Vorbildlicher Dienst

Drei Lektionen aus 2. Korinther

Artikel von Aaron Garriott
6. August 2024 — 5 Min Lesedauer

Wie schon der erste Korintherbrief, so befasst sich auch der zweite Korintherbrief mit einer Vielzahl von Themen, die eine Gemeinde betreffen, die von Unmoral, Irrlehrern, Sektierertum und theologischer Verwirrung heimgesucht wird. In diesem Brief ist die Sorge des Apostels Paulus für die Gemeinde in Korinth deutlich spürbar. Betrachten wir drei wichtige Merkmale des Briefes, die uns helfen, seine allgemeine Botschaft zu verstehen und anzuwenden.

1. Der zweite Korintherbrief ist der Höhepunkt der intensiven Bemühung des Paulus mit der Gemeinde in Korinth

Die Gründung der Gemeinde in Korinth (ca. 52 n. Chr.) erfolgte während der zweiten Missionsreise (vgl. Apg 18,1–11). Von Lukas erfahren wir, dass Paulus mehr als achtzehn Monate in Korinth blieb. Offenbar traten, bald nachdem Paulus Korinth Richtung Antiochien verlassen hatte, erhebliche Probleme in der neuen Gemeinde auf. Paulus erfuhr von diesen Problemen, als er während seiner dritten Missionsreise in Ephesus war (vgl. Apg 19). Aller Wahrscheinlichkeit nach ist 2. Korinther der vierte Brief, den Paulus innerhalb von etwa zwei Jahren an die Gemeinde geschrieben hatte:

  • Erster Brief: Der „vorherige“ (nicht vorhandene) Brief (vgl. 1Kor 5,9)
  • Zweiter Brief: 1. Korinther
  • Dritter Brief: Der „Tränenbrief“ nach dem schmerzhaften Besuch (vgl. 2Kor 2,3–4; 7,8–12)
  • Vierter Brief: 2. Korinther

Paulus sandte den „strengen“ Brief durch Titus, der mit einem freudigen Bericht über die Buße und Treue der Gemeinde gegenüber dem Apostel und der apostolischen Lehre zu Paulus zurückkehrte. 2. Korinther ist demnach ein „glücklicher“ (wenn auch nicht perfekter) Höhepunkt einer komplexen Beziehung zwischen dem Apostel und den korinthischen Gläubigen. Paulus' Freude über den Bericht von Titus über das Wohlergehen der Korinther (vgl. 2Kor 7,6–7) zeigt, worauf der Apostel bei einer Gemeinde Wert legte. Er schätzt den Frieden, die Reinheit und die Einheit der Gemeinde (einschließlich der Gemeindezucht) sowie das sittliche Verhalten, die Demut und die Großzügigkeit der Christen. Wenn der Apostel so besorgt darum war, dass die Gemeinde diese Eigenschaften besitzt und darin wächst, sollten wir auch in unseren Gemeinden und persönlichen Leben darauf hinarbeiten.

2. Der zweite Korintherbrief enthält die Verteidigung von Paulus' apostolischem Dienst

Paulus gibt sich große Mühe, um gegen die falschen „Superapostel“ (vgl. 2Kor 11,5) vorzugehen und zu beweisen, dass sein Apostelamt echt ist, weil er vom auferstandenen und aufgefahrenen Herrn Jesus Christus beauftragt wurde, in seinem Namen zu sprechen (vgl. 2Kor 5,18; 13,3). Dies tut er, indem er die Themen Schwachheit und Leiden (vgl. 2Kor 11,29–30; 12,1–10; 13,4), den neuen Bund (vgl. 2Kor 3) und den christlichen Dienst (vgl. 2Kor 5–6) ausführlich behandelt und zeigt, dass sein apostolisches Amt mit dem Amt und dem Charakter des Herrn Jesus übereinstimmt und durch das gekennzeichnet ist, was in der Welt als Mangel gilt, aber Gott als Treue sieht (mehr dazu weiter unten). Paulus verteidigt sein Apostelamt, weil es letztendlich um das Evangelium geht. Wenn sein Evangelium nicht wahr ist, dann sind die Korinther immer noch in ihren Sünden und ohne Hoffnung.

