Werden Evangelikale zur Renaissance der Dogmatik beitragen?
Evangelikale bereichern schon seit längerer Zeit die Bibelwissenschaften durch ihre hoch angesehenen Beiträge. In der philosophischen Zunft haben sich Evangelikale ebenfalls beträchtlichen Respekt erworben. Ein Großteil dieser Arbeit fand im Bereich der Apologetik statt, was die Messlatte für die christliche Denkweise gehoben und pointierte Verteidigungen des christlichen Theismus hervorgebracht hat.
Was die Disziplin der Systematischen Theologie betrifft, sieht die evangelikale Landschaft jedoch anders aus: Hier hinkt der evangelikale Beitrag oft hinterher oder steht der Disziplin als solcher eher misstrauisch gegenüber. Das Ergebnis ist ein Evangelikalismus, der sich durch eine reiche Bibelexegese und dynamische Apologetik auszeichnet, dem es aber oft an der Kohärenz und Tiefe mangelt, die die Systematische Theologie zu bieten hat.
So haben beispielsweise einige namhafte christliche Philosophen traditionelle Lehren infrage gestellt, ohne sich ernsthaft mit ihrer historischen Entwicklung und den Gründen sowie der Logik dieser klassischen Formulierungen auseinanderzusetzen. Kontroversen über die Dreieinigkeit, die Lehre der göttlichen Einfachheit sowie Gottes Unveränderlichkeit und Impassibilität wurden weniger durch einen Innovationsdrang als vielmehr durch eine Unkenntnis dieser Lehren und ihrer historischen Entwicklung ausgelöst.
Natürlich haben Evangelikale Systematische Theologien verfasst und veröffentlicht, aber dabei handelte es sich meist um Übersichten oder Handbücher christlicher Lehre: Zusammenfassungen, die sich an ein breites (nicht-akademisches) Publikum richteten. Was dem neo-evangelikalen Diskurs fehlte, war die Dogmatik: die eingehende Beschäftigung mit der Geschichte der Auslegung und Lehre sowie dem zeitgenössischen akademischen theologischen Diskurs.
Innerhalb der evangelikalen Theologie vollzieht sich jedoch derzeit ein spannender Wandel. Eine wachsende Zahl evangelikaler Gelehrter betreibt Systematische Theologie als Dogmatik. Sie berücksichtigen und wiederentdecken dabei das katholische Erbe der Reformation und setzen sich gleichzeitig konstruktiv mit den globalen und historischen Traditionen der Kirche auseinander. Diese Erneuerung der Dogmatik verspricht eine Theologie, die nicht nur tief in der Bibel verwurzelt ist, sondern auch durch die Erkenntnisse der Geschichte und Philosophie bereichert wird und somit eine solide Grundlage für Glauben und Praxis bietet.
Die Vernachlässigung der Dogmatik: Gründe und Einflüsse
Wenn die Evangelikalen einen so wichtigen Beitrag in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen geleistet haben, stellt sich die Frage: Warum wurde die Dogmatik so lange vernachlässigt?
Bevor wir uns der ermutigenden Entwicklung zuwenden, wollen wir nachzeichnen, wie und warum die Dogmatik ins Hintertreffen geraten ist. Dabei müssen wir den anglo-amerikanischen Evangelikalismus als das Produkt diverser Bewegungen und sogar widersprüchlicher Impulse in den Blick nehmen.
1. Reformierte Katholizität
Was ich als Dogmatik bezeichne, wurde von Augustinus bis Thomas von Aquin einfach sacra doctrina genannt, weil sie auf Gottes spezieller Offenbarung gründete. Allerdings greift die Dogmatik auch auf die Ressourcen anderer Disziplinen zurück, um zu einer rigorosen Schriftauslegung zu gelangen, die sie mit einer tiefschürfenden Auseinandersetzung mit der gesamten christlichen Auslegungstradition kombiniert.
Verschiedene Schulen brachten ihre eigenen dogmatischen Systeme hervor, die wir als „scholastische Theologie“ bezeichnen. Im Gefolge der Reformation verfassten lutherische und reformierte Scholastiker ähnliche Systeme mit jeweils spezifisch konfessionellen Schwerpunkten, allerdings im Gespräch und in Kontinuität mit dem, was wir heute die „große Tradition“ nennen. Diese Werke zeichnen sich nicht nur durch den höchsten Standard biblischer Gelehrsamkeit aus, sondern weisen auch eine beträchtliche Kenntnis der patristischen und mittelalterlichen Theologie sowie anderer protestantischer Traditionen auf.
Die Reformatoren und ihre Erben verstanden sich daher als reformierte Katholiken, nicht einfach nur als Protestanten. Trotz gewisser Meinungsverschiedenheiten der großen reformatorischen Strömungen mit der spätmittelalterlichen Kirche in Fragen, die das Wesen des Evangeliums betreffen, hielten sie die Verbundenheit mit ihrem katholischen Erbe aufrecht.
