Wie sprichst du über deine Gemeinde?
Schafe beißen.
Das ist eine harte Lektion, die ich als Gemeindeleiter lernen musste. Wenn Hirten versuchen, ihre Schafe zu saftigeren Weiden zu führen, leisten diese manchmal Widerstand.
Schafe irren auch umher.
Wenn sich Leiter wünschen, dass ihre Gemeinde an Heiligkeit zunimmt, wandern die Schafe manchmal scheinbar in die genau entgegengesetzte Richtung.
Solche Tendenzen entmutigen oder verletzen viele Leiter und sind Gegenstand zahlreicher Gespräche. Wenn ich auf einer Veranstaltung für Gemeindeleiter bin, passiert es immer wieder, dass Brüder bei Gesprächen am Rande oder in Diskussionsrunden anfangen, über das Beißen der Schafe oder ihr Umherirren zu sprechen.
Manchmal bleibt das Gespräch unschuldig. Doch oftmals endet es in sarkastischem Klagen. Das soll nicht so sein (vgl. Jak 3,1–12).
Die Heilige Schrift nennt die Art von Menschen, die Gott einem verdorbenen Sinn überlassen hat, Schwätzer und Verleumder (vgl. Röm 1,28–30), die „reden, was sich nicht gehört“ (1Tim 5,13). Alle Schafe Christi müssen diesen Teil ihrer alten Natur ablegen – besonders die Hirten, die ein Amt haben, das nachgeahmt werden soll (vgl. Hebr 13,7; 1Petr 5,3).
Jedoch ist es schwierig, die Zunge zu zügeln, wenn die Schafe dich entmutigen. Wie können die Hirten darum kämpfen, das Gerede abzulegen und Christus anzuziehen, selbst wenn die Schafe Christi sich in einer Weise verhalten, die die Frage aufkommen lassen: „O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht! Wie lange soll ich bei euch sein und euch ertragen?“ (Lk 9,41)?
1. Mach dir bewusst, mit wem du sprichst
Die Möglichkeit zu haben, einen vertrauenswürdigen Seelsorger um Rat oder Ermutigung in verschiedenen Herausforderungen zu bitten, ist ein Segen. Weise Ratgeber sind Gold wert (vgl. Spr 11,14; 15,22; 20,18; 24,6), vor allem solche, die selbst Leiter sind und wissen, was diese Aufgabe mit sich bringt.
„Wenn du mit Leitern anderer Gemeinden über deine Leute sprichst, erzählst du von Bisswunden und Irrwegen derer, die sie gar nicht kennen und vielleicht nie kennenlernen werden.“
Es ist eine Sache, demütig, betrübt und bedürftig seine Kämpfe mitzuteilen und um Gebet zu bitten, im Wissen, dass keine Versuchung dein Schaf ereilt hat, die du nicht auch kennst (vgl. 1Kor 10,13). Jedoch ist es etwas anderes, zu murren, als ob du dich nicht dazu verpflichtet hättest, für dieses Schaf zu sterben. Wenn du dich beschwerst, möchte der, von dem du geschaffen wurdest, um mit ihm zu reden, dass du das mit ihm besprichst (vgl. Ps 55).
Wenn du mit Leitern anderer Gemeinden über deine Leute sprichst, erzählst du von Bisswunden und Irrwegen derer, die sie gar nicht kennen und vielleicht nie kennenlernen werden. Da diese Brüder nicht Gott sind, werden sie nie erfahren, wie eben diese Schafe einmal auf herrliche Weise umkehren und anfangen, der Stimme des Hirten zu folgen – es sei denn, du erzählst es ihnen später. Die anderen werden nie erfahren, ob dieses Gemeindemitglied Buße getan hat. Sie werden nur den einen negativen Eindruck behalten, den du von deiner Gemeinde an sie weitergegeben hast.
Sprichst du auf diese Weise mit anderen Gemeindeleitern, machst du auch noch vor, wie man über die eigene Gemeinde schimpfen kann. Sie haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Sie würden vielleicht auch gern das Schild an der Fassade ändern oder den Gemeinderaum neu streichen. Sie haben auch Schafe, die beißen und sich in Sünde verstricken; und so werden sie angestiftet, auch über ihre Schafe hinter ihrem Rücken zu lästern. Schließlich bist du als Leiter ein wandelndes Beispiel. Achte also darauf, mit wem du sprichst.
