Gottes Führung im Leben von Andrew Wilson

Artikel von Sarah Eekhoff Zylstra
9. Februar 2024
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Vor zehn Jahren sank der Autor, Redner und Pastor Andrew Wilson auf dem Boden zusammen und brach in Tränen aus. Ihm war gerade klar geworden, dass seine zweijährige Tochter Anna das gleiche Verhalten an den Tag legte wie sein Sohn Zeke, als er in ihrem Alter war. Sie brummte, fuchtelte mit den Händen und vermied Blickkontakt. In diesem Moment realisierte er, dass auch Anna eine schwere und regressive Form von Autismus hatte. Innerhalb eines Jahres verloren beide Kinder die Fähigkeit zu singen oder zu sprechen. Den Wilsons wurde gesagt, dass keines ihrer Kinder ein normales Leben führen würde, sondern beide eine besondere Schulbildung, ständige Betreuung und lebenslange Pflege benötigten.

Die Erkenntnis war erschütternd. Andrew wusste nicht, was er tun sollte. Also ging er weiter zur Arbeit, was für ihn bedeutete, zu predigen, auf Vortragsreisen zu gehen, für seine Bücher zu werben und an seiner Promotion am King’s College London zu arbeiten. Währenddessen ging zu Hause alles den Bach hinunter. Andrew unterrichtete gerade in Belfast, als Anna zwei schwere Anfälle erlitt. Seine Frau Rachel, die mit den beiden autistischen Kleinkindern zu Hause war, konnte nicht mehr. „Wir müssen aufhören“, sagte sie zu ihm, was eigentlich eine nette Umschreibung war für: „Du musst aufhören!“

Das tat er dann auch. Andrew sagte sämtliche Vortragstermine der darauffolgenden Monate ab. Er stand für abendliche Treffen und Termine nicht mehr zur Verfügung. Abgesehen von der Familie und seinen direkten beruflichen Verpflichtungen stellte er alles ein. Für einen begabten und ambitionierten 32-Jährigen „fühlte es sich verlustreich und endgültig an“, erinnert sich Rachel.

Aber das war es nicht. In den vergangenen Jahren hat Andrew etwa zehn Bücher veröffentlicht. Er nahm eine neue Stelle als Pastor der King’s Church in London an und begann wieder, Vorträge zu halten. Das bedeutet aber nicht, dass er seine Familie vernachlässigt. Es heißt nur, dass seine Kinder etwas älter geworden sind und er und Rachel ungewöhnliche Entscheidungen getroffen haben, um sowohl ihrer Familie als auch der Kirche zu dienen.

Nicht gewöhnlich zu sein, stört Andrew nicht – er ist sein ganzes Leben lang unberechenbar gewesen. Der Junge, der anglikanisch getauft wurde, verbrachte seine Vorschuljahre in einer charismatischen Wohngemeinschaft, bevor er zum Anglikanismus zurückkehrte und dann ein reformierter Charismatiker wurde. Der Schuljunge, der in staatlichen Schulen nicht zurechtkam, blühte in einem gehobenen Internat in allen Bereichen auf – Sport, Theater, Debatten und akademische Fächer. Der Prediger mit drei Abschlüssen in Theologie hat gerade ein Buch außerhalb seiner Fachdisziplin über das Jahr 1776 geschrieben, das der Historiker Mark Noll als großen Triumph bezeichnet, sowohl was die kreative historische Analyse als auch die überzeugende christliche Interpretation betrifft.

„Die Messschnüre sind mir in einer lieblichen Gegend gefallen“, sagt Andrew (vgl. Ps 16,6), der zwei Klassen übersprungen, aber Kinder in Sonderschulen hat, der in Eastbourne lebt, aber in London arbeitet, der Pastor einer Kirche ist, seine Familie dort aber nur selten sieht. „Gott ist so gut.“

Nicht ganz Mainstream

Andrew wurde in London geboren. Seine Eltern waren durch Dick Lucas in der Kirche St. Helen’s Bishopsgate zum Glauben gekommen und hatten ihn dort taufen lassen. Schon bald darauf schwenkten sie „an das andere Ende des Spektrums“, so Andrew. Sie schlossen sich einer charismatischen Gemeinschaft an und verbrachten Andrews Vorschulzeit mit anderen Gleichgesinnten, mit denen sie auf einem großen Landgut ihren Besitz teilten.