2. Aufklärung und Pietismus
Die Aufklärung übte heftige Kritik an diesem Vorhaben. Immanuel Kant kam sogar zu dem Schluss, dass es kein konstitutives Wissen über Gott geben könne. Damit ihres Gegenstandes beraubt, verlor die Theologie ihren Status als Wissenschaft. Man konnte noch über den Glauben und die Praktiken bestimmter religiöser Gruppen, kulturelle Einflüsse und psychologische Erfahrungen sprechen, aber keine normativ-metaphysischen Ansprüche mehr stellen. Garrett E. Paul erklärt:
„In Anlehnung an Schleiermacher entschied sich Troeltsch, seine Theologie als Glaubenslehre zu bezeichnen; er lehnte somit den Begriff „Dogmatik“ ab. Das Konzept des Dogmas selbst ... war durch die Erforschung der Geschichte des Christentums und der Religion im Allgemeinen vollständig unterminiert worden. Die Bibel, die Glaubensbekenntnisse und sogar Jesus waren historisiert und relativiert worden. Ohne Dogma könne die Theologie nicht mehr als Dogmatik bezeichnet werden: ‚Wir sind nicht mehr in der Lage, anhand einer inspirierten Bibel dauerhafte Dogmen festzulegen. Stattdessen formulieren wir Lehren, die das Wesen der christlichen Frömmigkeit zum Ausdruck bringen.‘“[1]
Bis zu einem gewissen Grad hatte der evangelische Pietismus einen solchen Wandel nicht nur zugelassen, sondern aktiv herbeigeführt. Der Pietismus strebte eine „Herzensfrömmigkeit“ an, die über die Konfessionen hinausgeht, und setzte damit eine individualistische und nach innen gerichtete Ausrichtung in Opposition zur sichtbaren Kirche. Er verzichtete auf Kontroversen über Lehre und Liturgie und betonte stattdessen die Einheit in Erfahrung, Praxis und Mission. Unter der Leitung von Jakob Spener und mit königlicher Unterstützung durften sich die preußischen, lutherischen und reformierten Kirchen nicht mehr in jeweils interne Streitigkeiten einmischen und von ihren Mitgliedern auch nicht mehr verlangen, sich auf ein bestimmtes Bekenntnis zu verpflichten.
3. Die Atomisierung der Disziplinen
Der Pietismus förderte außerdem eine Dichotomie zwischen biblischer Theologie und Dogmatik.
Im Jahr 1783 hielt J.S. Gabler eine Antrittsrede [an der Universität Altdorf] mit dem Titel „Von der richtigen Unterscheidung der biblischen und der dogmatischen Theologie und der rechten Bestimmung ihrer beiden Ziele“. Darin unterschied er zunächst zwischen Religion (evangelische Frömmigkeit) und Theologie (gelehrter Diskurs), um auf dieser Grundlage dann biblische und dogmatische Theologie zu trennen:
„Die biblische Theologie besitzt historischen Charakter, überliefernd, was die heiligen Schriftsteller über die göttlichen Dinge gedacht haben; die Dogmatische Theologie dagegen besitzt didaktischen Charakter, lehrend, was jeder Theologe kraft seiner Fähigkeit oder gemäß dem Zeitumstand, dem Zeitalter, dem Orte, der Sekte, der Schule und anderen ähnlichen Dingen dieser Art über die göttlichen Dinge philosophierte.“[2]
Die von Gabler formulierte (und einflussreiche) Dichotomie setzt voraus, dass Theologen keine Exegeten und Exegeten keine Theologen sind. Dementsprechend arbeiten Bibelwissenschaftler mit dem Primärtext, während Dogmatiker sich in Sekundärquellen vergraben. Die genaue Antithese zu Gablers programmatischer Ansprache wäre ein Bild, auf dem der Exeget B.B. Warfield und der Dogmatiker Gerhardus Vos an einem Sonntag zusammen durch den Hof der Universität von Princeton spazieren.
Der Neutestamentler Francis Watson erläuterte aus seiner Sicht, warum die britische evangelikale Bewegung kein Interesse an der Dogmatik hat, und zeigte sich besorgt über die zunehmende Polarisierung und Atomisierung innerhalb der theologischen Disziplinen:
„Man geht inzwischen davon aus, dass theologische Belange zwangsläufig dazu neigen, die autonomen Prozesse der Bibelexegese zu verzerren – ein Vorurteil, das so stark ist, dass die Identifizierung einer theologischen Motivation, die einer exegetischen Position zugrunde liegt, oft schon als ausreichende Widerlegung derselben angesehen wird. Drittens ist man nicht mehr bereit, die Existenz und Bedeutung der Theologie als eigenständige Disziplin anzuerkennen.“[3]
4. Die moderne Missionsbewegung
Die evangelikalen Erweckungen hielten die pietistische Tradition lebendig. Die Missionsbewegung des 19. Jahrhunderts vertrat dieselbe Haltung und „exportierte“ diese in den Globalen Süden. Theologie wurde von vielen als Luxus für Leute mit zu viel Zeit betrachtet oder (noch schlimmer) als etwas, das sich negativ auf das Anliegen der Mission auswirkte. Außerdem brachten sowohl indigene Christen als auch Missionare die Theologie – teilweise zu Recht – mit dem Liberalismus in Verbindung.
