Gemeinden gründen – gemeinsam

Artikel von Nate Akin
11. Januar 2024 — 7 Min Lesedauer

Vieles von dem, was im Neuen Testament über Zusammenarbeit gesagt wird, ist lediglich beschreibend. Im 3. Johannesbrief wird die Zusammenarbeit jedoch zu einer klaren Anweisung erhoben: „So sind wir nun verpflichtet, solche aufzunehmen, damit wir Mitarbeiter der Wahrheit werden“ (3Joh 1,8; Hervorh.d.Verf.).

Die Überzeugung, dass unabhängige Gemeinden zusammenarbeiten sollten, um neue Gemeinden zu gründen, war der Antrieb für die Gründung der Association of Irish Baptist Churches (dt. Verband Irischer Baptistengemeinden). 1895 gründeten 27 irische Baptistengemeinden einen offiziellen Gemeindeverband, nachdem sie sich wegen der sogenannten „Downgrade Kontroverse“ aus dem Baptistenverband gelöst und auf die Seite von Spurgeon gestellt hatten. Während der vergangenen 125 Jahre ist dieser Verband auf über 100 Gemeinden angewachsen. Das liegt daran, dass sie zusammenarbeiten und Ressourcen miteinander teilen, um neue Gemeinden zu gründen.

Gemeinschaftsarbeit unter Brüdern kann manchmal schwierig sein. Ich bin mit drei Brüdern und ohne Schwester aufgewachsen. Wir kämpften ununterbrochen. Meine arme Mutter lebte praktisch in einem Männerwohnheim unter lauter Möchtegern-Wrestlern. Vermutlich war der Lieblingsvers meiner Mutter eine Variante von Psalm 133: „Siehe, wie fein und wie lieblich ist’s, wenn die Akin-Brüder in Eintracht beisammen sind!“ Heute jedoch verstehe ich mich unglaublich gut mit meinen Brüdern, und wir kommunizieren fast täglich miteinander. Alle sind im Dienst des Evangeliums tätig. Obwohl unsere Beziehungen früher von Konkurrenzdenken geprägt waren, tun wir heute alles uns Mögliche, damit es dem jeweils anderen gut geht.

Wenn das schon bei biologischen Brüdern so ist, wieviel mehr sollte das auf die zutreffen, die „sich nicht Brüder dem Leibe nach, sondern [Brüder] im Geiste und in Gott“ nennen?[1]

„Liebe Pastoren, wir sind Brüder! Diese theologische Wahrheit findet sich praktisch in jedem Brief des Neuen Testamentes.“
 

Zusammenarbeit baut auf eine theologische Grundlage. Liebe Pastoren, wir sind Brüder! Diese theologische Wahrheit findet sich praktisch in jedem Brief des Neuen Testamentes. Zusammenarbeit in dem Auftrag, den Gott seiner Gemeinde gegeben hat, ist Teil unserer neutestamentlichen Berufung. Obwohl Gemeinden gewöhnlich unabhängig und autonom sind, müssen sie doch um derer willen, die den Herrn noch nicht kennen, miteinander kooperieren. Das wird hauptsächlich bewerkstelligt, indem man Gemeinden gründet und stärkt.

Das Neue Testament hebt mindestens zwei Gründe für die Zusammenarbeit hervor: 1. Gemeinsam sind wir besser, und 2. Gemeinsam können wir mehr erreichen.

1. Gemeinsam sind wir besser

Im Neuen Testament arbeiten Gemeinden als Partner zusammen, um sich gegenseitig zu prägen und zu helfen.

Ein Beispiel finden wir in Apostelgeschichte 11: Der Gemeinde in Jerusalem wird berichtet, dass sich eine große Anzahl Heiden in Antiochia bekehrt habe. Also entsenden sie ein Mitglied, nämlich Barnabas, um der Gemeinde in Antiochia zu helfen. Barnabas wird bei seiner Ankunft sehr ermutigt: „Und als er ankam und die Gnade Gottes sah, freute er sich und ermahnte alle, mit festem Herzen bei dem Herrn zu bleiben“ (Apg 11,23).

Interessanterweise schickt die Gemeinde in Jerusalem keinen Apostel, sondern einen Helfer. Jerusalem agiert nicht als Autorität, sondern als Partner. Barnabas freut sich, dass sich die Gnade Gottes im Gedeihen anderer Gemeinden zeigt. Darum ermahnt er sie, mit festem Herzensentschluss treu zu bleiben. Das ist die Art von Bestärkung, die durch unsere Partnerschaften stattfinden sollte.

Die Gemeinden des Neuen Testaments legen auch bezüglich der Lehre gegenseitig Rechenschaft ab. Denken wir an Apostelgeschichte 15. Manche benutzen dieses Kapitel, um eine hierarchische Zusammenarbeit zu beweisen, aber mit einem unvoreingenommenen Blick kannst du das Muster wechselseitiger Partnerschaft erkennen. Nicht Jerusalem beruft das Treffen ein. Antiochia ergreift die Initiative und sendet Paulus und Barnabas nach Jerusalem. Lukas berichtet: Sie bestimmten, „dass Paulus und Barnabas und einige andere von ihnen wegen dieser Streitfrage zu den Aposteln und Ältesten nach Jerusalem hinaufziehen sollten … Als sie aber nach Jerusalem kamen, wurden sie von der Gemeinde, den Aposteln und den Ältesten empfangen und berichteten alles, was Gott mit ihnen gewirkt hatte“ (Apg 15,2b.4).