Als Andrew 6 Jahre alt war, schwenkten seine Eltern zurück in den Mainstream. Sie verließen die Kommune, schlossen sich einer anglikanischen Kirche an und meldeten Andrew in einer staatlichen Schule an. Dies bedeutete jedoch nicht, dass Andrew wie ein gewöhnliches Kind war. Er war so intelligent, dass er in der Schule zwei Klassenstufen höher versetzt wurde. „Bis zum Alter von 11 Jahren war ich ein etwas seltsames, zurückgezogenes Kind“, sagt er. Mit 13 Jahren schickten ihn seine Eltern dann auf ein Internat in Eastbourne.

Eastbourne liegt etwa 89 Kilometer südlich von London an den Ufern des Ärmelkanals. Die kleine Stadt mit rund 100.000 Einwohnern ist hauptsächlich auf den Tourismus ausgerichtet. An einem klaren Tag hat man das Gefühl, man könne von dort aus Frankreich sehen, wenn man die Augen zusammenkneift. Die Kreidefelsen Seven Sisters südlich der Stadt sind sogar noch schöner als die Kreidefelsen von Dover.

„Es war wie Harry Potter, nur ohne die Magie“, so Andrew. „Ich liebte es total.“

Er durfte alles mitmachen – Theater, Militärübungen und Debatten, Rugby, Kricket, Hockey, Fußball, Musik und Schwimmen. Später schrieb er sich mithilfe eines Stipendiums am renommierten Christ College der Universität Cambridge ein. Auch hier liebte er den Sport, die Schauspielerei und das Debattieren. Sein geistliches Leben nahm hingegen Stück für Stück ab.

„‚Meine Freunde hielten mich für einen Christen, weil ich wie einer sprach.‘“
 

„Meine Freunde hielten mich für einen Christen, weil ich wie einer sprach“, sagt er. Währenddessen betrank er sich regelmäßig im Rugbyverein, ging in den Ferien mit seiner Familie brav in die Kirche und kehrte danach wieder zum Rugbyverein zurück.

„Mit dieser kognitiven Dissonanz lebte ich gut zwei Jahre lang“, sagt er. Schließlich konfrontierten ihn seine gläubigen Freunde damit und er begann, Ordnung in sein Leben zu bringen. Er schloss sich wieder der Kirche an, änderte seine Gewohnheiten und wechselte sein Studium von Geschichte zu Theologie. Auch begann er, Bücher von N.T. Wright und John Piper zu lesen.

„Aber ich glaube nicht, dass ich wirklich Buße getan habe, bis zum Jahr nach meinem Studium“, sagt er.

Ein entscheidendes Jahr

Andrew schwankte zwischen einem Praktikum beim Parlament und einem Job als Unternehmensberater bei OC&C Strategy Consultants, als sein früherer Geschichtslehrer Andy Johnston ihn bat, in seiner Kirche in Eastbourne zu arbeiten.

Das Angebot war weder lukrativ noch prestigeträchtig. Anstatt berühmte Politiker zu treffen, würde Andrew mit unterprivilegierten Kindern abhängen. Anstatt Daten zu analysieren, würde er Strandausflüge und Filmabende für Mittelstufenschüler planen. Anstatt das Zentrum von Handel und Kultur zu erkunden, würde er Zeit mit einkommensschwachen Familien in einer Küstenstadt verbringen.

„Ich fuhr hin und besuchte die Kirche und es war beeindruckend“, sagt Andrew. „Dort wurden Menschen gerettet. Sie taten unheimlich viele Dinge in der Gemeinde. Es war eine große Kirche in einem großen Gebäude, und es war viel los.“

Er nahm das Angebot an. Die King’s Church steckte Andrew in einen theologischen Ausbildungskurs und beauftragte ihn mit der Jugendarbeit.

