Mutlosigkeit im Dienst begegnen

Artikel von Cody Wilbanks
23. Juli 2025 — 37 Min Lesedauer

Einer Gruppe von geistlichen Leitern zu sagen, dass der Dienst schwierig ist, ist so, als würde man einer Gruppe von Olympia-Schwimmern sagen, dass Wasser nass ist. Das versteht sich von selbst. Zu sagen, dass die letzten drei bis vier Jahre des Dienstes besonders schwierig waren, versteht sich ebenfalls von selbst. Untersuchungen haben gezeigt, wie negativ sich der Eifer im Dienst und die Zuversicht von Pastoren entwickelt haben. Eine Umfrage aus dem Jahr 2015 ergab, dass 72 % aller Pastoren angaben, sie seien mit ihrem Pastorenberuf „sehr zufrieden“. Im Vergleich dazu ist diese Zahl im Jahr 2022 um erstaunliche 20 Prozentpunkte auf nur noch 52 % gesunken. Ferner hat sich der Prozentsatz der Pastoren, die angeben, eine Zeit durchlebt zu haben, in der sie erhebliche Zweifel an ihrer Berufung hegten, mehr als verdoppelt: von 24 % im Jahr 2015 auf 55 % im Jahr 2022.[1] Zu den drei wichtigsten Gründen, warum Pastoren erwägen, den Dienst aufzugeben, gehören „der immense Stress der Arbeit“, das Gefühl, „einsam und isoliert“ zu sein, und die „aktuellen politischen Zerwürfnisse“.[2] In jüngster Zeit wurden zahlreiche Bücher und Ressourcen veröffentlicht, die sich mit diesem beunruhigenden Trend im Pastorendienst befassen.[3] Auch Missionare sehen sich mit besonderen Belastungen konfrontiert, da sie sowohl ihren Dienst als auch ihr Leben in unterschiedlichen kulturellen Kontexten bewältigen müssen, was viele dazu veranlasst, das Missionsfeld zu verlassen.[4]

Herausforderungen im Dienst sind natürlich kein neues Phänomen. Lange vor polarisierenden Wahlen und der COVID-Pandemie haben Diener des Evangeliums ihr Kreuz auf sich genommen und alle möglichen Arten von Leiden ertragen. Der Dienst des Apostels Paulus war vorrangig von Leiden geprägt, zu denen (neben anderen Dingen) „die Sorge für alle Gemeinden“ (2Kor 11,28) gehörte.[5] Das pastorale Herz und die damit verbundenen Leiden des Apostels treten im 2. Korintherbrief klar zum Vorschein, was dem Brief „einen starken Anspruch verleiht, als der Pastoralbrief schlechthin anerkannt zu werden“.[6]

Ein Grund für Paulus’ Sorge waren die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen hinsichtlich der Legitimität seines Apostelamts und die daraus resultierende Notwendigkeit, auf diese zu reagieren.[7] Um auf die gegen ihn erhobenen Einsprüche zu antworten – die zunächst von einem Einzelnen in der Gemeinde in Korinth (vgl. z.B. 2Kor 2,5; 7,12) und anschließend von einer größeren Gruppe (vgl. z.B. 1Kor 4,3–5.18–21; 2Kor 2,17; 3,1–3) erhoben wurden –, nimmt sich Paulus im 2. Korintherbrief viel Zeit, um sein apostolisches Amt zu verteidigen (vgl. 2Kor 1,12–7,16; 10,1–13,10). Ein Teil seiner Verteidigung besteht aus Beispielen für die Art von Leiden, die er als Diener Christi ertragen musste (vgl. 2Kor 11,23–29). Trotz des Widerstands, dem er von einigen in der Gemeinde in Korinth ausgesetzt war, und der Prüfungen, die er außerhalb von Korinth ertragen musste, möchte Paulus deutlich machen, dass er in seinem Dienst fest blieb und nicht wankte. In 2. Korinther 4,1 schreibt er: „Darum lassen wir uns nicht entmutigen, weil wir diesen Dienst haben gemäß der Barmherzigkeit, die wir empfangen haben.“ Er wiederholt diesen Satz in Vers 16: „Darum lassen wir uns nicht entmutigen.“ Das Wort ἐγκακέω, das die Schlachter mit „entmutigen“ und die Elberfelder mit „ermatten“ übersetzt, wird nur an vier weiteren Stellen im Neuen Testament verwendet (vgl. Lk 18,1; Gal 6,9; Eph 3,13; 2Thess 3,13). Beide Begriffe beschreiben Paulus’ Ausharren im Dienst trotz vieler Prüfungen. Noch einmal: Wenn irgendjemand Grund hätte, in seinem Dienst einen Verlust an Enthusiasmus, Tatkraft, Freude, Geduld oder Kühnheit zu verzeichnen, dann wäre Paulus der offensichtliche Kandidat.

Mit seinen Worten bezieht sich Paulus zunächst auf seine eigenen Erfahrungen, aber als inspirierte Worte Gottes können alle geistlichen Leiter von den Wahrheiten profitieren, die Paulus zur Grundlage seines beständigen und anhaltenden Dienstes macht. Paul Barnett erklärt: „Der Dienst des Neuen Bundes beschränkte sich nicht auf die Generation des Apostels, sondern dauert an, bis der Herr kommt.“[8]. Er fährt fort:

„Die apostolische Botschaft endete nicht mit Paulus, sondern sollte anderen anvertraut werden (vgl. 2Tim 2,2), damit die Fackel des Evangeliums von Generation zu Generation weitergereicht wird, bis der Herr kommt. Der größte Teil seiner Lehre über den Dienst ist somit ein Vorbild und eine Inspiration für nachfolgende Generationen von Missionaren und Pastoren. Seine Bemerkungen über den Dienst … haben durch alle Zeiten hindurch Bestand, um das Leben der Diener des Herrn zu formen und zu leiten.“[9]

Paulus’ Entschlossenheit und Beharrlichkeit angesichts der Herausforderungen des Dienstes sind sowohl demütigend als auch inspirierend. Wir tun gut daran, über das Leben von Paulus nachzudenken, damit auch wir die „Fackel des Evangeliums“ in unseren jeweiligen Kontexten beharrlich weitertragen können.

