Das Markusevangelium

Rezension von Ron Kubsch
11. Januar 2024 — 2 Min Lesedauer

Die Deutsche Bibelgesellschaft hat den Text des Markusevangeliums in griechischer Sprache mit umfangreichen Übersetzungshilfen herausgegeben. Gedacht ist die Publikation für jeden, der das Neue Testament in der Originalsprache lesen möchte, aber das Altgriechische nicht so gründlich beherrscht, dass eine flüssige Lektüre ohne Hilfsmittel gelingt. Ebendarum enthält diese Ausgabe keinen textkritischen Apparat wie das Novum Testamentum Graece (meist nach dem Namen der Herausgeber Nestle-Aland genannt), sondern bietet auf jeder Seite umfangreiche Übersetzungshilfen an.

„Gedacht ist die Publikation für jeden, der das Neue Testament in der Originalsprache lesen möchte, aber das Altgriechische nicht so gründlich beherrscht, dass eine flüssige Lektüre ohne Hilfsmittel gelingt.“
 

Alle Wörter, die im Neuen Testament nur 30 Mal oder seltener vorkommen, werden nach Auskunft des Verlags in einer Fußnote übersetzt. Bei Verben wird zusätzlich angegeben, um welche Formen es sich handelt, was die grammatische Analyse beachtlich erleichtert. Die Tätigkeitswörter sind in der Regel in der aktiven Grundform zu finden. Bei ἐγένετο (egeneto) in Markus 1,9 steht beispielsweise in der Fußnote: „γίνομαι (ginomai) 3s aor med ind, geschehen“. Das bedeutet: Die Grundform lautet γίνομαι (ginomai). ἐγένετο (egeneto) ist 3. Person Singular, Aorist, Medium im Indikativ. Die richtige Übersetzung ist demnach „es geschah“ oder „es begab sich“. Ich frage mich, warum γίνομαι (ginomai) überhaupt in den Apparat aufgenommen wurde. Das Verb kommt über 650 Mal im Neuen Testament vor. Auch οἶκος (oikos, dt. Haus) ist im Apparat zu finden (vgl. z.B. Mk 2,1). οἶκος steht in meinem Neuen Testament über 110 Mal. Allerdings stört es die Lektüre nicht, wenn häufiger auftretende Begriffe ebenso übersetzt werden.

Der griechische Text ist der Editio Critica Maior (ECM) entnommen. Dabei handelt es sich um eine neue Ausgabe des griechischen Neuen Testaments, an der das Institut für Neutestamentliche Textforschung in Münster derzeit arbeitet. Es möchte die griechische Textgeschichte des ersten Jahrtausends anhand der überlieferungsgeschichtlich wichtigen griechischen Handschriften, alten Übersetzungen und neutestamentlichen Zitate in der antiken christlichen Literatur gründlich dokumentieren. Die Arbeit am Markusevangelium ist inzwischen abgeschlossen. Der Text unterscheidet sich nach Auskunft der Bibelgesellschaft an 30 Stellen von dem der 28. Auflage des Nestle-Aland. Freunde der Textkritik haben also viele neue Gründe, um in den Dialog zu treten.

Pastoren, Lehrer und Studenten nutzen heute für ihre eigenen Übersetzungen oft Bibelsoftwares wie Logos, Olive Tree oder Accordance. Dennoch glaube ich, dass etliche Leser des griechischen Grundtextes die Ausgabe mit Übersetzungshilfen dankbar annehmen werden. Der Satzspiegel ist so arrangiert, dass am breiten Rand Anmerkungen notiert werden können. Der Schriftsatz ist leserfreundlich gesetzt. Die Überschriften zwischen den Absätzen sind in deutscher Sprache gehalten, was die Orientierung innerhalb des Evangeliums erleichtert. Für den Druck wurde ein hochwertiges Papier verwendet.

Meiner Meinung nach handelt es sich um ein hervorragendes Hilfsmittel für das gründliche Studium des Markusevangeliums in griechischer Sprache. Ich hoffe sehr, dass Ausgaben mit weiteren Texten des Neuen Testaments folgen.

Buch

Das Markusevangelium: Griechischer Text mit Übersetzungshilfen, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2023, 77 Seiten, 10,90 EUR.