Zunächst schien das ein Fehler zu sein. „Ich dachte, die Kinder würden ihn bei lebendigem Leib verschlingen“, erinnert sich Rachel. Sie war fast ihr ganzes Leben lang in der King’s Church gewesen und half bei der Betreuung von kirchenfernen Kindern. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Andrew mit seinem vornehmen englischen Akzent und seinem frisch erworbenen Cambridge-Diplom mit irgendeinem von ihnen eine Beziehung aufbauen könnte. „Dann, am Ende des Planungstreffens, hörte ich ihn beten“, sagt sie, „und ich dachte: ‚Oh, in ihm steckt wohl doch mehr, als man auf den ersten Blick sieht.‘“

Im Kidz Klub sprach er zu Hunderten Kindern und Jugendlichen, von denen die meisten keine Verbindung zur Kirche hatten. „Wenn man es schafft, einem kirchenfernen 7- oder 8-Jährigen das Evangelium zu predigen, indem man große Wahrheiten durch Geschichten und Illustrationen zugänglich macht, ohne die Botschaft zu reduzieren, kann man zu jedem predigen“, sagt die Leiterin des Kidz Klubs, Janet Johnston, zu Andrew. Er tat genau das – immer und immer wieder. Mit Salz, Steinen, Früchten und Blumen erklärte er Kindern Wahrheiten über Gott, die sie sich sonst nicht hätten vorstellen können. „Er hatte die Gabe, komplizierte Dinge leicht verständlich zu machen“, sagt Rachel. „Ich liebe seine Art zu predigen.“

Das war jedoch nicht das Einzige, was ihr an ihm gefiel. Die beiden waren so verliebt ineinander, dass ihr Vater nicht glaubte, sie voneinander fernhalten zu können und es auch gar nicht versuchen wollte.

Die beiden warteten, bis Andrew sein Praktikum beendete und zu seinem Beraterjob in der Stadt zurückkehrte. Zwei Jahre später kündigte er seinen gut bezahlten Job in London und zog nach Eastbourne, um Rachel zu heiraten.

Verschiedene offene Türen

In den nächsten Jahren studierte Rachel Internationale Beziehungen an einer örtlichen Universität, während Andrew das theologische Ausbildungsprogramm der King’s Church leitete, weiter beim Kidz Klub mithalf, als Finanzberater tätig war und seinen Masterabschluss in Theologie an der London School of Theology machte.

Als Rachel einen Sommerpraktikumsplatz bei der International Justice Mission in Washington D.C. (USA) bekam, nahmen sie auch dieses Angebot mit Freude an. Während sie arbeitete, schrieb Andrew im Buchgeschäft einer U-Bahn-Station sein erstes Buch. Beide genossen ihre Zeit in den USA und fragten sich, ob sie nicht für immer aus England wegziehen sollten.

„Wir sprachen viel über die Zukunft“, sagt Rachel. Die Welt schien ihnen offen zu stehen – Rachel könnte bei einer gemeinnützigen Organisation arbeiten; Andrew könnte überall predigen und von überall aus Bücher schreiben. Wohin sollten sie gehen? Was sollten sie tun? „Ich dachte, wir würden wahrscheinlich ins Ausland gehen“, sagt sie. „Aber wir spürten, wie Gott deutlich zu uns sprach, dass wir bleiben und nicht wegziehen sollten.“ Nach dem Ende ihres Praktikums kehrten sie also nach Eastbourne zurück – in die Stadt, zu ihrer Familie, ihren Freunden und der Gemeinde, die sie fast ihr ganzes Leben lang gekannt hatten. Es schien keine aufregende Entscheidung zu sein, aber sie hätten keine bessere treffen können.

Zeke und Anna

Im Jahr 2008 brachte Rachel einen bezaubernden kleinen Jungen zur Welt, den sie Zeke nannten. Anderthalb Jahre später wurde seine Schwester Anna geboren. Die Babys waren zunächst eine reine Freude, später machten ihre Eltern sich jedoch auch große Sorgen um die beiden. Mit 18 Monaten erreichte Zeke noch nicht die altersgerechten Entwicklungsschritte, sich aufzurichten, die ersten Schritte zu machen oder zu sprechen. „Wir wurden an Spezialisten verwiesen, aber wir waren nicht übermäßig besorgt“, erinnert sich Rachel. Schließlich laufen oder sprechen viele Kinder nicht nach Plan.