Die Gemeinde in Antiochia war durch irreführende Lehre, die das Evangelium bedrohte, in Unruhe versetzt worden. Um Klarheit zu gewinnen, suchten sie Rat bei einer anderen Gemeinde. Durch die Zusammenarbeit entsteht für beide Gemeinden ein Zugewinn an Klarheit, was die Lehre und Glaubenspraxis betrifft.

Das Neue Testament berichtet auch über Partnerschaften bezüglich finanzieller Hilfe, z.B. in 1. Korinther 16 und 2. Korinther 8–9. Paulus empfiehlt den Gemeinden in Mazedonien, in großzügiger Weise Geld für die Gemeinde in Jerusalem zu geben. Interessanterweise helfen diese Gemeinden der Muttergemeinde – der allerersten Gemeindegründung überhaupt. Gemeinden stehen einander bei, weil wir gemeinsam besser sind.

„Gemeinden stehen einander bei, weil wir gemeinsam besser sind.“
 

Wie könnte das in unserer Zeit aussehen? Es könnte in etwa so aussehen wie das Pillar-Netzwerk: Partnerschaft und Stärkung durch die Beratung anderer Gemeinden in Fragen des Bekenntnisses, der Bündnisse, der Verfassungen, der Dienstphilosophie und durch finanzielle Hilfestellung bei der Gründung und Befestigung von Gemeinden. Zum Beispiel hilft Pillar oft bei Neugründungen oder der Wiederbelebung von Gemeinden, bei Vereinbarungen, Satzungen, Personal-Richtlinien, Fragen der Gemeinnützigkeit, der Publikation von Internetseiten, Gehaltsabrechnungen usw. Unser Ziel ist es, die Zusammenarbeit nachzubilden, die wir im Neuen Testament finden.

2. Gemeinsam können wir mehr erreichen

Paulus und andere strebten danach, dem Missionsbefehl Folge zu leisten, indem sie überall in der Welt Gemeinden gründeten und befestigten. Wir sollten es ihm gleichtun.

Wir können das in Apostelgeschichte 13–14 beobachten: Paulus und Barnabas ziehen aus, um das Wort zu verkündigen (vgl. Apg 13,15–49), die Glaubensgerechtigkeit zu predigen (vgl. Apg 13,39), Gemeinden zu gründen (vgl. Apg 14,23) und Älteste einzusetzen (vgl. Apg 14,23). In Apostelgeschichte 16 lässt die Gemeinde in Lystra ein treues Mitglied namens Timotheus gehen, das „ein gutes Zeugnis von den Brüdern in Lystra und Ikonium“ hat (Apg 16,2), damit es sich Paulus anschließen kann, der durch die Gemeinde in Antiochia ausgesandt worden ist (vgl. Apg 13–14). So entsteht eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zu dem Zweck, Gemeinden zu gründen und zu stärken.

So wird auch Pillar, wie so manches andere Gemeindenetzwerk, regelmäßig Zeuge des Segens von Zusammenarbeit. Vor Kurzem entsandte eine Pillar-Gemeinde in North Carolina (USA) einen jungen Mann, den sie ausgebildet hatte, in eine Pillar-Gemeinde in South Carolina (ebenfalls USA).  Auf ähnliche Weise half Pillar einem Gemeindegründer und der Gruppe der mit ihm zusammenarbeitenden Gemeinden, seine Gemeindegründung zu stabilisieren. Im Verlauf von sechs Monaten predigte dieser Gemeindegründer in einer Handvoll anderer Gemeinden in dieser Gegend. Das Ergebnis war, dass alle sechs Gemeinden sowohl Mitarbeiter als auch Geld schickten, um die neue Arbeit zu unterstützen. Solche Geschichten passieren wieder und wieder, wenn Gemeinden Mitarbeiter senden, um alle möglichen Aufgaben – von Lobpreisleitung bis zum Predigtdienst – zu übernehmen.

Diese Art von Zusammenarbeit stimmt auch mit dem überein, was wir im Römerbrief lesen. Auch wenn dieser Brief zu Recht als theologisches Meisterwerk gilt, betont Paulus immer wieder, dass er um der Zusammenarbeit in der Erfüllung des Missionsbefehls willen schreibt. In Römer 15,24 sagt er: „so will ich auf der Reise nach Spanien zu euch kommen; denn ich hoffe, euch auf der Durchreise zu sehen und von euch dorthin geleitet zu werden“. Paulus sah die Zusammenarbeit mit der römischen Gemeinde als strategisch wichtig an, um weitere Gemeinden zu gründen. Tatsächlich sind einige sogar der Meinung, der Römerbrief sei hauptsächlich geschrieben worden, um die Missionsarbeit des Apostels zu unterstützen.

Fazit

Es ist wahr, dass wir zusammen mehr tun können als allein. Wir müssen uns daher bewusst um Zusammenarbeit bemühen. Wer weiß, was der Herr tun wird? Was für ein gewaltiges Vorrecht, dem König als Brüder und Schwestern gemeinsam dienen zu dürfen! Möge diese Einheit beim Gründen und Befestigen von Gemeinden zu fortwährender Frucht des Evangeliums führen, „wie es auch in der ganzen Welt ist und Frucht bringt“ (Kol 1,6b).


1 Aristides, Apologie, in: Frühchristliche Apologeten und Märtyrerakten, Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Bd. 12, München, 1913, S. 21.