12 Prinzipien für Glauben und Arbeit
Es gibt die Tendenz, die man sogar unter treuen Predigern beobachten kann, einem „Nike-Christentum“ zu verfallen – so könnten wir es bezeichnen. Verzweifelt über Nachlässigkeit, Gesetzlosigkeit und dem Widerstand gegenüber den ethischen Lehren der Schrift, wollen wir lediglich Gebote, getrennt von jeglichen Beweggründen sie zu halten, ausrufen: „Gehorche! Bete, geh in den Gottesdienst, evangelisiere, sei heilig, weil Gott es so sagt und ich sage es auch. Mach es einfach – Just do it.”
Doch wir wissen es besser. Wir wissen, dass Imperative in Gottes gnädigem Erlösungswerk und seinen Verheißungen gegründet werden müssen. Diese Wahrheit hat weitreichende Implikationen auf unsere Berufung. Tatsächlich ist eine völlig auf Gott ausgerichtete Theologie der Arbeit trinitarisch.
Die Menschheit sehnt sich nach Kreativität und danach, das Gute zu erhalten, weil der Vater uns in seinem Bild geschaffen hat. Der Geist wirkt auch in uns, indem er uns wieder in das Bild Jesu gestaltet (Röm 8,29). Das bedeutet, dass wir christomorph sind – also geformt von Christus, da wir immer mehr so werden, wie er ist.
Deswegen können wir an das Werk des Sohnes denken und uns fragen, wie wir es imitieren können – nicht indem wir Sünde sühnen, sondern indem wir mit unseren Händen arbeiten. Wie Jesus können wir uns so sehr wünschen, große Aufgaben und Projekte zu erledigen, die Liebe von uns verlangen, sodass wir sagen, „Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat, und vollende sein Werk.“ (Joh 4,34). Jesus wusste, wie man Pausen von seiner Arbeit einlegt, um sich etwas anderem zu widmen (Mt 14,22), aber er hatte auch Leidenschaft für die Arbeit, die wirklich Sinn macht, bei der sich ihr Zweck und unsere Begabung treffen. Wie er können wir so hart arbeiten, dass wir in den Schlaf fallen (Mt 8,24-25), kaum noch in der Lage einen weiteren Schritt zu gehen (Joh 4,6). Am Feierabend mögen wir sogar ausrufen, in einem blassen, aber aufrichtigen Echo Christi: „Es ist vollbracht“ (Joh 19,30). Wenn wir an das Kreuz denken, begreifen wir, dass die Arbeit eines Jüngers auch kreuzförmig sein kann – wir nehmen Leiden an, wenn sie notwendig für unseren Dienst an Gott und Menschen sind.
Nein, wir können Gottes großartiges Werk der Rettung nicht kopieren, aber wir können in unserer Arbeit in Jesu Fußstapfen treten. Es ist sowohl unsere Berufung als auch unser Privileg, als Männer und Frauen, die in Gottes Bild gestaltet werden.
Lasst uns sehen, wie dieses Augenmerk auf Gottes Werk uns zu den Prinzipien bringen kann, die unsere Arbeit bestimmen sollten. Hier sind zwölf:
1. Der Gott der Bibel arbeitet und bestimmt, dass Menschen arbeiten.
Gott schuf Himmel und Erde und erhält sie täglich (1Mo 1,1-2,4; Jes 45,18; Kol 1,16-17). Erschaffen in seinem Bild sind wir dazu berufen, die Welt zu bebauen, zu erhalten und zu bewahren. Gott beauftragte Adam und Eva schon vor dem Sündenfall, zu arbeiten und zeigte dadurch, dass Arbeit intrinsisch gut ist (1Mo 1,26; 2,15).
2. Gott arbeitete sechs Tage und ruhte an einem Tag und gibt dadurch ein Arbeitsmuster und –limit vor.
„Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Arbeit tun, aber der siebte Tag ist Sabbat…. Du sollst an ihm keinerlei Arbeit tun“ (2Mo 20,9-10). Gottes Vorbild verhindert sowohl ununterbrochenes Arbeiten als auch Faulheit, sowohl Workaholics als auch Faulenzer. Arbeit ist essentiell, doch unser Menschsein macht mehr aus als nur Arbeit. So wie Gott arbeiten wir, ruhen wir und widerspiegeln ihn.
3. Jesus zeigte durch die Arbeit mit seinen Händen, dass alle ehrliche Arbeit ehrenhaft ist.
Jesus würdigte die Arbeit von Hirten, Landwirten, Schreinern, Dienern und Ärzten. Als Paulus den Gläubigen befahl, mit ihren Händen zu arbeiten (Eph 4,28), veredelte er handwerkliche Arbeit, die von der Gesellschaft für gewöhnlich verachtet wurde. Gott würdigt sowohl mentale als auch körperliche Arbeit.
