Gedanken eines Singles über Gemeindemitgliedschaft

Artikel von Chelsea Patterson
1. November 2016 — 6 Min Lesedauer

Als ich vor drei Jahren nach Washington D.C. zog, war eine meiner größten Ängste, ich könnte keine gute Gemeinde finden. Ich hatte ja keine Ahnung, was der Herr für mich „auf Lager“ hatte. Vor über drei Jahren kam ich zum ersten Mal in meine Gemeinde und ich möchte erzählen, was es für mich bedeutet, zu einer Ortsgemeinde zu gehören, insbesondere als ledige Frau.

Als Single Gemeindemitglied

Nach meinem Eintritt waren viele Dinge völlig neu für mich. Ich war in einer christlichen Familie aufgewachsen und hatte mein Leben lang Gottesdienste besucht. Aber als ich mich meiner jetzigen Gemeinde anschloss, habe ich mich zum ersten Mal in meinem erwachsenen Leben für eine bestimmte Gemeinde entschieden. Ich habe Vorbereitungskurse zur Aufnahme in die Gemeinde besucht und wollte ganz bewusst Teil einer Ortsgemeinde sein. Danach gab es Vieles, was ich zum ersten Mal erlebte: mein erstes Aufnahmegespräch, mein erstes von mir gesuchtes Gespräch mit einem Ältesten, mein erstes Gebet für die Gemeinde, in die ich mich investieren wollte, und das erste Mal, als ich von älteren Frauen in der Nachfolge Jesu angeleitet wurde.

Ehrlich gesagt war mir das Thema Mitgliedschaft zunächst noch ziemlich gleichgültig, als ich anfing, in meine Gemeinde zu gehen. Es erschien mir einfach langweilig. Weshalb die Bibel der Gemeinde so viel Bedeutung beimisst, hat mich nicht interessiert. Nachdem ich jedoch Woche für Woche die Gottesdienste in meiner Gemeinde besuchte, erkannte ich (wieder ein erstes Mal), weshalb es so wichtig ist, zu einer Ortsgemeinde zu gehören. Der Herr hat mich vieles gelehrt und mein stolzes Herz musste irgendwann aufhören zu fragen: „Was kann mir meine Gemeinde geben?“ Stattdessen sollte ich fragen: „Was habe ich zu geben?” Anstatt zu erwarten, immer nur versorgt zu werden, lernte ich, wie ich meinen Brüdern und Schwestern dienen konnte.

Die Ortsgemeinde ist eines der wichtigsten Hilfsmittel, das der Herr den Gläubigen schenkt, um zusammen in den Himmel zu kommen. Die Gemeinde ist der Ort, an dem wir anderen Menschen die Möglichkeit geben können, uns wirklich kennen zu lernen. Als ich zum ersten Mal in die Gemeinde kam, war ich geschockt, dass mich so viele Leute fragten, wie es mir ginge, dass sie so lange warteten, bis ich geantwortet hatte und sogar noch Wochen und Monate später nachfragten.

Unsere Gemeinde betet regelmäßig dafür, dass die Mitglieder im persönlichen Kontakt auch sensible und schwierige Themen ansprechen. Ich habe mir diese Praxis zum Vorbild genommen und angefangen, sie umzusetzen.

Du kannst dich um niemanden kümmern, den du nicht kennenlernen willst

Als Single-Frau kann man sich ziemlich einsam fühlen. Auch wenn man jede Woche eine gute Gemeinde besucht, reicht das nicht aus, um diese wirklich kennenzulernen. Beziehungen, in denen man zur Nachfolge Jesu angeleitet wird, sind etwas völlig anderes und eröffnen einem eine neue Welt. Ich treffe mich regelmäßig mit einigen Frauen, die in mich investieren, mich anleiten, mir schwierige Fragen stellen und mich auch kritisieren, wenn es nötig ist.

Meinen geistlichen Schwestern, besonders den alleinstehenden, möchte ich sagen: Habt keine Angst, solche Beziehungen zu suchen. Fragt andere Frauen, ob sie bereit sind, sich regelmäßig mit euch zu treffen. Ehefrauen und Mütter sind immer furchtbar beschäftigt, kommt ihnen deshalb bei der Terminplanung ganz besonders flexibel entgegen. Setzt euch zu ihnen in die Küche, wenn sie das Abendessen vorbereiten, geht mit ihren kleinen Kindern spazieren und bietet ihnen an, zu einem Gespräch einen Nachtisch mitzubringen. Als Nachfolger Christi ist womöglich Kreativität gefragt und ihr müsst euch nicht jede Woche nur im Café treffen. Wichtig ist, dass ihr euch aktiv in andere investiert und euch in der Nachfolge anleiten lässt.

