Gott heiligt uns durch unser Versagen

In einer Welt der Perfektion Gottes Gnade und Motivation zur Arbeit finden

Artikel von Steven Lee
21. Mai 2025 — 8 Min Lesedauer

Die meisten von uns lieben es, von Spitzenleistungen zu reden, und streben selbst nach Perfektion. Wir wollen, dass unser Chirurg der beste im Land ist. Wir wollen, dass unsere Professoren an der Spitze ihres Fachs stehen. Wir wollen, dass Olympiasportler neue Weltrekorde aufstellen. Wir wollen so gut wie möglich aussehen und greifen zu Makeup, Färbe- und Bleichmitteln, machen Sport und verwenden Schönheitsfilter. Auch unser Zuhause soll makellos und aufgeräumt sein.

Die Menschen und Institutionen um uns herum verstärken diese Kultur der Exzellenz nur noch: wir sollen einen weiteren Abschluss machen, die nächste Sprosse auf der Karriereleiter erklimmen und unserem Lebenslauf einen weiteren Punkt hinzufügen. Erfolg ist alles – Versagen keine Option.

Der Schlachtruf unserer modernen Welt lautet: „Mach es besser!“ Bessere Technologie, um unser Leben einfacher zu machen. Mehr institutionelle Rechenschaftspflicht und Unternehmensverantwortung. Mehr unerbittliches Streben nach Selbstoptimierung. Sind nicht hervorragende Leistungen, Erfolg und ständiger Fortschritt zur heiligen Dreifaltigkeit von Leistungsträgern geworden?

Was passiert aber, wenn wir diesen Anforderungen nicht entsprechen? Was ist, wenn ich völlig versage? Was, wenn ich mich selbst enttäusche und nicht einmal ausreichend bin – geschweige denn exzellent? Was dann?

Vollkommen unmöglich

Wir sollten uns zunächst daran erinnern, dass wir als Sünder von Natur aus mit dem Versagen bestens vertraut sind.

Gott befiehlt zwar: „Darum sollt ihr heilig sein, denn ich bin heilig“ (3Mose 11,45), wir werden aber insgesamt als mangelnd erfunden (vgl. Röm 3,23). Wir entsprechen nicht seinen Maßstäben, sind von Natur aus ungehorsam und tun nicht seinen Willen. Die Zähne zusammenzubeißen, Willenskraft und Entschlossenheit zu zeigen, ist einfach nicht genug, um die Sünde zu überwinden. Wir sind eben nicht perfekt – wir brauchen Gnade!

Unsere Unvollkommenheit erinnert uns daran, dass wir die Vollkommenheit Christi brauchen. Wir brauchen seine Gerechtigkeit (vgl. 2Kor 5,21). Ohne ihn werden wir es nie schaffen, und mit unserer eigenen Stärke können wir Gott nicht gefallen (vgl. Hebr 11,6). Unsere Unvollkommenheit demonstriert, dass wir Gott brauchen.

Enttäuschungen sind ein unbestreitbarer Aspekt des Lebens in unserer gefallenen Welt. Wir legen Gärten an, die von Krankheiten, Ungeziefer, Nagetieren und Rehen heimgesucht werden. Wir nehmen auf der Arbeit Projekte in Angriff, die in einem spektakulären Misserfolg enden. Wir lernen auswendig und proben, um dann zu versagen. Wir enttäuschen uns selbst und andere. Wir werden unseren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. So ist eben das Leben in einer gefallenen Welt: Es soll uns daran erinnern, dass nicht wir Gott sind, sondern dass er es ist. Selbst wenn wir ohne eigenes Verschulden scheitern, kann uns das daran erinnern, dass wir Sünder sind und versagen. Er allein ist vollkommen, und wir brauchen seine Gnade.

Neben dieser grundlegenden Mahnung lehrt uns Gott durch unser Versagen einige weitere Lektionen:

Gott zeigt seine Macht durch unsere Schwäche

Der Apostel Paulus wurde in den dritten Himmel entrückt und sah unaussprechliche Herrlichkeiten, doch Gott gab ihm einen Pfahl im Fleisch, damit er nicht überheblich wurde (siehe 2Kor 12,2–4.7). Es handelte sich dabei nicht um eine Phase mit Schlafproblemen oder leichten Rückenschmerzen, sondern um einen quälenden Pfahl – einen Boten Satans, der ihn bedrängte und bedrohte. Dieser Schmerz stach wie aus dem Abgrund der Hölle.

Doch der Pfahl war von Gott, um seine guten Absichten in Paulus zu verwirklichen: „Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit“ (2Kor 12,9). Gott macht seine Leute schwach, um seine Stärke und Macht zu zeigen. Wir verabscheuen Versagen und Schwäche und flehen Gott an, uns stark zu machen. Wir bitten ihn, unsere Kraft zu erneuern, damit wir laufen können und nicht müde werden (vgl. Jes 40,31), doch Gott kann ein solches Gebet beantworten, indem er uns unsere Schwächen und Grenzen aufzeigt. Paulus’ Pfahl im Fleisch zeigte Gottes überragende Größe auf eine Weise, die Paulus’ Stärke nie hätte aufzeigen können.

Ärgere dich also nicht über Unvollkommenheit, Versagen und Schwäche – vielleicht zeigt Gott dir in diesen Momenten seine Gnade und Güte. Unsere Grenzen lehren uns die schwierige Lektion der demütigen Abhängigkeit.

Gott hat andere Maßstäbe für Erfolg

Gott misst Erfolg nicht so, wie es die Welt tut: volle Bankkonten, luxuriöse Häuser, Plaketten, Trophäen, Auszeichnungen oder Abschlüsse. Jesus warnt davor, die ganze Welt zu gewinnen – Reichtum, Vergnügen, Komfort, Ruhm und Erfolg – und dabei die eigene Seele zu verlieren (vgl. Mt 16,26). Wenn man sein Leben um des Namens Christi willen verliert, wird man unendlich reich belohnt. Irdischer Erfolg ist nicht der Maßstab, den Gott anwendet.

