Der Übeltäter am Kreuz
Sieben Wahrheiten über die Wirksamkeit von Jesu Tod
Der Tod von Jesus Christus gehört zum Kern unseres Glaubens und ist der Grund für unsere Hoffnung. Durch Jesu Tod und seine darauffolgende Auferstehung glauben wir, Vergebung der Sünden und ewiges Leben zu haben. Dennoch tendieren wir im Glaubensleben immer wieder dazu, die Wirksamkeit von Jesu Tod für unsere persönliche Schuld infrage zu stellen.
Gott ließ in seiner gnädigen Vorsehung in seinem Wort einen ganz kurzen Bericht über einen Übeltäter erscheinen, der neben Jesus gekreuzigt wurde. Wir wissen nicht viel über ihn, kennen nicht einmal seinen Namen. Durch ihn lernen wir jedoch sieben Wahrheiten kennen, die uns zeigen, wie wirksam der Kreuzestod Jesu tatsächlich ist – auch für uns ganz persönlich.
„Einer der gehängten Übeltäter aber lästerte ihn und sprach: Bist du der Christus, so rette dich selbst und uns! Der andere aber antwortete, tadelte ihn und sprach: Fürchtest auch du Gott nicht, da du doch in dem gleichen Gericht bist? Und wir gerechterweise, denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Unrechtes getan! Und er sprach zu Jesus: Herr, gedenke an mich, wenn du in deiner Königsherrschaft kommst! Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein!“ (Lk 23,39–43)
1. Der Übeltäter am Kreuz war hoffnungslos verdammt
Dass der Übeltäter am Kreuz hing, zeigt uns, dass er keine Lappalie begangen hatte. Schließlich war die Kreuzigung eine Hinrichtungsmethode der Römer, die nur bei den schlimmsten Straftaten angewandt wurde. Er war aber nicht nur in den Augen der Römer schuldig, wie etwa im Fall eines Freiheitskämpfers. Seine Schuld war ihm auch selbst bewusst (vgl. Lk 23,41). Er gibt zu, dass die schreckliche Foltermethode der Kreuzigung seinen Taten entspricht. Seine Schuld ist so groß, dass er sogar Gottes Gericht fürchten muss (vgl. Lk 23,40). Schuldiger konnte man nicht sein. Deshalb waren alle seine Chancen ausgeschöpft. Keine Möglichkeit auf Bewährung. Keine Möglichkeit auf Wiedergutmachung. Für die Römer war er verurteilt, für die Juden verachtet, für Gott verflucht (vgl. 5Mose 21,23).
Auch wenn wir heute keine Kreuzigung fürchten müssen, können wir uns manchmal trotzdem wie der Übeltäter am Kreuz fühlen. Wir erkennen unsere Schuld, und sie wiegt schwer auf uns. Vielleicht haben wir zu oft Mist gebaut. Womöglich liegen viele kaputte Beziehungen hinter uns. Vielleicht sieht unser Leben aus wie ein Scherbenhaufen. Wir müssen gar keine Qual durch eine Kreuzigung erleben, um uns hoffnungslos verdammt zu fühlen. Unsere Gedanken, unser Herz, unsere Gefühle quälen uns oft schon genug. Gott sei Dank ist das aber nicht das Ende der Geschichte!
2. Der Übeltäter am Kreuz lenkte nicht von seiner eigenen Schuld ab
Der Übeltäter hatte einen Komplizen. Er war genauso schuldig. Er hatte die gleiche Straftat begangen, oder zumindest eine ähnliche (vgl. Lk 23,40). Deswegen wurde er ebenso gekreuzigt. Hier endet die Ähnlichkeit zwischen den zwei Übeltätern aber auch schon. Der andere Übeltäter kümmerte sich kaum um seine eigene Verurteilung. Er dachte scheinbar nicht darüber nach, warum er an einem Kreuz hing. Wir lesen nichts von Reue, nichts von Einsicht. Stattdessen verbrachte er seine letzten Lebensstunden mit der Überlegung, wie er noch entkommen könnte. Als sich herausstellte, dass der neben ihm hängende Messias ihm nicht dabei helfen würde, füllte er die verbleibende Zeit damit, ihn als einen nutzlosen Messias zu beschuldigen. Die alte „Schuld-beim-anderen-finden“-Taktik. Das ist einfacher, als sich mit der eigenen Schuld, der eigenen Unzulänglichkeit und dem eigenen Elend zu befassen. Er lenkte von seiner Schuld ab.
