Geschaffen als Leib und Seele

Artikel von Paul Helm
6. Januar 2025 — 9 Min Lesedauer

Definition

Der Mensch besteht aus einem Körper und einer Seele, die zwar getrennt, aber untrennbar sind – außer im Tod. Beide sind für das menschliche Leben und Erleben gleichermaßen wichtig.

Zusammenfassung

Der Mensch besteht aus Körper und Seele. Diese beiden Teile sind getrennt, aber im natürlichen Zustand untrennbar. Sie werden im Tod getrennt, was aber eine Folge des Fluches ist und nicht ewig so bleiben wird. Der Körper ist nicht ethisch minderwertig, wie einige nicht-christliche Quellen behaupten, aber er ist auch nicht die Gesamtheit der menschlichen Person. Die Seele ist unsterblich, nicht von Natur aus, sondern aufgrund von Gottes Willen. Der Seele werden die Bereiche Vernunft, Wille und die verschiedenen Gefühle zugeschrieben. Körper und Seele funktionieren in gegenseitiger Abhängigkeit und bilden zusammen das menschliche Wesen. Das Herz ist eine gängige biblische Metapher für das Wesen des Menschen. Die Frage, ob der Intellekt oder der Wille bei einer Persönlichkeit den Vorrang hat, wird schon seit einiger Zeit diskutiert.

In seinen Briefen an die Korinther spricht Paulus von zwei unterschiedlichen, sich ergänzenden Darstellungen der Auferstehung. Er nennt die Auferstehung des Leibes auf der Erde und das Herabkommen der Auferstehung von oben. In 1. Korinther 15 spricht er von der Auferstehung als eine Neuschöpfung des Körpers nach dem Tod und nach der Verwesung, die Paulus als einen „geistlichen Leib“ bezeichnet, der unvergänglich ist und eine eigene „Herrlichkeit“ hat (15,41). Diese Auferstehung wird durch Christi Auferstehung garantiert, durch die die Gläubigen lebendig gemacht werden. Sie steht im Gegensatz zu unserem gegenwärtigen Zustand, in dem wir „irdische Leiber“ haben, die „aus Staub“ bestehen (vgl. 15,47–8), sterblich sind und dem Verfall unterliegen. Unser „gegenwärtiger Leib“ wird von Paulus als „Zelt“ bezeichnet (vgl. 2Kor 5,4). Der geistliche Leib ist „unsterblich“, was ein Zeichen dafür ist, dass „der Tod verschlungen ist vom Sieg“ (1Kor 15,54). Diese Lehre soll ethische Konsequenzen haben. Wenn unser unvermeidlicher Tod endgültig wäre und es keine Auferstehung gäbe, dann wäre die logische Folge, dass wir lediglich „essen und trinken, denn morgen sind wir tot“ (15,32; wahrscheinlich ein Zitat des Dichters Menander).

In dem zweiten Bericht (vgl. 2Kor 5,1–10) liegt der Schwerpunkt auf dem Himmel, unserer „himmlischen Wohnung“, die wir „anziehen“ sollen, damit das Sterbliche „vom Leben verschlungen wird“. Hier geht es nicht so sehr darum, dass die Auferstehung Christi die Garantie für das Auferstehungsleben ist, sondern vielmehr um das Wirken des Geistes in unserem Leben in der gegenwärtigen Zeit (vgl. 5,5).

Der Leib

Aus diesen Berichten können wir einige allgemeine Schlüsse über den Leib und die Seele ziehen, die in der gesamten Heiligen Schrift bestätigt werden. Erstens gibt es keine ethische Minderwertigkeit des Leibes im Unterschied zur Seele. Der Körper ist nicht „ungeistlich“. Sowohl Leib, als auch Seele sind gleichermaßen ein Geschenk unseres Schöpfers. Der Begriff „Fleisch“ im Neuen Testament kann „Fleisch und Blut“ bedeuten, während „Fleisch“ in den Schriften des Paulus häufiger ein Wort für Gottlosigkeit ist, wie in Galater 5,16.

