Was man über das Tier in Offenbarung 13 wissen sollte

Artikel von Justin Dillehay
1. August 2025 — 6 Min Lesedauer

„Das Tier“ in Offenbarung 13 ist Gegenstand endloser Spekulationen – vor allem im Hinblick auf sein „Zeichen“ (Ein Barcode? Ein Tattoo? Ein Impfstoff?). In der Tat ist das Tier eine so häufig wiederkehrende Figur, dass man die Heilsgeschichte kaum ohne es erzählen kann. C.S. Lewis hat sogar im letzten Buch der Chroniken von Narnia eine entsprechende Tiergestalt (der Affe Listig) auftreten lassen.

In Offenbarung 13 kommen sogar zwei Tiere vor (V. 11). Zusammen mit „dem Drachen“ (V. 2) bilden sie die ultimative unheilige Dreifaltigkeit. Aber es ist das erste Wesen (V. 1–10), das aufgrund seiner Vorrangstellung „das Tier“ genannt wird (vgl. Offb 16,13; 19,20; 20,10). Eingeführt wird das Tier in Offenbarung 11,7, wo es Krieg gegen die beiden Zeugen Gottes führt. Die Offenbarung enthält zahlreiche Wiederholungen und Zusammenfassungen, und so finden wir auch hier in Kapitel 13 eine erneute Beschreibung des Tieres, diesmal aus einem anderen Blickwinkel.

Es gibt vieles, was wir nicht sicher wissen können. Aufgrund der interkanonischen Zusammenhänge der Schrift sollte das Tier aber als ein mächtiges menschliches Reich verstanden werden, das Gott lästert und sein Volk verfolgt und in der ganzen Geschichte (besonders in der Endzeit) zu beobachten ist.

Ein mächtiges Menschenreich

Wenn wir dieses Tier verstehen wollen, sollten wir Offenbarung 13 im Lichte des Alten Testaments lesen und nicht im Hinblick auf aktuelle Nachrichten (obwohl die Nachrichten uns helfen können, Anwendungen zu finden). Niemand, der mit Daniel 7 vertraut ist, kann die Ähnlichkeiten zwischen dem Tier, wie Johannes es beschreibt, und Daniels Traum übersehen. In seinem Traum sah Daniel vier Tiere:

  • eines, das wie ein Löwe aussah (vgl. Dan 7,4),
  • eines, das wie ein Bär aussah (vgl. Dan 7,5),
  • eines, das wie ein Panther aussah (vgl. Dan 7,6),
  • und eines mit zehn Hörnern und einem zusätzlichen kleinen Horn, das einen Mund hatte und „das große Dinge redete“ (vgl. Dan 7,7–8, 19).

Im Gegensatz zu Daniel sieht Johannes nur ein einziges Tier, das aber eine Mischung aus den vier Tieren Daniels zu sein scheint. In Offenbarung 13,1–2 beschreibt Johannes dieses Tier folgendermaßen:

  • wie ein Panther (Daniels drittes Tier),
  • mit Füßen wie ein Bär (Daniels zweites Tier),
  • mit einem Maul wie ein Löwe (Daniels erstes Tier),
  • mit zehn Hörnern und einem Maul, das hochmütige und lästerliche Worte spricht (Daniels viertes Tier und sein kleines Horn, vgl. V. 5).

Daniels vier Tiere werden ausdrücklich als „vier Könige“ bezeichnet (vgl. Dan 7,17) und schließen die „Königreiche“, über die sie herrschen (vgl. Dan 7,23–24). (Die meisten Ausleger sind sich einig, dass sie mit den vier Königreichen aus Nebukadnezars Traum in Daniel 2 übereinstimmen). Angesichts seiner eindeutigen Herleitung überrascht es nicht, dass auch das Tier in Offenbarung 13 ein mächtiges Reich ist – eines mit einem „Thron und großer Vollmacht“ (V. 2) – eine Macht, die so groß ist, dass sie sich auf „jeden Volksstamm und jede Sprache und jede Nation“ erstreckt (V. 7). Seine Macht wird durch die 10 Hörner symbolisiert (fünfmal so groß wie die eines normalen Tieres). In Johannes’ ursprünglichem Kontext deutete dies natürlich auf das Römische Reich hin.

Das Tier lästert Gott und verfolgt sein Volk

Genau wie Daniels „kleines Horn“ wurde dem Tier „ein Maul gegeben, das große Worte und Lästerungen redete“ (vgl. Offb 13,5; vgl. V. 6; Dan 7,25; 2Thess 2,4). Wie der alte Drache, der ihm seine Macht verleiht, will das Tier nicht Gott dienen, sondern Gott sein. Hier sind die verbalen Ähnlichkeiten mit dem „Gesetzlosen“ in 2. Thessalonicher 2,1–12 so stark, dass wir sicher davon ausgehen können, dass der Gesetzlose und das Tier identisch sind.

