Das Muttersein: Lektionen aus dem Buch Prediger
Wenn das Leben den Erwartungen nicht gerecht wird
Die ersten Tage im Leben einer frischgebackenen Mutter sind genauso schön, wie sie anstrengend sind. Doch achtundvierzig Stunden nach der Geburt und drei Stunden nach der Rückkehr nach Hause spürte ich beim Aufstehen vom Sofa einen stechenden Schmerz in meiner rechten Seite. Das Stechen wurde zu einem quälenden Pochen und am nächsten Tag war ich nicht mehr in der Lage, mein Baby zu halten oder zu füttern. Als frei verkäufliche Schmerzmittelchen nach einigen Tagen immer noch keine Abhilfe schaffen konnten, schickte mich der Arzt zurück ins Krankenhaus, wo man mich untersuchte und für eine Notfall-OP vorbereitete. Zwei Wochen verbrachte ich im Krankenhaus, in denen meine jüngere Schwester auf mein Neugeborenes aufpasste. Nach einer Wagenladung Antibiotika und einer zweiten OP drei Monate später ging es mir endlich wieder gut genug, dass ich mich um meinen Sohn kümmern konnte. Eine Mutter zu sein, hatte ich mir gänzlich anders vorgestellt.
Wir alle erleben Momente, die unsere Erwartungen an das Muttersein zerschmettern. Mein „Moment“ kam früh, doch früher oder später passiert es uns allen. Wenn ich daher jeder werdenden Mutter einen Rat geben könnte, dann wäre es der, das Buch Prediger zu lesen. Ich weiß, dieser Rat mag seltsam klingen, doch kaum etwas vermag dich besser darauf vorzubereiten, eine Mutter zu sein, als die Lektüre dieses kurzen Bibelbuches. Der Prediger lehrt uns alle, egal ob deine Kinder Säuglinge, Teenager oder bereits erwachsen sind, realistische, von Freude erfüllte und gottesfürchtige Mütter zu sein.
Der Prediger lehrte mich, eine realistische Mutter zu sein
Sollten wir von irgendwelchen idealisierten Vorstellungen der Mutterschaft befangen sein, dann zerschmettert Salomo diese im Predigerbuch: „O Nichtigkeit der Nichtigkeiten! … O Nichtigkeit der Nichtigkeiten! Alles ist nichtig!“ verkündet er zu Beginn seines Buches (Pred 1,2).
Natürlich schließt „Alles“ alle Aspekte des Lebens mit ein, doch vielleicht ist die Mutterschaft auf eine ganz besondere Art und Weise gemeint, gehen Mütter doch der Lebensschenkung nach. Muttersein ist eine Nichtigkeit der Nichtigkeiten. Das Wort „Nichtigkeit“ bedeutet „ein bloßer Hauch“. Und wie ein Hauch ist das Muttersein kurz und liegt jenseits unserer Kontrolle. An einem Tag bringst du ein Leben in diese Welt und am nächsten schickst du es schon hinaus in die Welt. Du atmest ein. Du atmest aus. Und es ist vorbei. Einfach so.
„Nur wenn wir die Realität des Mutterseins akzeptieren, lernen wir auch, das Muttersein zu lieben.“
Vom Anfang bis zum Ende dieser kurzen Fahrt – von der Schwangerschaft zur Pubertät, von der Wiege bis zur Uni – liegt die Kontrolle letzten Endes nicht in unserer Hand. Wir können es uns nicht aussuchen, wann unsere Kinder geboren werden oder zu welchen Menschen sie sich entwickeln werden. Wir können nicht über ihre Erfolge und Fehlschläge bestimmen, ihnen ihre Ehepartner aussuchen oder entscheiden, ob sie Jesus folgen werden oder nicht. Unser gesamtes Dasein als Mutter rauscht an uns vorüber, jenseits unserer Reichweite und Möglichkeit, es zu lenken und zu leiten.
Doch das Muttersein fühlt sich nicht immer flüchtig an, nicht wahr? Lange Nächte mit einem zahnenden Baby oder ein aufmüpfiger Teenager lassen uns mit Salomo übereinstimmen, dass „alles Reden … so voll Mühe [ist], dass niemand damit zu Ende kommt“ (Pred 1,8). Die mühseligen Jahre des Mutterseins sind oft voll aufreibender Fragen: „Warum hat es mein Kind so schwer? Wie kann ich ihm helfen, Freunde zu finden? Wird sie jemals gut in der Schule sein? Wie kann ich unsere Beziehung wieder kitten?“ Kein technologischer Fortschritt und kein Social Media Ratschlag vermögen es, uns klarere Einsichten als den Müttern der Generationen vor uns zu vermitteln, denn, wie Salomo sagt: „Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt … Was geschehen ist, ebendas wird hernach sein. Was man getan hat, ebendas tut man hernach wieder“ (Pred 1,4.9).