Man meinte, die kirchliche Dogmatik leiste der Zersplitterung Vorschub und erschwere die konfessionsübergreifende Zusammenarbeit. Um die Zusammenarbeit zu erleichtern, wurden also lehrmäßige Übereinkünfte auf ein Minimum beschränkt. Lehre im Allgemeinen und konfessionelle Theologien insbesondere wurden wie Ballast aus der alten Welt gesehen: Viele Missionare nahmen scharfe innerkirchliche Debatten als europäisches Phänomen wahr, das wenig damit zu tun hatte, die Sache Christi in der Welt voranzubringen. Bei der großen Arbeit, die der amerikanische Protestantismus in der Mission, der Sonntagsschulbewegung und Sozialreformen leistete, wurden lehrmäßige und liturgische Besonderheiten oft als „alte-Welt-Anliegen“ betrachtet, die den evangelikalen Aktivismus nur unnötig belasteten.
Meiner eigenen Erfahrung nach sind solche Einstellungen gegenüber der Systematischen Theologie in der Mehrheit der Welt immer noch weit verbreitet. Im Zeitalter des Postkolonialismus bezeichnet man die Systematik gern als „westlich“, obwohl das pietistische Misstrauen gegenüber der kirchlichen Theologie ein genauso westliches Phänomen war. Gleichzeitig haben westliche Theologen ihre nicht-westlichen Kollegen nur selten in das Gespräch einbezogen, weil sie den Globalen Süden immer noch als Missionsfeld und nicht als Teil des weltumspannenden theologischen Diskurses betrachteten bzw. betrachten.
5. Hegemonialer Pragmatismus
Dieselben Annahmen waren auch im anglo-amerikanischen Evangelikalismus zu beobachten. Der Katechismusunterricht wurde zunehmend durch nichtkonfessionelle Unterrichtsmaterialien der Sonntagsschulbewegung ersetzt. Die protestantische Hegemonie förderte Breite auf Kosten von Tiefe. Ein weitgehend anti-intellektueller Trend, der durch leidenschaftlichen Aktivismus gefördert wurde, verlieh dem Evangelikalismus einen äußerst pragmatischen Charakter.
Als Dietrich Bonhoeffer seine Vortragsreise in den USA beendete, bevor er nach Deutschland zurückkehrte und in einem Konzentrationslager der Nazis den Tod fand, sprach er von einem „Protestantismus ohne Reformation“. Bonhoeffer schießt meines Erachtens über das Ziel hinaus, wenn auch nur ein wenig. Er schrieb damals:
„Gott hat der amerikanischen Christenheit keine Reformation geschenkt. Er hat ihr starke Erweckungsprediger, Kirchenmänner und Theologen gegeben, aber keine Reformation der Kirche Jesu Christi aus Gottes Wort. … Die amerikanische Theologie und Kirche als ganze haben niemals zu verstehen vermocht, was ‚Kritik‘ durch Gottes Wort bedeutet in ihrem ganzen Umfang. … Christentum ist in der amerikanischen Theologie noch wesentlich Religion und Ethik. Darum aber muß Person und Werk Jesu Christi für die Theologie in den Hintergrund treten und schließlich unverstanden bleiben, weil hier nicht der einzige Grund des radikalen Gerichts und der radikalen Begnadigung erkannt wird.“[4]
6. Theologie unter gemeinsamem Vorzeichen
Dieser Pragmatismus spiegelt sich in dem Interesse des Evangelikalismus an breiten Koalitionen wider.
Um ein Beispiel zu nennen: Im Jahr 1920 bewertete B.B. Warfield das „Glaubensbekenntnis“, das für einen „Zusammenschluss für evangelikale Kirchen“ vorgelegt wurde. Warfield stellte fest, dass das vorgeschlagene neue Bekenntnis „nichts enthält, was nicht von Evangelikalen geglaubt wird“, allerdings auch „nichts, was nicht auch beispielsweise von den Anhängern der römisch-katholischen Kirche geglaubt wird“. Er fährt fort:
„Von der Rechtfertigung durch den Glauben ist in diesem Glaubensbekenntnis nichts zu finden. Und das bedeutet, dass alle Errungenschaften der großen religiösen Bewegung, die wir die Reformation nennen, zum Fenster hinausgeworfen werden. ... In diesem Glaubensbekenntnis steht nichts über das Sühnopfer im Blut Christi. Und das bedeutet, dass der gesamte Ertrag der langen mittelalterlichen Suche nach der Wahrheit kurzerhand beiseitegelegt wird. ... In diesem Glaubensbekenntnis steht nichts über Sünde und Gnade. ... Wir brauchen unsere Sünden nicht mehr zu bekennen; wir brauchen die Existenz einer solchen Sache nicht mehr anzuerkennen. Wir müssen an den Heiligen Geist nur noch ‚als Führer und Tröster‘ glauben – tun das nicht auch die Rationalisten? Und das bedeutet, dass all der Gewinn, den die ganze Welt aus dem großen augustinischen Konflikt gezogen hat, mit dem Rest zum Fenster hinausgeworfen wird. ... Genauso ist es der Fall, dass die Errungenschaften der noch früheren Debatten, die das erste Zeitalter des Lebens der Kirche kennzeichneten und durch die wir zum Verständnis der grundlegenden Wahrheiten der Dreieinigkeit und Gottheit Christi gelangten, durch dieses Glaubensbekenntnis ebenfalls verworfen werden. In diesem Glaubensbekenntnis gibt es keine Trinität, keine Göttlichkeit Christi – und auch keine Göttlichkeit des Heiligen Geistes.“[5]
Der Neo-Evangelikalismus, angeführt von Carl Henry, Billy Graham und anderen, lehnte den Anti-Intellektualismus ab, was zu einer Neuordnung des amerikanischen Protestantismus führte. In der Auseinandersetzung mit der modernistischen Theologie hatte sich der Fundamentalismus weitgehend aus der akademischen Welt zurückgezogen. Die Fundamentalisten hielten an den „Fundamentals“ fest und verteidigten sie oft, wenn auch mit einem vereinfachenden Biblizismus.
