Gottes Handeln im Leben einer gewöhnlichen Familie

Highlights aus dem Buch Ruth

Artikel von David Strain
6. Mai 2024 — 5 Min Lesedauer

Wir lieben das Buch Ruth, weil es von der wundervollen Romanze zwischen Ruth und Boas erzählt. Wir lieben es, weil es voller herrlicher Ironie ist, die uns vor Freude über die Güte Gottes zum Lachen bringt. Wir lieben es, weil es eine Geschichte ist, in deren Mittelpunkt nicht die Heldentaten von Kriegern, Richtern oder Königen stehen, sondern zwei mittellose Frauen, die versuchen, ein Leben in Fülle und Hoffnung wiederzufinden. Das Buch Ruth bietet jedoch noch viel mehr.

Eine falsche Entscheidung nach der anderen

Zunächst erfahren wir in dem einleitenden Bericht von dem schicksalhaften Entschluss von Naemi und Elimelech, Israel zu verlassen – gefolgt von weiteren scheinbar vernünftigen Entscheidungen, die die Familie Schritt für Schritt von den Verheißungen Gottes wegführen. Der tragische Tod von Elimelech und seinen Söhnen Machlon und Kiljon sowie die Tatsache, dass Orpa nach Moab heimkehrt, statt zusammen mit Naemi und Ruth nach Israel zu gehen, zeigen uns eine Familie, die einst in Treue zu Gott wandelte, nun aber ihren Weg verloren hat. Der Name Elimelech bedeutet „mein Gott ist König“. Die Mischehe seiner Söhne mit heidnischen Töchtern und das Verlassen des verheißenen Landes zugunsten des augenscheinlichen Überflusses in Moab zeugen jedoch von seiner Kurzsichtigkeit. Die Hungersnot war die Folge eines der warnenden Flüche, die Gott seinem Volk für dessen Bundesbruch verheißen hatte (vgl. 5Mose 28,15–18, 38–40).

„Wir müssen uns vom Wort Gottes leiten lassen und nicht von unserem eigenen Verständnis.“
 

Anstatt sich jedoch an das Wort Gottes zu erinnern, im Lande zu bleiben und seinen Bundesbruch zu bereuen, versucht Elimelech anscheinend, die göttliche Vorsehung zu deuten, und denkt sich: „Da es in Moab keine Hungersnot gibt, heißt das wohl, dass wir dorthin ziehen sollen.“ Wir können Gottes Vorsehung aber nie ganz begreifen. Deshalb müssen wir uns vom Wort Gottes leiten lassen und nicht von unserem eigenen Verständnis.

Die großzügige Gnade Gottes

Im Gegensatz zu Orpa beschließt Ruth, bei Naemi zu bleiben und sich Naemis Volk und Gott anzuschließen. Sie ist bekehrt. Der Rest der Geschichte veranschaulicht auf wunderbare Weise, wie diese Moabiterin in die Bundesgemeinschaft aufgenommen wird. Im Reich Jesu Christi sind Sünder willkommen, die ihm vertrauen, – aus allen Stämmen, Sprachen und Nationen. Wie sich herausstellt, ist es eher die hebräische Witwe Naemi, die wie eine Moabiterin klingt – im Vergleich zu ihrer ehemals heidnischen Schwiegertochter. So scheint der Text beispielsweise anzudeuten, dass sie Ruth ermutigt, Boas eines Nachts auf der Tenne zu bedrängen, um sich einen Ehemann zu sichern. Boas jedoch ist ein Mann Gottes und dank seiner Integrität und Güte kommt Ruth durch ihre Heirat in die Bundesgemeinschaft und Naemis Bitterkeit wandelt sich in neuentdeckte Freude. Man könnte sogar sagen, dass es im Buch Ruth fast ebenso sehr um die Wiederherstellung Naemis von ihrer tiefbetrübten Wanderschaft geht wie um Ruth selbst, die unter den Flügeln des Allmächtigen Zuflucht findet.

Damit verweist uns Boas, der blutsverwandte Löser, auf den Herrn Jesus Christus. Die Aufgabe eines verwandten Lösers bestand darin, das Land des verstorbenen Verwandten in Besitz zu nehmen, um sicherzustellen, dass dessen Anteil an Israel in der Familie blieb. Natürlich war die Aussicht, diesen Dienst zu übernehmen, potentiell lukrativ. Aber in diesem Fall war sie mit der zusätzlichen Aufgabe verbunden, für Naemi zu sorgen, Ruth zu heiraten und einen Erben für Elimelech zu zeugen. Jedes Kind aus dieser Verbindung würde Elimelechs Land erben, und es würde nicht mehr dem Löser gehören.

Im Buch Ruth gibt es einen verwandten Löser, der noch vor Boas Ansprüche geltend machen könnte. Als er von dem möglichen Land und Vermögen erfährt, ist er zunächst begeistert. Nachdem er jedoch von den beiden Frauen und der Pflicht hört, Elimelech einen Erben zu schenken, zögert er schnell. Seine Verpflichtung gegenüber Elimelechs Familie könnte ihn weit mehr kosten, als ihm der Nutzen des Landes einbringen würde. Boas hingegen hat keine solchen Bedenken. Er ist bereit, alle Kosten zu tragen und die ganze Last auf sich zu nehmen. Hier scheint wieder das Evangelium im Buch Ruth durch, denn wir haben in Jesus Christus den wahren und vollkommenen Erlöser, der um den schrecklichen Preis seines eigenen Lebens bereitwillig alles gab, um die Kirche zu seiner Braut zu machen.

Obeds gewöhnliche Herkunft

Das Buch endet mit der Heirat von Ruth und Boas und der Geburt ihres Sohnes Obed, des Erben von Elimelech. Der Erzähler verwendet für Ruths Empfängnis eine Formulierung, die in der hebräischen Bibel nur zweimal vorkommt, am prägnantesten in dem Fluch über Eva in 1. Mose 3,16: Eva würde schwanger werden und mit Schmerzen Kinder gebären, doch ihr Same würde eines Tages der Schlange den Kopf zertreten. Ruth wird als neue Eva dargestellt und ihr Sohn ist ein Kind der Verheißung, das den Zielen Gottes dienen wird (Obed bedeutet „Diener“). Obed, so erfahren wir, ist der Vater von Isai, und Isai ist der Vater von David.

„Jesus ist von ganz gewöhnlicher Herkunft.“
 

Das Buch Ruth spielt zur Zeit der Richter, als es keinen König gab und jeder tat, was in seinen Augen recht war (vgl. Ri 21,25). Doch am Ende erkennen wir Gottes souveränen Plan in den scheinbar alltäglichen Details einer unbedeutenden Familie. Er verknüpfte alle Einzelheiten miteinander, um die Geburt des Königs David zu gewährleisten, und durch David die des Königs der Könige, des Herrn Jesus Christus, des leidenden Gottesknechts. Jesus ist von ganz gewöhnlicher Herkunft. Er ist einer von uns. Und deshalb kann er sich in unsere Lage versetzen und mit unseren Schwächen mitfühlen.