Die Identifizierung und Behandlung der Ursachen von Burnout bei Pastoren sind komplex und schließen die Beurteilung der mentalen, geistlichen und physischen Gesundheit ein. Dennoch glaube ich, dass Paulus’ Betonung der Verbindung von Kopf und Herz in 2. Korinther 4 eine starke theologische Ermutigung zum Ausharren im Dienst bereithält. Paulus’ Verwendung von „darum“ (V. 1+16) weist auf die Motivationen bzw. Gründe für Paulus’ Ausdauer im Dienst hin. Außerdem leitet Paulus’ Verwendung von „sondern“ (V. 2, ἀλλά) einen Abschnitt ein, in dem er seinen Dienst von einem durch Mutlosigkeit gekennzeichneten Dienst scharf abgrenzt.[10] Somit liefert Paulus’ Sprache in Kapitel 4 sowohl Gründe als auch Belege für das Ausharren. Auch wenn dem Brief des Paulus an die Gemeinde in Korinth noch viel mehr zu entnehmen wäre, wird sich dieser Artikel auf 4,1–16 beschränken, also auf die Wahrheiten, die zwischen den beiden Erklärungen Paulus’ stehen, dass „wir uns nicht entmutigen“ lassen. Ich werde kurz sieben theologische Wahrheiten vorstellen, die Paulus zum Ausharren im Dienst am Evangelium ermutigen und Gelegenheit zum persönlichen Nachdenken bieten.

1. Die Grundlage unseres Dienstes ist der Neue Bund, nicht unsere Leistung

„Darum lassen wir uns nicht entmutigen, weil wir diesen Dienst haben gemäß der Barmherzigkeit, die wir empfangen haben.“ (V. 1)

Paulus wusste um das unglaubliche Geschenk der Gnade Gottes, ein Diener – mehr noch: ein Teilhaber – des Neuen Bundes sein zu dürfen (vgl. 3,4–18).[11] Es war nichts, das er verdient hatte. Das gilt natürlich auch für uns: Keiner von uns verdient es, vor Gott gerechtfertigt zu sein. Keiner von uns verdient das Privileg, Jesus und seiner Kirche zu dienen. Dennoch sind wir versucht, dies zu vergessen. Es passiert allzu leicht, dass wir unsere Stellung in Christus mit unserem Dienst für Christus verwechseln. Wir würden es nie laut aussprechen, aber wir fangen an, so zu tun, als sei die Grundlage, auf der wir vor Gott angenommen sind, unsere Arbeit für ihn. Unsere Rechtfertigung ist plötzlich abhängig von unserer Leistung: Wenn unsere Besucherzahlen, Budgets und der Beifall für uns steigen, fühlen wir uns gerechtfertigt, verlieren das Gefühl aber auch gleich wieder, wenn diese Dinge abnehmen. Wenn unsere Herzen in diese Falle tappen, ist es nicht schwer, abzusehen, was der Dienst einem abverlangen wird. Wenn unsere Kernidentität auf dem basiert, was wir für Gott tun, und nicht auf dem, was Gott für uns getan hat, werden wir nicht in der Lage sein, im Vertrauen auf Gottes unerschütterliche Liebe durch schwierige Zeiten des Dienstes zu gehen.

Die erste Quelle der Ermutigung zum Ausharren im Dienst des Evangeliums entspringt also aus dem Evangelium selbst. Wir dürfen nicht vergessen, in genau der Botschaft zu ruhen, die wir in unserem Dienst bestrebt sind, anderen zu verkünden: Wir sind vor Gott gerecht aufgrund der Gerechtigkeit Christi, die uns allein aus Gnade durch den Glauben geschenkt wird, und diese Gerechtigkeit können wir weder verlieren noch kann sie uns jemals weggenommen werden. Das gilt an unseren besten Tagen im Dienst – und an unseren schlechtesten. Denk daran: Jesus rettet uns, nicht unser Dienst. Rettung und Dienst sind beides Gaben. Jared Wilson ermutigt uns:

„Hierin liegt die Rechtfertigung für den zur Sünde neigenden Pastor (und alle Pastoren neigen zur Sünde): Aufgrund des vollkommenen Werkes Christi für dich sind dein Versagen, deine täglichen Sorgen, dein Unwille, dein Stress, deine Sünde, deine Gebrochenheit, deine Unfähigkeit, deine Ignoranz, deine Erbärmlichkeit, dein Bedauern, dein Stolz und deine Arroganz kein Gegengewicht zu der tiefen und beständigen Gnade Gottes, die dir geschenkt wird – vor Anbeginn der Zeit, jetzt und in alle Ewigkeit.“[12]

Die Umstände deines Dienstes verändern sich, nicht jedoch deine Stellung vor Gott, die aufgrund deines Glaubens an das vollendete Werk Christi feststeht. Die überwältigende Erkenntnis, dass es Gnade ist, den Herrn zu kennen (und ihm zu dienen), kann uns Ausdauer geben, wenn es in unserem Dienst gerade nicht so läuft, wie wir es uns wünschen würden.

Zum Nachdenken: Könnte deine Mutlosigkeit im Dienst darauf zurückzuführen sein, dass du meinst, deine Gerechtigkeit beruhe auf dem, was du in deinem Dienst leistest? Hast du den Dienst zu deiner Identität gemacht? Wenn du zum Beispiel mit Kritik konfrontiert wirst, bist du dann demütig genug, dich darauf einzulassen, oder wirst du übermäßig defensiv, weil deine Identität infrage gestellt wird? Bist du versucht, zu verzweifeln, wenn du deinen Dienst mit dem eines anderen vergleichst? Ist die Freude über deine Errettung abhängig davon, wie du dich hinsichtlich des „Erfolgs“ deines Dienstes in dieser Woche fühlst?

2. Das Evangelium verleiht unserem Dienst Echtheit und Gültigkeit, nicht andersherum

„Sondern wir lehnen die schändlichen Heimlichkeiten ab; wir gehen nicht mit Hinterlist um und fälschen auch nicht das Wort Gottes; sondern indem wir die Wahrheit offenbar machen, empfehlen wir uns jedem menschlichen Gewissen vor dem Angesicht Gottes.“ (V. 2)
„Denn wir verkündigen nicht uns selbst, sondern Christus Jesus, dass er der Herr ist, uns selbst aber als eure Knechte um Jesu willen.“ (V. 5)