Dennoch teilte die neo-evangelikale Bewegung die Ziele des ihr vorangegangenen „breiten Evangelikalismus“ und formierte sich ebenfalls als breite Koalition. In ihrem Glaubensbekenntnis bekräftigt die National Association of Evangelicals die Dreieinigkeit, die Gottheit Christi, „den stellvertretenden und sühnenden Tod durch sein vergossenes Blut“ und die Notwendigkeit einer übernatürlichen Wiedergeburt. Die Rechtfertigung wird jedoch nicht thematisiert und die einzige Überzeugung in Bezug auf die Kirche ist der Glaube an „die geistliche Einheit der Gläubigen in dem Herrn Jesus Christus“.[6] Taufe und Abendmahl werden nicht einmal erwähnt. Einerseits hat dies eine bemerkenswerte interkonfessionelle Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Konfessionen ermöglicht. Andererseits wurde dadurch ein Gebilde – der Evangelikalismus – mit einem alternativen Bekenntnis geschaffen, das der Tradition kirchlicher Dogmatik oftmals kritisch gegenübersteht.
7. Ein naiver Biblizismus
Schließlich erbte der Evangelikalismus vom Pietismus und Fundamentalismus eine biblizistische Tendenz, die sich in der häufigen Opposition von Bibelwissenschaft und kirchlicher Dogmatik manifestiert. Die Autoren der lutherischen und reformierten Dogmatik des 16. und 17. Jahrhunderts waren zwar Pioniere auf dem Gebiet der biblischen Sprachen, der Philologie, der Philosophie und sogar der Naturwissenschaften. Über die liberal-konservative Kluft hinweg wurde die „Scholastik“ jedoch mit Misstrauen betrachtet.
Es überrascht nicht, dass biblizistische Ansätze in der Theologie zu verstaubten Debatten über revisionistische Formulierungen des klassischen Theismus und der Trinität geführt haben, die wenig Vertrautheit mit der langen Tradition christlicher Reflexion über diese wichtigen Punkte erkennen lassen. Offene Theisten (engl. Open Theists) lehnten den klassischen Theismus als ein von Platon und Aristoteles errichtetes Schloss ab und warfen ihm vor, der einfachen Bedeutung der biblischen Texte nicht zu folgen. Auch innerhalb des Evangelikalismus haben einige prominente Theologen göttliche Attribute wie seine Unveränderlichkeit, Einfachheit und Impassibilität als unbiblische philosophische Spekulationen infrage gestellt. N.T. Wright kritisierte das reformatorische Verständnis der paulinischen Rechtfertigungslehre, wobei er zugab, dass er mit den Primärtexten dieser Tradition nicht vertraut ist. Das macht aber nichts, denn schließlich entdecken wir ja, Worum es Paulus wirklich ging (um einen von Wrights Buchtiteln zu zitieren).
Auch in Mainline-Kreisen scheinen Spannungen zwischen biblischer Theologie und kirchlicher Dogmatik zu bestehen, wie die Debatte zwischen den Theologen Brevard Childs und Walter Brueggemann zeigt. Brueggemann stellte Childs’ „kanonische Auslegung“ der Schrift mit der Behauptung infrage, es handele sich dabei lediglich um einen Euphemismus für die Privilegierung der kirchlichen Lesart des Textes gegenüber der Lesart der Unterdrückten.[7] Childs erwiderte darauf:
„Die Fokussierung auf die Bibel als Kanon im Gegensatz zur anthropozentrischen Tradition des liberalen Protestantismus zielt gerade darauf ab, zu betonen, dass der biblische Text und seine theologische Funktion als autoritative Form untrennbar zusammengehören.“[8]
In reformierten Kreisen kritisierte der Apologet Cornelius Van Til die protestantische Scholastik oft als eine Rückkehr zu den löchrigen Zisternen der mittelalterlichen Theologie. Es bestand die Tendenz, von einer eindeutig biblischen (d.h. reformierten) Lehre über alles zu sprechen: die Dreieinigkeit, die göttlichen Eigenschaften, die Rechtfertigung usw. Nicht nur in liberalen, sondern auch in konservativen Kreisen verzögerte eine biblizistische Tendenz die Wiederbelebung der Dogmatik innerhalb des Evangelikalismus.