Wenn man dem Körper einen niedrigeren ethischen Stellenwert zuschreibt, hat das heidnische Ursprünge, denn laut der Heiligen Schrift bilden Seele und Körper zusammen das Ebenbild Gottes. Die Zusammengehörigkeit von Leib und Seele wird schon im ersten Bericht über die Erschaffung des Menschen betont. Der Mensch ist keine Seele, die im Körper „gefangen“ ist, wie Plato den Körper als „Gefängnis“ bezeichnete. In der Bibel wird der menschliche Körper auch als „Zelt“ bezeichnet (vgl. 2Kor 5,1). Diese Analogie weist darauf hin, dass der Leib in der gegenwärtigen Lebensphase vergänglich ist, im künftigen Leben aber unvergänglich sein wird, ein „geistlicher Leib“ (vgl. 1Kor 5,25). Die Kontinuität zwischen diesem und dem zukünftigen Leben ist für uns äußerst schwer nachvollziehbar. Wie es sein wird, körperlos zu werden und dann einen „geistlichen Leib“ zu besitzen, ist uns noch nicht offenbart worden. Angesichts der Tatsache, dass der Leib des Gläubigen der Tempel Gottes ist, in dem sich das Wirken Gottes vollzieht (vgl. Eph 2,21), ist nicht klar, was die Formulierung „ein geistlicher Leib“ bedeutet, da sie sich auf eine noch nicht erlebte eschatologische Zeit bezieht. Wir können jedoch sagen, dass es ein Merkmal der gegenwärtigen Phase des christlichen Lebens ist, dass sie nicht mit „der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll“ (vgl. Röm 8,18), zu vergleichen ist. Der Gläubige hat gegenwärtig die „Erstlingsfrucht“ des Geistes und „seufzt innerlich“, während er auf die Erlösung seines Leibes wartet (vgl. Röm 8,23). Was auch immer sich sonst noch bewahrheitet, der „geistliche Leib“ wird eine unvorstellbare Steigerung unseres gegenwärtigen „niedrigen Leibes“ sein, nach dem Vorbild des „herrlichen Leibes“ des verherrlichten Erlösers (vgl. Phil 3,21).

Es ist falsch, zu sagen: „Ich bin eine Seele und habe einen Körper.“ Dein Körper ist einzigartig nur für dich geschaffen und ist nicht so etwas wie eine Brille, ein künstliches Herz oder eine Perücke. Wenn dein Körper verletzt ist, bist du verletzt. Dein Heranwachsen vom Säuglingsalter an wird durch das Wachstum deines Körpers ermöglicht. Dein Körper ist einzigartig für dich und macht dich in diesem irdischen Leben aus, und auch im zukünftigen Leben wirst du durch deinen neuen Leib wieder unverkennbar du selbst sein.

Die Seele

Die Seele überdauert den Tod des Körpers: Ist sie also unsterblich? Ja und nein. Die Schrift spricht von der Unsterblichkeit der Seele, dennoch könnte Gott selbst das Leben einer Seele beenden. Sie ist aber deshalb unsterblich, weil Gott sie nach seinem Willen so gemacht hat. Nur Gott hat die unbedingte Unsterblichkeit; er selbst ist die Quelle der Unsterblichkeit eines jeden unsterblichen Geschöpfes (vgl. 1Tim 6,16). Die Bibel enthält keine klare Aussage über die Unsterblichkeit der menschlichen Seele, aber es gibt allgemeine Aussagen, die dies stützen (vgl. Pred 3,11), insbesondere in den Berichten der Schrift über die Auferstehung der Toten, sowohl der Bösen als auch der Frommen (vgl. Joh 5,20, 1Kor 15,49, Phil 3,21 und 2Tim 4,8).