Doch dann begann Zeke, einige der Fähigkeiten, die er bereits erworben hatte, wieder zu verlieren. Sprachlich entwickelte er sich zurück und nahm keinen Augenkontakt mehr auf. Als er zweieinhalb Jahre alt war, diagnostizierten die Ärzte bei ihm Autismus und eine Entwicklungsverzögerung. „Zur gleichen Zeit wurde bei Anna Epilepsie diagnostiziert“, sagt Rachel. Achtzehn Monate später stellten die Ärzte auch bei ihr regressiven Autismus fest. Der einzige Unterschied war, dass ihr Zustand noch schlimmer war.

„Annas Situation war viel tragischer“, sagt Andrew. „Bei Zeke war es fast eine Erleichterung, eine Diagnose zu bekommen, denn er saß sonntagmorgens hinten in der Kirche und war rückblickend wohl verzweifelt, weil er mit der Reizüberflutung nicht zurechtkam. Zu dem Zeitpunkt konnte wohl niemand es verstehen, aber im Nachhinein wurde klar, dass er mit den Menschen und dem Lärm nicht zurechtkam.“ Anna hingegen schien völlig unauffällig zu sein. „Sie lief herum und sagte Kinderreime auf“, berichtet er. „Dann kam der tiefe Fall – aus einer sehr ausdrucksstarken, lächelnden, glücklichen, normalen 2-Jährigen wurde ein Kind, das nicht mehr sprechen konnte. Sogar ihre Bewegungen wurden instabil.“

Ihre Mutter bemerkte die Symptome zuerst. „Rachel war mir weit voraus, wenn es darum ging, ein Problem mit den Kindern zu erkennen, die Tragweite zu verstehen und sich darauf einzustellen“, sagt Andrew. „Mir war nicht klar, dass dies unser Leben so sehr verändern würde – dass wir unser Leben in vielen Dingen deutlich zurückfahren mussten. Sie war ein Jahr lang vor Ort, während ich häufig unterwegs war, was zu Konflikten führte, von denen ich nicht einmal wusste.“ Zu diesem Zeitpunkt war Andrew bereits Ältester der King’s Church. Er hatte einige weitere Bücher geschrieben, leitete zwei Ausbildungskurse und hatte ein Doktorat in Theologie am King’s College London begonnen.

„Andrew war in Belfast, als Anna zwei schwere Anfälle hatte“, erzählt Rachel. „Ich war am Rande des Zusammenbruchs. Ich dachte, ich schaffe das alles nicht.“ Als er nach Hause kam, sagt sie ihm, dass die Dinge aus dem Ruder liefen: „Wir müssen aufhören! Jetzt!“ Das taten sie dann auch. Sie fuhren an den Wochenenden nicht mehr weg, hatten keine Abende zu zweit mehr außer Haus und verließen ihr Zuhause nach dem Abendessen nicht mehr. Sie fuhren nicht mehr in den Urlaub oder mit dem Zug in die Stadt. Sie baten jemanden, bei ihnen einzuziehen, um ihnen zu helfen. Sie bekamen nie genug Schlaf. Rachel weinte fast täglich. „Zwei bis drei Jahre lang fühlten wir uns ratlos, verwirrt und hilflos“, so Andrew. Sie hatten aber nie das Gefühl, von Gott oder seinem Volk verlassen zu sein.

Leiden und Dienst

„Wir sind von so vielen Menschen so gut versorgt worden“, sagt Andrew. „Die Gemeinde liebte uns und sorgte dafür, dass es uns gut ging.“ Die Gemeindeleiter kamen ihm entgegen, sodass er mehr zu Hause sein konnte. Die Geschwister in der Gemeinde beteten und brachten Mahlzeiten. Ein Ehepaar mit einem älteren Sohn mit Down-Syndrom wurde zu ihren Mentoren.

„Ein Vater ist nur so leistungsfähig, wie seine Familie es zulässt.“
 

Andrew begann, über seine Kapazitäten nachzudenken. Ein Junge, der allein im Internat ist, ist nur für sich selbst verantwortlich, aber ein Vater ist nur so leistungsfähig, wie seine Familie es zulässt. Dasselbe gilt auch für die Kirche, dachte Andrew. Wenn ein Kind zum Beispiel jeden Tag um 4 Uhr morgens aufwacht, schränkt es die Leistungsfähigkeit aller im Haushalt ein. Wenn dasselbe Kind hingegen die Herzen einer Gruppe von Gläubigen erweicht, vergrößert es die Kapazitäten der gesamten Kirche.

