Fünf Prinzipien für persönliche Evangelisation
Kennst du das? Du fährst nach Hause und bemerkst nach deiner Ankunft, dass du dich nicht mehr daran erinnern kannst, wie du dahin gekommen bist? Ich kenne das. Du weißt, dass es auf dem Weg Abzweigungen, Ampeln und Stoppschilder gibt, doch du erinnerst dich an nichts davon. Du hast auf Autopilot geschaltet. Du bist diesen Weg so oft gefahren, du kennst ihn und die Menschen, die dir darauf begegnen, so gut, dass du überhaupt nicht mehr darüber nachdenkst. Vielleicht würde es dir sogar schwerfallen, den Weg einer anderen Person zu beschreiben, weil du nicht einmal die Namen der Straßen kennst, oder welche Orientierungspunkte an welchen Abzweigungen zu finden sind. Du findest einfach nach Hause.
So geht es vielen Christen mit ihrer Bibel, ihrer Gemeinde oder mit ihren Geschwistern. Es braucht keine Wegbeschreibungen und keine Erklärungen. Jeder weiß, was er zu tun und wohin er zu gehen hat und was mit bestimmten Begriffen gemeint ist.
Doch das gilt nicht für jeden. Wer nicht in der Gemeinde groß geworden ist und niemals mit Freunden darüber geplaudert hat, wie man sich selbst das Evangelium predigen und die Götzen im eigenen Herzen oder hartnäckige Sünden loswerden soll, dem mag all dies fremd vorkommen.
Meine Frage ist: Wo treffen sich diese beiden Welten? Wie können wir mit unseren nicht-christlichen Freunden, Kollegen oder Klassenkameraden umgehen, damit diese das Evangelium hören und glauben?
Hier sind fünf Dinge, die man sich merken sollte:
1. Sei freundlich
Es gibt viele Gelegenheiten, mit einer Person über das Evangelium zu sprechen, von der man weiß, dass man sie nie wieder sehen wird. Doch die meisten Evangelisationsmöglichkeiten ergeben sich mit den Menschen, denen man regelmäßig, wenn nicht sogar täglich, begegnet. Es sind die Menschen, die dir am Schreibtisch oder im Zoom-Meeting gegenübersitzen. Es sind die Menschen, die du im Fitnessstudio oder an der Theke deines Lieblingscafés triffst. Sie alle bringen Geschichten ihrer Vergangenheit und Hoffnungen für ihre Zukunft mit.
Die anfängliche Herausforderung für viele von uns ist es nicht, zu evangelisieren, sondern Freundschaften zu schließen.
„Die anfängliche Herausforderung für viele von uns ist es nicht, zu evangelisieren, sondern Freundschaften zu schließen.“
Zeig also Interesse an deinen Mitmenschen. Zeig Interesse an ihnen, frag sie nach ihrem Wochenende, finde heraus, wer oder was ihnen wichtig ist, und schenk ihnen ein offenes Ohr, wenn sie dir ihre Geschichten erzählen. Jesus unterhielt sich mit den Menschen. Egal ob er über Gottes Zorn über ganze Städte sprach, es mit den Pharisäern und ihren Irrlehren aufnahm oder den Frieden und die Ordnung eines Dorfes wiederherstellte, indem er Dämonen austrieb – zwischendrin fand er immer die Zeit, sich mit Menschen zu unterhalten. Und ihre Antworten waren für ihn Sprungbretter, über Angelegenheiten von ewiger Bedeutung zu sprechen.
Ich verlange nicht, dass sich jeder von uns eine extrovertierte Persönlichkeit antrainieren muss. Ich möchte lediglich Matthäus 7,12 praktisch anwenden: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.“ Ich möchte dich als jemanden, der für Christi Ehre und nicht die eigene lebt, dazu ermutigen, Menschen besser kennenzulernen und Wege zu finden, um ihnen Gottes Liebe besser zu zeigen und ihnen besser zu dienen.
