Was Jüngerschaft nicht ausmacht

Artikel von Hunter Beless
16. Juli 2025 — 6 Min Lesedauer

Echte Jüngerschaft erlebte ich erst in meinem ersten Studienjahr an der Universität von Arkansas. Dort, in den Nischen der Studentenlounge, fand ich Kontakt zu einer Gruppe älterer Christen, denen mein geistliches Wachstum wirklich am Herzen lag. Eine von ihnen nahm mich im Laufe der nächsten Jahre unter ihre Fittiche, lehrte mich, Gottes Wort zu lesen, und lebte mir vor, wie man aus der Fülle Christi lebt.

Jetzt, wo meine Studienzeit einige Jahre (okay, Jahrzehnte) zurückliegt, finde ich es immer schwieriger, Gläubige zu finden, die bereit sind, andere durch Jüngerschaft im geistlichen Leben zu unterweisen und zu schulen. Warum engagieren sich nicht mehr Christen dafür, Jünger zu machen, wie Jesus es geboten hat (vgl. Mt 28,18–20)? Ich frage mich, ob dieser Widerwille auf falsche Vorstellungen darüber zurückzuführen ist, was Jüngerschaft bedeutet. Wenn wir verstehen, was Jüngerschaft nicht ist, können wir vielleicht unnötige Hindernisse aus dem Weg räumen und dem Ruf Jesu bereitwilliger folgen.

Jüngerschaft ist nicht ...

... gemeinsames Kaffeetrinken

Vielleicht hast du ein bestimmtes Bild von Jüngerschaft im Kopf, wenn du durch die sozialen Medien scrollst: ein älterer Gläubiger, der einem jüngeren Gläubigen in die Augen blickt, während jeder eine Tasse heißen Kaffee über einer aufgeschlagenen Bibel hält. Gespräche über das Evangelium beim Kaffeetrinken können zwar sehr hilfreich sein, aber es muss nicht immer auf diese Weise geschehen.

Wenn wir uns Jüngerschaft vor allem in einem bestimmten Kontext wie einer Verabredung zum Kaffee vorstellen, dann laufen wir Gefahr zu übersehen, dass es in der Jüngerschaft um die Beziehung geht und nicht um die Atmosphäre und Erfahrung eines Treffens. Gespräche nach dem Gottesdienst, Telefonanrufe, Textnachrichten und Spaziergänge durch den Park können alle Teil der Jüngerschaft sein. Wahre Jüngerschaft beinhaltet die Anwendung des Wortes Gottes und das Gebet für diejenigen, in die man investiert, um ihnen in der Christusnachfolge weiterzuhelfen. Wenn diese Dinge vorhanden sind, ist Kaffeetrinken nicht zwingend erforderlich.

... bequem

Vielleicht hast du es bisher aufgeschoben, weil du mit Kindern, alternden Eltern oder einem vollen Terminkalender beschäftigt bist. Die Wahrheit ist aber: Es gibt nie einen günstigen Zeitpunkt, um anderen geistlich weiterzuhelfen. Wenn du auf eine passendere Zeit wartest, verweigerst du jüngeren Gläubigen vielleicht die Gelegenheit, mitzuerleben, wie du auf Schwierigkeiten reagierst.

Warum lädst du die Person, die du im Glauben begleiten willst, nicht dazu ein, mit dir den Garten zu bearbeiten, die Wäsche zusammenzulegen oder mit deinen Kindern Besorgungen zu machen? Der demütigende Moment, in dem du dein Kind zurechtweisen musst, könnte genau das sein, was die junge Mutter, die du anleitest, braucht, um zu lernen, voller Gnade auf den Ungehorsam ihres Kindes zu reagieren.

Wenn wir die Menschen, die wir im Glauben begleiten, in unseren Alltag einbeziehen, entdecken wir, dass wir mehr Zeit für Jüngerschaft haben, als wir dachten. Es mag sich zwar weniger produktiv und deshalb auch chaotischer anfühlen, aber wenn wir für das Wachstum anderer unsere eigenen Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen, verhilft uns das zur Reife und macht Jüngerschaft zu einem bequem unbequemen Teil unseres geistlichen Wachstums.

