Wie können wir für Israel beten?

Artikel von Bernard Howard
1. November 2024 — 6 Min Lesedauer

Am Morgen des 7. Oktober 2023 telefonierte Meirav Gonen vier Stunden lang mit ihrer 23-jährigen Tochter Romi, die sich auf dem Nova-Musikfestival im Süden Israels befand. Während Raketen aus dem Gazastreifen auf dem Festivalgelände einschlugen, bemühte sich Meirav, ihre Tochter zu beruhigen. Sie blieb am Telefon, als Romi sich mit ihrer Freundin Galli in einem Gebüsch versteckte; als ein Mann versuchte, Romi und Galli zu retten, indem er sie vom Festival wegfuhr; und während Kugeln in das Auto einschlugen, die alle außer Romi töteten. Als Hamas-Terroristen Romi aus dem Auto zerrten, um sie als Geisel zu nehmen, konnte Meirav nur immer wieder ins Telefon sagen: „Wir lieben dich, du bist stark. Wir lieben dich, du bist stark.“

Seitdem wird Romi als Geisel gehalten.

Romi war eine von mehr als 250 Geiseln, die am 7. Oktober von der Hamas entführt wurden. Galli war eines der über 1.300 Todesopfer. Der Überraschungsangriff der Hamas stürzte Israel in eine Zeit des Traumas und der Trauer. Der 7. Oktober – der manchmal als „Israels 9/11“ bezeichnet wird – war der schlimmste Tag für das jüdische Volk seit dem Holocaust. Dieses Ereignis liegt nun schon über ein Jahr zurück, aber der in der Folge entstandene Konflikt dauert immer noch an. Hier sind fünf Möglichkeiten, wie wir in der Gemeinde dafür beten können.

1. Bete dafür, dass Gott die Trauernden tröstet

Das Massaker vom 7. Oktober hat viele jüdische Leben gekostet. In dem darauffolgenden Konflikt wurden auch Zehntausende von Palästinensern getötet. Wir sind dazu aufgefordert, mit denen zu weinen, die weinen (vgl. Röm 12,15). In der Gemeinde dafür zu beten, dass Gott die Trauernden tröstet, ist eine Möglichkeit, dieses Gebot zu erfüllen.

„Vater, bitte tröste die Israelis, die am 7. Oktober unter so erschütternden Umständen Angehörige verloren haben. Bitte bringe die Geiseln zu ihren Familien zurück. Bitte tröste auch die Palästinenser und Israelis, die in dem nachfolgenden Konflikt Angehörige und Freunde verloren haben. Wir beten, dass sie deine liebende Nähe und Gegenwart verspüren (vgl. Apg 17,27).“

2. Bitte Gott, dass er Israel und den Nachbarländern anhaltenden Frieden schenkt

Seit dem letzten Oktober führt Israel im Gazastreifen Militäroperationen gegen die Hamas durch. In den letzten Wochen hat Israel auch mit einer umfangreichen Operation gegen die Hisbollah begonnen (eine Terrororganisation mit Sitz im Libanon), die seit dem 7. Oktober fast täglich Raketenangriffe auf Israel startet. Kürzlich eröffnete der Iran eine dritte Front, als er rund 200 ballistische Raketen auf Israel abfeuerte.

Wenn man das Gebet in der Gemeinde anleitet, ist es wichtig, so zu beten, dass alle Anwesenden in der Lage sind, in ihrem Herzen „Amen“ zu sagen. Einige Gemeindemitglieder werden wahrscheinlich der Meinung sein, dass Israel das Recht hat, sich selbst zu verteidigen und die Angriffe somit gerechtfertigt sind. Andere meinen womöglich, dass Israel übermäßig aggressiv reagiert hat. Das Gebet der Gemeinde ist eine Zeit, in der (idealerweise) das ganze Volk Gottes mit den Bitten, die vor Gott gebracht werden, übereinstimmen kann.

„HERR, unser Gott, alle Macht im Himmel und auf Erden liegt in deinen Händen. Wir vertrauen die derzeitigen Konflikte im Nahen Osten dir an. Bitte sorge dafür, dass diese Konflikte unter deiner Aufsicht so gelöst werden, dass Israelis, Palästinenser, Libanesen und Iraner in dauerhaftem Frieden leben können. Bitte schütze die Zivilbevölkerung vor Schaden. Wir bitten dich, dass du in deiner Barmherzigkeit diese Zeit des Leidens im Nahen Osten verkürzt.“