2. Denk daran, über wen du sprichst
Du sprichst über die Braut eines Mannes. Wenn ich anfange, meinen Freunden zu erzählen, wie „dumm“ sich die Leute in meiner Gemeinde verhalten, müsste ich mich fragen: „Würde ich so über die Frau dieses einen Bruders sprechen, vor allem, wenn er mit im Raum ist?“
Viele erschaudern bei dem Gedanken, über die Frau ihres besten Freundes zu sprechen und dabei Wörter wie „dumm“, „blöd“ oder „ignorant“ zu benutzen.
„Die Gemeinde ist die Braut des Menschensohns.“
Die Gemeinde ist die Braut des Menschensohns (vgl. 2Kor 11,2). Wenn wir zusammenkommen, um über unsere Gemeinden zu lästern, dann lästern wir über die Braut eines Mannes – während er mit im Raum ist. Aus Respekt vor ihm und der Würde der Braut, die er reingewaschen hat (vgl. Eph 5,25–27), sollten wir eben nicht so reden, wie wir es manchmal tun.
Das sollte stets gelten, egal ob du über die Schafe in deiner Ortsgemeinde, über die Kirche in deinem Land oder in der ganzen Welt sprichst.
3. Mach dir das Ende der Geschichte bewusst
Ich weiß, dass es dich entmutigt, wenn die Schafe dich beißen. Ich weiß, dass du entmutigt bist, wenn die Menschen in deiner Gemeinde nicht dieselben Ziele sehen wie du. Aber denk daran: Entmutigung ist nicht das Ende der Geschichte.
Deine Schafe werden vielleicht umkehren. Deine Schafe hören möglicherweise auf zu beißen. Wenn der Heilige Geist in ihnen lebt, wird es so sein. Schlussendlich wird deine Herde folgen, so widerspenstig sie auch sein mag. Vielleicht folgt sie nicht dir und ihre Nachfolge sieht auch nicht schön aus, bis sie Jesus von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht. Am Ende wirst du jedoch sehr ermutigt sein.
Wirst du auf deinem Sterbebett bereuen, wie du über deine Gemeinde geredet hast? Wirst du in der Herrlichkeit dein Reden bedauern, wenn du dann siehst, wie selbst die störrischsten Schafe vor dem Thron anbeten?
4. Denk daran, wie der Herr über seine Gemeinde spricht
Wir sind Unterhirten des einen Oberhirten. Wir selbst sind Schafe in seiner Herde. Wir beißen und sündigen. Was sagt der Herr über uns? Kannst du dir vorstellen, dass der Oberhirte die gleiche Sprache wie wir benutzt, um seine Schafe zu beschreiben?
Wenn wir uns verirren, führt uns der Hirte nach Hause. Wenn wir beißen, tritt der Hirte für uns ein. Wenn wir angegriffen werden, verteidigt uns der Oberhirte. Unser Hirte bezeichnet uns als heilig. Wenn wir in Sünde leben, ist er bereit, auch unschöne Wahrheiten zu benennen – und uns an die schönen Wahrheiten zu erinnern, die sich durch unser Verhalten nicht ändern. Wenn der Herr Israel anklagt: „Du aber hast mit vielen Liebhabern gehurt“ (Jer 3,1), versichert er ihnen im selben Buch: „Mit ewiger Liebe habe dich geliebt“ (Jer 31,3). Selbst in Momenten, in denen wir das Evangelium aufgeben, bezeichnet Gott uns dafür als töricht – und im selben Brief bekräftigt er, dass wir Söhne und Erben sind (vgl. Gal 3,1; 4,5–7).
Echte Schafe sind immer Sünder und Heilige zugleich, im Kampf gegen Satan und im Frieden mit Gott. Über einen Sünder zu murren, der mit Christus im Himmel sitzt (vgl. Eph 2,6) und bald wie Jesus aussehen wird, ist ein bisschen kurzsichtig (vgl. 2Kor 3,17).
Wenn du über deine Schafe sprichst, solltest du die ganze Geschichte erzählen. Schließlich redet der Herr genau so über uns und als Unterhirten sollten wir stets unserem Oberhirten nacheifern.