Franziskus (1936–2025)

Der Papst, der die römisch-katholische Kirche „katholischer“ machte

Artikel von Leonardo de Chirico
23. April 2025 — 6 Min Lesedauer

Im Jahr 2013, nach dem überraschenden Rücktritt von Papst Benedikt XVI. und der Wahl von Kardinal Jorge Mario Bergoglio zum Papst Franziskus, befand sich die römisch-katholische Kirche in einer turbulenten Phase. Sie war in sexuelle Skandale und finanzielle Korruption verwickelt und erfuhr eine kritische Haltung der Medien und ein sinkendes Ansehen in der Öffentlichkeit. In katholischen Kreisen gab es weit verbreitete Erwartungen, die David Willey, der BBC-Vatikankorrespondent, in seinem Buch The Promise of Francis: The Man, the Pope, and the Challenge of Change zum Ausdruck brachte. Franziskus wurde „vom Ende der Welt“ gewählt, um Veränderung zu bringen.

Franziskus wirbelte die katholische Welt ziemlich durcheinander: mit seinen Symbolen (er trug ein silbernes Metallkreuz), mit seinem Lebensstil (er lebte in einer einfachen Wohnung in Santa Marta), mit seiner Sprache (er sprach wie ein Landpfarrer), mit seiner Haltung (er war für alle ansprechbar), mit seinem Ton (er war beziehungsorientiert und warmherzig), mit seinem Stil (undiplomatisch und direkt), mit seiner pastoralen Offenheit (er segnete Homosexuelle und ließ Geschiedene zur Eucharistie zu).

Nach einigen Jahren des Pontifikats von Franziskus schrieb der Kolumnist der New York Times, Ross Douthat, das Buch To Change the Church. Darin brachte er seine Besorgnis über den theologischen Umbruch, den der Papst herbeigeführt hatte, und die daraus resultierenden Spaltungen zum Ausdruck. Einige konservative Kreise äußerten sich kritisch zu Franziskus, weil sie die Gefahr sahen, dass die römischen Elemente, die in den bewährten Lehren und Praktiken der Kirche enthalten sind, verloren gehen könnten. Angesehene Theologen der römisch-katholischen Kirche scheuten sich nicht, ihn einen „Häretiker“ zu nennen, weil sie befürchteten, dass das „katholische“ Element das „römische“ Element verdrängen würde (Die „römische“ Perspektive ist eher konservativ und betont die Wahrung der Traditionen, während die „katholische“ Perspektive die universelle Gemeinschaft und das Öffnen der Kirche für breitere gesellschaftliche und interreligiöse Dialoge betont, Anm.d.Red.).

Die Änderungen, die Franziskus einführte, waren umstritten. So verwandelten sich die hohen Erwartungen zu Beginn seines Pontifikats in die verwirrenden Entwicklungen an dessen Ende.

Enttäuschte Erwartungen

Franziskus wies eine unvollständige theologische Ausbildung ohne klares Profil auf, stammte aus Argentinien und war eher unakademisch geprägt. Er äußerte gleich zu Beginn seine Unzufriedenheit mit der konservativen Haltung der Kirche, der Enge traditioneller Denkmuster und eine übermäßige Betonung der Autorität und Macht des Klerus in der Kirche. Diese Frustration drückte er aus, indem er sich einer pastoralen Sprache bediente und versuchte, vielschichtige statt hierarchische Denkmuster zu fördern.

Das theologische Denken von Franziskus enthielt Wörter und Ausdrücke wie „Theologie des Volkes“, „missionarische Umkehr“, „Barmherzigkeit“, „Synodalität“, „ökologische Umkehr“ und „Brüderlichkeit und Solidarität“. Nicht alle Begriffe sind neu; einige wurden bereits in der römisch-katholischen Lehre verwendet, erhielten aber durch Franziskus eine neue Nuance oder eine andere Bedeutung.

Er wurde auch zum Sprecher der Weltreligionen in Fragen der Migration, der Umwelt und des Friedens, jedoch weniger zu Themen wie dem Schutz des Lebens im Mutterleib.

Eine fluide Form des Katholizismus

All diese Themen standen im Zusammenhang mit seiner Überzeung von interreligiösem Dialog: Franziskus ging es mehr um eine gute Atmosphäre als um die richtige Lehre.

Als er darüber sprach, wie die Einheit unter Christen gefördert werden kann, erklärte Franziskus seine Strategie: „Setzt alle Theologen auf eine Insel und lasst sie sich untereinander streiten, wir aber wollen friedlich weitermachen.“ Theologische Gespräche waren für ihn fast reine Zeitverschwendung.

