Eine Theologie der Anbetung
Gottesdienste, die Gott gefallen
Am 14.–15. November findet in Unna die E21-Regionalkonferenz West zum Thema „Für Anbetung geschaffen“ statt. Redner der Konferenz sind Alex Reindl, Daniel Knoll, Andreas Dück und Rudi Tissen. Eine Anmeldung ist hier möglich.
Es gibt nichts Wichtigeres im Leben als Anbetung. Wir alle beten etwas oder jemanden an. Die entscheidende Frage ist, ob wir den Richtigen auf die richtige Weise anbeten. In unserer Gemeinde wollen wir, dass unser ganzes Leben eine Anbetung Gottes ist (vgl. Röm 12,1–2; 1Kor 10,31). Er ist würdig, den Ruhm und die Ehre und die Macht zu empfangen (vgl. Offb 4,11). Wir wollen insbesondere, dass ihm unsere sonntäglichen Gottesdienste gefallen. Wir wünschen uns, dass unsere gemeinsame Anbetung am Sonntag unsere alltägliche Anbetung von Montag bis Samstag inspiriert und anleitet. Es ist sowohl unsere feierliche Pflicht als auch unser freudiges Privileg, mit Gottes Volk am Tag des Herrn zusammenzukommen und am Thron Gottes unter der Autorität von Gottes Wort anzubeten.
Mit diesem obersten Ziel im Blick hält unsere Gemeinde an einer Reihe von Werten in Bezug auf die gemeinsame Anbetung fest. Die nachstehende Liste ist bei Weitem nicht vollständig. Sie ist vielmehr eine Zusammenfassung der wichtigsten Leitlinien, die unsere Anbetungstheologie und -philosophie untermauern. Weitere Ausführungen im Detail findest du in den zahlreichen Anhängen.
1. Gott die Ehre
Anbetung ist in erster Linie für Gott gedacht. Er ist das wichtigste Publikum in jedem Gottesdienst. Die gemeinsame Anbetung ist eine Antizipation auf das himmlische Zusammenkommen von Gottes Volk. Die eindrucksvollen Szenen der himmlischen Anbetung in der Offenbarung sind sowohl gegenwärtig als auch zukünftig. Wir sollten unsere ganze Aufmerksamkeit auf den Thron richten. Wir sollten von Christi Werk singen. In unserer Hingabe an Gott sollten wir aufrichtig und kompromisslos sein. Unsere wöchentlichen Versammlungen – ob klein oder groß, schön oder weniger schön – sind ein Vorgeschmack der himmlischen Anbetung, die wir eines Tages für immer erleben werden.
2. Auf das Evangelium Christi ausgerichtet
Das Evangelium – Jesu Leben, Tod und Auferstehung – machen die Anbetung möglich. Das Evangelium ist das, was wir in der Anbetung verkündigen. Wir singen das Evangelium in der Anbetung. Es ist das Evangelium, das Menschen zusammenbringt, das Volk dazu inspiriert, Lob zu singen und das Volk in ein Leben der Anbetung aussendet. Jeder Sonntag ist eine neue Gelegenheit, vom Kreuz zu singen, unseren Erlöser zu preisen und ins Staunen über die frohe Botschaft zu kommen, die Christus für uns und in uns ist. Jesus Christus ist das Zentrum alles biblischen Nachsinnens über Anbetung. Er ist der Mittler zwischen Gott und Mensch. Sein stellvertretendes Opfer am Kreuz ist die Sühne für unsere Sünden. Er ist der Vermittler des Heils und des Segens für die Nationen. Er ist der neue Tempel, in und um welchen sich alle wahren Gläubigen versammeln. Christus zieht uns in der Anbetung zu sich und durch ihn ermöglicht er uns eine neue Beziehung zum Vater. Auch wenn unsere gemeinsame Anbetung nicht explizit auf Ungläubige ausgerichtet ist (als wären sie die Zielgruppe, die wir am meisten zufriedenstellen müssen), bedeutet unsere Ausrichtung auf Christus, dass wir selbstverständlich möchten, dass das Evangelium so vermittelt wird, dass es für Nichtchrisen überzeugend und verständlich ist. Wir haben das Privileg, jeden Sonntag Besucher willkommen heißen zu dürfen, von denen manche nicht bekehrt sind. Jede Woche beten wir dafür, dass Ungläubige Christi Ruf zum Glauben und zur Umkehr hören und dass Gott diejenigen, die verloren sind, sucht und rettet.