Anders der „gute“ Übeltäter. Er machte am Anfang zwar mit (vgl. Mt 27,44), aber er hörte damit auf. Nachdem er den gekreuzigten Jesus, der ihn weder beschuldigte noch verdammte, genauer beobachtet hatte, wollte er plötzlich ins Reine kommen. Dieser Blick auf Jesus gab ihm Mut, seiner Schuld in die Augen zu schauen. Er lenkte sich nicht mehr ab, sondern befasste sich damit. Er war einsichtig. Wenn man so will, tat er Buße.
„Anstatt dich von deiner Schuld abzulenken, schau auf Jesus, den Gekreuzigten.“
Manchmal ist uns unsere Schuld klar, aber wir wollen oder können uns damit nicht befassen. Sie ist zu groß. Sie liegt uns zu schwer auf dem Gewissen. Und so finden wir Strategien, damit die schwere Last erträglicher wird. Eine dieser Strategien ist die Ablenkung. Sie kann sehr viele Formen haben: Wir richten unsere Aufmerksamkeit auf die Fehler anderer, wir verharmlosen unsere eigene Schuld, oder wir versuchen sie gar zu ignorieren. Für eine Zeit mag Ablenkung sogar funktionieren, aber bald holt die Realität uns doch ein und wiegt dann noch schwerer als zuvor.
Anstatt dich von deiner Schuld abzulenken, schau auf Jesus, den Gekreuzigten. Er verdammt dich nicht. Er beschuldigt dich nicht. Du bist in seiner Gegenwart an einem sicheren Ort, einem safe space. Du kannst dich dort mit deiner Sünde auseinandersetzen. Du darfst Buße tun. Deswegen hing Jesus damals am Kreuz.
3. Der Übeltäter am Kreuz versuchte nicht, sich selbst zu rechtfertigen
Manchmal benutzen wir eine andere Strategie. Wir versuchen, uns selbst zu rechtfertigen. Das ist ähnlich wie der vorherige Punkt, und doch gibt es einen wichtigen Unterschied. Während wir uns bei der Ablenkung nicht mit unserer eigenen Sünde auseinandersetzen wollen, tun wir das bei der Selbstrechtfertigung schon, aber auf falsche Weise. Wir gestehen zwar unsere Missetat ein, aber versuchen zu zeigen, dass wir irgendwie doch im Recht sind. Wir meinen, wenn wir Gott und uns selbst überzeugen können, dass wir nicht so schlimm sind, wie unsere Taten es vermuten lassen, dann macht uns unsere Sünde weniger Not. Sie wiegt weniger schwer auf der Seele. Aber Selbstrechtfertigung ist nur Selbsttäuschung. Sie wiegt dich in falscher Sicherheit, denn sie kann dich niemals wirklich rechtfertigen.
Im Gegensatz dazu tut der Übeltäter das nicht, sondern gibt Gott ganz klar recht. Er gibt zu, dass seine Strafe „gerecht“ ist, entsprechend seinen Taten (vgl. Lk 23,41). Was hat ihn davon überzeugt? Was auch immer es war – eines ist klar: In der Gegenwart des gekreuzigten Mannes neben ihm, der tatsächlich gerecht war und offensichtlich „nichts Falsches getan hat“, wurde ihm klar, dass er ganz sicher nicht gerecht war. Er hatte also keine Grundlage, sich auf seine eigene Gerechtigkeit zu berufen. Wenn wir versucht sind, uns auf unsere eigene Gerechtigkeit zu verlassen, lasst uns bedenken, wer am Kreuz hing. Er allein war gerecht. Warum hing er dann am Kreuz? Wegen unserer Ungerechtigkeit. Unsere Gerechtigkeit reicht niemals aus, weil wir keine haben. Seine aber schon! Wir sollen also lernen, an uns selbst zu verzagen und unsere Hoffnung allein auf Jesus zu setzen.
