Katechese und Kirchenmitgliedschaft

Eine Untersuchung frühkirchlicher Quellen zur Bedeutsamkeit der Glaubensbelehrung

Artikel von Michael Haykin
18. September 2024 — 5 Min Lesedauer

Gemeindeaufnahme in der Antike: Von Clemens bis Egeria

Wie wurde man im frühen Christentum Teil einer Gemeinde? Die Frage scheint zunächst leicht zu beantworten. Einfach ausgedrückt, stellte die Glaubenstaufe bis ins frühe 4. Jahrhundert das Aufnahmeritual der Gemeinde dar.

Aber – und das ist nicht überraschend – es ging um mehr als das.

Bekenntnis und Taufe

Im Neuen Testament wird die Kirche als eine Gemeinde von Gläubigen dargestellt. Was also glaubten diese Gläubigen? Wie die Apostel lehrten, glaubten sie an Jesus als den Herrn, der von den Toten auferweckt worden ist (vgl. 1Kor 12,3; 1,2; Röm 10,9). Außerdem glaubten sie, dass Jesus der fleischgewordene Gott ist (vgl. 1Joh 4,1–6), und an die Dreieinigkeit (vgl. Mt 28,19; 2Kor 13,14; Eph 4,4–6).

Um sich einer Gemeinde anzuschließen, musste man sich formell zu diesen grundlegenden Wahrheiten bekennen – dem „Glauben“ (vgl. Jud 3; 1Tim 1,19), der auch andere wichtige Überzeugungen wie die Wiederkunft Christi einschloss. Dies geschah, wie es scheint, normalerweise zum Zeitpunkt der Taufe. Bei der Taufe rezitierte der Täufling ein Glaubensbekenntnis, das diese Schlüsselelemente des christlichen Glaubens enthielt, und gab hierzu seine Zustimmung (vgl. 1Tim 6,12).

Inspiriert von neutestamentlichen Beispielen (vgl. z.B. Eph 4,4–6) entstanden so in der nachapostolischen Zeit Glaubensbekenntnisse. Irenäus (ca. 130–200 n.Chr.), Bischof von Lyon, zitierte zum Beispiel das Glaubensbekenntnis seiner eigenen Gemeinde in seinem Werk Gegen die Häresien, in dem er das Christentum gegen die Gnosis verteidigt.

Darin wird zunächst betont, dass es im Gegensatz zum Weltbild der Gnostiker „einen Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde und der Meere und alles[,] was in ihnen ist“ gibt. Das Bekenntnis betont weiter, dass es auch „einen Christus Jesus, den Sohn Gottes, der, um uns zu erlösen, Fleisch angenommen hat“ gibt, der gelitten hat und gestorben ist, von den Toten auferweckt wurde, „die leibliche Himmelfahrt“ erlebt hat und „vom Himmel in der Herrlichkeit des Vaters“ wiederkommen wird.[1] Die Gnosis leugnete all diese Punkte, die für das apostolische Christentum absolut zentral sind. Um in die Gemeinde von Lyon aufgenommen zu werden, musste man dieses Glaubensbekenntnis bestätigen.

Die Notwendigkeit eines Katechismus

Als die frühe Gemeinde begann, die griechisch-römische Welt zu evangelisieren, traf sie auf Menschen, die bereit waren, an Jesus Christus als Retter und Herrn zu glauben, die aber die Heilige Schrift und die darin enthaltene Theologie nicht kannten. Daher musste die Gemeinde diese Menschen in den grundlegenden Aussagen des christlichen Glaubensbekenntnisses unterweisen bzw. katechisieren. Sie musste die Menschen über Dinge wie Gottes Erschaffung der Welt und das Heiligungsleben, das sich aus einem echten Glauben ergibt, unterrichten. Die Katechese hatte also biblische, lehrmäßige und moralische Komponenten.