In seiner Verteidigung beharrt Paulus auf der vollständigen Integrität seines Dienstes. Er übt seinen Dienst auf eine Weise aus, die frei ist von „schändlichen Heimlichkeiten“. Der Vorwurf trifft im Gegenteil vielmehr diejenigen, die ihn solcher Dinge beschuldigen. Sie sind es, „die das Wort Gottes verfälschen“ (2,17); außerdem sind sie „falsche Apostel, betrügerische Arbeiter“ (11,13). Paulus wird jedoch nicht mit „Hinterlist“ umgehen, ein Wort, das wörtlich „bereit oder fähig sein, alles zu tun“ bedeutet.[13] Paulus verwendet dieses Wort, um Satan in der Art und Weise zu beschreiben, wie er Eva verführte (vgl. 11,3). Damit sind auch jene „bedeutenden Apostel“ (11,5) treffend beschrieben, die Paulus anklagt, „Diener“ Satans zu sein (vgl. 11,14–15). Paulus und seine Mitstreiter dagegen „fälschen … nicht das Wort Gottes“ (4,2), da sie nicht sich selbst, sondern Christus verkündigen (vgl. 4,5; 1Kor 2,2). „Paulus gibt die Wahrheit des Evangeliums niemals auf, auch wenn die Umstände überwältigend gegen ihn zu stehen scheinen.“[14]

Der Vorwurf, gegen den sich Paulus verteidigen musste, ist ein Vorwurf, mit dem wir bisweilen alle konfrontiert werden, sei es von äußeren Gegnern oder unserem eigenen Herzen: Die Echtheit unseres Dienstes ist abhängig von den Ergebnissen, die unser Dienst hervorbringt. Dass Paulus in seinem Dienst so viel leiden musste, sahen manche als Anlass, seine Botschaft zu hinterfragen. Paulus behauptet jedoch genau das Gegenteil: Sein Dienst war echt und gültig, weil seine Botschaft echt und gültig war. Die Versuchung, unseren Dienst auf Grundlage des wahrgenommenen „Erfolgs“ zu beurteilen, ist heute dieselbe. Der Druck und das Verlangen nach Ergebnissen verleiten Diener regelmäßig dazu, eine „relevantere“ oder „stärker kontextualisierte“ Botschaft zu praktizieren und zu predigen, bei der es sich aber in Wahrheit um „schändliche Heimlichkeiten“ handelt. Natürlich sollten wir uns bemühen, alle unnötigen Hindernisse zu beseitigen, damit Menschen das Evangelium hören und darauf reagieren können. Wir sollten jedoch nicht der Versuchung nachgeben, die klaren Lehren der Heiligen Schrift zu verdrehen, in betrügerischer Weise von der Nachfolge Christi zu sprechen oder die Notwendigkeit der Buße herunterzuspielen, um mehr Menschen anzulocken, nur um unseren Dienst zu bestätigen. Es ist die treue Verkündigung des Evangeliums, die einen echten und treuen Dienst ausmacht.

Wie Paulus in diesem Abschnitt erklärt, leben diejenigen, denen wir das Evangelium verkündigen, in der Finsternis (vgl. V. 3–4) und haben es dringend nötig, vom Licht Christi erleuchtet zu werden (V. 6). Was sollen wir also tun? Spurgeon unterstreicht mit zwei kreativen Illustrationen die Notwendigkeit, Christus in den Mittelpunkt unserer Botschaft zu rücken. Aus einem dunklen Haus, erklärte er, kann man die Dunkelheit nicht herauspumpen, „aber wenn du das Haus mit Licht füllst, wird die Dunkelheit von selbst verschwinden. Predige Christus, und der Gott dieser Welt verschwindet. Erhebe Christus, und der Teufel verschwindet.“ Außerdem gebrauchte er das Bild eines Reiters auf einem Pferd: „Das Evangelium läuft herrlich, wenn Jesus im Sattel ist; aber wenn du dich selbst oder menschliche Philosophie predigst, wird das Evangelium dich herausschleudern.“[15] Der Dienst ist schwierig, aber Schwierigkeiten rechtfertigen nicht Verzerrung und Betrug. Ein Dienst, der von Millionen gefeiert wird, ist nichts wert, wenn Gott ihn ablehnt.

Zum Nachdenken: Könnte deine Mutlosigkeit im Dienst auf einen Mangel an Vertrauen in Gottes Wirken durch das Evangelium zurückzuführen sein? Bist du versucht, die biblische Botschaft zu verzerren, zu bearbeiten oder zu verfälschen, weil du glaubst, dass der Dienst dann leichter werden könnte?

3. Der Dienst ist nicht nur ein intellektueller, sondern auch ein geistlicher Kampf

„Wenn aber unser Evangelium verhüllt ist, so ist es bei denen verhüllt, die verlorengehen; bei den Ungläubigen, denen der Gott dieser Weltzeit die Sinne verblendet hat, sodass ihnen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit des Christus nicht aufleuchtet, welcher Gottes Ebenbild ist.“ (V. 3–4)

Paulus benennt den „Gott dieser Weltzeit“ als eindeutigen Feind Christi und seines Dienstes.[16] Der Satan, der sich der Ausbreitung des Evangeliums widersetzt, hat den Ungläubigen „die Sinne verblendet“, sodass sie Christus, das Licht der Welt, nicht sehen (vgl. Joh 8,12). Während Paulus in Kapitel 3 von einer Decke auf dem Herzen der Juden spricht, wissen wir, dass das Wirken des Satans nicht nur auf die Juden beschränkt ist (vgl. 2Kor 2,11; 11,3.14). Jesus beauftragt Paulus ausdrücklich als seinen gesandten Botschafter für die Heiden, „um ihnen die Augen zu öffnen, damit sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Herrschaft des Satans zu Gott“ (Apg 26,18).

Paulus’ apostolischer Auftrag kann als Kampf gegen den Satan verstanden werden, aber auch wir haben den Auftrag, das Licht des Evangeliums in eine Welt mit „verblendeten“ Sinnen zu bringen.[17] Barnett bietet eine Erklärung für Paulus’ Diagnose dieses intellektuellen und geistlichen Kampfes im Dienst: „Die Achillesferse des Menschen ist sein Denken, denn er neigt zu intellektuellem Stolz, besonders in religiösen Fragen. Deshalb hat der Satan mit seinem untrüglichen Urteil über die menschliche Schwäche nicht die Gefühle oder den Willen, sondern den Verstand des Menschen verblendet.“[18] Wir alle sind uns des intellektuellen Kampfes bewusst, dem wir uns stellen müssen, wenn wir Menschen dienen, die mehr von unserer Kultur als von Christus geprägt wurden. Dieses Bewusstsein veranlasst uns oft dazu, regelmäßig Kulturanalysen durchzuführen und uns zu bemühen, über die neuesten philosophischen und sozialen Trends auf dem Laufenden zu sein. Das ist zwar gut und richtig, kann aber den unangenehmen Nebeneffekt haben, dass unser Denken dahingehend verblendet wird, wer der eigentliche Feind und was das eigentliche Hindernis für unseren Dienst ist. Tim Kellers Rat ist hier hilfreich. Er schreibt:

