Liebe & Weisheit

Menschen aus der LGBTQ-Gemeinschaft gastfreundlich begegnen

Artikel von Jonathan Holmes
27. September 2023 — 5 Min Lesedauer

„Hi, ich bin Laura und das ist meine Partnerin Sofie. Wir haben durch jemanden aus eurer Gemeinde gehört, dass jeder an euren Gottesdiensten teilnehmen darf.“

In unserem momentanen kulturellen Klima fällt es leicht, sich so einen Gesprächseinstieg am Sonntagmorgen vorzustellen. Zu wissen, wie man solchen Situationen mit Gnade und Weisheit begegnet, wird ein Schlüssel dazu sein, um denjenigen, die an deiner Gemeinde interessiert sind, Gastfreundschaft entgegenzubringen. Wie können wir aufrichtig lieben (vgl. Röm 12,9), wahre Gastfreundschaft als lebendige Opfer für den Herrn zeigen (vgl. Röm 12,1–2.13), und gleichzeitig klare, biblische Überzeugungen bei Fragen zu Sexualität und Geschlecht vertreten?

Mit Sicherheit schließen sich diese beiden Zielsetzungen nicht gegenseitig aus. Deshalb möchte ich hier vier Ratschläge geben:

1. Kommuniziere deine Überzeugungen

Um unseren Nächsten auf gute Weise zu lieben, müssen wir unsere Ansichten und Überzeugungen klar zum Ausdruck bringen. Meistens geschieht das in Form eines Glaubensbekenntnisses oder einer lehrmäßigen Stellungnahme. Diese Stellungnahmen sollten nicht starr und stoisch sein, sondern eine positive und klärende Aussage dessen darstellen, was wir glauben.

„Wenn wir klare Standpunkte vertreten, dann hilft das nicht nur, manche Verwirrung zu vermeiden, sondern im weiteren Verlauf auch unangenehme Situationen zu umgehen.“
 

Der verstorbene Howard Hendricks formulierte es sehr zutreffend: „Wir sollten uns nicht schämen, über etwas zu reden, für das sich Gott nicht geschämt hat, es zu erschaffen.“ Wenn wir klare Standpunkte vertreten, dann hilft das nicht nur, manche Verwirrung zu vermeiden, sondern im weiteren Verlauf auch unangenehme Situationen zu umgehen.

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, wie deine Gemeinde treu und offen über diese Themen reden kann, damit Besucher wissen, wo ihr steht:

  • Gemeinde-Website: Ist euer Glaubensbekenntnis leicht im Internet zu finden?
  • Aufnahmeprozess: Gibt es beim Prozess, neue Mitglieder in die Gemeinde aufzunehmen, auch die Möglichkeit, über Themen zu reden, die mit Sexualität und Geschlecht im Zusammenhang stehen?
  • Regelmäßige Predigt von der Kanzel: Werden Fragen zu Sexualität und Geschlecht in euren Predigten klar und mitfühlend behandelt?
  • Sonntagsschulunterricht für Kinder: Werden Kinder von klein auf über Gottes gutes Geschenk, ein Junge oder ein Mädchen zu sein, unterrichtet – auf eine Art, wie es ihrer Entwicklung angemessen ist?
  • Schriftliche Stellungnahmen oder Texte: Gibt es Möglichkeiten für eure Gemeindeleiter, biblisch fundierte Inhalte zu diesem Thema für Menschen zu erstellen, die Fragen dazu haben?

Kurz gesagt: Die Mitglieder deiner Gemeinde sollten dafür ausgerüstet werden, genau zu wissen, wo die Gemeinde in Bezug auf die grundlegenden Prinzipien zum Thema Geschlecht und Sexualität steht, selbst wenn sie nicht unbedingt eine Antwort auf jede einzelne Frage haben.

2. Hilf jedem Menschen, sich willkommen zu fühlen

Menschen aus der LGBTQ-Gemeinschaft sind Menschen. Sie sind nach dem Ebenbild Gottes geschaffen und verdienen Würde und Respekt (vgl. 1Mose 1,26). Wenn wir also über Gastfreundschaft nachdenken, sollten wir die Dinge nicht verkomplizieren. Wie können wir ganz allgemein darin wachsen, dass sich Menschen willkommen fühlen?