2. Behalte das Evangelium im Auge
Hast du jemals erlebt, dass du eine Geschichte erzählst und dein Zuhörer dich mittendrin unterbricht, weil ihm schon einmal etwas Ähnliches passiert ist? Dann schenkst du seiner Abschweifung für einige Minuten Gehör und stellst fest, dass seine Geschichte mit deiner überhaupt nichts gemein hat? Bei Gesprächen mit Nichtchristen über die Bibel kommt so etwas häufig vor. Wir versuchen, das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken, unser Gegenüber lenkt sie in eine ganz andere. Ob es um schlechte Erfahrungen mit „der Kirche“ in der Vergangenheit, Ansichten über Meditation oder die „Kraft des positiven Denkens“ geht, sobald man Jesus erwähnt, fangen Menschen an, in alle möglichen Richtungen hin abzuschweifen.
Es ist ratsam, sich eine Konversation wie eine geplante Route vorzustellen, wenn man das gewünschte Ziel erreichen möchte. Die erste Motivation liegt einfach in einer freundlichen Interaktion. Auf der nächsten Etappe wünscht man sich ein tiefsinniges Gespräch und das Endziel ist es, Jünger Jesu zu machen. Dies kann uns helfen zu beurteilen, wo wir im Umgang mit unseren Mitmenschen stehen. Dabei ist die Bandbreite möglicher Gesprächsthemen riesig: Politik, um wie viel Uhr Teenager abends zu Hause sein sollten oder die genauen Ausmaße des Himmels. Doch inmitten all dessen ist es unsere Aufgabe, die Konversation wieder zurück auf die Straße hin zum Evangelium zu führen.
Während du dies versuchst, vernachlässige das Gebet nicht. Vergiss nicht, andere Christen um Gebet für dich und die Menschen, die du zu erreichen suchst, zu bitten (vgl. Kol 4,3–4). Es geht nämlich um mehr als Gesprächs-Jiu-Jitsu. Es geht darum, Verlorenen die Wahrheit nahezubringen, während allerhand Hindernisse auf dem Weg lauern (vgl. Eph 6,12).
3. Lade sie zu christlichen Veranstaltungen ein
Erinnerst du dich daran, wie du die Eltern deines Ehepartners kennengelernt hast? Zweifelsohne warst du ein wenig eingeschüchtert, vor allem, wenn die Beziehung noch sehr frisch war.
So fühlen sich viele Nichtchristen, wenn wir sie sofort in die Gemeinde einladen. Sie verstehen, dass Christen sich für gewöhnlich in Gruppen treffen, die man „Gemeinden“ bzw. „Kirchen“ nennt, doch der Gedanke, sonntags etwas eher als gewohnt aufzustehen, bereitet ihnen ein wenig Unbehagen. Sie fragen sich, was sie anziehen und wie viel sie singen und reden müssen. Manch anderer hat Vorbehalte gegenüber der Kirche, berechtigt oder nicht, und verspürt keine große Lust, in eine zurückzukehren.
Darum sollte man sie nicht gleich ins kalte Wasser werfen und sie stattdessen zunächst zu etwas einladen, bei dem die Hemmschwelle nicht allzu hoch ist. Stell dir vor, du triffst dich mit ein paar Männern aus deiner Gemeinde zum Fußballspiel. Nutz doch die Gelegenheit, deinen Freund dazu einzuladen. Oder du gehst mit Freunden aus der Gemeinde essen oder ins Kino? Nimm deine Freundin mit. Du schmeißt eine Gartenparty? Vergiss nicht, auch deinen Nachbarn einzuladen!
