Die Weisheit, die wir brauchen

Wie wir biblische Weisheitsliteratur lesen sollten

Artikel von Max Rogland
30. September 2025 — 4 Min Lesedauer

„Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Weisheit“ (Spr 9,10; vgl. Hiob 28,28; Ps 111,10; Spr 1,7). Im Laufe der Jahrhunderte hat es viele kluge, nichtchristliche Lehrer gegeben, doch alle wahre Weisheit kommt letztlich „von oben“, d.h. vom dreieinigen Gott (vgl. Eph 1,17; Kol 2,3; Jak 3,15.17). Zur wahren Vollendung kommt Weisheit nur bei denen, die den einen wahren Gott verehren.

Und doch zeichnen sich nicht alle Christen durch Weisheit in ihrem Leben aus. In der Tat handeln Christen oft töricht und unverantwortlich und bringen dadurch sich selbst und den Namen Gottes in Verruf (vgl. Hes 36,20; Röm 2,24; 1Kor 6,5; 15,34). Die Bibel sagt, dass Weisheit denen gegeben wird, die darum bitten (vgl. Jak 1,5). Zu diesem Zweck hat der Heilige Geist verschiedene Weisheitsbücher wie Sprüche, Hiob und Prediger inspiriert. Wie kannst du diese Bücher gewinnbringend lesen?

1. Erkenne an, wie schnell wir uns selbst für weise halten

Erstens: Lies die Weisheitsliteratur in dem Bewusstsein, wie schnell Sünder darin sind, sich selbst für weise zu halten. Das Buch der Sprüche spricht oft von diesem ernsten Problem (vgl. Spr 3,7; 12,15; 26,5; 28,11). In der Tat gibt es für einen „Toren mehr Hoffnung“ als für jemanden, „der sich selbst für weise hält“ (Spr 26,12). Zu den Anzeichen dieser geistlichen Krankheit gehört, dass man sich weigert, auf den Rat gottesfürchtiger Ratgeber zu hören (vgl. Spr 26,16) – insbesondere auf den der Eltern (vgl. Spr 1,8; 4,1; 23,22; 30,17) – und dass man darauf besteht, jeden Streit zu gewinnen (vgl. Pred 7,15–16). Man sollte sich davor hüten, stur auf seiner Meinung zu beharren, wenn sie von geistlich reifen Christen infrage gestellt wird. Vielmehr sollten Christen immer eine lernbereite Haltung zeigen.

2. Achte auf allgemeingültige Lebensmuster

Zweitens: Die Weisheitsliteratur will dir zeigen, wie die Welt im Allgemeinen funktioniert – und wie du entsprechend handeln sollst. Diejenigen, die in der „Furcht des Herrn“ wandeln und sich bemühen, Gottes Weisungen zu befolgen, erleben im Allgemeinen ein Gedeihen „wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen“ (Ps 1,3). Der Begriff „Lebensweisheit“ wird manchmal negativ verwendet, aber tatsächlich enthält die Bibel selbst ein reiches Reservoir an solchen Weisheiten, um sie an nachfolgende Generationen des Volkes Gottes weiterzugeben. Wir tun gut daran, solche herkömmlichen Weisheiten zu beherzigen, anstatt davon auszugehen, dass sie nur Ausnahmen sind und die Welt eigentlich anders funktioniert. Wer zum Beispiel denkt, er könne geistlich gedeihen, während er die Versammlungen der Gemeinde meidet, ignoriert nicht nur Gottes Gebote, sondern auch die Weisheit unzähliger Gläubiger im Laufe der Jahrhunderte, die bezeugen können, dass ein unschätzbarer Segen darin liegt, wenn sich die Gemeinde im Namen Christi versammelt (vgl. Mt 18,20).

3. Beachte die Ausnahmen von „der Regel“

Drittens: Die Weisheitsliteratur zeigt uns auch, dass es „Ausnahmen von der Regel“ gibt. Sie macht deutlich, wie sehr wir auf Unterscheidungsvermögen und auf den Herrn selbst angewiesen sind. Die Erfahrung von Hiob und viele Aussagen im Buch Prediger bezeugen, dass es Zeiten gibt, in denen die allgemeinen Muster des Lebens nicht zutreffen. So kommt es manchmal vor, dass die Gerechten leiden, anstatt zu gedeihen, und Narren Erfolg haben, anstatt Schwierigkeiten zu erfahren. Auch im Neuen Testament finden wir Situationen, in denen der „gewöhnliche Weg“ nicht gilt: So empfiehlt Paulus in 1. Korinther 7,25–26 manchen, in bestimmten Umständen nicht zu heiraten – obwohl die Bibel Ehe und Familie grundsätzlich als gute Gabe Gottes sieht (vgl. 1Mose 1,26–30; 2,18–25). Indem der Gläubige erkennt, dass es Ausnahmen von allgemeinen Mustern gibt, muss er Gott in jeder Situation um Weisheit und Unterscheidungsvermögen bitten, um zu wissen, wie er am besten zu seiner Ehre handeln kann.

4. Entwickle Unterscheidungsvermögen und Abhängigkeit von Gott

Viertens: Lies die Weisheitsliteratur, um zu lernen, wie man zwischen „besseren“ und „besten“ Optionen unterscheiden kann – nicht nur zwischen „richtig“ und „falsch“. Natürlich gibt es in der Heiligen Schrift viele absolute Regeln darüber, was richtig oder falsch ist, oder was geboten oder verboten ist. Doch viele Entscheidungen im Leben benötigen mehr Überlegungen als nur ein schwarz-weißes „Richtig oder Falsch“. Zum Beispiel hat ein Christ, der dem Gebot, „im Herrn zu heiraten“, gehorchen will (vgl. 1Kor 7,39; 2Kor 6,14), immer noch viele Optionen für einen Ehepartner. Ein Christ benötigt Weisheit und Unterscheidungsvermögen, um herauszufinden, welcher potentielle Partner besser zu ihm passt. Viele andere Entscheidungen im Leben (Bildung, Karriere, Wohnort usw.) laufen nicht auf einfache Entscheidungen zwischen richtigen oder falschen Alternativen hinaus, sondern auf eine Vielzahl von „guten, besseren und besten“ Optionen. Zum Glück hat Gott uns in seinem Wort einen großen Reichtum an Weisheitslehren zur Verfügung gestellt und den Segen des Geistes denen versprochen, die demütig darum bitten (vgl. Lk 11,13).