„Vergessen Sie nicht, dass Sie ja nicht gegen irgendwelche Menschen kämpfen, sondern gegen eine Ideologie. Unsere Zeitgenossen sind weniger die Protagonisten des Denkens der Spätmoderne als vielmehr dessen Opfer, und so betrachtet ist das christliche Evangelium mehr der Ausbruch aus einem Gefängnis als eine Kriegserklärung.“[19]

Das ist eine hilfreiche Erinnerung daran, dass unser wahrer Feind Satan ist, nicht die Menschen, denen wir dienen. Wir leben und dienen tatsächlich „in einem Teil der Welt, der von den Rebellen besetzt ist“.[20] Das hat tiefgreifende Auswirkungen darauf, wie wir unseren Dienst gestalten sollten. Zwar besteht ein Großteil unserer Arbeit darin, intellektuelle Hürden zu überwinden, aber das größte Hindernis, die Schönheit Christi zu erkennen, ist für die Menschen in unserem Dienst geistlicher Natur. Das ist kein Aufruf zu intellektueller Faulheit, sondern soll diejenigen entlasten, die sich von den intellektuellen Herausforderungen überfordert fühlen. Ja, wir arbeiten und studieren hart, um die Wahrheit logisch darstellen und zu kulturellen Exegeten heranwachsen zu können, aber wir sollten nicht vergessen, dass unser Dienst weit mehr von der Kraft Gottes abhängt als von der Macht unseres Intellekts. Wir müssen nicht nur studieren. Wir müssen auch beten.

Zum Nachdenken: Könnte deine Mutlosigkeit im Dienst auf ein Gefühl intellektueller Unzulänglichkeit zurückzuführen sein? Bist du dir des geistlichen Kampfes, der in deiner Gemeinde und deinem Umfeld stattfindet, bewusst? Betest du regelmäßig und bittest Gott, den geistlich Blinden in deinem Dienst die Augen zu öffnen?

4. Wir dienen dem Schöpfer, der auch der Neuschöpfer ist

„Denn Gott, der dem Licht gebot, aus der Finsternis hervorzuleuchten, er hat es auch in unseren Herzen licht werden lassen, damit wir erleuchtet werden mit der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.“ (V. 6)

Paulus verstand, dass der Satan zwar ein realer Gegner seines Dienstes war, er aber demjenigen diente, der das Hindernis der geistlichen Blindheit leicht überwinden konnte. Colin Kruse schreibt: „Man darf nicht vergessen, dass Satan eine solche Funktion [vgl. 4,4] nur mit göttlicher Erlaubnis ausüben kann, und die Blindheit des Geistes, die er aufzwingen darf, jederzeit von einem Lichtstrahl durchdrungen werden kann, wenn Gott es will.“[21] Indem er seine Zuversicht zum Ausdruck bringt, dass Gott dem Wirken Satans nicht nur gewachsen ist, sondern es auch leicht überwinden kann, zieht Paulus in den Versen 4 und 6 eine Parallele zwischen ihrem jeweiligen Wirken, wie die folgende Tabelle zeigt.[22]

2Kor 4,4 2Kor 4,6 (die Zeilen wurden nummeriert und in eine neue Ordnung gebracht, um Vers 4 zu entsprechen)
bei den Ungläubigen 2 er hat es auch in unseren Herzen
denen der Gott dieser Weltzeit 1 Denn Gott, der dem Licht gebot, aus der Finsternis hervorzuleuchten
die Sinne verblendet hat 3 licht werden lassen
sodass ihnen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit des Christus nicht aufleuchtet 4 damit wir erleuchtet werden mit der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes
welcher Gottes Ebenbild ist 5 im Angesicht Jesu Christi

Paulus konnte in seinem Dienst bestehen, weil er wusste, dass derjenige, der dem Licht gebot, hervorzuleuchten, mit diesem Licht auch die finstersten und mit einer Decke verhüllten Herzen derjenigen Ungläubigen erleuchtet, mit denen er es zu tun hatte. Mit Anspielungen auf den Schöpfungsbericht (vgl. 1Mose 1,3) und/oder Jesajas Prophezeiung des kommenden Messias, der das Licht der Welt ist (vgl. Jes 9,2; Joh 8,12), brachte Paulus sein Vertrauen in den Schöpfer zum Ausdruck, der gleichzeitig auch der Neuschöpfer ist. Ein beständiger Dienst kennzeichnet sich durch dasselbe Vertrauen in Gottes rettende Macht.

Die Folgen des Vergessens (oder Zweifelns) an Gottes Macht, die Menschen in der Finsternis zu retten, sind vorhersehbar. J.I. Packer stellte fest: „Wo wir uns nicht bewußt auf Gott verlassen, da werden wir uns unweigerlich sehr bald auf uns selbst verlassen.“[23] Sich auf Geschöpfe zu verlassen, um (Neu-)Schöpfung zu bewirken, ist ein hoffnungsloses Unterfangen. In unserer Hoffnungslosigkeit werden wir uns entweder neuen Spielereien zuwenden, um in Zukunft „Erfolg“ zu haben, oder auf alte Methoden zurückgreifen, die in der Vergangenheit scheinbar „Erfolg“ gebracht haben. In Bezug auf Ersteres warnt Wilson: „Womit man Menschen gewinnt, ist das, wofür man sie gewinnt“; und außerdem: „Wenn sie nicht durch die Herrlichkeit Christi gewonnen werden, wurden sie auch nicht für die Herrlichkeit Christi gewonnen“.[24] In Bezug auf Letzteres hat Packer beobachtet, dass wir, wenn wir auf evangelistische Methoden der Vergangenheit vertrauen, die heute versagen, mit „Desillusionierungen“ konfrontiert werden. Er verschreibt uns folgende Gegenmittel:

„Erstens müssen wir unsere Unwissenheit einsehen, die annehmen konnte, daß irgendeine auch noch so geschickte Verkündigungsmethode als solche schon Bekehrungen garantiere; zweitens müssen wir erkennen, daß es gar nicht erstaunlich ist, wenn unsere Verkündigung sehr oft keine Bekehrungen bewirkt, weil eben das menschliche Herz von sich aus für das Wort Gottes nicht zugänglich ist. Drittens müssen wir uns daran erinnern, daß wir dazu gerufen sind, treu zu sein und nicht erfolgreich, und viertens müssen wir es lernen, alle unsere Hoffnungen auf Frucht unserer Verkündigung auf die allmächtige Gnade Gottes zu setzen.“[25]

Das gilt natürlich nicht nur in Bezug auf den Ungläubigen, den wir errettet wissen wollen, sondern auch für den Gläubigen, der in der Sünde gefangen ist und dem wir in der Seelsorge raten, Buße zu tun und in Freiheit zu leben. Dienern des Evangeliums geht es so wie Susan und Lucy, die auf dem Rücken von Aslan reiten, als er über die Burgmauer springt. Jesus wird wie Aslan niemals müde, stürmt vorwärts, gleitet niemals aus, strauchelt nie und findet sicher seinen Weg.[26] Gott kann mit einem einzigen Sprung die Mauer eines jeden sündigen und unbußfertigen Herzens überwinden – wir sind einfach nur dabei.