  • Begrüße die Leute mit einem festen Händedruck, heiße sie willkommen und stell dich ihnen vor.
  • Lerne, zuzuhören und aufmerksame, nicht aufdringliche Fragen zu stellen. („Erzähl mir doch ein wenig über dich“, „Aus welchem Stadtteil kommst du?“, „Ich würde gern die Leute kennenlernen, die heute mit dir mitgekommen sind“, „In welcher Branche arbeitest du?“)
  • Achte auf nonverbale Dinge, denn ein Großteil der Kommunikation findet über unsere Körperhaltung und Körpersprache statt.
  • Frag neue Gottesdienstbesucher, ob sie sich während des Gottesdienstes zu dir setzen wollen.
  • Lade sie nach dem Gottesdienst zum Essen oder auf einen Kaffee ein.
  • Biete deine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse an, um mit ihnen in Kontakt zu sein.
  • Weise Besucher auf weitere Ressourcen oder Veranstaltungen der Gemeinde hin, die für sie interessant sein könnten.

3. Sei ein Lernender

In der Seelsorge sage ich oft, dass das Kennenlernen einer schwulen oder lesbischen Person bedeutet, dass man wirklich nur eine schwule oder lesbische Person kennengelernt hat. Jede Geschichte ist einzigartig, weil jeder Mensch einzigartig ist.

Allzu oft können wir bedeutsamen Gelegenheiten, einander zu begegnen und in den Dialog zu treten, im Weg stehen, weil wir vorgefasste Meinungen haben, die auf Klischees beruhen. Nicht jeder aus der LGBTQ-Gemeinschaft ist ein Aktivist, wie man ihn im Fernsehen sieht. Versuche, die Person kennenzulernen. Bemühe dich, durch aufrichtiges Interesse, ihr Herz im Gespräch kennenzulernen.

4. Entwickle Weisheit, Taktgefühl und Freundlichkeit

Gewinnend zu sein bedeutet nicht, „woke“ zu sein. Freundliche Worte sind keine moderne Technik, um unsere Überzeugungen zu entschärfen. Vielmehr machen sie unsere Überzeugungen interessanter, überzeugender und ansprechender (vgl. Spr 16,21). Es könnte eine ganze Reihe von Situationen geben, in denen Menschen in die Gemeinde kommen und Fragen stellen, die dich in eine unangenehme Situation versetzen:

  • Wie geht ihr mit geschlechterspezifischen Pronomen um?
  • Können schwule oder lesbische Paare euer Gebäude für Hochzeiten nutzen?
  • Liebt Gott nicht alle Menschen ungeachtet ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung?

In jeder dieser Situationen mag ein Gespräch wohl ungefähr so ablaufen: „Danke, dass du diese Frage gestellt hast. Ich schätze deine Ehrlichkeit und dass dich interessiert, wie ich darüber denke. Vielleicht habe ich andere Überzeugungen, aber ich würde mich gern bei einer Tasse Kaffee oder einem Mittagessen mit dir darüber unterhalten und erfahren, wie du darüber denkst.“

„Gewinnend zu sein bedeutet nicht, ‚woke‘ zu sein.“
 

Falls du nicht recht weißt, wie du antworten sollst, könntest du auch so etwas sagen wie: „Danke, dass du mich gefragt hast. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich diese Frage beantworten soll. Ist es okay für dich, unseren Pastor oder einen der Ältesten dazuzuholen, um Klarheit darüber zu erhalten?“

Mit Antworten wie diesen lässt sich zwar nicht jede heikle Situation lösen, aber sie leiten die Konversation in eine gute Richtung, bei der wir offen dafür sind, uns auf Besucher einzulassen. Wenn wir uns unvorbereitet oder unwohl fühlen, kann sich das allzu oft auf unsere Körperhaltung auswirken, was das Gespräch von vornherein zum Scheitern bringen kann. Mögen wir alle bereit sein, Besuchern in Sanftmut und Wahrheit zu antworten, denn wir wissen nicht, „ob ihnen Gott nicht noch Buße geben möchte zur Erkenntnis der Wahrheit“ (2Tim 2,25).