Die Bekehrung von Charles Spurgeon

Buchauszug von Kai Soltau
25. Oktober 2023 — 4 Min Lesedauer

Der „Bund der Gnade“ war für Spurgeon weit mehr als eine theologische Grundwahrheit, sondern die Realität dieses Bundes erfüllte Spurgeon mit tiefster Freude. Dieser Einblick in die göttliche Initiative im Hinblick auf das Heil der Erwählten entfachte eine brennende Leidenschaft in Spurgeons persönlichem Glaubensleben sowie in seiner Verkündigung.

Auch seine eigene Bekehrung sah Spurgeon im Licht dieses göttlichen „Bundes der Gnade“. So beschreibt er z.B. sehr anschaulich in einer Predigt über 1. Korinther 1,23f., wie er Christus einst als den erblickte, der vor Grundlegung der Welt diesen Bund geschlossen hat, um u.a. auch ihn – Charles Haddon Spurgeon – ganz persönlich zu erlösen. Von Ewigkeit her so geliebt zu sein, öffnete – laut Spurgeons Zeugnis – sein Herz für Christus. Er schildert in dieser Predigt („Der gekreuzigte Christus“) sein Erleben wie folgt:

„Einst war ich, gleich Mazeppa, auf das wilde Pferd meiner Lüste gebunden, an Händen und Füßen gebunden, jedes Widerstandes unfähig, und galoppierte mit den höllischen Wölfen hinter mir dahin, die nach meinem Leibe und meiner Seele lechzten, als einer Beute, die ihnen von Rechts wegen gebühre. Da kam aber eine allmächtige Hand, die dieses wilde Pferd anhielt, meine Stricke zerschnitt, mich niederließ, und mir zur Freiheit verhalf. Da offenbart sich doch eine Kraft, und wer sie gefühlt hat, muss es anerkennen. Es war eine Zeit, wo ich in der alten Zwingburg meiner Sünden lebte, und mich auf meine Werke verließ. Da kam ein Trompeter an das Tor, und gebot mir, es zu öffnen. Ich wies ihn zornig weg und sagte, er dürfe nie herein. Dann kam eine andere Gestalt, mit freundlichem Angesicht; ihre Hände waren von Nägeln durchbohrt, und ihre Füße trugen auch Nägelmale an sich; sie hob ihr Kreuz in die Höhe, und gebrauchte es als einen Hammer; beim ersten Schlag bebte das Tor meiner Vorurteile; beim zweiten zitterte es noch mehr; beim dritten fiel es ein, und sie kam herein und sprach: ‚Steh’ auf, und tritt auf deine Füße, denn ich habe dich mit ewiger Liebe geliebt.‘ Wer wollte leugnen, dass dies etwas Kräftiges ist? Ich habe es hier in diesem Herzen gefühlt; ich trage das Zeugnis des Geistes in mir und weiß, dass es etwas Kräftiges ist, weil es mich überwunden hat; es hat mich zu Jesu Füßen niedergezogen.“[1]

Spurgeon erklärt in dieser Predigt weiter: „‚Seine freie Gnade allein, von Anfang bis Ende, hat meine Zuwendung gewonnen und meine Seele festgehalten.‘ Das Evangelium ist für den Christen eine Sache der Kraft.“[2] Die Botschaft der erwählenden Liebe Gottes vor Grundlegung der Welt hatte Spurgeons eigenes Leben radikal verändert, und er erwartete, dass sie noch viele weitere Menschen zu Christus ziehen würde. Denn durch die Verkündigung des ewigen Bundes der Gnade wird dem Sünder klar, dass sein Heil nicht in seiner, sondern in Gottes souveräner Hand liegt.

„Durch die Verkündigung des ewigen Bundes der Gnade wird dem Sünder klar, dass sein Heil nicht in seiner, sondern in Gottes souveräner Hand liegt.“
 

Tom Nettles deutet an, wie unbeschreiblich groß Spurgeons Leidenschaft für dieses Thema war: „Die Lehren der Gnade konnten jedoch weder Spurgeons Vokabular noch seine Zuneigung erschöpfen.“[3] Spurgeon war bewusst, wie gewaltig diese Botschaft der Gnade war. Deshalb – möge es kosten, was es wolle – war Spurgeon entschlossen, nichts zu unterlassen, um die Größe dieser Liebe und Gnade frei zu verkündigen.

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Dieser Auszug stammt aus Ein Leben für Christus: C.H. Spurgeon von Kai Soltau (S. 23–25). Das Booklet kann hier bestellt oder heruntergeladen werden. Der Text geht auf einen Vortrag auf einer Evangelium21-Konferenz in Hamburg zurück.


1 C.H. Spurgeon, „Der gekreuzigte Christus“, in: Blüthen christlicher Andacht, Wildbad: Verlag Rehfuess, 1862, S. 79f. (kursiv hinzugefügt); vgl. das englische Original: „Christ Crucified“, in: The New Park Street Pulpit Sermons (Bd. 1), London: Passmore & Alabaster, 1855, S. 57–58.

2 Dies ist eine Übersetzung aus dem englischen Original, da Spurgeon hier ein Lied zitiert, das in der dt. Übersetzung an dieser Stelle anders lautet: C.H. Spurgeon, „Christ Crucified“, 1855, S. 58.

3 Tom Nettles, 2013, Kindle Locations 2480–2489.