Zum Nachdenken: Könnte deine Mutlosigkeit im Dienst auf Zweifel an Gottes Fähigkeit, Sünder zu retten, zurückzuführen sein? Denk an eine Person, bei der es am unwahrscheinlichsten scheint, dass sie Christ wird. Glaubst du, dass Gott ihn/sie retten kann? Erinnere dich an deine eigene Geschichte: Wie hat Gott die Dunkelheit deines eigenen Herzens erleuchtet? Denk über die Geschichten anderer in deinem Dienst nach und vertraue darauf, dass derjenige, der schon einmal gerettet hat, wieder retten kann – und wird.

5. Ein Gefühl von Unzulänglichkeit im Dienst ist nicht falsch, sondern angebracht

„Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überragende Kraft von Gott sei und nicht von uns.“ (V. 7)

Paulus’ Gegner versuchten, ihn zu diskreditieren, indem sie auf seine Schwächen hinwiesen – und das war laut Paulus nicht allzu schwer zu bewerkstelligen. Er war sich seiner Furcht (vgl. 1Kor 2,3), seiner mangelnden Beredsamkeit (vgl. 1Kor 2,4; 2Kor 11,6) sowie seiner körperlichen Einschränkungen (vgl. 2Kor 10,10; 12,7) nur allzu bewusst. Seine Antwort bestand nicht darin, seine Schwächen zu leugnen, sondern sich ihrer zu rühmen. Er beschrieb sich selbst als „Tonkrug“, ein „gewöhnliches, alltägliches Gerät“, das „zerbrechlich, minderwertig und entbehrlich“ ist.[27] Dass Gott seinen „Schatz“ in einem so unwürdigen Gefäß verwahrte, war jedoch kein Fehler, sondern Absicht. Gott setzt schwache, unzulängliche, unscheinbare Menschen ein, sodass kein Zweifel daran entsteht, wem die Ehre gebührt, wenn Leben verändert werden (vgl. 1Kor 1,26–29; 2,3–5; 2Kor 3,4–6; 12,9–10).

Es ist leicht, das Gewicht unserer Unzulänglichkeiten unter dem wachsenden Druck des Dienstes zu spüren. Viele von uns wurden (so wie Paulus) von den Menschen in unseren Gemeinden auf unsere Schwächen hingewiesen. Sicher: Wir sollten uns bemühen, in den Bereichen zu wachsen, in denen wir Wachstum benötigen – sei es in der Predigt, Seelsorge, Leitung oder in einem anderen Bereich des Dienstes. Wir sollten versuchen, der beste Diener zu sein, der wir sein können. Wir müssen uns jedoch davor hüten, zu sehr auf unsere eigenen Fähigkeiten zu bauen oder an unseren eigenen Grenzen zu scheitern. Die Situation in Korinth macht deutlich, dass das Vertrauen in unsere eigenen Fähigkeiten eher den triumphalistischen „bedeutenden Aposteln“ als Christus und seinen Jüngern entspricht (vgl. z.B. 2Kor 10,10; 11,20–21; 12,1.11–13; 13,2–4).

Solltest du in deinem Dienst entmutigt sein, dann vergiss nicht: Abgesehen von disqualifizierenden Sünden gibt es keine disqualifizierenden Schwächen. Wenn du dich unzulänglich für den Dienst am Evangelium fühlst, bist du sogar näher an der Wahrheit als der Pastor, der glaubt, alles unter Kontrolle zu haben. Dass du trotz deiner Schwächen dienst, schafft die Voraussetzungen dafür, dass Gottes Herrlichkeit die zentrale Rolle einnehmen kann, die ihr zukommt. Paul Tripp betont außerdem, wie wichtig es ist, Schwäche im Dienst zuzulassen: „Es ist dein Eingeständnis von Schwäche, das deinen Dienst davor bewahrt, sich nur noch um menschliches Ansehen und um den Aufbau des Reiches Gottes zu drehen.“[28] Er schreibt weiter:

„Anstatt ein perfektes Porträt zu sein, das den Menschen versichert, dass das Evangelium wahr ist, sind du und ich dazu berufen, Fenster zu sein, durch die die Menschen die Herrlichkeit des auferstandenen Herrn Jesus Christus sehen können. Es ist unsere Schwäche, die sowohl die Unabdingbarkeit als auch die Macht der Gnade des Herrn Jesus Christus offenlegt. Nur seine allgegenwärtige und mächtige Gnade kann einen Menschen, der selbst noch verwandelt werden muss, befähigen, als Werkzeug seiner verwandelnden Gnade im Leben anderer eingesetzt zu werden.“[29]

Wenn wir unsere Grenzen bejahen, müssen wir nicht mehr vorgeben, jemand zu sein, der wir nicht sind. Wir müssen nicht mehr mit unserem Charisma, unserem Intellekt oder unseren Errungenschaften prahlen. Wir müssen nicht mehr auf ein Podest gestellt werden, das allein Jesus vorbehalten sein sollte.

Zum Nachdenken: Könnte deine Entmutigung im Dienst darauf zurückzuführen sein, dass du zu sehr auf deine Schwächen schaust? Sind deine Schwächen für dich größer geworden als Gottes Macht? Erstelle eine mentale Liste deiner Schwächen. Glaubst du wirklich (von disqualifizierenden Sünden einmal abgesehen), dass eine dieser Schwächen Gottes Fähigkeit, dich zu gebrauchen, zunichtemacht?