Die Notwendigkeit der Dogmatik: Geschichte und Philosophie
Nach François Turrettini lehnten die Sozinianer (wie die alten Arianer) die Lehre von der Dreieinigkeit ab und behaupteten, dass diese Lehre eher metaphysisch als biblisch sei.[9]
Im Gegensatz dazu stammt die beste Richtlinie, die ich [zur Frage der Lehrbildung] gefunden habe, aus dem ersten Kapitel des Westminster Bekenntnisses: Alles, was in der Schrift erkannt werden muss, „ist entweder in der Schrift ausdrücklich niedergelegt oder kann durch gute und notwendige Schlussfolgerungen aus der Schrift hergeleitet werden” (1.6). Obwohl es zum Beispiel keinen Vers gibt, der besagt: „Gott ist seinem Wesen nach einer, aber drei in seiner Person“, gibt es viele Stellen, die unseren Glauben untermauern, dass Gott einer ist und dennoch der Vater Gott ist, der Sohn Gott ist und der Heilige Geist Gott ist. In guter und notwendiger Konsequenz wird die Dreieinigkeit aus der Bibel abgeleitet und nicht aufgrund philosophischer Spekulationen formuliert. Wie Thomas von Aquin treffend erklärte, müssen Theologie und Philosophie voneinander unterschieden werden, weil Dogmen wie die Dreieinigkeit und die Person und das Werk Christi auf übernatürlicher Offenbarung beruhen.
Doch angesichts der Anfechtung dieser Lehren zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten musste die Kirche die biblische Lehre formulieren, indem sie auf die Sprache und die begrifflichen Kategorien nichtchristlichen Denkens zurückgriff. Dieser Prozess beginnt bereits im Neuen Testament selbst, wo platonische und stoische Bilder verwendet werden, um dezidiert nicht-platonische und nicht-stoische Überzeugungen zu vermitteln. So war das Wort nicht nur der „eingeborene Sohn“, durch den Gott die Welt geschaffen hat, sondern „das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“ (Joh 1,14).
Die Dogmatik kann die Geschichte der Philosophie nicht ignorieren, da beide miteinander verflochten sind. So räumt Clark Pinnock in seinem Buch Most Moved Mover (2001) ironischerweise ein (nachdem er behauptet hat, dass der klassische Theismus auf Platon und Aristoteles beruht), dass er Hegel folgt.[10]
Eine entscheidende Kategorie, die der Biblizismus übersieht, sind die „gemischten Artikel“, also Lehren, die aus der Bibel stammen, aber mit der Präzision philosophischer Begriffe und Kategorien formuliert sind. Es sind diese gemischten Artikel, die der Theologie ihre besondere Wissenschaftlichkeit verleihen. Für viele Biblizisten heutzutage ist die Theologie jedoch nicht exegetisch genug, für viele Philosophen hingegen nicht rational genug. In dieser Kombination – eine biblizistische Beweistextmethodik gepaart mit einer philosophischen Kritik – werden entscheidende theologische Formulierungen von zwei Seiten gleichzeitig angegriffen und infrage gestellt.
Christen haben einen festen Bezugstext. Seine Rezeptionsgeschichte beruht jedoch auf zwei Jahrtausenden kontextueller Lesarten. Uns ist allen bewusst, dass wir die biblischen Texte in ihrem eigenen kulturell-sprachlichen Umfeld auslegen müssen; was uns aber möglicherweise weniger bewusst ist, ist diese Auslegungsgeschichte sowie die Tatsache, dass unsere eigenen Lesarten von (guten und schlechten) Vorurteilen geprägt sind, die unsere Bibellektüre beeinflussen. Ohne die Dogmengeschichte anzuerkennen und zu berücksichtigen, können Bibelexegeten und Philosophen gleichermaßen leicht wesentliche Lehren (z.B. göttliche Einfachheit, Unveränderlichkeit, Impassibilität) in ihren Grundzügen sowie ihrer internen Logik missverstehen.
Die Erneuerung der Dogmatik: Barth und darüber hinaus
Wenden wir uns nun ermutigenderen Tendenzen zu, die zu besseren Tagen für die christliche Dogmatik geführt haben.
