Er ist auferstanden!
„Er ist auferstanden!“
Es war 6 Uhr morgens. Ich war 17 Jahre alt und zum ersten Mal in einem Ostergottesdienst. Ich hatte nur einige Monate davor Jesus kennengelernt und keine Ahnung, was das ältere Gemeindeglied, das mich an der Tür begrüßte, von mir wollte.
„Ja, ich hab’s geschafft.“ – Das war meine Antwort, weil ich dachte, er versuche, witzig zu sein und mich zu meinen.
An Ostern feiern wir die Auferstehung Jesu. Es ist etwas, das wir nicht gesehen haben. Etwas, das uns aber von Menschen berichtet wird, die es gesehen haben. Genauer gesagt, die ihn gesehen haben.
Augenzeugen der Auferstehung
In Johannes 20,19–28 schildert Johannes uns die erste Begegnung, die Jesus nach seiner Auferstehung mit seinen Jüngern hat. Hast du schon mal überlegt, was der Tod Jesu für die Jünger bedeutete? Sie hatten alles aufgegeben, um einem fremden Mann zu folgen und von ihm zu lernen. Sie hatten das Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein; einer Bewegung, die mehr und mehr Anhänger gewann. Über die Jahre sahen sie unglaubliche Wunder und hörten unfassbare Predigten – und dann war innerhalb von 24 Stunden alles vorbei. Ihr Lehrer und Meister wurde verhaftet, brutal hingerichtet und begraben, ihre Gruppe zerschlagen. Sie selbst mussten sich verstecken, damit sie nicht dasselbe Schicksal ereilte. Sie schlossen sich ein und wussten nicht, was sie als Nächstes tun sollten.
„Einer der Gründe für die Offenbarung des auferstandenen Jesus an seine Jünger ist der Bericht, den sie im Anschluss gaben.“
Dann aber erschien ihnen Jesus. Die Jünger hatten das leere Grab zwar bereits gesehen, aber sie begriffen seine Bedeutung nicht. Plötzlich aber stand Jesus leibhaftig vor ihnen. Er zeigte ihnen seine Wunden, die man immer noch sehen konnte – aber er lebte. Wie reagierten die Jünger? „Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen“ (Joh 20,20). Ihre Freude und Erleichterung war so groß, dass sie gar nicht merkten, dass einer in ihrer Runde fehlte.
In diesem entscheidenden Moment wurden die anwesenden Jünger zu Augenzeugen der Auferstehung. Sie konnten jetzt anderen Menschen erzählen, was sie gesehen hatten. Es ist der Bericht der Jünger, dem wir heute glauben. Einer der Gründe für die Offenbarung des auferstandenen Jesus an seine Jünger ist der Bericht, den sie im Anschluss gaben. Jesus erschien, um sie mit diesem Bericht auszusenden. Er sagt seinen Jüngern in Johannes 20,21–23:
„Friede sei mit euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“
Jesus machte die Jünger zu Augenzeugen, um sie auszusenden. Sie sollten davon berichten, was sie mit ihren eigenen Augen gesehen hatten: Dass Jesus von Nazareth gekreuzigt und begraben wurde und am dritten Tag von den Toten auferstanden ist. Dieser Moment bildet eine zentrale Stelle im Johannesevangelium, wie schon das gemeinsame Erwähnen von Vater, Sohn und Heiliger Geist deutlich macht: Der Vater sendet den Sohn, der die Jünger sendet und mit dem Heiligen Geist ausrüstet. Ihr Auftrag: Sie sollen das Evangelium hinaustragen in die Welt.
Beim „Vergeben“ und „Behalten“, von dem hier die Rede ist, geht es nicht um die Befugnis der Jünger, Menschen eigenmächtig Sünden zu vergeben oder ihnen die Vergebung vorzuenthalten. Es bedeutet stattdessen, dass die Jünger die Botschaft des Evangeliums von der Vergebung der Sünden in der Kraft des Heiligen Geistes verkündigen sollen. Sie dürfen als Augenzeugen und von Jesus ausgesandte Repräsentanten verkünden, dass diejenigen, die an Jesus glauben, Vergebung der Sünden haben und diejenigen, die nicht an ihn glauben, keine Vergebung erlangen. Wer ihrem Bericht glaubt, wird gerettet werden. Deswegen schreibt Johannes auch ein wenig später in Vers 31 über die Inhalte seines Evangeliums: „Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus, der Sohn Gottes ist, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen“ (Joh 20,31).
