Worte, die Gnade bringen

Artikel von Josh Manley
10. Juli 2023 — 6 Min Lesedauer

Man muss nur einen kurzen Blick auf Gruppenchats, Twitter oder die Kommentare unter einer Fernsehsendung werfen, dann merkt man: Wer behauptet, dass freundliche Worte in letzter Zeit Mangelware sind, der untertreibt. Egal um welche Themen es geht – man sieht, dass Sprache oft eher verwendet wird, um zu spalten, statt um zu versöhnen, mehr um zu verletzen, als zu heilen und um zu erniedrigen, statt aufzuerbauen. Man kann anderen Menschen nicht nur mit körperlicher Gewalt wehtun, sondern auch mit Worten.

Nach welchen Kriterien wählst du deine Worte aus – sei es am Computer, in deiner Gemeinde oder am Küchentisch? Wir bekennen den Gott und dienen dem Gott, der spricht. Er schuf die Welt durch sein Wort, und sein Wort spendet Leben. Könnte es sein, dass wir vergessen haben, wie unendlich wichtig und mächtig das Geschenk der Sprache ist? Der dreieinige Gott hat sich selbst schließlich durch seine Worte offenbart. In Christus hat er uns dazu befreit, unsere Sprache so zu verwenden, dass sie staunenswerten, bleibenden Zielen dient.

Woher ich das weiß? So steht es im Brief an die Epheser.

Der Epheserbrief beginnt mit einem Loblied auf Gottes Souveränität über alle Dinge (vgl. Eph 1,11). Paulus legt dar, dass Gott sein Volk vor Grundlegung der Welt erwählt und geliebt hat (vgl. 1,4). Er betrachtet, wie Gott uns vom geistlichen Tod zu geistlichem Leben erweckt (vgl. 2,1–5), und entfaltet, wie Gott uns in seinen kosmischen Plan mit hineinnimmt, um nicht nur Juden und Heiden (vgl. 2,15), sondern alles in Christus zu vereinen (vgl. 1,10). Im Epheserbrief führt uns Paulus auf Berggipfel, von denen aus wir eine atemberaubende Sicht auf die Herrlichkeit Gottes haben.

Doch er lässt uns nicht dort stehen. Er fordert uns auf zu antworten – oder genauer gesagt: zu sprechen. Paulus legt für uns dar, wie Gottes großes Erlösungswerk in Christus unser Leben und damit auch unsere Sprache umgestaltet. In Epheser 4,29 schreibt Paulus: „Kein schlechtes Wort soll aus eurem Mund kommen, sondern was gut ist zur Erbauung, wo es nötig ist, damit es den Hörern Gnade bringe.“

„In Christus können wir unsere Sprache verwenden, um anderen Menschen etwas zu bringen, was uns zuvor unmöglich war, und das ist: Gnade.“
 

Lies das noch einmal! Der Epheserbrief lehrt, dass sich Gottes herrliche Absichten für das Universum und sein Volk in Christus auch auf unsere Sprache auswirken. Ohne den Glauben an Christus speien sündige Herzen Worte aus, die den Tod und den Verfall der gefallenen Welt weiter vorantreiben. Doch nun, in Christus, können wir unsere Sprache verwenden, um anderen Menschen etwas zu bringen, was uns zuvor unmöglich war, und das ist: Gnade.

Zwei Aspekte, wie diese Lehre unser Reden prägen kann, sollen hier näher beleuchtet werden:

1. Gott verwendet deine Worte für Ziele, die du nicht völlig erfassen kannst

Bestimmt kannst du ohne zu zögern von Worten erzählen, die dich verletzt haben. Hoffentlich kannst du dich aber auch an Momente erinnern, in denen ein Mitchrist mit dir in der Absicht gesprochen hat, dich aufzubauen – wo dich jemand mit einer freundlichen Antwort überrascht hat, als du eine barsche Entgegnung erwartet hattest, oder wo jemand dich mit dem Evangelium tröstete, als du dich weit weg von Gott fühltest. In diesen Alltagsmomenten tat Gott etwas unendlich Herrliches durch die Worte deines Bruders oder deiner Schwester. Er gebrauchte diese Gläubigen, um Gutes zu sprechen und dir dadurch Gnade zu bringen.