Das war nicht alles, was Zeke und Anna ihren Vater über den Dienst lehrten. „In ihm ist Sanftmütigkeit und Flexibilität gewachsen und er hat ein Verständnis dafür entwickelt, wie Heiligkeit im Leben eines Menschen aussieht und sich entwickelt“, sagt Rachel. „Er ist viel weniger dogmatisch als noch vor 20 Jahren. Wir haben diesen Sommer gemeinsam in der Gemeinde gedient und mir ist aufgefallen, dass er an Stellen, an denen er früher eine Diskussion darüber begonnen hätte, wer im Recht ist, nun viel gutmütiger ist.“ Das sind wertvolle Lektionen für jeden, aber besonders für einen Pastor in einer multiethnischen Kirche in einem zunehmend vielfältigen London.

Die King’s Church

Seit etwa einem Jahrzehnt ist das Vereinigte Königreich „post-christlich“. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Zahl der Kirchenbesucher zu sinken und erreichte um 1990 ihren Tiefpunkt. Von 1983 bis 2018 ist der Anteil jener, die sich als Christen bezeichnen, von 66 Prozent auf 38 Prozent gesunken. Manche prognostizieren, dass die offizielle Kirche von England – ebenso wie auch eine Reihe anderer historischer Konfessionen – bis 2050 oder 2060 tot sein wird.

Doch es gibt Lebenszeichen, vor allem – und unerwartet – in London. Zwischen 1979 und 2012 ist die Zahl der Kirchen dort um 43 Prozent gestiegen, von 3.350 auf etwa 4.800. Viele von ihnen sind klein, mehrheitlich schwarz, mit Migrationshintergrund und pfingstlich. Eine dieser wachsenden Gemeinden ist die King’s Church London. Gegründet in den späten 1800er-Jahren als Teil von Charles Spurgeons Ziel, London zu erreichen, lag die Besucherzahl, als Steve Tibbert das Pastorat übernahm, bei etwa 200. Seitdem ist die reformierte charismatische Kirche auf etwa 1.500 Menschen herangewachsen, die sich an vier Standorten treffen. Mehr als die Hälfte gehört ethnischen Minderheiten an.

Vor sieben Jahren nahm Andrew dort eine Stelle als Pastor und Prediger an. Die Lernkurve war steil. „Eastbourne ist ein sehr weißer, mittelständischer und politisch konservativer Ort“, sagt er. „Der Südosten Londons ist ein überwiegend schwarzer, politisch liberaler und sozial gemischter Teil der Stadt und unsere Kirche spiegelt das wider. Ich musste sehr schnell unheimlich viel über ethnische Gruppen, Rassismus und Geschichte lesen und lernen.“

„Andrew hat die Fähigkeit, eine Ortsgemeinde mit kulturellem Bewusstsein, tiefer theologischer Reflexion und pastoraler Anwendung zu unterweisen“, sagt Tibbert, der auch das Newfrontiers-Netzwerk leitet. „Es macht Freude, mit ihm zu arbeiten, sowohl hier in der Ortsgemeinde als auch bei seinem weiteren Dienst in der Newfrontiers-Familie.“

In letzter Zeit hat sich Andrews Einfluss noch weiter ausgebreitet. Dadurch, dass er wieder vermehrt Vorträge hält und noch viel mehr schreibt, beginnt er, ein breiteres Publikum zu erreichen. Sein Buch Remaking the World: How 1776 Created the Post-Christian West wurde von Historikern als „außergewöhnlich“ gefeiert. Anfang 2023 drehte er für TGC einen kurzen Dokumentarfilm über 1776 und im Herbst desselben Jahres startete er den Podcast mit dem Titel „Post-Christianity?“ zusammen mit Glen Scrivener, seinem Nachbarn aus Eastbourne. Beide bringen sich auch im The Keller Center for Cultural Apologetics ein.

