Mit Würde sterben
Als meine liebe Freundin Violet in den letzten Tagen ihres Lebens ins Hospiz kam, war ich fest entschlossen, sie in Liebe auf diesem Weg zu begleiten. Als ehemalige Unfallchirurgin kannte ich beides: Menschen, die friedlich verstarben, während ihnen ihre Lieben die Hand hielten, und Menschen, die ihren letzten Atemzug auf qualvolle Weise taten. Ich hatte Menschen gesehen, die allein und verängstigt starben, und Menschen, die in den Armen ihres Ehepartners einschliefen, der ihnen liebende Worte zuflüsterte. Ich wollte, dass Violets letzte Momente auf dieser Erde von Liebe durchdrungen waren und ihre Identität als geliebtes Kind Gottes widerspiegelten.
Kurz nach ihrer Einlieferung ins Hospiz wurde Violet bewusstlos, aber ihr Puls hörte nicht auf zu schlagen – über Stunden, die zu Tagen und dann zu einer Woche wurden. Obwohl ich den Sterbeprozess schon oft miterlebt hatte, forderten die langen Stunden, in denen ich zusehen musste, wie ein geliebter Mensch schwächer wurde, meinem Herzen einen hohen Tribut ab. Es erfüllte mich mit Angst, als ich sah, wie die starke, kämpferische Frau, die einst ihr eigenes Land mit einer Kettensäge gerodet hatte, verblasste. „Herr“, flehte ich unter Tränen, „hol sie doch bitte einfach nach Hause.“
Mit Würde sterben?
Was bedeutet es, mit Würde zu sterben? Auf einer abstrakten Ebene wünschen wir uns alle einen würdevollen Tod, bei dem wir die Familie um uns haben und Schmerzen und Angst auf ein Minimum reduziert sind. In der Realität ist der Sterbeprozess jedoch oft beunruhigend und erschütternd, selbst wenn wir versuchen, uns auf diese unschöne Wirklichkeit gut vorzubereiten. Was die Debatte um einen „würdevollen Tod“ jedoch verdunkelt und durcheinanderbringt (und dieser Punkt ist äußerst wichtig), ist die Verbindung, die zwischen einem „Sterben mit Würde“ und Sterbehilfe gezogen wird.
Bei der Sterbehilfe suchen unheilbar kranke Patienten Unterstützung bei der Beendigung ihres Lebens, entweder durch ein Rezept, das sie sich selbst verabreichen (ärztliche Suizidbeihilfe), oder durch eine tödliche Injektion durch einen Arzt (Euthanasie). In beiden Fällen wird Würde mit Autonomie gleichgesetzt. So bietet beispielsweise der Verbund Compassion and Choices einen Leitfaden für ein „starkes Ende“ an. Sein Leben „stark“ zu beenden, so die Organisation, bedeutet, „ein Lebensende zu planen, das dem Leben entspricht, das man gelebt und genossen hat – gekennzeichnet von Liebe, Sinn und Selbstbestimmung“.
Ein Sterben in Würde hat nach dieser Auffassung etwas mit Stärke, Sinn und Selbstbestimmung zu tun. Wenn wir also schwach sind, keinen Sinn im Leben erkennen und nicht selbst über unseren Weg entscheiden können, schwindet unsere Würde. Leider hat eine Untersuchung in Kanada ergeben, dass die Menschen, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen, genau diese Sicht vertreten.
Im Jahr 2022 war die am häufigsten genannte Ursache für das Leiden von Sterbehilfeempfängern der Verlust der Fähigkeit, an sinnstiftenden Aktivitäten teilzuhaben (86,3 %). An zweiter Stelle stand die Unfähigkeit, grundlegende Aktivitäten des täglichen Lebens (wie sich baden und sich selbst anziehen) auszuführen (81,9 %). Die Sorge um Schmerzkontrolle ist zwar immer noch groß, steht aber an dritter Stelle (59,2 %). Diese Statistiken legen nahe, dass für diejenigen, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen wollen, Abhängigkeit und Untätigkeit das Leben entwerten.
Die biblische Sicht auf Würde
Die Bibel lehrt, dass unser Wert und unsere Würde nicht von unseren Fähigkeiten oder unserer Autonomie abhängen, sondern von Gott: Als Geschöpfen nach seinem Ebenbild (vgl. 1Mose 1,26–27) ist uns unsere Würde angeboren und unwiderruflich. Sie ist nicht gefährdet, wenn wir die Fähigkeit verlieren, selbst zu gehen oder uns zu ernähren. Unsere Schwäche und unser Schmerz rauben sie uns nicht. Unsere angeborene Würde entspringt nicht unseren Handlungen und Taten, sondern dem guten und vollkommenen Charakter Gottes.