6. Tod und Auferstehung bilden das Muster des geistlichen Dienstes

„Wir werden überall bedrängt, aber nicht erdrückt; wir kommen in Verlegenheit, aber nicht in Verzweiflung; wir werden verfolgt, aber nicht verlassen; wir werden niedergeworfen, aber wir kommen nicht um; wir tragen allezeit das Sterben des Herrn Jesus am Leib umher, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar wird. Denn wir, die wir leben, werden beständig dem Tod preisgegeben um Jesu willen, damit auch das Leben Jesu offenbar wird an unserem sterblichen Fleisch. So ist also der Tod wirksam in uns, das Leben aber in euch.“ (V. 8–12)

In den Versen 8 bis 12 erinnert uns Paulus daran, dass Christus – insbesondere sein Tod und seine Auferstehung – das Muster des geistlichen Dienstes darstellt. Als Verkündiger des Evangeliums müssen wir bereit sein, den Weg des Evangeliums zu gehen. Wie Rob Edwards es beschreibt, sind wir dazu berufen, „Teilhaber dessen zu sein, was wir verkünden“.[30] Tod und Auferstehung sind demnach Bestandteile des Dienstes. Wir erleben beides – jedoch nicht aufeinanderfolgend, sondern gleichzeitig. Wir können das in den Versen 10 und 11 sehen, wo Paulus sagt, dass wir „allezeit das Sterben des Herrn Jesus am Leib umher[tragen], damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar wird. Denn wir, die wir leben, werden beständig dem Tod preisgegeben um Jesu willen, damit auch das Leben Jesu offenbar wird an unserem sterblichen Fleisch“ (Hervorhebungen hinzugefügt). Mit anderen Worten: Tod und Auferstehung sind in unserem Dienst gleichermaßen präsent; sie sind keine getrennten Erfahrungen. Edwards erklärt:

„Auferstehungsmomente im Dienst treten nur dann auf, wenn sie von Erfahrungen begleitet werden, die man mit Recht als Tod bezeichnen kann. Aber ebenso gibt es keine Erfahrung des Todes, die nicht auch die lebenserhaltende Kraft der Auferstehung Christi für diejenigen einschließt, die ihm dienen.“[31]

Diese Gleichzeitigkeit von Tod und Auferstehung ist eine notwendige Perspektive, wenn wir uns um einen treuen Dienst in unserer Zeit bemühen. Auch hier ermutigt uns Edwards:

„Leiden darf nicht als Indikator dafür angesehen werden, dass mit dem Dienst etwas nicht stimmt. Ein Dienst ohne Leiden würde tatsächlich überhaupt nicht der Geschichte des Evangeliums entsprechen. … Eine subtile Gefahr im Dienst besteht darin, die Botschaft von Jesu Tod und Auferstehung zu verkünden und gleichzeitig zu erwarten, eine Geschichte zu leben, die zwar einige Schwierigkeiten und gelegentliches Leid beinhaltet, aber in erster Linie dem Drehbuch dieser Welt entspricht und das Thema Tod und Auferstehung gegen eine andere und für unsere Zeit ansprechendere Geschichte austauscht.“[32]

Scott Hafemann ist ähnlich besorgt hinsichtlich der allgemeinen Tendenz, Leiderfahrungen nicht als wesentlichen Bestandteil des Pastoren- und Seelsorgedienstes zu begreifen. Er stellt fest:

„Wir gehen ‚natürlich‘ davon aus, dass es die gut aussehenden und gesunden Menschen sind, die ‚stark‘ in dem Herrn sind – vor allem dann, wenn sie rhetorisch geschickt sind. Aus Paulus’ Sicht ist jedoch das Hauptmerkmal derer, in denen Gott mächtig am Werk ist, ihr zuversichtliches Ausharren inmitten von Widrigkeiten. Unsere Pastoren sollten Standhaftigkeit statt Show und Charakter statt Charisma verkörpern.[33]

In einer Zeit des Dienstes, in der das Leiden und die völlige Abhängigkeit von Christus heruntergespielt werden, ist die Botschaft von Paulus klar. Jeder treue Diener wird bis zu einem gewissen Grad „bedrängt“, „verfolgt“ und „niedergeworfen“; es braucht ein unerschütterliches Vertrauen in das Evangelium, um zu sehen, dass wir nicht „in Verzweiflung“ geraten oder „erdrückt“ und „verlassen“ werden.[34] Wir verkörpern den Tod und die Auferstehung Jesu – wir verkörpern die Botschaft, die wir verkünden.

Zum Nachdenken: Könnte deine Mutlosigkeit im Dienst darauf zurückzuführen sein, dass du vergessen hast, dass du in die Fußstapfen desjenigen trittst, der gekreuzigt wurde, bevor er in die Herrlichkeit eingegangen ist? Es ist wahrscheinlich leicht, Anzeichen des Todes in deinem Dienst zu erkennen, aber kannst du auch Anzeichen des Lebens ausmachen?

7. Denk an das Ende, um bis zum Ende auszuharren

„Weil wir aber denselben Geist des Glaubens haben, gemäß dem, was geschrieben steht: ‚Ich habe geglaubt, darum habe ich geredet‘, so glauben auch wir, und darum reden wir auch, da wir wissen, dass der, welcher den Herrn Jesus auferweckt hat, auch uns durch Jesus auferwecken und zusammen mit euch vor sich stellen wird. Denn es geschieht alles um euretwillen, damit die zunehmende Gnade durch die Vielen den Dank überfließen lasse zur Ehre Gottes.“ (V. 13–15)

Im letzten Absatz unseres Abschnitts verweist Paulus auf zwei ermutigende Realitäten, die ihn im Ausharren stärken: die sichere, zukünftige Auferstehung des Gottesvolks und Gottes Herrlichkeit. Sein Dienst ist somit sowohl eschatologisch als auch doxologisch motiviert. Um die Bedeutung der Auferstehung für seinen beständigen Dienst zu betonen, zitiert Paulus Psalm 116,10.[35] In Psalm 116 preist der Psalmist Gott, der sein Volk aus dem Tod errettet. Der Vers 10, den Paulus zitiert, ist die Erklärung des Psalmisten, dass er auch angesichts des Todes weiterhin an die Macht Gottes glaubt, die Toten aufzuerwecken. James Hamilton bemerkt:

„Selbst als er seine tiefste Bedrängnis beschrieb, blieb er weiterhin gläubig. In Kombination mit 116,11 wird deutlich, dass der Psalmist an die Wahrheit Jahwes glaubte, auch wenn er zu dem Schluss kam, dass alle Menschen lügen. Seine Bedrängnis war schwer. Er war dem Tod nahe. Er spürte, dass er keinem Menschen trauen konnte. Und dennoch glaubte er Gott.“[36]

Hamilton zieht eine Verbindung zwischen diesem Psalm und dem Apostel in 2. Korinther 4: Wie der Psalmist vertraute Paulus auf den Gott, „der sogar inmitten schwerer Bedrängnis aus dem Tod befreit“.[37] Dieses Vertrauen in die zukünftige Auferstehung stärkte seine Fähigkeit, Widerstände zu ertragen, was umso deutlicher wird, wenn er im nächsten Absatz schreibt: „Denn unsere Bedrängnis, die schnell vorübergehend und leicht ist, verschafft uns eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit“ (2Kor 4,17). Der unerschütterliche Glaube an die Auferstehung derer, die mit ihm im Dienst Gottes stehen, trieb ihn ebenfalls an (vgl. 2Kor 1,14; Phil 2,16; 1Thess 2,19). Er wusste, dass auch sie mit ihm an der Auferstehung teilhaben würden – und blieb standhaft.