„Die Katechese hatte biblische, lehrmäßige und moralische Komponenten.“
 

Spätestens bis zum Ende des 2. Jahrhunderts hatten sich Katechismen und die Praxis der Katechese entwickelt. Die einzige weitere erhaltene Schrift von Irenäus (neben Gegen die Häresien) ist beispielsweise ein Katechismus: der Erweis der apostolischen Verkündigung (entstanden Anfang der 190er Jahre). In der ersten Hälfte dieses Werkes wird die Heilsgeschichte beschrieben, in der zweiten Hälfte werden Beweise für die Wahrheit des Christentums aus dem Alten Testament angeführt.

Aus dem 3. Jahrhundert gibt es eindeutige Beweise – zum Beispiel in den Schriften des Hippolyt von Rom (ca. 170–236 n.Chr.) –, dass die Katechisierung bis zu drei Jahre dauern konnte. Und obwohl die so unterrichtete Person – Katechumen genannt – als Christ angesehen wurde, konnte sie das Abendmahl erst nach der Taufe empfangen. Wie der christliche Autor Justin der Märtyrer (gestorben um 165 n.Chr.) aus dem 2. Jahrhundert behauptete: „Niemand darf [am Abendmahl] teilnehmen, als wer unsere Lehren für wahr hält, das Bad … empfangen hat und nach den Weisungen Christi lebt.“[2]

Während der Katechese gab es auch eine Zeit, in der die Katechumenen dem Lehrer (in der Regel ein Bischof) Fragen stellen konnten. Die Schriftstellerin Egeria (381–384 n.Chr.), die im späten 4. Jahrhundert lebte, stellte dies bei einem Besuch in Jerusalem fest. Sie wies darauf hin, dass das Ergebnis der Katechese war, dass alle Gläubigen in den Jerusalemer Gemeinden in der Lage waren, der Heiligen Schrift zu folgen, wenn sie im Gottesdienst gelesen wurde. Erst mit der Verbreitung der Kindertaufe im 5. und 6. Jahrhundert ging die Praxis der christlichen Katechese zurück.

Eine lehrreiche Vergangenheit

Bei der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit dürfen wir nicht die Fragestellungen vorziehen, die sich aus unseren eigenen Umständen ergeben. Zunächst muss die Vergangenheit unter ihren eigenen Bedingungen verstanden werden, mit den Fragestellungen, die die jeweilige Epoche kennzeichneten. Dennoch hat Gott uns die Geschichte auch als Mittel zur Belehrung gegeben (wir könnten zum Beispiel eine Analogie zu Römer 15,4 ziehen). Daher ist die Suche nach einer „lehrreichen Vergangenheit“, die Licht auf unsere gegenwärtigen Umstände wirft, durchaus berechtigt.

„Wie in den frühesten Tagen der Christenheit gilt auch heute wieder: Der Eintritt in eine Ortsgemeinde sollte über Katechismus, Glaubensbekenntnis und Taufe erfolgen.“
 

Was bedeutet nun unsere kurze historische Untersuchung für unsere heutige Situation? Eines ist klar: Viele Teile des einst christlichen Westens befinden sich in einer schnellen Entwicklung zum Heidentum hin. Deshalb wird die Art von biblischer, lehrmäßiger und moralischer Unterweisung, die die frühe Kirche für notwendig hielt, auch für uns wieder notwendig.

Wie in den frühesten Tagen der Christenheit gilt auch heute wieder: Der Eintritt in eine Ortsgemeinde sollte über Katechismus, Glaubensbekenntnis und Taufe erfolgen – und zwar in genau dieser Reihenfolge.


1Irenäus, „Contra Haeresis“, in: Des heiligen Irenäus fünf Bücher gegen die Häresien (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Bd. 3), München, 1912, I.10.1.

2Justin der Märtyrer, „Apologie Prima“, in: Frühchristliche Apologeten und Märtyrerakten Band I., Erste Apologie (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Bd. 12), München, 1913, S. 66.