab Israel in der Wüste der Fleischlust nach (4Mo 11,1–9.31–35), der Augenlust (1Kor 10,7–8) und dem Hochmut des Lebens (1Kor 10,9–10). Wir sehen, dass als der Teufel Jesus versuchte, den letzten Adam und das wahre Israel, er das mit den Versuchungen tat, die denen entsprechen, die er im Garten mit unseren Erzeltern und in der Wüste mit dem Israel des alten Bundes gebraucht hatte. Jesus wurde mit der Fleischeslust versucht (Mt 4,3), der Augenlust (Mt 4,8–9) und dem Hochmut des Lebens (Mt 4,5–6). Es gab einen Unterschied zwischen der Erfahrung Jesu und der von Adam und Israel, als sie versucht wurden. Der protologische Sohn, Adam (Lk 3,38), und der typologische Sohn, Israel (2Mo 4,22), waren ungehorsam; der eschatologische Sohn, Jesus (Röm 1,4), gehorchte.
Das wichtigste Detail ist die Stelle in der Schrift, auf die sich Jesus im Kampf gegen die Versuchungen des Teufels berief. Dreimal versuchte der Teufel Jesus. Dreimal schlug Jesus mit dem Wort Gottes zurück. Das hat Christen oft ermutigt, Gottes Wort zu gebrauchen, wenn sie vom Teufel versucht werden. Es gibt jedoch etwas Tieferes und Profunderes im Text. Matthäus und Lukas berichten uns, dass Jesus sich auf die Schrift im 5. Buch Mose (Deuteronomium) berief – ein Buch, welches die Lehren zusammenfasst, die Gott den Israeliten während der Zeit ihrer Wüstenwanderschaft beibrachte. Jesus gebrauchte, was Israel hätte gebrauchen sollen – die Wahrheiten, die Gott ihnen in der Wüste beigebracht und im Wort Gottes aufgezeichnet hatte – und tat, was Israel hätte tun sollen, indem er die Versuchung des Teufels in der Wüste überwand.
Jesu Gehorsam steht an der Stelle unseres Ungehorsams. Das wahre Israel verdiente die Bundessegnungen Gottes, indem er den Teufel in der Wüste überwand und die Herrschaften und Gewalten am Kreuz entwaffnete (Kol 2,15). In der Verbindung mit Christus durch den Glauben allein werden wir Teilhaber der Bundessegnungen (Eph 1,3–14). In ihm werden uns die Waffen und die Macht gegeben, um uns gegen die Anschläge des Teufels zur Wehr zu setzen (Eph 6,10–13). In Christus werden wir zu einem Teil des wahren Israels Gottes gemacht (Eph 2,1–5; siehe Gal 6,16; Röm 11,17–20) – als geistlich auferweckte Glieder seines Leibes, die von Christus aus allen Stämmen, Sprachen, Völkern und Nationen erlöst wurden.