Eine sichere Eschatologie führt zu einer weiteren Motivation für das Ausharren, nämlich Gottes Ehre. Das doxologische Ziel des Dienstes (und aller Dinge) wird in Vers 15 zusammengefasst, wenn Paulus schreibt: „Damit die zunehmende Gnade durch die Vielen den Dank überfließen lasse zur Ehre Gottes.“ Paulus legt hier eine klare theologische Argumentation an den Tag: Je mehr Menschen er mit dem Evangelium erreichen kann, desto mehr Ehre und Anbetung wird Gott zuteil.

Was lässt sich aus diesen Wahrheiten für den Diener ableiten, der mit den Schwierigkeiten des Dienstes am Evangelium zu kämpfen hat? Eschatologische Hoffnung bedeutet, dass wir über die Trübheit unseres Lebens und Dienstes in diesem Zeitalter hinwegsehen und unseren Blick auf die Schönheit des kommenden Zeitalters richten. Die Hoffnung auf die Zukunft hilft uns in der Gegenwart. Wir werden daran erinnert, dass es wirklich einen Tag gibt, an dem Christus wiederkommt und sein Volk für immer zu sich holt. Es wird ein Tag kommen, an dem alle Beziehungskonflikte, Sündenverstrickungen und Widerstände gegen Gott und sein Wort der Vergangenheit angehören werden. Es wird wirklich ein Ende der Kämpfe geben, die wir in unserem Dienst (noch) austragen müssen. Aber noch ist es nicht so weit. Bis dahin halten wir durch, weil wir wissen, dass – im Vergleich zu unserer ewigen Zukunft – unsere Kämpfe nur von kurzer Dauer sind. Und indem wir – nach Gottes Wohlgefallen und seinem souveränen Willen – immer mehr Menschen erreichen, bringen immer mehr Menschen ihm das Lob und die Ehre, die ihm gebühren. Kein Läufer nimmt Anstrengungen und Schmerzen auf sich, wenn er nicht glaubt, dass es eine Ziellinie gibt. Aufgrund der Auferstehung Jesu wissen wir, dass auf diejenigen, die mit ihm verbunden sind, ein herrliches Ende wartet. Mit Paulus wollen wir sagen: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt“ (2Tim 4,7).

Zum Nachdenken: Könnte deine Mutlosigkeit im Dienst auf eine schwache Eschatologie zurückzuführen sein? Wie kann die Auferstehung dir in deiner Mutlosigkeit neuen Schwung verleihen? Wie könnte die Perspektive auf den Dienst als Akt der Anbetung die Art und Weise verändern, wie du mit schwierigen Zeiten und Umständen umgehst? Lies angesichts der schwierigen Situation, in der du dich gerade befindest, Psalm 116 und meditiere über ihn.

Fazit

Es gibt viele Gründe, warum geistliche Leiter in ihrem Dienst von einem Burnout bedroht sind oder sogar tatsächlich ausbrennen. Es gibt physische, mentale und geistliche Ursachen, die alle untersucht werden sollten. Wir sollten aber auch die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass der Grund unserer Mutlosigkeit unser Mangel an Glauben an bestimmte theologische Wahrheiten ist. Die Worte von Apostel Paulus in 2. Korinther 4,1–16 sind ein hilfreicher Ausgangspunkt, um einige dieser theologischen Wahrheiten anzusprechen, deren Vernachlässigung einen Dienst gefährden können. Sie geben uns auch Gelegenheit, über den Zustand unseres Herzens nachzudenken. Schließlich sind Kopf und Herz keine voneinander unabhängigen Aspekte unserer menschlichen Erfahrung und unseres Daseins – sie sind miteinander verbunden.[39] Deshalb kann ein unerschütterlicher Glaube an die bleibenden Wahrheiten Gottes und seines Werkes uns befähigen, mit Paulus zu sagen: „Darum lassen wir uns nicht entmutigen.“


1 Vgl. „Excerpt: A Rapid Decline in Pastoral Security,“ Barna, 15.03.2023, online unter: https://www.barna.com/research/pastoral-security-confidence/ (Stand: 19.07.2025).

2 Vgl. „Pastors Share Top Reasons They’ve Considered Quitting Ministry in the Past Year,“ Barna, 27.04.2022, online unter: https://www.barna.com/research/pastors-quitting-ministry/ (Stand: 19.07.2025).

3 Vgl. z.B. folgende Auswahl kürzlich erschienener Bücher zum Thema Burnout unter Pastoren und zu den Schwierigkeiten des pastoralen Dienstes: Joel R. Beeke und Nick Thompson, Pastors and their Critics: A Guide to Coping with Criticism in Ministry, Phillipsburg: P&R Publishing, 2020; Tom Nelson, The Flourishing Pastor: Recovering the Lost Art of Shepherd Leadership, Downers Grove: InterVarsity, 2021; Jonathan K. Dodson, The Unwavering Pastor: Leading the Church with Grace in Divisive Times, London: Good Book, 2022; Michael A.G. Haykin et al., Pastoral Friendship: The Forgotten Piece in a Persevering Ministry, Ross-shire: Christian Focus, 2022; Glenn Packiam, The Resilient Pastor: Leading Your Church in a Rapidly Changing World, Grand Rapids: Baker Books, 2022; Mark Dance, Start to Finish: The Pastor’s Guide to Leading a Resilient Life and Ministry, Brentwood: B&H Publishing, 2023; Sean Nemecek, The Weary Leader’s Guide to Burnout: A Journey from Exhaustion to Wholeness, Grand Rapids: Zondervan, 2023; Jeremy Writebol, Pastor, Jesus is Enough: Hope for the Weary, the Burned Out, and the Broken, Bellingham: Lexham, 2023; Jason Young und Jonathan Malm, Don’t Burn Out, Burn Bright: How to Thrive in Ministry for the Long Haul, Grand Rapids: Baker Books, 2023.

