Woran das Buch Prediger uns erinnert
1. Es erinnert uns daran, dass das Leben kurz ist
Viele Leser stolpern gleich zu Beginn des Buches Prediger, verunsichert durch die Ankündigung des Themas: „O Nichtigkeit der Nichtigkeiten!“, heißt es in Prediger 1,1. „Nichtig und flüchtig, sagte der Prediger, nichtig und flüchtig – alles ist nichtig“ (NeÜ) oder „Es ist alles ganz eitel, sprach der Prediger, es ist alles ganz eitel“ (LU17). Wenn alles vergeblich, sinnlos oder bedeutungslos ist, warum soll man dann überhaupt weiterlesen? Die Aussage scheint allem zu widersprechen, was die Bibel über das Leben lehrt.
Vielleicht liegt das Problem jedoch an den Übersetzungen und den Erwartungen, die sie hervorrufen. Das hebräische Wort, das mit „Eitelkeit“ (hebel) übersetzt wird, bedeutet so viel wie „Vergänglichkeit“, „Unbeständigkeit“ oder „schnelles Vergehen“. Jakobus greift diesen Gedanken auf, wenn er sagt: „Denn was ist euer Leben? Es ist doch nur ein Dunst, der eine kleine Zeit sichtbar ist; danach aber verschwindet er“ (Jak 4,14). Das ist das erste, was wir über das Buch Prediger wissen sollten: Es lehrt uns, dass unser Leben unter der Sonne vergeht.
Unsere Tage sind kurz und schnell vorbei. Wie der Prediger es ausdrückt: „Ein Geschlecht geht und ein anderes Geschlecht kommt“ (Pred 1,4). Diese Lehre findet sich in der gesamten Schrift (vgl. Ps 90,10; 103,15; Jak 4,14). Einen ähnlichen Gedanken verfolgt Paulus in 2. Korinther 4,18: „Da wir nicht auf das Sichtbare sehen, sondern auf das Unsichtbare; denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.“ Da unser Leben kurz ist: „Alles, was deine Hand zu tun vorfindet, das tue mit deiner ganzen Kraft“ (Pred 9,10).
2. Es erinnert uns daran, dass wir in einer gefallenen Welt leben
Das zweite, was wir über das Buch Prediger wissen sollten: Es erinnert uns daran, dass wir in einer gefallenen Welt leben. Als ich Christ wurde, arbeitete ich einige Zeit lang für eine christliche Organisation. Wir verteilten evangelistische Traktate, die Johannes 10,10 betonten: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es im Überfluss haben.“ Dies erzeugte in mir Erwartungen an einen leichten Weg, obwohl das überhaupt nicht das ist, was dieser Vers bedeutet. Ich musste lernen, dass ich zwar ein neues Leben erhalten hatte, die Welt selbst aber noch nicht neu erschaffen worden war. Paulus lehrt dasselbe, wenn er sagt: „Die Schöpfung ist nämlich der Vergänglichkeit unterworfen, nicht freiwillig, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin, dass auch die Schöpfung selbst befreit werden soll von der Knechtschaft der Sterblichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (Röm 8,20–21). Das Wort, das Paulus gebraucht, wird mit „Vergänglichkeit“ übersetzt und ist dasselbe griechische Wort, das in der Septuaginta (der griechischen Übersetzung des Alten Testaments) verwendet wird, um hebel im Buch Prediger zu übersetzen.
3. Es erinnert uns daran, dass Freude in einer gefallenen Welt möglich ist
Die oben zitierten Übersetzungen von hebel sind nicht ganz falsch. Da wir vergängliche Kreaturen sind, die in einer von Sünde verdorbenen Welt leben, können unsere Aktivitäten manchmal sinnlos erscheinen. Unsere Geschäftigkeit kann bedeutungslos erscheinen. Unser Leben kann eitel erscheinen. Wenn das alles wäre, was der Prediger zu sagen hätte, wäre es in der Tat ein Buch, über das man stolpern könnte. Daher müssen wir vom Buch Prediger als drittes lernen: Freude ist möglich, auch in einer gefallenen Welt.
„Der Prediger macht deutlich, dass Freude nicht dort zu finden ist, wo wir sie vielleicht erwarten würden.“
Der Prediger macht deutlich, dass Freude nicht dort zu finden ist, wo wir sie vielleicht erwarten würden. Sie ist nicht in den großen Ereignissen oder denkwürdigen Momenten zu finden. Stattdessen findet man sie in den gewöhnlichen, einfachen und sich wiederholenden Aspekten des alltäglichen Lebens: „Ist es dann nicht besser für den Menschen, dass er esse und trinke und seine Seele Gutes genießen lasse in seiner Mühsal? Doch habe ich gesehen, dass auch das von der Hand Gottes abhängt“ (Pred 2,24). Salomo ermutigt uns immer wieder, zuerst diese gewöhnlichen Aspekte des Lebens zu finden und uns daran zu erfreuen.
Und zweitens fordert er uns auf zu erkennen, dass diese guten Gaben von Gott kommen: „Doch wenn irgendein Mensch isst und trinkt und Gutes genießt bei all seiner Mühe, so ist das auch eine Gabe Gottes“ (Pred 3,13; vgl. Pred 5,19–20; 8,15; 9,7).
Wie Jakobus es ausdrückt:
„Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist, noch ein Schatten infolge von Wechsel. Nach seinem Willen hat er uns gezeugt durch das Wort der Wahrheit, damit wir gleichsam Erstlinge seiner Geschöpfe seien.“ (Jak 1,17-18)
Und die Freude, die er uns hier gibt, ist ein Vorgeschmack auf die Freude, die in einer Welt kommen wird, die nicht mehr gefallen ist und in der wir nicht mehr vergängliche, sondern unsterbliche Geschöpfe sind.