Was wäre, wenn wir wirklich glaubten, dass unsere Worte Gnade bringen können? Vermutlich würden wir nach Möglichkeiten suchen, um unsere Worte für dieses gute Ziel einzusetzen. Was wäre, wenn wir aufgrund von Epheser 4,29 die wöchentlichen Versammlungen unserer Gemeinde als unverzichtbare Gelegenheiten ansehen würden, um Gutes in das Leben anderer Menschen zu sprechen? In Anbetracht dessen, was wir hier im Epheserbrief lesen, muss dem Gott, der spricht, besondere Ehre zuteilwerden, denn er benutzt die Worte seines erlösten Volkes, um Ziele zu erreichen, die wir diesseits der Ewigkeit nicht vollständig ergründen können.

Wir begreifen das ganze Ausmaß der Gnade Gottes für seine Kinder noch nicht, aber wir wissen, dass unser Reden ein Mittel ist, das Gott gebraucht, um seinen Kindern ein gewisses Maß an Gnade zu bringen.

2. Gott gebraucht dein Reden für etwas, das bleibt

Wenn wir eine Bestandsaufnahme dessen machen würden, was wir im vergangenen Jahr verschwendet haben, wie viele unnütze Wörter würden es wohl auf die Liste schaffen?

Wie bei jeder anderen knappen Ressource auch steht selbst den wortgewaltigsten Menschen während ihrer Lebenszeit nur eine begrenzte Anzahl von Wörtern zur Verfügung. Was wäre es für eine Tragödie, würden wir am Ende unseres Lebens feststellen müssen, dass wir unsere Wörter für Aussagen vergeudeten, die keinen bleibenden Wert haben!

Wenn wir allerdings das reden, was gut ist, um Gnade zu bringen, verwendet Gott unsere gewöhnlichen Worte für seine außergewöhnlichen Ziele. Er benutzt sie sogar, um sein Volk zu einem Bau zusammenzufügen, der im kommenden Zeitalter seine Wohnstätte sein wird (vgl. 2,22). Mit dem, was wir sagen, beabsichtigt Gott in Christus etwas zu erschaffen, das Bestand hat.

„Stell dir vor, was für ein wunderbarer Ort unsere Gemeinden wären, wenn wir uns alle gezielt vornehmen würden, Worte so zu gebrauchen, dass sie Ewigkeitswert haben!“
 

Doch wir sollten nicht meinen, dass dieses Gebot darauf abzielt, dass wir anderen bloß positive Dinge sagen und ihnen schmeicheln sollen. Worte, die Gnade bringen, sind erfüllt vom Evangelium. Dies bedeutet, dass es manchmal angebracht ist, ein ernstes Wort zu sagen, weil es aus der Ewigkeitsperspektive betrachtet am meisten Gutes bewirken wird. Es bedeutet, sich zu entschuldigen, wenn wir unrecht haben, oder jemanden in Bezug auf seine Begabungen zu ermutigen, auch wenn dies mit sich bringt, dass wir selbst mit unseren Gaben in den Hintergrund treten.

Stell dir vor, was für ein wunderbarer, im Vergleich zur herrschenden Kultur völlig andersartiger Ort unsere Gemeinden wären, wenn wir uns alle gezielt vornehmen würden, Worte so zu gebrauchen, dass sie Ewigkeitswert haben! Gottes Plan ist es, Christus zu verherrlichen und in Christus den Gang des Universums und unseres Schicksals zu gestalten. Für dieses Ewigkeitsziel gebraucht er auch unsere Worte. Gegenwärtig gibt es in unserer Kultur einen Überfluss an Worten, doch nur wenige Worte sind gut. Die Lebensjahre, die der Herr uns schenkt, sollten wir so nutzen, dass wir danach streben zu reden, was gut ist, um Gnade zu bringen.

Meine Generation wurde zu Recht aufgefordert: „Verschwende dein Leben nicht!“ Wer diesem Aufruf folgen möchte, sollte ihm für sich die Aufforderung hinzufügen: „Vergeude deine Worte nicht!“

Unsere Tage und unsere Worte sind gezählt, und schon bald werden wir vor Gott Rechenschaft darüber ablegen müssen, wie wir sie verwendet haben. Seine Worte sind immer wahr, immer gut und niemals vergeudet. Mögen die Worte, die wir als seine Kinder sprechen, seinem großen Namen Ehre machen und seinem ganzen Volk Gnade bringen.