4 In einem kürzlich veröffentlichten Bericht über den Verschleiß von Missionaren berichteten elf Organisationen, dass 974 von 1014 neuen Missionaren zwischen 2016 und 2018 das Missionsfeld verlassen haben; vgl. Karl Dahlfred, „Missionaries Get Lonely Too and It’s Contributing to Missionary Attrition,“ OMF, 17.08.2021, online unter: https://omf.org/us/missionaries-get-lonely-too-its-contributing-to-missionary-attrition/ (Stand: 19.07.2025).

6 Murray J. Harris, „2 Corinthians“, in: Tremper Longman III und David E. Garland (Hrsg.), Romans–Galatians, Grand Rapids: Zondervan Academic, überarbeitete Aufl., 2008, S. 434.

7 Für eine Untersuchung der kulturellen Einflüsse der griechisch-römischen Welt sowie der Stadt Korinth auf die korinthische Gemeinde vgl. Timothy B. Savage, Power Through Weakness: Paul’s Understanding of the Christian Ministry in 2 Corinthians, Cambridge: Cambridge University Press, 1996, S. 19–99; Dane C. Ortlund, Ministry in the New Realm: A Theology of 2 Corinthians, Wheaton: Crossway, 2023, S. 115–122.

8 Paul Barnett, The Second Epistle to the Corinthians, Grand Rapids: Eerdmans, 1997, S. 49.

9 Ebd., S. 50.

10 George H. Guthrie, 2 Corinthians, Grand Rapids: Baker Academic, 2015, S. 235.

11 Vgl. auch Philipper 1,7, wo Paulus die Partnergemeinde als „Mitteilhaber der Gnade“ beschreibt, „sowohl in meinen Fesseln als auch in der Verteidigung und Bekräftigung des Evangeliums“ (ELB).

12 Jared C. Wilson, The Pastor’s Justification: Applying the Work of Christ in Your Life and Ministry, Wheaton: Crossway, 2013, S. 144.

13 Vgl. Martin, 2 Corinthians, S. 221.

14 Garland, 2 Corinthians, S. 225.

15 Charles H. Spurgeon, „The Gospel of the Glory of Christ“, in: The Metropolitan Tabernacle Pulpit Sermons, Bd. 35, London: Passmore & Alabaster, 1889, S. 180.

16 Ortlund erklärt: „Indem Paulus den Satan ‚den Gott dieser Weltzeit‘ nennt, führt er uns in das makro-historische Schema der ‚zwei Zeitalter‘ des frühen Judentums und Christentums ... Das alte Reich ist das gegenwärtige Zeitalter, das neue Reich hingegen das kommende Zeitalter, das in das gegenwärtige Zeitalter eingebrochen ist, es überlagert und das alte Reich als den primären Ort der Zugehörigkeit der Gläubigen ablöst. Das alte Reich ist sozusagen der Schauplatz der satanischen Herrschaft“ (Ortlund, Ministry in the New Realm, S. 76).

17 Vgl. Graham A. Cole, Against the Darkness: The Doctrine of Angels, Satan, and Demons, Wheaton: Crossway, 2019, S. 101. Vgl. auch Paynes Berücksichtigung von Apostelgeschichte 13,47 in diesem Zusammenhang: J.D. Payne, Theology of Mission: A Concise Biblical Theology, Bellingham: Lexham, 2021, S. 103.

18 Paul Barnett, The Message of 2 Corinthians, Downers Grove: InterVarsity, 1988, S. 82.

19 Timothy Keller, Predigen: Damit Gottes Wort Menschen erreicht, Gießen: Brunnen, 2015, S. 169–170.

20 C.S. Lewis, Pardon, ich bin Christ: Meine Argumente für den Glauben, Gießen: Brunnen, 1998, S. 57.

21 Colin Kruse, 2 Corinthians, Grand Rapids: Eerdmans, 1997, S. 103.

22 Vgl. Guthrie, 2 Corinthians, S. 243; Savage, Power Through Weakness, S. 127–129.

23 J.I. Packer, Prädestination und Verantwortung: Gott und Mensch in der Verkündigung, 2. Aufl., **Wuppertal: R. Brockhaus, 2000, S. 21.

24 Jared C. Wilson, The Gospel-Driven Church: Uniting Church-Growth Dreams with the Metrics of Grace, Grand Rapids: Zondervan, 2019, S. 25.37.

25 J.I. Packer, Prädestination und Verantwortung: Gott und Mensch in der Verkündigung, 2. Aufl., Wuppertal: R. Brockhaus, 2000, S. 78.

26 Vgl. C.S. Lewis, Der König von Narnia, Moers: Brendow, 1998, S. 133.

27 Garland, 2 Corinthians, S. 241.

28 Paul David Tripp, Dangerous Calling: Confronting the Unique Challenges of Pastoral Ministry, Wheaton: Crossway, 2012, S. 206.

29 Ebd., S. 207.

30 William R. Edwards, „Participants in What We Proclaim: Recovering Paul’s Narrative of Pastoral Ministry“, Themelios 39/3, 2014, S. 455–469. Gänz ähnlich beobachtet Robert Plummer: „Paulus geht davon aus, dass Leiden nicht nur eine Begleiterscheinung der Verkündigung des Evangeliums durch die Apostel ist, sondern selbst auch eine Verkündigung des Evangeliums ist“ (Robert L. Plummer, „The Role of Suffering in the Mission of Paul and the Mission of the Church“, SBJT 17/4, 2013, S. 11).

31 Edwards, „Participants in What We Proclaim“, S. 462.

32 Ebd., S. 466.

33 Scott Hafemann, „A Call to Pastoral Suffering: The Need for Recovering Paul’s Model of Ministry in 2 Corinthians“, SBJT 4/2, 2000, S. 32.

34 Savage betont, dass „jede Antithese durch das Partizip οὐκ (statt des üblichen μή) verbunden ist, was darauf hindeutet, dass Paulus diese Interpretation mit Nachdruck vertritt – ‚wir sind schwer bedrängt, aber keineswegs erdrückt‘“ (Savage, Power Through Weakness, S. 171).

35 Psalm 115,1 (LXX).

36 James M. Hamilton Jr., Psalms, Bd. 2, Bellingham: Lexham Academic, 2021, S. 327.

37 Ebd., S. 328–329.

38 Für eine hilfreiche Abhandlung über den möglichen Vorrang von Kopf oder Herz vgl. Gerald Hiestand und Todd Wilson, The Pastor Theologian: Resurrecting an Ancient Vision, Grand Rapids: Zondervan, 2015, S. 54–56; James K.A. Smith, You Are What You Love: The Spiritual Power of Habit, Grand Rapids: Brazos, 2016, S. 7–10.