Der kanadische Intensivmediziner Ewan Goligher argumentiert, dass Sterbehilfe ihrem Wesen nach das menschliche Leben entwertet und nicht würdigt, weil sie unseren gottgegebenen Wert leugnet. In seinem Buch How Should We Then Die? schreibt er:
„Sterbehilfe gibt vor, den Wert von Personen zu wahren, indem sie sie in die Lage versetzt, über ihren eigenen Tod zu entscheiden. Es stellt sich also die Frage, ob die absichtliche Herbeiführung des Todes tatsächlich mit dem Eigenwert des Menschen korrespondiert. Kann man sagen, dass Menschen wirklich wichtig sind, wenn man ihre Nichtexistenz herbeiführt? ... Eine Befürwortung der Sterbehilfe impliziert notwendigerweise eine Befürwortung der Sichtweise, dass Menschen zwar einen extrinsischen, nicht aber einen intrinsischen Wert haben. Menschen sind wichtig, aber sie sind nicht wirklich und absolut wichtig.“
Aus der Bibel wissen wir, dass Menschen tatsächlich wichtig sind. Ein würdiger Tod kann Selbstbestimmung per Definition nicht über den intrinsischen Eigenwert des menschlichen Lebens stellen. Vielmehr wird ein würdiger Tod die Heiligkeit des sterblichen Lebens hochhalten (vgl. 2Mose 20,13) und gleichzeitig anerkennen, dass unsere Zeit in Gottes Hand liegt (vgl. Jes 40,6–8). Ein würdiger Tod wird sich um Barmherzigkeit und Mitgefühl für die Leidenden bemühen (vgl. Mt 22,39; Mi 6,8) und gleichzeitig an unserer Hoffnung auf Christus festhalten (vgl. Joh 11,25–26).
Das ausdrückliche Ziel, für das wir erschaffen wurden, ist nicht Unabhängigkeit, Leistung oder gar Autonomie, sondern eine Beziehung zu unserem liebenden Gott (vgl. 1Mose 1,26–28). Im Kleinen Westminster Katechismus heißt es: „Das höchste Ziel des Menschen ist, Gott zu verherrlichen und sich für immer an ihm zu erfreuen.“ Ein wahrhaft würdevoller Tod behält unsere Abhängigkeit von Gott im Blick und versucht, ihn zu verherrlichen, auch wenn wir unsere letzten irdischen Momente nicht in der Hand haben.
Am Lebensende Würde bewahren
Der Tod ist der letzte Feind (vgl. 1Kor 15,26). Seine Besonderheiten, auch wenn sie noch so klar vorhersehbar sind, verunsichern und beunruhigen uns, weil sie nie Teil von Gottes ursprünglichem Plan waren. Wie können wir versuchen, Würde zu bewahren, wenn der Tod so erschütternd ist?
Auch wenn wir niemals die Autorität haben, uns das Leben zu nehmen, können wir uns darum bemühen, unseren Lebensabend durch eine vorausschauende Pflegeplanung würdig zu gestalten. Mit einem Arzt und einem Seelsorger über eine Patientenverfügung zu sprechen, kann sicherstellen, dass das Pflegeteam unsere Werte auch am Ende des Lebens aufrechterhält. Eine Hospizbetreuung kann Menschen, denen noch ein paar Monate bleiben, Unterstützung und Anleitung in einem ansonsten beängstigenden Prozess bieten. Eine solche Planung nimmt die Wahrheit ernst, dass Gott selbst durch unseren Sterbeprozess Gutes bewirken kann (vgl. 1Mose 50,20; Joh 11,3–4).
Ich habe das bei meiner Freundin sehr schön erlebt. Als ich an meinem Tiefpunkt angelangt war und glaubte, nicht länger an Violets Bett verweilen zu können, betrat eine Seelsorgerin das Zimmer und berührte sanft meine Schulter. „Ich bin immer wieder erstaunt, was für ein Privileg es ist, bei diesem Übergang dabei zu sein“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln, das ihr Gesicht zierte. „Wir dürfen dabei sein, wenn unsere Liebsten in seine Herrlichkeit eingehen! Mir kommen die Tränen, wenn ich nur daran denke.“ Dann beteten wir gemeinsam und sie verließ den Raum.
Als ich wieder mit Violet allein war, überkam mich eine Welle des Trostes. Ich konnte die Würde meiner Freundin immer noch aufrechterhalten, auch wenn ihre Atmung immer flacher wurde und sie nur noch ein Schatten ihrer selbst zu sein schien. Ich schlug mein Gesangbuch auf und sang zum dreißigsten Mal mit tränenerstickter Stimme Violets Lieblingslied „Amazing Grace“. Ich sang, um Violet daran zu erinnern, dass Gott sie errettet hatte. Ich sang, um sie daran zu erinnern, dass seine Gnade sie nach Hause führen würde. Ich sang, um ihr zu versichern, dass sie wertvoll und geliebt ist.
An diesem Abend, als ich das Zimmer schließlich mit geröteten Augen verließ, hielt mich Violets Krankenschwester auf. „Dieses Lied“, sagte sie, „warum hat es deiner Freundin so gut gefallen?“ Und in diesem Moment wirkte Gott durch meine liebe, temperamentvolle Violet – selbst in dem Moment, in dem sie bewusstlos und hilflos dalag –, um die gute Nachricht seiner Liebe zu verkünden.
Wenn du mit dem Kummer und der Angst vor einer unheilbaren Krankheit konfrontiert wirst, verliere nie den Blick für deine Identität als Gottes Ebenbild, das in Christus neu geschaffen wurde. Und unterschätze niemals Gottes Macht, seine Stärke in unserer Schwäche zu vervollkommnen.
1Ewan Goligher, How Should We Then Die? A Christian Response to Physician-Assisted Death, Bellingham: Lexham Press, 2024, S. 37–38.40.