Zweifelsohne geht der erste Preis an Karl Barth.[11]
Reformatorische vs. neo-protestantische Theologie
Als Barth den Lehrstuhl für reformierte Theologie in Göttingen übernahm, begann er, sich mit den „materiellen Geheimnissen spezifisch reformierter Theologie“ zu befassen.[12] Er sagte, er habe sich mit Johannes Calvin beschäftigt und dabei Folgendes entdeckt:
„Ein Wasserfall, ein Urwald, ein Dämonisches, irgendetwas direkt vom Himalaja herunter, absolut chinesisch, wunderbar, mythologisch; es fehlen mir gänzlich die Organe, die Saugnäpfe, dieses Phänomen auch nur in mich aufzunehmen, geschweige denn richtig darzustellen.“
Dann nahm er Heinrich Heppes Reformierte Dogmatik in die Hand, ein Kompendium reformierter orthodoxer Autoren aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Nachdem er zuvor die protestantische Scholastik als „einen leeren Kanal“ bezeichnet hatte, fühlte er sich nun, wie er es ausdrückte, „sichtlich im Raume der Kirche“.[13] Vor allem in der reformierten Orthodoxie habe er Dinge gehört, von denen er sich „weder als Student noch als Safenwiler Pfarrer je hätte träumen lassen, daß sie sich wirklich so verhalten könnten”.[14] Sogar in der Kirchlichen Dogmatik ging er so weit, zu erklären: „Die Furcht vor der Scholastik ist das Kennzeichen des falschen Propheten.“[15]
Er würde den modernen „Protestantismus“ – den er „Neo-Protestantismus“ nennt – gar nicht als Christentum verstehen. Er sagte:
„Er ist … nicht sowohl der Erbe der Reformatoren als der Erbe der Opposition zur Linken, mit der die Reformatoren zu kämpfen hatten. Von den Täufern zum Pietismus, zu Zinzendorf, zu Schleiermacher und von den Spiritualisten zu den Socinianern, zu den Remonstranten, zu den Rationalisten und wiederum zu Schleiermacher laufen ununterbrochene Fäden und von Schleiermacher zu uns wahrhaftig auch.“[16]
So mahnte Barth in seinen ersten Dogmatik-Vorlesungen in Göttingen mit folgenden Worten [vor einer Verachtung der Systematischen Theologie]:
„Wir sind ein Geschlecht, das die entscheidendsten Voraussetzungen zu diesem Unternehmen, Voraussetzungen, die für einen Thomas und vor ihm für einen Augustin, nach ihm für einen Calvin in aller Stille selbstverständlich waren, z.T. erst dem Namen nach wieder kennen lernen muß. … Ist nicht schon das Wort ‚Dogmatik’ ominös, ein Popanz, der mit den Kindern der Welt auch den Kindern des Lichts [vgl. Lk. 16, 8] fast nur noch Schrecken einflößt?“[17]
Die Gefahr, für Gott zu sprechen
Barth rügt die Bequemlichkeit der akademischen Distanz bei der Untersuchung bestimmter religiöser Gestalten:
„Dabei ist nichts Gefährliches und nichts Verdächtiges, wenn man es wenigstens versteht, um den brennenden Busch [vgl. Ex. 3, 2ff.] fein säuberlich herum zu gehen. … Irgend etwas wird sich ja an Hand der Bibel und anderer guter Bücher im Blick auf die Bedürfnisse der Menschen und aus dem Bronn [d.h. Brunnen] eigenen Erfahrens und Erlebens immer sagen lassen. … Dann ist auch dabei nichts Gefährliches und Verdächtiges. Aber nun gibt es einen Punkt — und kein Theologe wird ganz daran vorbeikommen —, da wird die Theologie gefährlich und verdächtig. Das ist der Punkt, wo die doppelte Frage gegen ihn aufsteht: Was willst du nun sagen? … Wohlverstanden: nicht als Kenner der Bibel, des Thomas, der Reformatoren, des alten Blumhardt, sondern verantwortlich, ernst zu nehmen, zu behaften bei deinen Worten: du? Und: Was willst du sagen? Wohlverstanden: nicht wie eindrucksvoll, wie verständlich, wie gut angepaßt deinen Zuhörern und der Gegenwart – cura posterior das Alles –, aber Was? Du? Was? Das sind die Fragen der Dogmatik. Wohl zu bedenken, daß es sich darum handelt, ‚irgendwie’ von Gott zu reden. Sie setzen dem Theologen die Pistole auf die Brust und indirekt mit ihm auch dem Publikum. … Wohl verständlich die Beliebtheit eines undogmatischen Christentums auch unter den Theologen.“[18]
Dennoch: Jeder Theologe muss, „ob er es will oder nicht, Dogmatiker sein“.[19] Er fügt hinzu:
„Es ist nur ein Gott. Kein gefährlicherer, kein revolutionärerer Satz für alle Mythologien und Ideologien als dieser Satz. Wenn dieser Satz erkannt wird, dann geht es den 450 Baalspfaffen auf dem Karmel an den Kragen [vgl. 1. Kön. 18, 40] und mit ihnen noch einigen anderen Pfaffen.“[20]
Das Wort kommt zuerst und bringt seine eigenen Lehren mit. Dann ist die Dogmatik für die Predigt da, glaubte Barth. „Dogmatik und Predigt verhalten sich zueinander wie Etappendienst und Dienst im Schützengraben“;[21] „Die christliche Verkündigung ist erbauliche Rede, die Dogmatik ist wissenschaftliche Überprüfung dieser Rede.“[22]
Doch so viele Predigten, selbst die besten, sind zu sehr mit bedauerlicher menschlicher „Eitelkeit, Beschränktheit, Verworrenheit, Unentschiedenheit, Ungrundsätzlichkeit, viel Mensch, viel Zeit, viel Welt“, gefüllt, „die dem Wort seinen Lauf versperren“. Dogmatik ist nötig, weil die Predigt der Kirche „wohl zu allen Zeiten ein Kranker gewesen“ ist.[23]
Ein Beispiel ist die allgegenwärtige Bedrohung durch den Pelagianismus. Ein anderes Beispiel sei die Unkenntnis oder Ablehnung der göttlichen Einfachheit, die unweigerlich zur Verwechslung von Schöpfer und Schöpfung führe.[24]
Die Erneuerung über Barth hinaus
Innerhalb des evangelikalen akademischen Diskurses wurde Barth sehr unterschiedlich rezipiert; die polarisierten Extreme reichten von Verherrlichung bis Verteuflung. Aber was auch immer an Barths Theologie zu Recht abgelehnt und kritisiert wird, sein Aufruf an die Dogmatik, ausgehend von Gott demütig und doch mutig über Gott zu sprechen, hallt in der Erneuerung der Dogmatik heute noch nach.