Zusammenkünfte von Christen sind oft voller tiefsinniger Gespräche, die deine ungläubigen Freunde mitbekommen werden. Zudem werden sie Zeugen kleiner, aber bedeutsamer Akte der Liebe unter Christen (vgl. Joh 13,34–35). Vielleicht hören sie, wie du erzählst, dass du für jemanden betest. Vielleicht sehen sie, wie ihr einander im Gespräch ermutigt oder auf dem Fußballplatz nicht die Beherrschung verliert. Du willst also, dass deine nichtchristlichen Freunde sehen, wie das Leben von Menschen von christlicher Liebe geprägt ist. Nutz diese Gelegenheiten, um auf den Kern des christlichen Lebens vorzubereiten – wie Christen als Ortsgemeinde zusammenkommen, um ihren auferstandenen Herrn anzubeten.
4. Bitte sie, eins der Evangelien mit dir durchzulesen
Viele Nichtchristen, sogar solche, die in einer Gemeinde groß geworden sind, haben in der Tat noch nie in der Bibel gelesen. Und doch haben sie oft allerhand Ansichten über Gott, Jesus, Christen und die Wahrheit. Darum bitte doch deinen Freund oder deine Freundin, einen der Berichte über Jesu Dienst und Leben selbst zu lesen und mit dir darüber zu sprechen. Fordere sie dazu heraus, den Jesus der Bibel kennenzulernen, fordere sie dazu heraus, ihre unvollständigen oder fehlerhaften Darstellungen von Jesus loszulassen. Ich glaube, dass es dich überraschen wird, wer alles zu so etwas bereit ist.
Eine nützliche Hilfe, die ich gern empfehle, ist David Helms Buch One to One Bible Reading. Es bietet verschiedene Lesepläne und Strategien für diese Art der Bibellese. Es beinhaltet einen Plan für die Lektüre des gesamten Markusevangeliums in acht Treffen, inklusive Fragen, die der Leser stellen kann. Damit können Unterhaltungen und persönliches Nachsinnen hin zu einer klaren Evangeliumsverkündigung geführt werden.
5. Behalte das große Ganze im Auge
Wenn wir als Kinder gefragt wurden, was wir einmal werden wollen, haben wohl die wenigsten von uns „Landwirt“ als Berufswunsch genannt. Doch das ist genau, was wir sind. Sicher, du magst deine Brötchen vielleicht in einer Bank, einem Supermarkt oder einer Schule verdienen, doch das ist nicht alles, was du bist. Du bist ebenfalls zu dem landwirtschaftlichen Unterfangen berufen, die Samen des Evangeliums in die Herzen von Menschen zu pflanzen. Egal ob es sich um einen Fremden in der U-Bahn, einen Kindheitsfreund oder einen neuen Kollegen handelt – wir sind dazu berufen, zu Jüngern zu machen.
„Lass mich dich dazu ermutigen, dir die Tatsache ins Gedächtnis zu rufen, dass der Erfolg bei der Evangelisierung nicht von deinem Können, deiner Persönlichkeit oder deinem immensen Bibelwissen abhängt.“
Lass mich dich dazu ermutigen, dir die Tatsache ins Gedächtnis zu rufen, dass der Erfolg bei der Evangelisierung nicht von deinem Können, deiner Persönlichkeit oder deinem immensen Bibelwissen abhängt (vgl. Mk 4,26–27). Es ist der Geist Gottes, der das vom Volk Gottes verkündete Wort Gottes gebraucht. Und all das zur Ehre Gottes. Des Weiteren werden sich manche Menschen von keiner Strategie, keinem weisen Rat und keinem genauestens ausgetüftelten Leseplan davon überzeugen lassen, dass das Evangelium gut ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass „das Wort vom Kreuz eine Torheit denen [ist], die verloren werden“. Doch damit ist der Vers noch nicht zu Ende. Weiter heißt es: „uns aber, die wir selig werden, ist es Gottes Kraft“ (1 Kor 1,18).
Weißt du noch, was passierte, als Adam im Garten ungehorsam war? Gott folgte ihm. Er ging ihm nach. Er wartete nicht, bis Adam zu ihm kam. So hat Gott es mit Sündern seit jeher gehandhabt. Lasst es uns ihm gleichtun und bedenken: „Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten, die das Gute verkündigen!“ (Röm 10,15).