4. Der Übeltäter am Kreuz wandte sich in seiner Not mutig an Jesus
Der Übeltäter hatte keine Ansprüche. Er wusste, dass er den Tod verdiente, vor allem im Vergleich zu dem gerechten Mann Jesus, der neben ihm gekreuzigt wurde. Obwohl er um seine geistliche Pleite ganz klar wusste, wurde er durch die Gegenwart dieses gerechten Mannes nicht verunsichert. Ganz im Gegenteil, er wandte sich mutig ihm zu. Vielleicht hatte er von der Liebe, Güte und Freundlichkeit Jesu gehört, aber ganz sicher sah er Jesu Liebe dort am Kreuz in Aktion. Er sah kurz davor, wie Jesus für seine Peiniger und Spötter betete (vgl. Lk 23,34). Er war Zeuge dessen, wie Jesus sich in seiner dunkelsten Stunde immer noch die Zeit nahm, für seine Mutter zu sorgen (vgl. Joh 19,26–27). Noch mehr als das alles sah er, wie dieser Mann, obwohl er gerecht war, sich mit Übeltätern eins machte. Er war gut und nahbar. Wenn Jesus nicht nur Freunden, sondern auch Feinden und sogar seinen Peinigern wohlwollend gesinnt war, würde er jemanden in Not sicher nicht abweisen. So wurde der Übeltäter ermutigt, in seiner Not zu Jesus zu „kommen“.
Der Blick auf Jesus versetzt manche Menschen in Angst: „So ein gerechter Mann wird mich bestimmt nicht annehmen. Ja, wir wissen alle theoretisch, dass er gut und gnädig ist, aber ich habe seine Gnade so oft missbraucht. Ich habe ihn so oft enttäuscht. Ich habe so oft mutwillig gesündigt. Will er mich noch haben?“ Es geht vielen von uns deshalb oft so, dass wir erst einmal versuchen, „besser“ zu werden, bevor wir zu Jesus kommen. Wir möchten uns würdig fühlen. Der Übeltäter hatte diese Möglichkeit nicht. Es war aber weder möglich noch notwendig, auch für uns nicht. Stattdessen sollten wir uns auf die Güte Jesu verlassen. Wenn er schon seinen Feinden gegenüber wohlwollend ist, wie viel mehr seinen eigenen Schafen? Hab Mut! Du darfst zu ihm kommen.
5. Der Übeltäter am Kreuz hatte einen einfachen Glauben
Der Übeltäter stand kurz vor seinem Tod. Seine Zeit war fast abgelaufen. Er hatte also keine Zeit, sich intensiv mit Glaubensinhalten auseinanderzusetzen. Er konnte keinen apologetischen Fragen nachgehen. Er konnte keinen Glaubensgrundkurs besuchen. Er hatte keine Zeit mehr, die Schrift für sich selbst zu studieren. Was für einen Glauben hatte er denn? Einen ganz einfachen! Es basierte nicht auf großem Wissen oder besonderen Erfahrungen. Sein Glaube war sehr simpel. Er wusste, dass Jesus gerecht war. Er wusste, dass Jesus „in sein Reich kommen“ wird. Und er vermutete, dass Jesus etwas für ihn tun könnte – ein Wort für ihn einlegen, nachdem er in sein Reich gekommen war. Das war der Umfang seines Glaubens. Das ist alles, was er wusste. Er wusste nicht einmal, wie man ein Übergabegebet betet oder ein Sündenbekenntnis ablegt. Nur ein mutiger Ruf: „Jesus, denke an mich!“ Das reichte aus.
„Wir werden nicht durch die Reife unseres Glaubens gerettet, sondern durch Jesus, an den wir glauben!“
Oft zweifeln wir nicht per se an Jesus, sondern daran, ob wir richtig oder genug glauben. So verbringen wir viel Zeit damit, die Echtheit oder die Genügsamkeit unseres Glaubens zu prüfen. „Wie viel muss ich glauben? Ist mein Glaube echt? Glaube ich richtig genug?“ Merken wir aber, was wir dabei tun? Wir suchen die Zuversicht in unserem persönlichen Glauben! Ohne es zu merken, wird unser Blick von Jesus weg gewandt. Achtung: Wir werden nicht durch die Reife unseres Glaubens gerettet, sondern durch Jesus, an den wir glauben! Konzentriere dich also nicht auf deinen Glauben, sondern auf Jesus, wie er uns im Evangelium geoffenbart ist. „Sollen wir aber nicht im Glauben wachsen?“ Absolut! Der Glaube wächst aber nicht durch ein selbstauferlegtes Glaubensregiment, sondern er wächst in dem Maß, wie wir lernen, alles auf Jesus und seine Güte zu setzen. Eine einfache, ganz auf Jesus gerichtete Hoffnung, die mutig ruft: „Jesus! Denk an mich!“ – Das reicht aus.