Der Einfluss der reformierten Orthodoxie innerhalb des amerikanischen Evangelikalismus geht auf Old-Princeton zurück. Durch die Übersetzungsbemühungen der letzten Jahre hat allerdings auch Herman Bavincks Reformierte Dogmatik eine regelrechte Subdisziplin hervorgebracht. John Webster sagte mir, dass Bavinck seiner Meinung nach die aktuellste Auseinandersetzung mit der modernen Theologie und Kultur seiner Zeit aus einer klassisch reformierten Perspektive darstellt. Viele haben in Bavinck nicht nur einen scharfsinnigen Exegeten der Bibel und modernen Theologie gefunden, sondern auch einen Zugang zu den alten Theologen.
In diesem Zusammenhang müssen wir auch unbedingt die Pionierarbeit von Richard Muller würdigend erwähnen, der eine breite Wiederbelebung des Interesses an der reformierten Scholastik gefördert hat, einschließlich neuer englischer Übersetzungen lateinischer Werke. Indem wir mit dieser Tradition in engeren Kontakt kommen, tauchen wir tiefer in das breitere katholische Erbe ein, das sie wertgeschätzt haben.
Zum Stand der Dogmatik: Fünf ermutigende Zeichen
Die alte Theologengarde verdient unseren Respekt dafür, dass sie die Irrtumslosigkeit der Bibel verteidigt haben. Allerdings ist die Irrtumslosigkeit wohl kaum die Hauptsache des christlichen Glaubens. Vielmehr braucht die Schriftlehre selbst den Schutzpanzer anderer Lehren sowie die Entwicklung des Kanons und seiner Autorität in der Alten Kirche.
Die Dogmatik dient der Verkündigung; auch Theologen sind Prediger. Gerade deshalb sollten wir uns jenseits von Übersichten, Handbüchern und Formeln mit der christlichen Lehrtradition wie auch mit unseren zeitgenössischen Kontexten neu auseinandersetzen.
Ich bin ermutigt durch die Reifung der Disziplin der Systematischen Theologie innerhalb evangelikaler Kreise. Diese Bemühungen weisen eine Reihe von Merkmalen auf, die ich noch nennen möchte:
1. Eine hohe Sicht der Bibel
Evangelikale systematische Theologen werden von einer hohen Sicht auf die Bibel als einziger Norm für Glauben und Praxis angetrieben und zeichnen sich darum durch eine rigorose Exegese eines einheitlichen Kanons aus.
Wenn Gott sich nicht geoffenbart hat, liegt Kant richtig: Theologen sind Anthropologen, Psychologen oder Religionswissenschaftler. Aber weil Gott wahrhaftig, zuverlässig und unfehlbar gesprochen hat, haben wir eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Jede Lehre muss in der Selbstoffenbarung Gottes begründet sein, die im menschgewordenen Sohn Gottes ihren Höhepunkt findet.
2. Hermeneutische Sensibilität
Die systematischen Projekte, an die ich denke, zeichnen sich durch eine Berücksichtigung hermeneutischer und kontextueller Fragestellungen aus; sie wiederholen nicht nur altbekannte Formeln. Auch ihr Umgang mit Texten geht über die Beweistextmethode hinaus.
3. Historisches Bewusstsein
Diese Bemühungen setzen sich kenntnisreich mit der Dogmengeschichte auseinander, die sie als anhaltendes Gespräch sowie als Einladung zur ernsthaften Interaktion mit orthodoxen und römisch-katholischen Gelehrten einlädt. Zugleich spiegeln sie ihren jeweiligen konfessionellen Kontext wider.
4. Philosophisches Bewusstsein
Derartige Projekte, die sich der „gemischten Artikel“ bewusst sind, berücksichtigen die philosophischen Einflüsse innerhalb der Dogmengeschichte. Sie eignen sich deren Erkenntnisse mit kritischem Urteilsvermögen an, wobei die Bibel als normative Autorität fungiert.
5. Globale Perspektive
Wir stehen erst am Anfang einer neuen Ära des globalen theologischen Diskurses. In den letzten Jahrzehnten haben wir eine Vielzahl regionaler Theologien aufkommen sehen, aber jetzt entstehen echte Partnerschaften zwischen Theologen und Bibelwissenschaftlern in der globalen Kirche.
Durch dieses Engagement erkennen wir, wie alle unsere kulturellen Standorte (auch der westliche) unseren Horizont prägen und manchmal auch verstellen. Eine solche gegenseitige Ermutigung und Ermahnung – zwischen verschiedenen Konfessionen, Disziplinen und Kulturen – birgt ein enormes Versprechen für eine umfassendere, reichere und repräsentativere evangelikale Theologie, die von der globalen Kirche für die globale Kirche entwickelt wird.
Fazit
Es weht ein neuer Wind, und er ist voller Verheißung, wenn der Herr uns zusammenführt.
Wenn es ein beherrschendes Merkmal dieser Erneuerung gibt, dann ist es, dass wir vom dreieinigen Gott sprechen können und müssen. Das ist die Rechtfertigung für die Dogmatik. Und wir können nur von Gott sprechen, weil er von sich selbst gesprochen hat.
