Wahrheitsliebe oder Streitlust?

Artikel von Paul Alexander
23. Oktober 2023 — 3 Min Lesedauer

Streitsucht ist eine übermäßige Bereitschaft zum Kampf, sei er verbal, handgreiflich oder auf rechtlicher Ebene. Paulus ermahnte sowohl Älteste (vgl. 1Tim 1,6–7; 3,3; 2Tim 2,23) als auch Gemeinden (vgl. Tit 3,2.9; Jak 4,1–2), dass sie keine Fehden eröffnen sollten. Auf der anderen Seite befiehlt uns die Schrift aber, für den Glauben zu kämpfen (vgl. Jud 3). Woran lässt sich der Unterschied erkennen, ob wir den guten Kampf kämpfen oder nur Lust zum Diskutieren haben? Die folgenden fünf Fragen können uns helfen festzustellen, ob wir streitsüchtig sind.

1. Sind wir schnell dabei, für unsere Rechte zu kämpfen, seien sie materieller oder politischer Natur?

In Jakobus 4 ist der Ausgangspunkt der Begierden, die zum Streit führen, dass man sich mit anderen vergleicht. Dabei scheint man selbst immer den Kürzeren zu ziehen. Wenn Christus uns genug ist, wird dieser Art von Streit der Boden entzogen. Das gilt auch für den Bereich der Politik (vgl. Tit 3,1–2). Trotz politischer Enttäuschungen können wir zufrieden sein. Ein festes Vertrauen auf Gottes Souveränität über die Politik ist bestens geeignet, ein streitsüchtiges Herz zur Ruhe zu bringen.

2. Betrifft unsere Auseinandersetzung Fragen der Überzeugung oder des Gewissens?

Handelt es sich um eine unverzichtbare Lehre wie die Göttlichkeit Jesu oder seinen stellvertretenden Sühnetod? Oder geht es um etwas, wobei wir trotz verschiedener Meinungen gemeinsam Jesus vertrauen und ihn anbeten können? Lies das kleine Buch Das Gewissen: Verstehen, wie es tickt von Andy Naselli und J.D. Crowley; es wird dir helfen zu sehen, welche Kämpfe wir getrost verlieren können und vielleicht auch sollten.

3. Begeistern uns theologische Spekulationen?

Dann können wir leicht aus der Haut fahren, wenn Menschen mit unseren „kreativen“ Auslegungen unklarer Stellen nicht einverstanden sind (vgl. 1Tim 3,2; Tit 3,2; 5Mose 29,28). Überleg mal, welches Thema in deinem Umfeld dich am schnellsten zum Kochen bringt. Steht bei dieser Meinungsverschiedenheit wirklich das Evangelium auf dem Spiel?

4. Sind wir schnell bereit, für unsere dienstlichen Ambitionen zu kämpfen?

Im pastoralen Dienst wollen wir manchmal Dinge tun, die in sich gut, aber nicht unser Auftrag sind. David wollte Gott einen Tempel bauen, und Gott sagte: „Noch nicht und nicht du.“ Lieber Pastor, deine Gemeinde kann nicht zur Ruhe kommen, bis dein eigenes Herz zufrieden ist – nicht selbstgefällig, sondern zufrieden.

5. Reagierst du auf Streit mit Freundlichkeit, oder fühlst du dich sofort gekränkt?

Nachdem er uns in Titus 3,2 aufgefordert hat, Streit zu vermeiden, sagt Paulus im nächsten Vers: „Denn auch wir waren einst unverständig, ungehorsam, gingen in die Irre, dienten mannigfachen Lüsten und Vergnügungen, lebten in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend“ (Tit 3,3). In unserem vor-christlichen Leben war Streitsucht unser törichter Normalzustand – so pflegten wir damals zu sein. Deswegen können und sollen wir jetzt auf die Streitsucht anderer mit der Barmherzigkeit reagieren, die uns selbst durch die Freundlichkeit Gottes im Evangelium geschenkt worden ist.

Zusammenfassung

Tatsächlich ist das das nächste Thema von Paulus in Titus 3,4–8: das Evangelium von der Erlösung durch Gottes Barmherzigkeit, die uns in Christus ohne Werke durch die Wiedergeburt und Erneuerung unserer Herzen durch den Geist zuteilwird. Obwohl wir früher mit Gott im Krieg lagen, sind uns seine Güte und Freundlichkeit in Jesus begegnet. Das motiviert und bewirkt in uns Mitgefühl für diejenigen, die sich uns gegenüber streitlustig zeigen. In Titus 3 fasst Paulus das Evangelium zusammen und befiehlt Titus, dieses Wort „mit Nachdruck zu bekräftigen“ (vgl. Tit 3,4–8). Sind das die Dinge, um die es dir wirklich geht? Oder bist du nur streitsüchtig?