Vor dem Hintergrund dieser Aussendung wundert es nicht, dass Johannes ganz am Ende des Buches noch einmal betont: „Das ist der Jünger, der von diesen Dingen Zeugnis ablegt und dies geschrieben hat; und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist“ (Joh 21,24). Sein Zeugnis ist wahr, weil er einer der Augenzeugen ist, die damals anwesend waren. Er wurde zusammen mit den anderen mit dem Heiligen Geist ausgerüstet, damit sie die große Aufgabe bewerkstelligen konnten, die Botschaft von Jesus weiterzusagen. Das erste kleine Übungsfeld dafür ließ nicht lange auf sich warten, denn Thomas hatte das Erscheinen von Jesus verpasst.
Wir glauben, was wir gehört haben
Ich finde, man kann es sich richtig gut vorstellen, wie Thomas später dazu stieß und alle anderen auf ihn einstürmten und begeistert durcheinander redeten. Nachdem sich das Chaos ordnete, kam die Botschaft an: „Er ist auferstanden!“ So wie damals in meinem ersten Ostergottesdienst gab es auch hier eine erwartete Reaktion: Glauben. Aber Thomas sagte etwas anderes: „Wenn ich nicht an seinen Händen das Nägelmal sehe und meinen Finger in das Nägelmal lege und meine Hand in seine Seite lege, so werde ich es niemals glauben!“ (Joh 20,25) Thomas zweifelte am Bericht der Augenzeugen.
„Als Christen glauben wir nicht nur, was wir sehen; wir glauben, was wir gehört haben.“
Ich weiß nicht, wie dein Osterfest dieses Jahr aussieht. Ich werde, umgeben von nicht-christlichen Familienmitgliedern, gutes Essen genießen und mit meiner Nichte bunte Eier im Garten suchen. Ich verbringe Ostern mit Menschen, die wie Thomas sagen: „Ich glaube nur, was ich sehe.“ Ich würde mir wünschen, dass sie die gleiche Erfahrung machen wie er.
Acht Tage nach dem ersten Erscheinen tauchte Jesus noch einmal im Kreis der Jünger auf. Dieses Mal war Thomas nicht nur anwesend, er war sogar der Grund für das Kommen Jesu. In diesem Moment wurde Thomas ebenfalls zu einem Augenzeugen. Er bekannte seinen Glauben an Jesus und durfte seine Wunden berühren. Ob er sie wirklich berührt hat oder der Anblick ihm reichte, verrät uns Johannes nicht, weil es ihm nicht primär um Thomas ging. Jesus nutzte sein zweites Erscheinen und die zweifelnde Haltung von Thomas, um seine Nachfolger mit einer überraschenden Aussage etwas Wichtiges zu lehren. Er sagte: „Thomas, du glaubst, weil du mich gesehen hast; glückselig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ (Joh 20,29).
„Wir sind keine Augenzeugen, wir glauben den Augenzeugen.“
Das sind wir. Es geht in diesen Versen tatsächlich schließlich um uns. Als Christen glauben wir nicht nur, was wir sehen; wir glauben, was wir gehört haben. So wie es Paulus über die Thessalonicher schreibt: „Darum danken wir auch Gott unablässig, dass ihr, als ihr das von uns verkündigte Wort Gottes empfangen habt, es nicht als Menschenwort aufgenommen habt, sondern als das, was es in Wahrheit ist, als Gottes Wort, das auch wirksam ist in euch, die ihr gläubig seid“ (1Thess 2,13).
Erzählt es weiter
Wir sind keine Augenzeugen, wir glauben den Augenzeugen. Ähnlich wie die ausgesandten Jünger erzählen wir es dann weiter, aber ihren Bericht. Wir geben weiter, was wir gehört haben. Unsere Familien, Freunde und Bekannten müssen davon erfahren, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist. Wenn man die Auferstehungsberichte in den Evangelien anschaut, dann merkt man schnell, dass sie immer wieder betonen: „Geht hin!“, „Erzählt es weiter!“ Die Auferstehung Jesu will hinausposaunt werden in alle Welt. „Er ist auferstanden!“, rufen wir uns deshalb nicht nur als Christen gegenseitig zu. Diese Nachricht soll die ganze Welt hören!