6. Der Übeltäter am Kreuz konnte keine Werke vollbringen
Wir wissen, dass unser Status vor Gott nicht davon abhängt, was wir tun, sondern was Jesus getan hat. Zumindest bekennen wir diese Wahrheit. Diese Tatsache sickert jedoch nicht immer in unser Herz. Wir tun uns oft schwer (auch als überzeugte protestantische Christen), zu verinnerlichen, dass die Rechtfertigung in der Tat allein aus Glauben ohne Zutun der Werke geschieht. „Was wäre, wenn es doch nicht reicht? Vielleicht schafft Gott ja nur die Möglichkeit einer Rechtfertigung. Vielleicht sind wir nur vorbehaltlich all der Werke gerettet, die wir noch vollbringen müssen.“ Wir möchten dann doch für den Fall der Fälle aus unseren eigenen Werken ein Sicherheitsnetz schaffen, damit wir uns sicherer fühlen. Die Ironie ist, dass das uns noch unsicherer macht, denn bald merken wir, dass wir auf unsere armseligen Werke schauen, anstatt uns auf die Treue Jesu zu verlassen und darin Ruhe für unsere Seelen zu finden. Anstatt uns warm anzuziehen im Mantel von Jesu Gerechtigkeit, stehen wir arm und entblößt da, wenn uns klar wird, dass unsere Werke so unvollkommen sind.
Wenn es an unseren Werken läge, dann hätte der Übeltäter am Kreuz keine Chance gehabt, denn in dieser späten Stunde seines Lebens hätte er keine Zeit mehr für gute Werke. Anstatt Jesus zu bitten, dass er doch an ihn denken möge, hätte er stattdessen lieber Jesus darum bitten sollen, mehr Zeit zu bekommen, damit er noch Werke der Gerechtigkeit vollbringen konnte. Jedenfalls hätte Jesus keine tröstenden Worte für ihn übrig, wenn Jesu Tod nur die Möglichkeit einer Rettung geschaffen hätte, vorbehaltlich unserer Werke. Aber so war es nicht. Der Übeltäter hatte gar nichts anzubieten. Er war entblößt – buchstäblich und geistlich. Umhüllt von dreckigen Lumpen der Ungerechtigkeit sah er den gekreuzigten König an und bat ihn, ob er einen Platz an seinem königlichen Hof und an seinem königlichen Tisch haben könne. Jesus wies ihn nicht zurück. Er tröstete ihn und garantierte ihm den Eingang in sein Reich. Er würde für die passenden Gewänder sorgen. Gottes Zusage in Christus hat keine Vorbehalte. Nein, auf Gottes Zusage können wir uns verlassen.
7. Der Übeltäter am Kreuz wurde gerettet
Nachdem der Übeltäter am Kreuz die Trostworte Jesu gehört hatte, hing er noch ein paar Stunden dort. Als es spät wurde, machten die Soldaten seinem Leid ein Ende. Sie brachen ihm die Beine. Er starb. Sie nahmen ihn vom Kreuz. Wurde er begraben? Das wissen wir nicht, denn von dem Übeltäter am Kreuz gibt es kein Wort mehr in der Bibel. Ein elendes, verwünschtes Ende in den Augen der Welt. Die Szene im Paradies war allerdings anders. Da war die Freude groß, denn der Übeltäter, der am Kreuz starb, kam mit Jesus in sein neues Zuhause.
Wer würde behaupten, dass es nicht so geschah? Wohl keiner. Warum sind wir denn so sicher, wenn dazu nichts in der Bibel steht? Wenn du denkst: „Jesus hat es ihm ja versprochen!“, hast du richtig gedacht, denn Jesu Wort ist sicher und treu. Nun, wenn du Jesu Worte für den Übeltäter am Kreuz ohne Weiteres als sicher annimmst, darfst du auch die Worte Jesu als sicher annehmen, als er sprach, „wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“ (Joh 6,37). Geh mit deiner persönlichen Schuld zu Jesus und freu dich über seine Errettung.