„Paulus geht es bei seiner Verteidigung mehr um seine Liebe zu seinen Lesern als um sein eigenes Image.“
 

Daher geht es bei seiner Verteidigung mehr um seine Liebe zu seinen Lesern als um sein eigenes Image. Durch Paulus' Verteidigung seines Apostelamts wird 2. Korinther zu einem sehr persönlichen, autobiografischen Brief. Wir erfahren vielleicht mehr über Paulus und die Gemeinde, an die er schreibt, als in jedem anderen Brief des Neuen Testaments. Paulus ist nicht der stoische Griesgram, zu dem ihn viele gemacht haben. Er ist sensibel und doch großmütig, besorgt und doch zuversichtlich, sanft und doch entschlossen. Paulus liebt die Gemeinde und er liebt das Evangelium. Er ist nicht bereit, falschen Lehrern zu erlauben, seine apostolische Arbeit zu verdrängen. Er liebt diese neuen Christen zu sehr, um Wölfe hereinkommen zu lassen, die sie verschlingen.

3. Der zweite Korintherbrief ist ein Modell für den christlichen Dienst

Im Laufe ihrer Geschichte war die Gemeinde immer wieder versucht, weltliche Erfolgsmerkmale als Kriterien für die Gemeindeleitung zu übernehmen. In unserer Zeit gehen wir oft davon aus, dass christliche Führungskräfte einen erfolgreichen Manager oder eine charismatische Fernsehpersönlichkeit nachahmen sollten. Die Korinther gingen davon aus, dass ein christlicher Leiter wie der vorbildliche griechische Rhetoriker aussehen würde. Die falschen Apostel, die sich in die korinthische Gemeinde eingeschlichen hatten, stellten Paulus' Anspruch auf das Apostelamt infrage und wiesen auf sein Leiden, seine Schwäche und seinen Mangel an rhetorischer Eleganz hin. Damals wie heute können Macht und Charisma zu den eigentlichen Kennzeichen eines gesegneten Predigers des Evangeliums werden. Als Antwort auf diese falschen Anschuldigungen führt Paulus seine Referenzen an, aber nicht die, die wir erwarten würden. Er empfiehlt sich selbst (und die anderen Aposteln)

„in viel standhaftem Ausharren, in Bedrängnissen, in Nöten, in Ängsten, unter Schlägen, in Gefängnissen, in Unruhen, in Mühen, im Wachen, im Fasten; in Keuschheit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in ungeheuchelter Liebe; im Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, durch die Waffen der Gerechtigkeit in der Rechten und Linken; unter Ehre und Schande, bei böser und guter Nachrede; als ,Verführer’ und doch wahrhaftig, als Unbekannte und doch wohlbekannt, als Sterbende – und siehe, wir leben; als Gezüchtigte, und doch nicht getötet; als Betrübte, aber immer fröhlich, als Arme, die doch viele reich machen; als solche, die nichts haben und doch alles besitzen.“ (2Kor 6,4–10)

Dieser Bericht stellt unser Bild vom erfolgreichen Dienst infrage. Betrachten wir Menschen nach dem Fleisch (vgl. 2Kor 5,16)? Der zweite Korintherbrief lehrt uns, dass echter christlicher Dienst durch „Einfachheit und gottesfürchtige Aufrichtigkeit“ gekennzeichnet ist (vgl. 2Kor 1,12), dass Gemeindeleiter nicht autark sind (vgl. 2Kor 3,5) und dass Dienst keine Selbstdarstellung, sondern vielmehr Selbstverleugnung ist (vgl. 2Kor 4,11–12). Paulus entschied sich, keinen Lohn von den Korinthern anzunehmen, weil er keinen Anlass zur Verleumdung geben wollte (vgl. 2Kor 11,7–9). Er trug keine Empfehlungsschreiben bei sich (vgl. 2Kor 3,1–3). Er war nicht hinterlistig (vgl. 2Kor 4,2) oder unlauter (vgl. 2Kor 2,17), weil es nicht sein Dienst oder seine Botschaft war, sondern Gottes. Dasselbe gilt für alle christlichen Diener im Neuen Bund. Der Gemeindedienst muss sich das Haupt der Gemeinde zum Vorbild nehmen, das „aus Schwachheit gekreuzigt wurde, … doch aus der Kraft Gottes [lebt]“ (2Kor 13,4).