Um es so geradeheraus wie Salomo zu sagen: Es tut weh, eine Mutter zu sein. „(U)nter Mühen sollst du Kinder gebären“ ist der Fluch, der uns im Garten auferlegt wurde und der als solcher noch immer wirksam ist (vgl. 1Mose 3,16). Die Geburtswehen sind meist nur der Anfang, denn die Unannehmlichkeiten der Geburt verblassen oft, vergleicht man sie mit dem Kopfschmerz, der damit einhergeht, sie großzuziehen. Schwangerschaften zeichnen einer Frau Dehnungsstreifen auf den Leib und Teenager Sorgenfalten auf die Stirn. Es lässt sich nicht leugnen: Mutterschaft ist ein kurzlebiges, leidiges und brutales Geschäft. Oder um Salomos Worte zu verwenden: „Das ist ein mühseliges Geschäft … damit sie sich mit ihm plagen sollen“ (Pred 1,13). Und doch bleibt es nur ein Atemzug. Nichtigkeit der Nichtigkeit! Alle Mutterschaft ist Nichtigkeit.
Warum aber solch ein trostloses Bild vom Muttersein zeichnen? Möchte ich Frauen davon abhalten, Mütter zu werden? Ganz im Gegenteil. Ich möchte, dass noch mehr christliche Frauen voll freudigem Eifer und Mut ihre Kinder in der Zucht und Ermahnung des Herrn großziehen.
Doch das Predigerbuch hat mich gelehrt, dass die Straße hin zur Freude durch die Realität verläuft, nicht weg von ihr. Daher sollten Mütter das Buch lesen. In diesem Büchlein zwingt Salomo uns, der Realität ins Auge zu schauen. Er besteht darauf, dass wir das Leben und das Muttersein so sehen, wie sie wirklich sind, nicht wie wir sie gerne hätten.
Er entledigt uns aller idealistischen und abgöttischen Vorstellungen vom Dasein als Mutter und tauscht diese mit biblischer Wahrheit aus. Nur wenn wir die Realität des Mutterseins akzeptieren, lernen wir auch, das Muttersein zu lieben.
Der Prediger lehrte mich, eine Mutter voller Freude zu sein
Nachdem er uns gezeigt hat, dass alles im Leben und das Muttersein Nichtigkeit ist – kurz, brutal und voller Leid –, sagt uns Salomo paradoxerweise, dass wir es genießen sollten. „Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben“ (Pred 3,12). Anders ausgedrückt ist der beste Ratschlag für eine Mutter folgender: freue dich mit deinen Kindern und tue ihnen Gutes, solange du lebst.
Hier aber hat die Sache einen Haken: Wir können keine Freude im Muttersein erringen, wir können sie nur aus Gottes Hand empfangen. Salomo erklärt: „Doch dies sah ich auch, dass es von Gottes Hand kommt. Denn wer kann fröhlich essen und genießen, wenn nicht ich?“ (Pred 2,24–25). Jede Freude am Muttersein ist ein Geschenk Gottes. Freude liegt nicht auf der anderen Seite eines Universitätsstipendiums oder der Freundschaft eines erwachsenen Kindes. Kein Maß an mütterlichem Aufwand und kein Erfolg eines Kindes kann Freude erringen. Wir ziehen keine erfolgreichen Kinder groß, um uns an ihnen zu erfreuen, wir ziehen sie mit Freude groß, komme, was wolle.
„Wir ziehen keine erfolgreichen Kinder groß, um uns an ihnen zu erfreuen, wir ziehen sie mit Freude groß, komme, was wolle.“
Tatsächlich ist der Grund, warum es uns manchmal nicht gelingt, Freude im Muttersein zu finden, der, dass wir versuchen, unsere Freude aus unseren Kindern zu beziehen, anstatt sie als Geschenke Gottes zu betrachten, an denen wir uns erfreuen dürfen. Wenn wir versuchen, mehr von unseren Kindern zu bekommen, als Gott gegeben hat, machen wir aus dem Segen der Mutterschaft eine Bürde. Finden wir beispielsweise unsere Identität oder unseren Selbstwert in unserem Dasein als Mutter, dreht sich unser Muttersein bald schon um die Erfolge unserer Kinder, die uns in den eigenen und in den Augen anderer gut dastehen lassen. Vielleicht wollen wir Respekt und Dankbarkeit von unseren Kindern, vielleicht aber jagen wir auch nur dem Gefühl der Erfüllung hinterher, dass wir uns vom Dasein als Mutter oder einer engen Bindung zu unseren Kindern erhoffen. Hängt aber unsere Freude am Muttersein von den Erfolgen unserer Kinder und unserer Beziehung zu ihnen ab, werden wir niemals glücklich sein. Stattdessen bedeutet wahre Freude, die Kinder, die Gott uns zu schenken beschließt, dankbar zu empfangen und sie mit ihren Begabungen und Schwächen anzunehmen, die Gott beschließt ihnen zu schenken.