Stattdessen sagt Jesus seinen guten und treuen Dienern: „Ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!“ (Mt 25,21). Gott misst den Erfolg nach der Treue: „Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu“ (Lk 16,10).

Streben wir nach Erfolg, wie er von Gott definiert wird? Versuchen wir mit allem, was er uns anvertraut hat – Zeit, Talente und Reichtum –, treu zu sein? Oder haben wir die verlogenen Maßstäbe unserer Welt angenommen? Werden unsere Bemühungen dazu führen, dass wir die Worte „Recht so, du guter und treuer Knecht“ (Mt 25,23) hören?

Höre auf, nach der weltlichen Fassade der Perfektion zu streben!

Die Gnade Gottes macht uns zu dem, was wir sind

In Christus werden wir nicht durch unseren Erfolg oder Misserfolg definiert. Unser Wert liegt nicht in dem, was wir besitzen. Unser Ruf, unser Lebenslauf oder unsere Altersvorsorge bestimmen nicht unseren Wert. Wir sind, was wir sind, durch Gottes Gnade.

Paulus schreibt: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist“ (1Kor 15,10). Was war es nun, Paulus? Hast du hart gearbeitet, oder geschah es aus Gnade? Die Antwort von Paulus lautet: Ja, beides. Er mühte sich ab, aber er tat es durch die Gnade. Auch wir sollen uns anstrengen, mühen und arbeiten – in dem Wissen, dass Gott in uns sowohl das Wollen als auch das Vollbringen zu seinem Wohlgefallen wirkt (vgl. Phil 2,12–13).

Wir werden nicht durch Erfolg oder Misserfolg definiert – wir werden durch Gott und seine Gnade definiert, die in uns wirkt. Diese Gnade stärkt und befähigt uns, hart zu arbeiten, auch wenn sie uns daran erinnert, dass der Erfolg nur von Gott kommt. Wir bemühen uns also, aber unsere Hoffnung liegt nicht in unseren Fähigkeiten. Wir leben und arbeiten durch die Gnade Gottes, die in uns wirkt.

Gottes Geist spornt zu guter Arbeit an

Auch wenn wir nicht perfekt sein können, sind wir nicht dazu bestimmt, uns mit Mittelmäßigkeit abzufinden. Gib dich nicht mit schlechter Arbeit zufrieden! Strebe nicht danach, (unter-)durchschnittlich zu sein. Als die Stiftshütte gebaut werden sollte, sagte Gott zu Mose, dass er Bezaleel mit dem Geist Gottes erfüllte, „mit Weisheit und Verstand und Erkenntnis und mit allerlei Fertigkeiten, kunstreich zu arbeiten in Gold, Silber, Bronze, kunstreich Steine zu schneiden und einzusetzen und kunstreich zu schnitzen in Holz, um jede Arbeit zu vollbringen“ (2Mose 31,3–5). Gottes Geist bereitete den besten Handwerker darauf vor, seine irdische Wohnung zu bauen.

In ähnlicher Weise rüstet Gott seine geisterfüllten Kinder aus, um zu bauen, zu schaffen und große Werke zu vollbringen. Gott schenkt diese Fähigkeiten nicht, um irdischen Ruhm zu erlangen, sondern um die Schönheit desjenigen zu offenbaren, der alles geschaffen hat. Er ist der Chefarchitekt, der uns aufruft, ihm nachzueifern und sich nicht von den Umständen dieser Welt beherrschen zu lassen.

Gute Arbeit ist letztendlich für Gott. Im Kolosserbrief erinnert Paulus die Knechte daran, dass ihre Arbeit „als dem Herrn und nicht den Menschen“ ist; „dient dem Herrn Christus“ (Kol 3,23–24). Wir legen also die Lüge der Perfektion ab, aber eben auch die Lüge der Mittelmäßigkeit! Vielmehr arbeiten wir mit ganzem Herzen – mit all unserer Kraft, unserem Können und unserem Geschick –, um Jesus zu gefallen.

Unvollkommen perfekt

Gott braucht unsere Vollkommenheit nicht. Ein solches Streben untergräbt seine Gnade und stärkt unsere Selbstgenügsamkeit. Stattdessen nimmt Gott die Demütigen auf, die er zu gegebener Zeit erhöhen wird (vgl. Jak 4,10; 1Petr 5,6). In unserem Versagen vertrauen wir darauf, dass Gott seine Absichten für uns gemäß seiner unerschütterlichen Liebe erfüllen wird (vgl. Ps 138,8). Auch wenn wir nicht vollkommen sind, haben wir einen vollkommenen Erlöser, der uns einlädt, sein vollkommenes Werk für uns zu empfangen. Er gibt uns seinen bevollmächtigenden Geist, damit wir in der Kraft, die er uns zur Verfügung stellt, zu seinem Ruhm arbeiten können. Wir arbeiten nicht für das Lob der Menschen oder für irdische Erfolge, sondern für Christus und zu seiner Ehre.

Wenn wir uns also – wieder einmal – selbst enttäuschen, können wir unseren Seelen fröhlich verkünden, dass wir in der Vollkommenheit Christi verborgen sind. Als vom Geist begabte Kinder arbeiten wir mit all unserer Kraft, unserem Geschick und unserem Wissen, um in allem Christus zu verherrlichen. Wir ruhen darin, dass wir unvollkommen sind, geliebt, vom Blut Christi bedeckt und befähigt, Gott in allen Bereichen des Lebens zu verherrlichen.