3. Bete um Einheit unter arabischen Christen und messianischen Juden

In Predigten über die Einheit unter Christen werden oft ermutigende Geschichten von Menschen erzählt, die über lange Jahre miteinander verfeindet waren und die der gemeinsame Glaube an Christus dann miteinander versöhnt und zusammenbringt. In den letzten zehn Jahren haben sich jedoch einige palästinensische Christen und messianische Juden (jüdische Christen ziehen diesen Begriff vor) eher in Richtung Uneinigkeit bewegt. Es gibt drei Hauptbereiche mit Konfliktpotential:

Viele palästinensische Christen sind der Ansicht, dass Israel für den Gewinn zusätzlicher Gebiete durch die Kriege von 1947–1949 und 1967 verurteilt werden sollte. Messianische Juden sind jedoch in der Regel nicht dazu bereit, ihr Land für das Ergebnis von Kriegen zu verurteilen, die sie als gerechtfertigt ansehen.

Dann vertreten palästinensische Christen grundsätzlich die Ansicht, dass Israel sowohl für die Art und Weise, wie es die palästinensischen Gebiete kontrolliert, als auch für die Art seiner derzeitigen Kriegsführung gegen die Hamas verurteilt werden sollte. Messianische Juden hingegen halten Israels Vorgehen aus Sicherheitsgründen für gerechtfertigt.

Ein dritter kontroverser Bereich ist die Gewalt gegen Palästinenser durch ultranationalistische jüdische Siedler in den palästinensischen Gebieten. Hier würden viele messianische Juden mit den palästinensischen Christen darin übereinstimmen, dass die Handlungen der Ultranationalisten nicht zu rechtfertigen sind.

„Vater, du sagst in deinem Wort, dass „Christus Jesus ... unser Friede [ist], der aus beiden eins gemacht und die Scheidewand des Zaunes abgebrochen hat“ (Eph 2,13–14). Wir glauben, dass alle, die Jesus nachfolgen, im Leib Christi bereits vereint sind. Wir bitten, dass diese geistliche Einheit zwischen palästinensischen Christen und messianischen Juden eine sichtbare Realität wird. Zeige uns einmal mehr, dass das, was bei den Menschen unmöglich ist, nicht unmöglich ist bei dir (vgl. Mt 19,26).“

4. Bitte Gott, dass er Falschinformationen über Israel und Palästina verhindert

Bei kaum einem regionalen Konflikt wurde dessen Vorgeschichte und gegenwärtige Lage so ausführlich und kontrovers diskutiert wie beim Konflikt zwischen Israel und Palästina. Leider wird diese Debatte oft durch Falschinformationen getrübt. Im Zeitalter der sozialen Medien können sich falsche Behauptungen schnell verbreiten (und spätere Klarstellungen erreichen nur selten das ursprüngliche Publikum). Es ist für beide Seiten das Beste, provokative Rhetorik zu vermeiden und die höchsten Standards der Wahrheitsfindung und sachlichen Genauigkeit einzuhalten.

„Himmlischer Vater, du warnst uns in deinem Wort vor dem Feuer, das durch die Zunge angezündet werden kann. Wir beten, dass die internationale Debatte über Israel und Palästina auf Fakten und nicht auf Fehlinformationen beruht. Bitte lass die Wahrheit über die Unwahrheit siegen.“

5. Bete dafür, dass Israelis und Palästinenser gerettet werden

Die Juden, israelischen Araber und Palästinenser, die in Israel und Palästina leben, müssen dringend die gute Nachricht von Jesus hören. Laut der Missions-App Operation World sind 2 Prozent der 9,3 Millionen Einwohner Israels Christen; nur 0,4 Prozent sind Evangelikale. (Innerhalb der israelischen Christen bilden die messianischen Juden eine Minderheit; bei den allermeisten handelt es sich um arabische Christen.) Von den 5,5 Millionen Palästinensern in den palästinensischen Gebieten sind 1,6 Prozent Christen; nur 0,1 Prozent sind Evangelikale.

Wenn man in einem Kriegsgebiet lebt, kann man Fragen über das Leben und den Tod nur schwer aus dem Weg gehen. Das kann eine Offenheit für das Evangelium schaffen. Wir sollten also ernsthaft dafür beten, dass viele Menschen die sichere Hoffnung auf ein ewiges Leben mit Christus erlangen. In seiner neuen Welt wird es keinen Krieg mehr geben (vgl. Jes 2,4).

„HERR, unser Gott, wir beten, dass sich die Botschaft von Jesus in Israel und Palästina schnell ausbreitet und im rettenden Glauben angenommen wird (vgl. 2Thess 3,1). Sende bitte deine Arbeiter in dieses Erntefeld (vgl. Mt 9,38). Gib deinem Volk viele Gelegenheiten, das Evangelium weiterzugeben – und die Kühnheit, das Beste aus diesen zu machen.“