3. Biblisch
Der ganze Gottesdienst trägt zur Unterweisung von Gottes Volk bei, daher muss alles – Gebete, Lieder, Predigt – biblisch sein. In der gemeinsamen Anbetung lesen wir die Bibel, predigen wir die Bibel, beten wir die Bibel, singen wir die Bibel und sehen wir die Bibel in den Sakramenten. Alle Aspekte des Gottesdienstes müssen auf der Grundlage der Offenbarung Gottes in der Heiligen Schrift bewertet werden: Singen, sprechen und hören wir die Wahrheit? Aufgrund dieser Überzeugung bekräftigen wir auch, dass „die angemessene Art und Weise, den wahren Gott anzubeten, von ihm selbst bestimmt und somit durch seinen offenbarten Willen festgelegt ist“ (vgl. Westminster Bekenntnis 21.1). Dieses „regulative Prinzip“ sollte nicht zu endlosen Konflikten und müßigen Spekulationen führen, sondern Gottes Volk ermöglichen, Einheit und Freiheit zu finden, indem es Gott so verehrt, wie er verehrt werden möchte.
4. Erbauend für Gottes Volk
Die gemeinsame Anbetung unterscheidet sich von der Anbetung im Alltag durch ihren Schwerpunkt auf Erbauung. Aufgrund dieses Schwerpunkts gibt es viele Aktivitäten, die angemessen für einen Christen im Alltag, jedoch nicht angemessen im Rahmen des Gottesdienstes sind. Viele Formen von Kunst können zur Ehre Gottes ausgeübt und vorgeführt werden, sind allerdings unangemessen in der gemeinsamen Anbetung. Paulus’ Leitsatz lautet, dass die gemeinsame Anbetung so verständlich wie möglich sein muss. Das bedeutet unter anderem, dass der Gottesdienst nicht nur auf das Wort ausgerichtet ist, sondern auch voller Worte ist.
5. Die gewöhnlichen Gnadenmittel hervorheben
Gott kann auf viele verschiedene Weisen wirken, aber er hat sich dazu verpflichtet, durch gewisse „Gnadenmittel“ bei uns zu sein und uns durch diese zu verändern. Er hat Gemeinschaft mit uns durch das Gebet, durch das Wort und durch die Sakramente des Abendmahls und der Taufe. Unsere Gottesdienste heben diese gewöhnlichen Mittel hervor, durch die Gott uns mehr Gnade zu schenken verspricht. Wir kommen zum Gottesdienst, um Gott zu ehren, aber noch vielmehr, um ihn zu treffen und einen Segen aus seiner Hand zu empfangen (vgl. 4Mose 6,24–26). Die zentrale Handlung in einem Anbetungsgottesdienst ist die Predigt von Gottes Wort. Wir sind davon überzeugt, dass das am besten durch eine sorgfältige, vom Heiligen Geist geleitete Darstellung der Heiligen Schrift erreicht werden kann. Für gewöhnlich bedeutet das, das ein Buch der Bibel Vers für Vers durchgearbeitet wird. Unabhängig vom Ansatz sollte jede Predigt deutlich aus der Heiligen Schrift entspringen und das Evangelium Gottes verkünden. Unser Wunsch ist, dass jeder Gottesdienstteilnehmer ausrufen möchte: „Wahrlich, der Herr ist an diesem Ort“ (1Mose 28,16).
6. Der Gemeindegesang
Die Auswahl der geeigneten musikalischen Gestaltung und der passenden Liedtexte für den gemeinsamen Gottesdienst ist eine Aufgabe, die eine sorgfältige Berücksichtigung musikalischer Prinzipien und eine noch sorgfältigere Beachtung der theologischen Genauigkeit erfordert. Wir sind überzeugt davon, dass es neue Lieder gibt, die wir Jesus singen können. Wir sind ebenfalls davon überzeugt, dass es ein großartiges Erbe an Kirchenmusik gibt, das wir aufgreifen sollten. Wir haben kein Problem damit, Texte auf eine Leinwand zu projizieren. Aber wir glauben auch, dass es nach wie vor wertvoll ist, ein gutes Gesangbuch zu verwenden und daraus zu lernen. In unseren Gottesdiensten verwenden wir Musik aus verschiedenen Stilrichtungen und verschiedenen Jahrhunderten. Wir verwenden eine Vielzahl von Instrumenten, von Gitarren und Schlagzeug bis hin zur Orgel. Doch der wichtigste Klang ist der Gesang der Gemeinde.