... eine Einbahnstraße

Jüngerschaft ist wie Elternschaft – kostspielig und anstrengend, aber überaus lohnenswert. Du wirst viel Zeit investieren, um die Person, die du begleitest, zu lehren und anzuleiten, aber du wirst während dieses Prozesses auch viel von ihr lernen. Die jüngeren Frauen, die ich unterwiesen habe, haben mich gelehrt, bewusst Fragen zu stellen und demütig nach älteren Frauen zu suchen. Sie haben mich in meinem Glauben angespornt. Durch Gottes Gnade dient die Jüngerschaft nicht nur dem Wachstum des Jüngers, sondern auch demjenigen, der ihn begleitet.

... Bibelschulabsolventen, geistlichen Größen oder perfekten Menschen vorbehalten

Vielleicht hast du das Gefühl, dass die Unterweisung anderer nur für hochrangige Christen infrage kommt, aber sie ist nicht den Theologen und geistlichen Größen vorbehalten – sie ist ein Gebot, das durchschnittlichen Christen wie dir und mir gegeben wurde. Titus 2 erinnert uns daran, dass wir die jüngeren Gläubigen lehren sollen, was mit der gesunden Lehre übereinstimmt (V. 1). Glücklicherweise haben wir in Gottes Wort ein ganzes Buch voller gesunder Lehre zur Verfügung.

Wir müssen nicht schon Antworten auf alle Fragen, die jüngere Gläubige stellen könnten, parat haben. Unsere Aufgabe ist es, sie zu dem zu führen, der Antworten hat, indem wir ihn gemeinsam in seinem Wort suchen. Wir bitten um die Hilfe des Heiligen Geistes und weisen sie auf das Vorbild hin, dem sie in unserem vollkommenen Erlöser folgen sollten.

... eine Entweder-oder-Situation

Du bist immer sowohl eine ältere als auch eine jüngere Person in der Gemeinde. Bist du für jemanden ein älterer Mann oder eine ältere Frau? Wenn ja, dann solltest du andere in der Jüngerschaft anleiten. Bist du für jemanden ein jüngerer Mann oder eine jüngere Frau? Wenn ja, dann musst du in der Jüngerschaft sein. Jüngerschaft ist keine Entweder-oder-Situation, in der wir entweder Jünger machen oder Jünger sind. Wir müssen an beidem beteiligt sein. Manchmal hängt das nicht unbedingt mit der Anzahl der Umkreisungen zusammen, die man bereits um die Sonne zurückgelegt hat. So hat zum Beispiel eine ältere Frau in meiner Gemeinde eine jüngere Frau gebeten, sie in ihrem Glauben zu begleiten, weil sie wusste, dass die geistliche Reife der jüngeren Frau ihr Alter übertraf. Egal, ob du alt, jung, neu im Glauben oder ein erfahrener Gläubiger bist – wir alle sind aufgerufen, uns in unseren Gemeinden in der Jüngerschaft zwischen den Generationen zu engagieren, um das Evangelium durch unser gemeinsames Leben zu verkünden.

... optional

Jüngerschaft ist nicht etwas, für das sich einige wenige ausgewählte Christen entscheiden, sondern ein Gebot, das von allen Gläubigen befolgt werden muss. In Titus 2 wendet sich Paulus an alle in der Gemeinde – ältere Männer, jüngere Männer, ältere Frauen und jüngere Frauen – und fordert sie auf, eine gesunde Lehre zu verkünden, damit das Evangelium in ihrem Leben zur Geltung kommt (V. 10). Kurz vor seiner Himmelfahrt trug Jesus seinen Jüngern auf, zu gehen und alle Völker zu Jüngern zu machen, sie zu taufen und sie zu lehren, alles zu befolgen, was er geboten hat (vgl. Mt 28,19–20). Jesus sagte dabei nicht: „Wenn es euch passt“ oder „Wenn ihr euch bereit fühlt“. Er sagte: „Geht.“

Das ist zwar eine schwere Verantwortung, aber wenn wir uns daran erinnern, was Jüngerschaft nicht ist, dann erinnert uns das daran, dass es ein notwendiger und natürlicher Teil des christlichen Lebens ist, anderen zur Seite zu stehen, um ihnen zu helfen, Gott kennen und lieben zu lernen.