4. Die menschliche Rebellion führte Gott dazu, die Schöpfung und Arbeit zu verfluchen.
Nach dem Sündenfall verfluchte Gott die Erde, sodass die Arbeit zu einer frustrierenden Mühe wurde. Heute zerstören Dornen und Disteln unsere Arbeit; Unordnung und Chaos plagen die Schöpfung. Sünde schädigt all unsere Arbeit (1Mo 3,17; Röm 8,18-23).
5. Arbeit ist unerlässlich.
Menschen arbeiten zum Teil, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gott befahl ganz Israel – Leitern und Sklaven, Männern und Frauen, Alt und Jung – sechs Tage in einer Woche zu arbeiten und „ von Herzen, als dem Herrn“ zu arbeiten (2Mo 20,9; Kol 3,23; Eph 6,5-9). „Wer nicht arbeiten will,“ – so erklärt der Apostel – „der soll auch nicht essen“ (2Thess 3,10) und „Wenn jemand nicht für seine Familie sorgt, ist er schlechter als ein Ungläubiger“ (1Tim 5,8).
6. Arbeit formt unsere Identität.
Menschen haben Jesus „den Zimmermann” genannt (Mk 6,3). Wenn die Schrift Leute als Priester, Fischer, Soldaten, Händler oder Zöllner identifiziert, erkennt sie die Verbindung zwischen ihrer Arbeit und ihrer Identität. Zugleich bestimmt Gott unsere menschliche Identität zuallererst dadurch, dass wir in seinem Ebenbild geschaffen sind und alle Gläubigen in seine Familie hinein adoptiert werden.
7. Arbeit und Berufung sind nicht identisch.
Jesus arbeitete mit Holz und Steinen, Paulus stellte Zelte her, doch sie hatten andere, von Gott gegebene Berufungen (Apg 18,3; Röm 1,1). Jemand kann vorübergehend in einem Bereich arbeiten, bis er oder sie eine Arbeit findet, die besser zu den Begabungen und Interessen passt. Doch sogar der beste Job hat seine schwierigen und schmerzhaften Momente.
8. Der souveräne Gott teilt Arbeitsplätze zu, doch Gläubige dürfen „weiterziehen“.
„Bist du als Sklave berufen worden?“, fragt Paulus, „so lass es dich nicht kümmern.“ Danach sagt er: „Erlange deine Freiheit, wenn du die Möglichkeit hast“ (1Kor 7,17-24). Deswegen bejahen wir eine doppelte Wahrheit: Gott hat Gläubigen eine bestimmte Rolle oder Berufung zugewiesen und er erlaubt ihnen, „weiterzuziehen“, wenn es gute Gründe dafür gibt.
9. Menschliche Fähigkeiten unterscheiden sich.
Unsere hauptsächliche Berufung ist es, die Talente, die Gott ausgeteilt hat, treu einzusetzen, egal ob es viele oder wenige sind (Mt 25, 14-30). Standhaftes Arbeiten zählt am meisten, doch die Frucht ist auch wichtig (Ps 1,3; 92,14; Jes 32,1-8; 45,8; Joh 15; Röm 7,4-5).
10. Die Mühe, die aus dem Sündenfall resultiert, ist nicht immer ehrenhaft.
Ein großer Teil menschlicher Mühe ist eine direkte Folge des Sündenfalls, doch sollten die Versuche, diese Auswirkungen zu mildern, deswegen nicht verachtet werden. Schließlich hat Jesu Erlösungswerk die Auswirkungen der Sünde umgekehrt. Da Gott leidenschaftlich für unsere Erlösung arbeitet, können wir „von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen“ arbeiten (Kol 3,23; Eph 6,5-9), sogar bei Aufgaben, die nur wegen des Sündenfalls notwendig sind. Polizeiarbeit, Müllabfuhr, Schädlingsbekämpfung und die Pflege von unheilbar Kranken sind alle würdevoll.
11. Gott beruft jeden Jünger zum vollzeitlichen Dienst.
Wir verneinen, dass einige Arbeit geistlich und einige säkular ist. Treue Landwirte, Handwerker, Ingenieure, Lehrer, Hausfrauen und Fahrer gefallen Gott genauso sehr, wie ein treuer Pastor oder Arzt es tut. Jünger können immer beten: „Dein Reich komme“, wenn sie arbeiten (Mt 6,10.33).
12. In unserer Arbeit können wir zu Gottes Händen werden.
Wenn wir um unser tägliches Brot bitten, gibt Gott es uns durch die Landwirte, Bäcker und Lebensmittelhändler. Lasst uns deswegen Gottes Gegenwart in und durch unsere Arbeit erkennen (Mt 25, 31-46).
Dan Doriani ist Vizepräsident für strategische, akademische Projekte und Dozent für Theologie und Ethik am Covenant Theological Seminary. Davor diente er einige Jahre als leitender Pastor der Central Presbyterian Church in Clayton, Missouri (USA). Er ist Autor des Buches The New Man: Becoming a Man After God’s Heart. Dieser Artikel erschien zuerst bei The Gospel Coalition. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.