1 Garrett E. Paul, „Introduction“, in: Ernst Troeltsch, The Christian Faith, Minneapolis: Fortress Press, 1991, S. xxiv.
2 Johann Philipp Gabler, „Von der richtigen Unterscheidung der biblischen und der dogmatischen Theologie und der rechten Bestimmung ihrer beiden Ziele“, in: Karl-Wilhelm Niebuhr und Christfried Böttrich, Johann Philipp Gabler (1753–1826) zum 250. Geburtstag, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2003, S. 23–24.
3 Francis Watson, Text and Truth: Redefining Biblical Theology, Grand Rapids: Eerdmans, 1997, S. 4.
4 Dietrich Bonhoeffer, „Aufsatz über den Protestantismus in den Vereinigten Staaten von Amerika. August 1939“, in: Dirk Schulz (Hrsg.), Werkausgabe, Bd. 15, Illegale Theologenausbildung: Sammelvikariate 1937–1940, München: Chr. Kaiser Verlag, S. 459–460.
5 B.B. Warfield, „In Behalf of Evangelical Religion“, in: John E. Meeter (Hrsg.), Selected Shorter Writings of Benjamin B. Warfield, Bd. 1, Nutley: Presbyterian and Reformed Publishing, 1970, S. 386. Man beachte, dass Warfields Liste der Grundlagen weit davon entfernt ist, einen engstirnigen Provinzialismus darzustellen, sondern bis zur Reformation und darüber hinaus zum gesamten katholischen Konsens zurückreicht.
6 „Statement of Faith“, National Association of Evangelicals, online unter: https://www.nae.org/statement-of-faith/ (Stand: 12.02.2025).
7 Meiner eigenen Erfahrung nach ist Brueggemanns Auffassung von Systematischer Theologie in der Mehrheitswelt noch sehr präsent. In einer postkolonialen Ära vermischt sich der Pietismus oft mit einer befreiungstheologischen Hermeneutik und erzeugt ein Misstrauen gegenüber der Theologie als einem westlichen Projekt. Es muss gesagt werden, dass dieses Misstrauen manchmal durch eine herablassende Haltung gegenüber Theologen des Globalen Südens gefördert wurde. Je mehr wir unsere Kollegen als Partner in einem wirklich weltumspannenden Gespräch sehen, desto mehr wird die westliche Theologie bereichert werden.
8 Brevard Childs, Biblical Theology: A Proposal, Minneapolis: Fortress Press, 2002, S. 42. Childs wurde von seinem Yale-Kollegen Hans Frei beeinflusst, der in seinem Werk Eclipse of Biblical Narrative (1974) darlegte, dass die figurale Lesart der Schrift in der Kirche (sowohl im konservativen als auch im liberalen Lager) dem Modernismus zum Opfer gefallen war. In Mere Christian Hermeneutics (2024), seinem neuesten Werk, argumentiert Kevin Vanhoozer für eine konstruktive Wiederherstellung der theologischen Lesart der Bibel.
9 Vgl. Francis Turretin, „Seventh Question: The Simplicity of God“, in: James T. Dennison (Hrsg.), Institutes of Elenctic Theology, Bd. 1, Phillipsburg: Presbyterian and Reformed Publishing, 1992, S. 191.
10 Vgl. Clark Pinnock, Most Moved Mover: A Theology of God’s Openness, Grand Rapids, MI: Baker Academic, 2001.
11 Ich habe meine Kritik an Karl Barth an anderer Stelle geäußert. An dieser Stelle beabsichtige ich lediglich, Barth als Erneuerer der Kirchendogmatik den ihm zukommenden Respekt zu zollen.
12 Eberhard Busch, Karl Barths Lebenslauf, München: Chr. Kaiser, 1976, S. 142.
13 Ebd., S. 167.
14 Ebd., S. 168.
15 Karl Barth, Die Kirchliche Dogmatik: 1: I.1 §§ 1–7: Das Wort Gottes als Kriterium der Dogmatik, Bd. I, Die Kirchliche Dogmatik, Zürich: Theologischer Verlag Zürich, 1986, S. 296.
16 Karl Barth, Unterricht in der christlichen Religion, Teil 1: Prolegomena 1924, hrsg. von Hannelotte Reiffen, Gesamtausgabe, Zürich: Theologischer Verlag, 1985), S. 262.
17 Ebd., S. 6–7.
18 Ebd., S. 7–8.
19 Ebd., S. 9.
20 Karl Barth, Unterricht in der christlichen Religion, Teil 2: Die Lehre von Gott – Die Lehre vom Menschen 1924, hrsg. von Hinrich Stoevesandt, Gesamtausgabe, Zürich: Theologischer Verlag, 1990, S. 160.
21 Karl Barth, Unterricht in der christlichen Religion, Teil 1: Prolegomena 1924, 1985), S. 341.
22 So Daniel L. Migliore in seiner Einführung zur „Göttinger Dogmatik“: „Karl Barth’s First Lectures in Dogmatics: Instruction in the Christian Religion,” in: Karl Barth, Göttingen Dogmatics, Bd. 1, Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1991, S. xxiv.
23 Karl Barth, Unterricht in der christlichen Religion, Teil 1: Prolegomena 1924, 1985), S. 343.
24 Karl Barth, Unterricht in der christlichen Religion, Teil 2: Die Lehre von Gott – Die Lehre vom Menschen 1924, 1990, S. 103.