Das Sündenbekenntnis
Einführung
Das Bekenntnis von Sünden ist ein zentrales Element des christlichen Lebens. Da wir uns hier mit dem christlichen Sündenbekenntnis befassen, werden wir uns hauptsächlich auf das Neue Testament konzentrieren. Wir wollen jedoch auch einige Schlüsselworte aus dem Alten Testament und ihren Hintergrund betrachten.
Im Neuen Testament gibt es drei griechische Schlüsselworte: homologeō (ein Verb: versprechen, bekennen, erklären, loben ), exomologeō (ein Verb: versprechen, bekennen, loben) und homologia (ein Substantiv: Bekenntnis).
In der griechischen Übersetzung des Alten Testaments (der Septuaginta) wird das griechische Wort homologeō mit mehreren hebräischen Wörtern wiedergegeben: yada (loben), nadar (beeiden) und saba (schwören). Das griechische Wort homologia wird mit den hebräischen Begriffen nedabah (freiwilliges Opfer), neder (Gelübde) und todah (Lob, Ehre) übersetzt. Exomologeō wird etwa 120 Mal mit dem hebräischen Wort yada (loben, bekennen) übersetzt. Exomologeō wird zusammen mit psallō verwendet, was „Loblieder singen“ bedeutet, sowie mit aineō, „danken“.
Für unsere Zwecke ist es vielleicht hilfreich darauf hinzuweisen, dass das hebräische Wort yada im Alten Testament mehrfach im Sinne von „preisen“, „die Ehre geben“, „ein Vergehen bekennen“ oder im Sinne von „den Herrn anerkennen“ vorkommt (vgl. Jos 7,19; 1Kön 8,33–36; 2Chr 6,24–27). Diese Bedeutung entspricht dem, wie das Neue Testament das christliche Sündenbekenntnis versteht.
Homologeō ist ein zusammengesetztes Wort, dessen Etymologie „das Gleiche sagen“ bedeutet. Damit erklärt sich, wie der Begriff im Sinne von (1) Sündenbekenntnis (man bekennt Gott, dass man sündig ist), (2) Bekenntnis, dass Gott in seinem Urteil gerecht ist, und (3) Lobpreis Gottes (d.h. „bekennen“, dass Gott Gott ist) verwendet werden kann. In allen drei Bedeutungen stimmt man mit dem Herrn und seiner Sicht der Wirklichkeit überein.
Das Bekenntnis der Christen
Beginnen wir mit einigen Stellen im Neuen Testament, die im Zusammenhang hiermit stehen.
- Markus 1,5: „Und es ging zu ihm hinaus das ganze Land Judäa und die Bewohner von Jerusalem, und es wurden von ihm alle im Jordan getauft, die ihre Sünden bekannten.“
- Matthäus 3,6: „Und es wurden von ihm im Jordan getauft, die ihre Sünden bekannten.“
- Jakobus 5,6: „Bekennt einander die Übertretungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet! Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist.“
- 1. Johannes 1,9: „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“
- Apostelgeschichte 19,18: „Und viele von denen, die gläubig geworden waren, kamen und bekannten und erzählten ihre Taten.“
Zu Beginn des christlichen Lebens „bekennen“ wir Jesus als Herrn, wir erkennen ihn an (vgl. Röm 10,9). Dieses erstmalige Unterwerfen unter Christus schließt notwendigerweise das Bekenntnis der Sünde gegen ihn ein (vgl. Mt 3,6; Mk 1,5; Apg 3,19; 5,31). Das versteht man unter Bekehrung. Bei alldem ist natürlich der Heilige Geist am Werk (vgl. 1Kor 12,3), der uns neu macht (vgl. 2Kor 5,17), uns von innen heraus verwandelt (vgl. Röm 6,1–2) und uns auf einen neuen Weg bringt. Dennoch ruft Gott uns – als Gläubige – auf, „uns verwandeln zu lassen“ (Röm 12,1–2). Obwohl also eine große Veränderung stattgefunden hat, haben wir noch nicht die Vollkommenheit erreicht (vgl. Phil 3,12–14). Und jedes Versagen auf unserem Lebensweg müssen wir Gott ehrlich bekennen.
„Das Leben eines Christen ist durch das Streben nach Gerechtigkeit gekennzeichnet, und dennoch gibt es für unsere Verfehlungen immer noch Vergebung – eine Vergebung, die auf dem Erlösungswerk Christi beruht.“
1. Johannes 1 ist in dieser Hinsicht besonders wichtig. In diesem Zusammenhang erfahren wir, dass Gott Licht und in ihm keine Finsternis ist (Vers 5). Wir können nicht sagen, dass wir Gemeinschaft mit Gott haben, solange wir in der Finsternis wandeln (Vers 6). Nur wenn wir „im Licht wandeln“ (ein gottgefälliges Leben führen), können wir beweisen, dass „das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, uns von aller Sünde reinigt“ (Vers 7). Dennoch können wir nicht leugnen, dass wir sündigen (Vers 8). Aber Gott hat in Christus für uns alle Vorsorge getroffen: „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (Vers 9). Das Leben eines Christen ist durch das Streben nach Gerechtigkeit gekennzeichnet, und dennoch gibt es für unsere Verfehlungen immer noch Vergebung – eine Vergebung, die auf dem Erlösungswerk Christi beruht.
