Einheit … aber wie?

Pressemitteilung von Evangelium21
28. Januar 2025 — 4 Min Lesedauer

(München, 27.01.2025). Ein Blick in die christliche Landschaft zeigt schnell: Es gibt unendlich viele Lehrfragen und Themen, über denen Christen sich entzweien. Jesus betete um Einheit unter seinen Nachfolgern, doch vor unseren Augen liegt eine zersplitterte Christenheit. Sollten wir nicht endlich all die Diskussionen beiseitelegen, um Trennungen zu überwinden und zur Einheit zu finden – nach dem Motto: „Lehre trennt, Liebe eint“?

In eine andere und zunächst überraschende Richtung wies die Evangelium21-Regionalkonferenz Süd, die vom 24.–25. Januar mit etwa 260 Teilnehmern in den Räumen der FEG München-Mitte stattfand. Sie stand unter dem Thema: „Einig … aber wie? Wie Reformation zu wahrer Einheit führt“. Im Allgemeinen wird die Reformation oft eher als Auslöser einer großen Spaltung unter Christen wahrgenommen, der viele weitere Spaltungen innerhalb des Protestantismus folgten. Der Hauptredner Gavin Ortlund (USA, Host des YouTube-Kanals Truth Unites und Autor mehrerer Bücher) legte demgegenüber in mehreren Vorträgen dar, inwiefern reformatorische Prinzipien grundlegend für wahre Einheit sind. Ergänzt wurde dies durch Predigten von Larry Norman (Pastor der Leipzig English Church), Matthias Mockler und Matthias Lohmann (Pastoren der FEG München-Mitte).

Reformation: „Dein Wort ist ein Licht auf meinem Weg“

Ortlund wies in seinem ersten Vortrag darauf hin, dass man den Protestantismus nicht auf seine Spaltungen reduzieren dürfe. Im Gegenteil, bereits die Reformatoren habe ein hohes Maß an Einigkeit und Einheit miteinander verbunden. Auch in Bezug auf die vorhandene Kirche sei ihr Anliegen eigentlich Erneuerung, nicht Abspaltung gewesen. Sie wollten Missstände beheben, aber das Gute bewahren. Protestanten könnten dementsprechend anerkennen, dass wahre Kirche auch außerhalb des Protestantismus existiere. Die Reformation sei zudem nicht unfehlbar gewesen. Inner- wie außerhalb des Protestantismus gehe es immer wieder neu darum, anhand der Schrift Irrwege zu erkennen und zu korrigieren. Die Stärke des Protestantismus liege in der Möglichkeit einer fortwährenden Reformation, die im Sola Scriptura wurzelt. Wo unterschiedliche Ansichten aufeinandertreffen, sollten wir über diese Fragen „mit Furcht und Zittern vor dem Herrn“ nachdenken.

„Gott ist einzigartig, deshalb ist sein Reden einzigartig“, so Ortlund in einem weiteren Referat. Die Bibel sei der einzige unfehlbare Standard. Es gebe viele Instanzen, die Autorität über unser Leben beanspruchen, aber letztlich müssten sie aufgrund ihrer Fehlbarkeit alle an Gottes Wort gemessen werden – wie auch unsere eigenen, nicht weniger fehlbaren Gedanken. Es sei für das persönliche Leben als Christ essentiell, regelmäßig in der Bibel zu lesen.

Im dritten Vortrag erläuterte Ortlund das geistige Klima, in dem der Ablasshandel der vorreformatorischen Zeit entstand. Der Ablass sei so überzeugend gewesen, weil Menschen im Tiefsten darum wüssten, dass sie Vergebung bzw. Sühnung ihrer Schuld benötigen. Uns Heutigen sei die damalige Praxis zwar fremd, aber auch bei uns gebe es Ausgleichshandlungen, durch die wir unsere Fehltritte kompensieren wollen: „Wir können an den falschen Orten nach Rechtfertigung suchen.“ Das damals wiederentdeckte Evangelium besagt dagegen, dass Christus zu unserer Rechtfertigung genügt. Die Reformation brachte das Evangelium in eine sehr düstere Zeit, daher sollten wir nicht meinen, unsere heutige Welt sei zu dunkel, um vom Evangelium verändert werden zu können.

Gottgeschaffene und gottgewollte Einheit

Ergänzend zeigte Larry Norman in seiner Predigt über Jesu Gebet um Einheit (Johannes 17) auf, dass alle wahren Nachfolger Christi in Gottes Augen bereits eins seien. Diese Einheit beruhe auf ihrer Einheit mit Christus und sei eine von Gott geschaffene Realität.

Der Apostel Paulus rufe uns dementsprechend nicht dazu auf, Einheit herzustellen, sondern sie zu bewahren – so Matthias Mockler in seiner Predigt über Epheser 4,1–6. Dazu sei eine christusähnliche Herzenshaltung nötig, aber auch ein festes gemeinsames Fundament: „Lehre vereint.“ Einerseits dürften wir nicht Themen zu Bekenntnisfragen machen, die die Bibel nicht zu solchen macht. Andererseits sei es für die Einheit der Gemeinde notwendig, dass die Glieder das gemeinsame Glaubensfundament wirklich teilen.

In der abschließenden Predigt zu Epheser 4,7–16 forderte Matthias Lohmann, erster Vorsitzender von Evangelium21, die Teilnehmer heraus: „Du trägst eine Mitverantwortung für die Einheit deiner Gemeinde.“ Die Einheit, die Gott will, sei eine Einheit des Glaubens und der Erkenntnis. Sie könne nicht durch theologischen Minimalismus erreicht werden, dieser mache im Gegenteil die Gemeinde anfällig für Verführung. Das Problem sei nicht, dass wir über Lehrfragen reden, sondern wie wir es oftmals tun. Es sei wichtig, nicht losgelöst von der Schrift über Meinungen zu diskutieren, sondern mit aufgeschlagener Bibel gemeinsam um die Wahrheit zu ringen.

Praktizierte Einheit

Umrahmt wurden die Vorträge durch gemeinsamen Lobpreis und zwei Frage-und-Antwort-Runden. Daneben gab es viele Gelegenheiten, um miteinander ins Gespräch zu kommen, und die Möglichkeit, sich bei verschiedenen Ausstellern mit Literatur zu versorgen.

Zu Evangelium21 gehören Christen aus verschiedenen Kirchen und Gemeinden. Sie verbindet das uneingeschränkte Vertrauen in die Heilige Schrift sowie eine Theologie, die auf die von den Reformatoren wiederentdeckten Wahrheiten ausgerichtet ist. Das Netzwerk will Impulse setzen, durch die Kirchengemeinden geistlich gestärkt werden. Das Thema der nächsten Hauptkonferenz, die vom 22. bis 24. Mai 2025 in der Arche-Gemeinde in Hamburg ausgetragen wird, lautet: „Der Heilige Geist“.

Fotos

Gavin Ortlund war Hauptredner (Bild E21, Eric Gießmann)
Blick in den Saal (Bild E21, Linda Damerau)
Podiumsgespräch mit Matthias Mockler, Matthias Lohmann und Larry Norman (Bild E21, Eric Gießmann)