Doch wenn das Muttersein hart und das Resultat ungewiss ist, wie können wir von Freude erfüllt sein? Indem wir uns der Alltagsgeschenke Gottes an Mamas erfreuen. Wie Salomo sagt: „Denn ein jeder Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes“ (Pred 3,13). Daher ist es eigentlich ganz einfach, sich in seinem Dasein als Mutter zu erfreuen. Wir brauchen nur auf Gottes alltägliche Gaben zu schauen und uns ihrer zu erfreuen, wie sie kommen. Jeder klebrige Kleinkindkuss, jeder nette Plausch mit einem Teenager, jede fertige Hausaufgabe, jede durchschlafene Nacht, jede Tasse Kaffee und jedes gemeinsame Abendessen im Kreis der Familie ist ein Geschenk Gottes. Egal wie schwierig der momentane Weg als Mutter sein mag, Gott macht dir Geschenke, die du heute genießen darfst. Schau sie an, nimm sie an und erfreue dich an ihnen. Freude ist der Job einer Mutter. Es ist die wundervolle Aufgabe, die uns heute, morgen und für jeden restlichen Tag unseres Lebens anvertraut wird.
Der Prediger lehrte mich, eine gottesfürchtige Mutter zu sein
Dank Salomos Weisheit ist die Frage, was eine gottesfürchtige Mutter ausmacht, kein Ratespiel. Er sagt uns, wir sollen freudig sein und freudig Gutes tun. Man soll „fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben“ (Pred 3,12). Seien wir einmal ehrlich: Oft sehen wir den Alltag als Mutter nicht als gottgegebenen Freudenquell. Tatsächlich sehen wir Kochpläne und Töpfchentrainings, Fahrgemeinschaften und Familienratssitzungen als eher unangenehme Aspekte unseres Lebens an. Doch Salomo sieht das ganz anders: Wir sollten uns an all unseren mütterlichen Mühen erfreuen. Gott erfüllt unser Leben nicht nur mit guten Werken, die wir für unsere Familien vollbringen dürfen, er gibt unseren Werken auch noch Freude obendrauf. Er schenkt uns Freude und ein Gefühl der Sinnhaftigkeit, wenn wir unseren Kindern dienen.
Salomos Worte hallen in denen des Paulus wider, wenn dieser schreibt: „Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen“ (Eph 2,10).
Damit wir Mütter bei der Frage, was diese guten Werke nun sind, nicht im Dunkeln tappen müssen, hat Gott es uns in seinem Wort offenbart. Als Mütter sollen wir unsere Kinder beharrlich darin unterrichten, Gott und unsere Nächsten zu lieben (vgl. 5Mose 6,4–9). Wir sollen sie mit Kleidung und Essen, Fürsorge und Weisheit versorgen (vgl. Spr 31). Wir sollen unsere Kinder unterweisen, ermahnen und sie darin trainieren, uns in allem zu gehorchen, damit ihnen Segen zuteil wird (vgl. Eph 6,1–4). Wir sollen unsere Kinder lieben und häuslich sein (vgl. Tit 2,3–5). Und natürlich sollen wir das Evangelium mit ihnen teilen. Diese guten Werke liegen uns direkt zu Füßen, bereit dafür, dass man in ihnen wandelt.
Sie mögen gewöhnlich und sogar niedrig wirken, weswegen wir es manchmal versuchen, sie zu vermeiden. „Das kann doch sicher kein gutes Werk sein, zu dem Gott mich berufen hat? Hat er nichts Weltbewegenderes für mich zu erledigen?“ Viele Frauen denken fälschlicherweise, die wirklich guten Werke wären außerhalb und nicht innerhalb des Hauses zu finden. Wenn wir aber Kinder zu Hause haben, ist es unsere wichtigste Aufgabe, in diesen vier Wänden „häuslich“ zu sein. Dieses Werk und die damit einhergehende Freude ist Gottes Geschenk an uns. Unseren Kindern Gutes zu tun, strotzt nicht immer vor Glamour. Aber es ist immer eine herrliche Tätigkeit. Das Niedrige erhält Bedeutung, wenn Gott es mit Sinn und Freude krönt.
Im Lauf des vergangenen Monats durfte ich mich mit frischgebackenen Müttern freuen (unter anderem mit meiner Schwägerin, die ein wundervolles kleines Mädchen auf die Welt brachte) und mit Müttern trauern und beten, deren Kinder vom Weg abgekommen sind. Die Weisheit des Predigers gilt uns allen. Salomo erkannte die Nichtigkeit des Lebens und des Muttersein, aber auch den besten Weg nach vorne: „Darum pries ich die Freude“, denn „der Mensch hat nichts Besseres“ (Pred 8,15). Daher kann ich allen Müttern das Buch Prediger ans Herz legen.