Das herausragende alttestamentliche Beispiel für ein Sündenbekenntnis ist Psalm 51. Hier bekennt David seine Sünde vor Gott: „Ich kenne meine Übertretungen, und meine Sünde ist immer vor mir“ (Vers 3). Das hebräische Wort für „wissen“, das hier verwendet wird, ist yada, das in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments (der Septuaginta) sowohl mit homologeō als auch mit exomologeō übersetzt wird, was oft mit „bekennen“ wiedergegeben wird. In diesem Sündenbekenntnis fleht David Gott um Erbarmen an, wobei er seine Bitte mit Gottes beständiger Liebe und Barmherzigkeit verbindet (Vers 3) und ihn um Reinigung und Vergebung bittet (Vers 4).
Entsprechende Warnhinweise
Aus alldem lernen wir, dass Sünde eine ernste Angelegenheit ist. Daher müssen wir vor Gott, unserem Vater, ehrlich sein, indem wir unsere Sünde anerkennen und ihn um Vergebung durch Christus bitten. Wir können die Sünde nicht ignorieren. Allerdings können wir hier einem Irrtum erliegen, vor dem ich warnen möchte: Angesichts der Tatsache, dass uns die Vergebung der eingestandenen Sünden verheißen ist, sollten wir alte, vor Gott bekannte und vergebene Sünden nicht immer wieder hochholen. Das würde bedeuten, dass wir – wenn auch unbewusst – Gottes Treue und Gerechtigkeit in Frage stellen. Wir würden damit – widersinnig und vielleicht kontraintuitiv – der Sünde, die bereits vergeben wurde, zu viel Aufmerksamkeit schenken. Wir müssen unsere Sünden freimütig bekennen, aber dann auch Gott vertrauen und ihm für die Vergebung danken, die er uns zugesagt hat.
„Wir müssen unsere Sünden freimütig bekennen, aber dann auch Gott vertrauen und ihm für die Vergebung danken, die er uns zugesagt hat.“
Wir sollten auch sehen, dass die Ohrenbeichte (die Sündenbeichte vor einem Priester) ein Irrtum ist. Römische Katholiken und viele Anglikaner finden diese Praxis in Jakobus 5,16 bestätigt: „Bekennt einander die Übertretungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet! Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist.“ Zweifellos gibt der Apostel hier dem gegenseitigen Sündenbekenntnis einen gewissen Raum. Aber von seiner Aussage bis zur römisch-katholischen Praxis ist es doch ein großer Schritt. Außerdem erkennen wir keinen menschlichen „Priester“ an, sondern nur Christus, unseren einzigen Mittler (vgl. 1Tim 2,5).
Weiterführende Lektüre
Systematische Theologien: Ältere Werke
Es ist immer wertvoll, zumindest ein oder zwei hilfreiche Systematische Theologien zur Hand zu haben, die man lesen und studieren kann. Unter den älteren Werken empfehle ich den Lesern folgende Bücher:
- Herman Bavinck, Reformed Dogmatics, Volume Four, Holy Spirit, Church, and New Creation, translated by John Vriend and edited by John Bolt, Grand Rapids, MI: Baker Academic, 2008, S. 161-62; 192; 225; 143; 148, 166-69; 409; 422.
- Johannes Calvin, Unterricht in der christlichen Religion – Institutio Christianae Religionis, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG; 3. Edition 2008, III.IV.1-19; IV.XII.15.
- Francis Turretin, Institutes of Elenctic Theology, Volume Three, translated by George Musgrave Giger and edited by James T. Dennison, Jr., Phillipsburg, NJ: P and R Publishing Company, 1997, S. 551-54. Hier kritisiert Turretin die Auffassungen über die Ohrenbeichte und das römisch-katholische Bußsakrament.
Systematische Theologien: Jüngere Werke
- Wayne Grudem, Biblische Dogmatik: Eine Einführung in die Systematische Theologie, Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2013, S. 424.
Bücher
- Robert Yarbrough, 1, 2, and 3 John, Baker Exegetical Commentary on the New Testament, Grand Rapids, MI: Baker Academic, 2008.
Artikel
- Dieter Fürst, „Confess“ in New International Dictionary of New Testament Theology, ed. Colin Brown, Carlisle, UK: The Paternoster Press, 1986, S. 344-348.