Man könnte sagen, dass die Seele physisch „einfach“ ist, da sie nicht wie der Körper aus mehreren Teilen besteht, sondern über Geisteskräfte wie Verstand und Willen verfügt. Das physische Herz unterscheidet sich von der Lunge und anderen Körperteilen, und jedes spielt eine wichtige Rolle für das physische Leben des Körpers. Die Seele hat Fähigkeiten wie Vernunft, Willen und die verschiedenen Gefühle, sowie Gedächtnis und Gewissen. Im gegenwärtigen Leben ist die Seele jedoch eng mit dem Gehirn verbunden und es gibt eine wunderbare und noch wenig verstandene Wechselwirkung und Anpassung zwischen den beiden. Eine Verletzung des Gehirns führt zur Hemmung der Seele, und ihre Heilung oder ihr Wachstum wirkt sich auf die Aktivität der Seele aus, zum Beispiel wenn aus einem Säugling ein Kind wird. Das Gehirn beeinflusst die Seele durch Ereignisse wie den Bewusstseinsverlust durch eine Verletzung oder durch Narkoseeinwirkung. Auch durch ein Trauma, bei dem beispielsweise schlimme Erlebnisse in der Kindheit der Auslöser sind, wird unsere Seele beeinflusst. Wenn der Körper ruht oder nach einem Schlaganfall unbeweglich ist, kann die Seele immer noch in Träumen und anderen geistigen Aktivitäten tätig sein, die vom Gedächtnis gespeist werden können. Das Gedächtnis ist ein wunderbarer Speicher von Fakten und Fähigkeiten. Wie eng die Verbindung zwischen Gehirn und Bewusstsein ist, zeigt sich auch daran, dass von der Seele ein ganzes Repertoire an Befehlen ausgeht, die als „Grundtätigkeiten“ bezeichnet werden, also Tätigkeiten, die unmittelbar ausführbar sind. Wenn das Auge richtig funktioniert, kann der Mensch einen Baum sehen, wenn er ihn anschaut. Er muss keine Vorbereitungen treffen, um diese Tätigkeit auszuführen, genauso wenig wie andere Tätigkeiten, zum Beispiel die Bewegung der Hand, um einen Stift zu nehmen und eine Unterschrift zu machen.

Das Herz

In der Bibel wird der Begriff „Herz“ oft im metaphorischen Sinn verwendet, um das Zentrum der menschlichen Persönlichkeit zu bezeichnen. So heißt es zum Beispiel: „Denn wie er in seiner Seele berechnend denkt, so ist er“ (Spr 23,7) und „überaus trügerisch ist das Herz und bösartig; wer kann es ergründen?“ (Jer 17,9). Es gibt Hinweise auf die Vernunft (vgl. Jes 1,18), den Willen (vgl. 2Petr 1,12) und das Gewissen (vgl. Röm 9,1), das als ein reflektierendes und verborgenes Wirken Gottes beschrieben ist, und auf das Gedächtnis (vgl. Joh 15,20). Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, welche dieser Funktionen den Vorrang hat, wobei die „Intellektualisten“ dem Intellekt und die „Volontaristen“ dem Willen den Vorrang geben. Andere, die vom Stoizismus beeinflusst wurden, haben versucht, die Leidenschaften zu unterdrücken oder zu zähmen, da sie als widerspenstig gelten und zur Irrationalität neigen. Jonathan Edwards vertrat eine positivere Linie, indem er argumentierte, dass „wahre Religion viel in den Gefühlen liegt“. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass die natürlichen Leidenschaften im Neuen Testament immer einen negativen Beigeschmack haben.

Der Intellekt

Jeder wird anerkennen, dass der Intellekt eine zweifache Rolle spielt. Zum einen die kontemplative oder theoretische Rolle, die sich damit beschäftigt, Überzeugungen über die Welt zu erlangen. Zum anderen die praktische, die sich das notwendige Wissen aneignet, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Sie wird als praktische Vernunft bezeichnet. Solche Auffassungen weisen der Vernunft die Hauptrolle im Verstand zu. Die meisten reformierten Theologen, die Aquin folgen, betrachten die Vernunft als die zentrale Kraft der Seele, die beim Menschen vorhanden ist, bei Tieren jedoch nicht. In jüngerer Zeit wurden verschiedene Darstellungen dieses Bildes vorgeschlagen, das sich in der Mann-Frau-Beziehung oder in den intertrinitarischen Beziehungen findet, obwohl eine trinitarische Betonung bereits bei Augustinus zu finden ist.

Eine gewisse Aufmerksamkeit wurde der körperlosen Bewusstseinsaktivität nach dem Tod gewidmet, in Anlehnung an die Träume im Schlaf. Der Körper ist die Quelle vieler unserer gegenwärtigen Emotionen, und nach dem Tod wird es keine körperliche Erfahrung wie Müdigkeit oder Angst geben, auch wenn man sich an sie erinnert. Wir wissen wenig über diese Dinge, aber der Gläubige weiß, dass er in das Bild Christi verwandelt werden wird, denn „wir wissen, dass wir ihm gleichgestaltet sein werden, wenn er offenbar werden wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1Joh 3,2).