Sei gastfreundlich!

Artikel von Doug Van Meter
19. Juni 2023 — 4 Min Lesedauer

Ich musste laut lachen, als ich folgenden Buchtitel las: Sorry, I'm Late, I Didn't Want to Come: An Introvert's Year of Living Dangerously (dt. etwa „Sorry, ich bin zu spät, weil ich nicht kommen wollte: Wie ich als introvertierter Mensch ein abenteuerliches Jahr erlebte). Ich kann das nachvollziehen; mir fällt es nicht leicht, mit Menschen in Kontakt zu treten. Doch ich weiß, dass Christus nachzufolgen bedeutet, Teil einer Ortsgemeinde zu sein; und Teil einer Ortsgemeinde zu sein bedeutet manchmal, Dinge zu tun, die einem Unbehagen bereiten.

Gastfreundschaft ist nicht einfach, aber Gott verlangt sie. Lasst euch also von mir dazu ermutigen, „gefährlich zu leben“ und Gastfreundschaft zu üben.

Die Bibel gebietet es

Im Neuen Testament wird der Gastfreundschaft eine große Bedeutung beigemessen. Paulus zählt sie zu den Grundlagen des christlichen Lebens (vgl. Röm 12,13; auch 1Petr 4,9) und betont, dass unsere Ältesten oder Pastoren von Gastfreundschaft geprägt sein müssen (vgl. 1Tim 3,2); vermutlich, damit sie der Gemeinde ein Beispiel geben können. Er sagt, dass Gastfreundschaft auch die älteren Frauen in der Gemeinde kennzeichnen sollte (vgl. 1Tim 5,10), wahrscheinlich aus demselben Grund.

Gastfreundschaft ist nicht nur die Aufgabe von extrovertierten Menschen, sondern von jedem Gemeindemitglied.

„Gastfreundschaft zu zeigen erfordert ein offenes Haus, einen offenen Zeitplan, ein offenes Ohr und sogar eine offene Brieftasche.“
 

Biblische Gastfreundschaft bedeutet weit mehr als Kaffee und Kuchen nach dem Abendgottesdienst. Gastfreundschaft zu zeigen erfordert ein offenes Haus, einen offenen Zeitplan, ein offenes Ohr und sogar eine offene Brieftasche. Meine Arbeitsdefinition von Gastfreundschaft ist folgende: eine von Christus motivierte, selbstlose Bereitschaft, unseren Besitz für das Wohl anderer zu opfern (vgl. Röm 12,13). Christen müssen Gastfreundschaft sowohl gegenüber denen zeigen, die wir kennen, als auch gegenüber denen, die wir nicht kennen. Hebräer 13,2 macht dies deutlich: „Vernachlässigt nicht die Gastfreundschaft; denn durch sie haben etliche ohne ihr Wissen Engel beherbergt.“ Dieser Abschnitt fordert uns eindeutig auf, die aufopfernde Liebe Christi auch denen zu erweisen, die nicht zu unserem gewohnten Umfeld gehören.

In der Heiligen Schrift ist ein Fremder nicht unbedingt jemand, den wir zum ersten Mal treffen. Der Begriff kann sich auch auf jemanden beziehen, der kulturell anders ist als wir. Im Alten Testament war ein Fremder jemand, der nicht zu Gottes Bundesvolk Israel gehörte. Dies hat Paulus im Sinn, wenn er schreibt, dass die heidnischen Bekehrten in Ephesus „ausgeschlossen von der Bürgerschaft Israels und fremd den Bündnissen der Verheißung“ waren (Eph 2,12). Durch die Kraft des Evangeliums sind sie nun Glieder des Hauses Gottes.

Wenn es um Gastfreundschaft geht, müssen wir uns „mit Eifer“ um die praktischen Bedürfnisse der anderen kümmern. Wir müssen die Liebe Christi denen zeigen, die Teil einer anderen demographischen Gruppe sind: den Christen aus anderen Gemeinden, die auf der Durchreise sind (siehe 3. Johannes); den Besuchern, die in unserer Kirche auftauchen; den neuen Mitgliedern, die unbeholfen wirken, und den Nachbarn, die uns fremd erscheinen.

Junge Menschen sollten also auf alte Menschen zugehen – und umgekehrt. In Südafrika, wo ich als Pastor tätig bin, bedeutet dies, dass weiße Gemeindemitglieder tiefgehende Kontakte zu schwarzen Gemeindemitgliedern suchen sollten – und umgekehrt. Es bedeutet, dass Menschen aus der Afrikaans-Kultur ihre Türen für Menschen aus der englischen Kultur öffnen sollten.

Wie unser Vater

Brüder und Schwestern, wenn wir den Fremden und den Geschwistern unter uns praktische Liebe erzeigen, spiegeln wir unseren himmlischen Vater wider. Jesus sagte: „Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, was habt ihr für einen Lohn? … Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr Besonderes?“ (Mt 5,46–47).

Unser himmlischer Vater gab seinen Sohn, um unser größtes Bedürfnis zu stillen: die Vergebung unserer Sünden. Er hat uns mit sich selbst versöhnt, als wir noch Fremde waren – Fremde, die auch Feinde waren (vgl. Röm 5,8). Wenn wir über Gottes Gnade nachdenken, die wir in Christus erleben, sollten unsere Herzen von der Verpflichtung zur Gastfreundschaft erfüllt sein. Wir sollten anderen die Hand reichen – ohne Unterschied, mit aufopfernder, bedürfnisorientierter Liebe, die keinen Raum für Murren lässt (vgl. 1Petr 4,9).

Ihr Christen, ob ihr nun introvertiert oder extrovertiert seid, ihr seid aufgefordert Gastfreundschaft zu zeigen, sogar bis hin zur Aufopferung – genauso wie es unser Herr getan hat.

Buchempfehlung der Redaktion

Passend zum Artikel erschien 2021 das Buch Offene Türen öffnen Herzen: Radikal einfache Gastfreundschaft in einer nachchristlichen Welt von Rosaria Butterfield, das auch für Evangelium21 rezensiert wurde.