„Er ist einer der schärfsten Denker und besten Schriftsteller in der britischen Kirche“, sagt Sam Allberry, ein weiterer Mitarbeiter des The Keller Center for Cultural Apologetics. „Sein charismatischer reformierter Hintergrund bedeutet, dass er in der Lage ist, mehrere Teile der evangelikalen Welt gleichzeitig anzusprechen und zu erreichen. Viele jüngere Leiter sehen in ihm eine frische Stimme der heutigen Zeit.“ Vielleicht fragst du dich, wie Andrew es geschafft hat, Eastbourne zu verlassen. Nun, er hat es nicht geschafft.

Eastbourne

Bevor er die Stelle in der King’s Church London annahm, sagt Andrew zu Tibbert offen und ehrlich, dass seine Familie nicht umziehen könne. Mit zwei behinderten Kindern wäre es unmöglich, den starken, engen Rückhalt von Freunden, Familie und Gemeinde in Eastbourne zu verlassen. Vor allem jetzt nicht, wo Rachel wieder schwanger war. „Vier Jahre lang haben wir jede Woche über das Für und Wider eines weiteren Kindes gesprochen“, sagt Rachel. „Schließlich landeten wir an einem Punkt des Glaubens. Wir glaubten, dass ein Kind ein Segen sein würde, egal ob es sich zurückentwickeln würde oder nicht.“

„‚Wir sind allem gestorben, und dann hat Gott uns vieles zurückgegeben.‘“
 

Andrew und die King’s Church London haben eine Vereinbarung getroffen, die er unter anderen Umständen nicht weiterempfehlen würde: Er ist stets drei Tage pro Woche in London, um zu predigen und mit den Gemeindemitgliedern in Kontakt zu stehen. Die anderen vier Tage verbringt er in Eastbourne, um Predigten vorzubereiten und Bücher zu schreiben.

Während er pendelte, beobachteten Andrew und Rachel besorgt den Verlauf ihrer Schwangerschaft. Als Samuel geboren wurde – scheinbar glücklich und gesund – konnten sie immer noch nicht entspannen. „Es war eine Zeit des Wartens“, sagt Rachel. „Sam zeigte die gleichen Symptome wie die anderen Kinder – er krabbelte nicht. Er konnte erst mit 18 Monaten laufen. Wir haben gebetet und gebetet.“ Sam wurde zwei, dann zweieinhalb, dann drei Jahre alt. Er lernte zu laufen, zu sprechen und zu spielen. Er sang, klatschte in die Hände und hörte zu, wenn jemand mit ihm sprach. Schließlich wagten seine Ärzte und Eltern zu sagen, dass er die Herausforderungen, die mit regressivem Autismus einhergehen, nicht bewältigen muss.

Sams Diagnose – oder vielmehr das Fehlen einer Diagnose – war ein Geschenk, das zu den anderen Geschenken hinzukam. Anna hat zwar immer noch erhebliche Entwicklungsverzögerungen, aber sie schläft und interagiert besser als früher. Zeke, der jetzt 14 Jahre alt ist, hat viele Erwartungen übertroffen – er ist gesellig, spielt gern Fußball und hat ein ebenso gutes Gedächtnis wie sein Vater.

„‚Die meiste Zeit über würde ich mit niemandem tauschen wollen. Gott ist so gut gewesen.‘“
 

„Wir sind allem gestorben, und dann hat Gott uns vieles zurückgegeben“, sagt Rachel. „Dieser Weg ist mir lieber als eine kontinuierliche Reise des Verlustes. Es ist erstaunlich – wirklich seltsam – denn, obwohl ich eigentlich lieber plane, bin ich in gewisser Weise wirklich dankbar, dass Gott uns nicht alles im Voraus sagt.“

Hätte man Andrew in seinen 20ern gesagt, dass er Eastbourne nie verlassen würde, wäre ihm das wohl wie ein unbedeutendes, vielleicht sogar enttäuschendes Leben vorgekommen. Aber so empfindet er es jetzt nicht. „Wir haben so viel von der Güte des Herrn im Land der Lebendigen gesehen“, sagt er in Anspielung auf Psalm 27,13. „Es gab eine Zeit, in der die Sonne von den Wolken verdeckt war. Aber die meiste Zeit über würde ich mit niemandem tauschen wollen. Gott ist so gut gewesen.“