Bevor ich in meine jetzige Gemeinde kam, hatte ich noch nie ein Gespräch mit einem Ältesten geführt. In den letzten drei Jahren haben die Ältesten meiner Gemeinde mich in extrem schwierigen  Leidenszeiten seelsorgerlich begleitet und sich um mich gekümmert. Sie waren wirklich Gottes größtes Geschenk an mich. Diese Männer sind vertrauenswürdig, weise, liebevoll und vor allem gottesfürchtig. Zweifelsohne war die Tatsache, dass ich einen Ältesten um Rat bitten konnte, eine der größten Überraschungen und Freuden, die ich als Gemeindemitglied erlebte.

Einige Worte an Pastoren, Älteste und Gemeinden, die Single-Frauen erreichen wollen

Viele ledige Frauen in Ihren Gemeinden leben weit weg von ihren Familien. Deshalb können Sie uns etwas Gutes tun, wenn Sie uns beispielsweise zu sich nach Hause einladen und wir Teil Ihres Lebens werden dürfen. Es ist ein echtes Geschenk für uns, wenn wir Sie und Ihre Familien kennen lernen können. Wenn ich andere Gemeindeglieder daheim besuche, kann ich direkt miterleben, wie christliche Ehen geführt werden, wie sich christliche Eltern verhalten und sogar wie Christen miteinander Konflikte lösen.

Bitte fragt uns auch, wie es uns als Singles geht. Es gibt Zeiten, in denen ich mein Alleinsein nur schwer aushalte. Vielleicht bin ich schon lange nicht mehr eingeladen worden, mit jemandem auszugehen. Vielleicht kämpfe ich mit der Versuchung, einen Mann zu begehren, der mit einer anderen Frau in einer Beziehung oder verheiratet ist. Vielleicht bin ich auch wegen meines Alleinseins frustriert gegenüber Gott und muss an Gottes Verheißungen erinnert werden. Jede Frau hat andere Probleme mit ihrem Ledigsein. Lernen Sie deshalb unterschiedliche Single-Frauen kennen und fragen Sie diese, wie es ihnen persönlich damit geht. 

Beten Sie mit und für uns. Es war mir eine große Ermutigung, als ich erfuhr, dass unsere Pastoren regelmäßig Sonntagabends für die Single-Frauen in ihrer Gemeinde beten. Es ist ermutigend zu wissen, dass uns jemand ganz bewusst im Gebet vor unseren himmlischen Vater trägt.

Obwohl man sich eigentlich um die unterschiedlichen Gruppen einer Gemeinde ganz individuell kümmern sollte, werden in der Praxis alle Gemeindemitglieder häufig gleich behandelt:

  • „Habt Frieden untereinander.“ (Mk 9,50)
  • „Ertragt einer den andern in Liebe.“ (Eph 4,2)
  • „Habt euch untereinander lieb.“ (1 Petr 1,22)
  • „Dient einander.“ (Gal 5,13)
  • „Einer trage des andern Last.“ (Gal 6,2)
  • „Seid untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.“ (Eph 4,32)

Weil ich nicht verheiratet bin, bin ich in dieser Lebensphase aufgerufen, als Single zu leben. Mein Familienstand kann sich möglicherweise eines Tages ändern oder auch nicht – der Herr hat mir keinen Ehemann versprochen. Deshalb brauche ich die Gemeinde, die mich daran erinnert, dass meine wahre Identität nicht darin liegt, wie begehrenswert ich für Männer bin oder ob ein Mann mich heiraten will. Sie liegt vielmehr darin begründet, dass Gott mich will und dass Er meine größten Bedürfnisse stillt.

Chelsea Patterson lebt in Washington D.C. (USA), wo sie sich mit der Kinderfürsorge beschäftigt. Ihr Interesse am Kindeswohl rührt daher, dass sie als Baby aus Rumänien adoptiert wurde. Zusätzlich zu ihrer politischen Arbeit schreibt sie zu verschiedenen Themen.