Sein Ansatz zur Förderung der Ökumene bestand darin, „zusammen zu leben, zusammen zu beten und zusammen zu arbeiten“, und nicht in theologischen Diskussionen nach Übereinstimmung in der Lehre zu streben. Sein Ansatz war eine „spirituelle Ökumene“, den er gegenüber liberalen Protestanten, Evangelikalen, Charismatikern verschiedener Richtungen, der östlichen Kirche sowie gegenüber nichtchristlichen Glaubensgemeinschaften verfolgte. Sein Wunsch nach Einheit reichte über christliche Kreise hinaus.

Franziskus betonte die Einheit der Menschheit über enge kirchliche und sogar religiöse Grenzen hinweg. Im Jahr 2020 veröffentlichte er eine Enzyklika (die höchste autoritative Lehre eines Papstes) über die universelle Geschwisterlichkeit. Das Buch Fratelli Tutti bekräftigt seine Idee, dass alle Menschen letztlich wegen ihrer Menschlichkeit Teil der römisch-katholischen Kirche seien und nicht auf der Grundlage von Buße und Glauben an Jesus Christus zum Volk Gottes gehören. So betete er regelmäßig mit Muslimen und Führern anderer Religionen.

Franziskus setzte mehr auf Inklusion als auf Tradition. Er ermutigte seine Kirche, sich mit geschiedenen und wiederverheirateten Katholiken nicht gemäß dem „Buchstaben“ ihrer traditionellen Ausschließung von der Kommunion auseinanderzusetzen, sondern gemäß dem „Geist“, der nach Wegen sucht, diese Menschen im Einzelfall einzubeziehen. Dies wurde in seinem post-synodalen Schreiben Amoris Laetitia von 2016 deutlich.

Franziskus entwarf so eine fluide Form des römischen Katholizismus. Wir sollten das vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen dem römischen und dem katholischen Pol innerhalb des römischen Katholizismus verstehen. Franziskus drängte stark auf die „katholische“ Agenda der römisch-katholischen Kirche – alle wurden einbezogen, jeder erhielt Bestätigung und die traditionellen Grenzen der Kirche wurden erweitert.

Kommt jetzt Johannes XXIV.?

Wird der von Franziskus herbeigeführte „Wandel“ durch den nächsten Papst weiter vorangetrieben? Auf dem Rückflug von seinem Besuch in der Mongolei nach Rom im Jahr 2023 deutete Franziskus auf einen möglichen Nachfolger hin. Er nannte keinen bestimmten Namen, schlug jedoch den Papstnamen Johannes XXIV. vor.

In seinen 12 Jahren als Papst hatte Franziskus das nächste Konklave (die Versammlung der Kardinäle, die den nächsten Papst wählen wird) maßgeblich geprägt, indem er 75 Prozent der Kardinäle ernannte. Die meisten dieser neuen Kardinäle stehen Franziskus nah und teilen seine Sichtweise. Warum also „Johannes XXIV.“? Johannes XXIII. ist als der „gute Papst“ bekannt – zugänglich, freundlich, warmherzig und demütig. Er rief 1959 das Zweite Vatikanische Konzil ein, das 1962 begann und bei dessen Beginn Johannes XXIII. starb.

Das Zweite Vatikanische Konzil stellt den Wendepunkt der modernen römisch-katholischen Kirche dar. Auf dem Konzil begann sie, ihre jahrhundertelange Betonung der „römischen“ Seite der Identität (z.B. Hierarchie, strikte Einhaltung des Katechismus, Unterwerfung unter die kirchliche Autorität) zu relativieren und die „katholischen“ Bestrebungen (z.B. Inklusion und Annahme) zu betonen. Franziskus verstand sich dabei selbst als derjenige, der diesen Aspekt des Konzils in die Praxis umsetzte. Ein Papst wie Johannes XXIII. würde die universelle Brüderlichkeit in ökumenischen, interreligiösen und sozialen Beziehungen fördern und gleichzeitig die katholische Einheit bewahren.

Der Wandel, den Franziskus herbeigeführt hat, hat jedoch nicht zu einer „evangelischen“ Bewegung in der römischen Kirche geführt. Er hat seine Kirche „katholischer“ und weniger „römisch“, aber keinesfalls biblischer gemacht. Denn unabhängig davon, wer der nächste Papst sein wird, bleibt die dringliche Notwendigkeit einer Erneuerung der römisch-katholischen Kirche durch das Wort Gottes.