Herzenssache
Als in unserem Bekanntenkreis kürzlich zwei Familienväter in den Vierzigern einen plötzlichen Herztod starben, kam ich ins Nachdenken: Solange unser Herz bzw. unser Körper funktioniert, denken wir wenig darüber nach und nehmen es als selbstverständlich hin. Dabei ist jeder einzelne Mensch ein hochkomplexes und geniales Wunderwerk. Zum Beispiel schlägt unser Herz etwa 100.000 mal am Tag und 2,5 Milliarden mal in 70 Jahren. Dabei versorgt diese „Hochleistungspumpe“ alle Teile unseres Körpers mit dem lebensnotwendigen Blut – dem „Träger des Lebens“ – bis in die 1,2 Milliarden Kapillaren hinein, die eine Gesamtlänge von 1200 Kilometern haben. Die tägliche Fördermenge würde 40 Badewannen füllen und in 70 Lebensjahren einen Wolkenkratzer. Wenn ein Herz gesund ist, läuft es wartungsfrei und passt sich problemlos an die häufig wechselnden Bedingungen und Belastungen an.
Das Herz als Zentrum der Person
Auch in der Bibel ist von der wichtigen Rolle des „Herzens“ die Rede. Jedoch ist dabei meistens etwas anderes gemeint. Dort steht das Herz bildlich für den verborgenen Sitz unseres Denkens, Willens, Gewissens, Glaubens, geistigen Lebens oder unserer Gefühle und Wünsche. Es ist das Zentrum unserer Entscheidungen. So rät ein fürsorglicher Vater seinem Sohn in Sprüche 4,23: „Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus.“
In 1. Könige finden wir die Aussage: „Denn du [Gott] allein erkennst das Herz aller Menschenkinder“ (1Kön 8,39). Hier geht es weniger darum, dass Gott als Konstrukteur und Schöpfer über unser muskuläres Hohlorgan genauestens Bescheid weiß. Gemeint ist vielmehr, dass er uns auch als Person bis in unser Innerstes kennt – und zwar jeden einzelnen Gedanken, den wir im Leben denken!
Wie geht es dir mit dieser Tatsache, dass Gott jeden deiner Gedanken kennt?
Salomos große Erkenntnis
Diese bemerkenswerte Feststellung aus dem 1. Königebuch stammt vom berühmten König Salomo. Nach sieben Jahren Bauzeit hatte er für Gott den „Goldenen Tempel“ in Jerusalem prächtig ausgestattet. Die Bundeslade – das sichtbare Zeichen der Gegenwart Gottes – hatte im Allerheiligsten ihren Platz gefunden und „die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus des HERRN“ (1Kön 8,11). In seinem eindrucksvollen Tempelweihgebet offenbart Salomo tiefe Wahrheiten über Gott: Nichts ist Gott gleich; Gott hält und bewahrt den Bund der Gnade; Gott hält und erfüllt immer, was er verheißen hat; Gott ist unfassbar groß und mächtig; Gott ist und handelt absolut gerecht; Gott vergibt dem, der auf ihn vertraut, seine Sünde bekennt und umkehrt.
Salomo kannte auch das Grundproblem der Sünde und ihre Folgen: „Es gibt keinen Menschen, der nicht sündigt“ (1Kön 8,46). Er wusste, was für jeden Menschen lebensnotwendig ist: Gott ernst nehmen und achten sowie Umkehr und Hinwendung zu Gott „von ganzem Herzen“. Deshalb betont er zur Bekräftigung gleich zweimal: Gott allein kennt das Herz aller Menschen.
Die Gefahr des geteilten Herzens
Tragischerweise passierte es dem weisen Salomo später selbst, dass er moralisch abstürzte. Seine vielen Frauen „wendeten sein Herz von Gott ab … und fremden Göttern zu“ (1Kön 11,3ff). Eine weitere Folge war die Teilung Israels in ein Nord- und Südreich. Der König, der einst um ein „verständiges (gehorsames, hörendes) Herz“ gebeten hatte, wurde selbst zum warnenden Beispiel.
Salomos Scheitern unterstreicht seine eigene Ermahnung: „Euer Herz aber sei ungeteilt bei dem HERRN, unserem Gott“ (1Kön 8,61). „Ungeteilt“, denn wir können nicht gleichzeitig zwei unterschiedlichen oder widersprüchlichen Interessen, Werten oder Autoritäten verpflichtet sein. Wie Jesus später lehrte: „Ein Mensch kann nicht zwei Herren dienen. Er wird dem einen ergeben sein und den anderen abweisen“ (Mt 6,24).
Wenn Gott ins Herz sieht
Wilhelm Busch illustrierte die Tatsache von Gottes Allwissenheit mit einem treffenden Reim:
„Wenn jeder hätt’ an seiner Stirn
von Glas ein Fensterlein
dahinter die Gedanken schwirr’n
daß man könnt seh’n hinein:
was gäb' das für ein wildes Laufen
um matte Scheiben einzukaufen.“
Ja, wir können tatsächlich anderen Menschen etwas vormachen, und bestimmt fallen uns Situationen ein, bei denen wir nicht aufrichtig waren und sich hinter unserer äußeren Fassade in unserem Herzen etwas ganz anderes abgespielt hat.
Doch diese Erkenntnis muss nicht erschrecken. Der allwissende und heilige Gott ist auch der vergebende und rettende Gott. Wer Jesus als Herrn über sein Leben annimmt und ihm von ganzem Herzen nachfolgt, für den wird Gottes Herzenskenntnis nicht zum Fluch, sondern zum Segen.
Eine Herzensangelegenheit
David, der „Mann nach dem Herzen Gottes“, hatte den Mut zu beten:„Erforsche mich, o Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich es meine; und sieh, ob ich auf bösem Weg bin, und leite mich auf dem ewigen Weg!“ (Ps 139,23 f.). Dieser Mut zur Selbstprüfung entspringt dem Vertrauen auf Gottes Gnade.
Christsein ist eine ganzheitliche und grundsätzliche Angelegenheit, die alle Bereiche unseres Lebens betrifft und Prioritäten verändert. Ein „ganzer“ Christ nimmt Gottes Wort und seine Gebote ernst und richtet sein Leben danach aus. Für Jesus war es eine „Herzenssache“, für deine ganze Schuld am Kreuz zu sterben.
Wie wirkt sich dein Christsein in den unterschiedlichen Lebensbereichen aus? Wo liegen deine Prioritäten, und wofür schlägt dein Herz? Die Frage ist nicht, ob Gott unser Herz kennt – er tut es. Die Frage ist, ob wir bereit sind, ihm unser Herz ungeteilt zu geben. Denn bei allem, was Menschen tun, hat Gott schon immer auf die Herzenshaltung geschaut.