7. Liturgisch (wenn auch locker)
Fast jede Gemeinde hat einen bestimmten Aufbau für den Gottesdienst und ein vertrautes Ablaufschema, was bedeutet, dass fast jede Gemeinde eine Liturgie hat. Auch wenn wir unsere Liturgie locker gestalten, möchten wir dennoch, dass sie reichhaltig, tief verwurzelt und biblisch ist. Unser Gottesdienst besteht aus vier Teilen: Lobpreis, Erneuerung, Verkündigung, Antwort. Dieses Schema finden wir in den Feierlichkeiten zur Erneuerung des Bundes in der Heiligen Schrift und in verschiedenen göttlichen Begegnungen wieder. In Jesaja 6 beispielsweise tritt Jesaja vor Gott und preist ihn. Danach bekennt er seine Sünden und bittet um Erneuerung. Als nächstes spricht Gott durch sein Wort zu Jesaja und schließlich antwortet Jesaja mit seiner Hingabe an Gott. Das entspricht auch dem Schema des Evangeliums: Wir nähern uns Gott in Ehrfurcht, erkennen unsere Sünden, hören die Frohe Botschaft und antworten darauf im Glauben und Gehorsam. Unsere Gottesdienste sind nicht jede Woche gleich, aber wir wollen auch nicht jeden Sonntag etwas Neues erfinden. Innerhalb dieser vier „Handlungen“ (Lobpreis, Erneuerung, Verkündigung, Antwort) lassen sich grundlegende liturgische Elemente wie ein Bekenntnisgebet und die Zusicherung der Vergebung, ein langes pastorales Gebet, Schriftlesungen und flexible Formen für die Taufe und das Abendmahl finden.
8. Reformiert
Seit Jahrhunderten beschäftigt sich die Kirche mit der Frage, wie man Gott richtig anbetet. Wir möchten von unseren geistlichen Vorfahren lernen und sie als Vorbild nehmen. Aus diesem Grund bemühen wir uns, die Zehn Gebote, Glaubensbekenntnisse, Bekenntnisschriften, Katechismen, Wechselgebete und weitere in der Kirchengeschichte übliche Formen einzusetzen. Wir möchten, dass unsere Gottesdienste aus mehr bestehen als nur einem Gottesdienstauftakt, einer Predigt und einem Schlusslied. Als Gemeinde orientieren wir uns an den Richtlinien, die unsere Kongregation für den Gottesdienst festgelegt hat. Wir möchten, dass unsere Gottesdienste ansprechend reformiert – also weder archaisch noch anstößig –, in der Geschichte verwurzelt und bibeltreu sind.
9. Vom Gebet geprägt
Unsere Gottesdienste umfassen viele verschiedene Gebete. Häufig bauen wir ein Bekenntnisgebet ein, denn wir sündigen jede Woche neu und sind auf die Gnade des Evangeliums angewiesen. In der Regel gibt es eine längere gemeinsame Gebetszeit, die wichtig ist, um für die Bedürfnisse unserer Gemeindefamilie und für die Welt zu beten. Auch andere Gebete sind üblich: eine Anbetung zu Beginn des Gottesdienstes, ein Gebet um Erkenntnis vor der Predigt und ein kurzes Gebet nach der Predigt. Üblicherweise haben wir einen Gottesdienst mit Schwerpunkt Gebet am ersten Sonntagabend des Monats. Für Gottes Volk ist es schwierig, den Stellenwert des Gebets zu erkennen und zu lernen, wie man betet, wenn das Gebet kein wesentlicher Bestandteil dessen ist, was wir tun, wenn wir uns zum Gottesdienst versammeln.
10. Unaufdringliche Exzellenz
Im gemeinsamen Gottesdienst sollte der Schwerpunkt auf dem Evangelium und der alles überragenden Herrlichkeit Jesu Christi liegen. Wenn die Gitarren verstimmt sind, die Lautsprecheranlage quietscht, der Prediger sich ständig verhaspelt und die Moderatoren vorne alle anderen etwas nervös machen, dann stimmt unser Fokus nicht. Weil es anderen hilft und Gott gefällt, wenn wir Dinge anständig und in geordneter Weise ausführen, sollten wir danach streben, den Gottesdienst mit Exzellenz zu gestalten (vgl. 1Kor 14,40). Es sollte jedoch eine unaufdringliche Exzellenz sein (um John Pipers Begriff zu verwenden). Wenn der Gitarrist ein phantastisches Riff spielt, das Soundsystem mit Subwoofern unter jedem Platz ausgestattet ist, der Prediger viel zu wortgewandt ist und die vorne stehenden Personen allen anderen das Gefühl geben, sich in einer Show zu befinden, dann stimmt unser Fokus eben auch nicht. Das Ziel ist es, den Gottesdienst so zu gestalten, dass wir weder zu ungeschickt noch zu clever sind und die Herrlichkeit Gottes fast vergessen wird.