Das Tier hasst nicht nur Gott, sondern auch das Volk Gottes. Wir erfahren, dass ihm gestattet wird, „Krieg zu führen mit den Heiligen und sie zu überwinden“ (Offb 13,7; Dan 7,21). Durch die Androhung von Gewalt (vgl. Offb 13,15) und wirtschaftlichen Strafen (V. 17) zwingen das Tier und seine Anhänger die Menschen zur falschen Anbetung. Letztendlich sind diejenigen, deren Namen im Buch des Lebens stehen, die einzigen, die Widerstand leisten (V. 8).

Dieses Tier stellt den Zweck von zivilen Regierungen auf den Kopf (vgl. 1Petr 2,14; Röm 13,3–4). Anstatt das Böse zu bestrafen, praktiziert und fördert es das Böse. Anstatt das Gute zu ehren, verfolgt es diejenigen, die Gutes tun und sich weigern, Götzendienst zu betreiben. Während das Lamm uns befiehlt, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist, befiehlt das Tier uns, dem Kaiser zu geben, was Gott gehört (d.h. Anbetung: vgl. Offb 13,5–6, 15; Mk 12,17).

Die historische Perspektive

All dies scheint klar genug, wenn man verschiedene biblische Texte vergleicht. Wann aber tritt das Tier in der Geschichte auf? Steht es für das Römische Reich, unter dem Johannes vor 2000 Jahren lebte? Oder handelt es sich um eine Person oder eine Macht, die ganz am Ende der Zeiten auftaucht? Die Antwort scheint beides zu sein.

Einerseits wird das Tier, wie es in den Paulusbriefen erscheint – der „Gesetzlose“ (wahrscheinlich eine Einzelperson) – eindeutig bei „der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus und unserer Vereinigung mit ihm“ (2Thess 2,1) angesiedelt. Sein Erscheinen ist nicht nur eine notwendige Voraussetzung für das Kommen Christi, sondern die Wiederkunft Christi ist auch der Zeitpunkt, an dem dem Tier ein Ende gesetzt wird (V. 3.8). Die Gestalt des Tieres scheint also ein Ereignis der Endzeit zu sein.

Und doch konnte Paulus vor 2000 Jahren behaupten, dass „das Geheimnis der Gesetzlosigkeit … schon am Wirken“ war (V. 7). Wie bei einem Großteil der neutestamentlichen Theologie gibt es auch bei dem Tier einen Aspekt des „schon jetzt, aber noch nicht“. Wie Johannes es ausdrückt: „Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind jetzt viele Antichristen aufgetreten“ (1Joh 2,18).

In der Praxis bedeutet dies, dass wir im Laufe der Geschichte zahlreiche Verkörperungen des Tieres ausmachen können. Für die frühe Gemeinde waren es Nero und das Römische Reich. Für die Christen in Russland des 20. Jahrhunderts war es die Sowjetunion. Für moderne amerikanische Christen kann es manchmal unsere eigene Regierung sein, etwa wenn man an das Urteil im Obergefell-Fall denkt, mit dem Gottes Schöpfungsordnung der Ehe neu definiert wurde, was sogar Richter Roberts zu der Frage veranlasste: „Was glauben wir eigentlich, wer wir sind?“.

Deswegen erübrigt sich auch die Frage, ob die derzeitige Gestalt des Tieres die endgültige ist. In gewissem Sinne spielt es keine Rolle. Jedes Mal, wenn eine Regierung oder ihre Vertreter von uns verlangen, Gott unter Androhung rechtlicher oder wirtschaftlicher Sanktionen nicht zu gehorchen, ist sie zum Tier geworden, und wir sind aufgerufen, Widerstand zu leisten. Vielleicht wird der endgültige Antichrist so dreist sein, tatsächlich zu sagen: „Ich bin Gott“. Aber das muss er nicht – er kann einfach alle anderen Loyalitätsansprüche denen des Staates unterordnen, ob es sich nun um die Ansprüche der Familie, der Gemeinde oder Gottes selbst handelt. Die Forderung nach ultimativer Loyalität ist letztendlich ein Anspruch auf Anbetung – und jemandem ultimative Loyalität zu geben, bedeutet, ihn anzubeten.

Seien wir also wachsam. Denn wenn uns die Offenbarung etwas lehrt, dann, dass diejenigen, die dem Lamm folgen, immer auf das Tier vorbereitet sein müssen.