Hilfe! Ich komme bei meinem Bibelleseplan nicht hinterher!

Artikel von Phil Thompson
20. April 2023 — 6 Min Lesedauer

In meinem Büroregal steht eine blaue, in Leder gebundene Bibel, die ich im Alter von sieben Jahren geschenkt bekam. Sie ist eins der wertvollsten Dinge, die ich besitze, weil mich meine Großmutter ermutigte, genau diese Bibel zu lesen. Sie forderte mich auf, alle Stellen zu unterstreichen, an denen das Wort „glauben“ vorkommt, und sagte, sie würde mir eine Belohnung geben, wenn ich alle finde. Meine Großmutter ist inzwischen verstorben, aber die sorgfältig eingekreisten Wörter sind immer noch da.

Mit zehn Jahren begann ich, das Neue Testament zu lesen. Im Alter von elf Jahren begann ich mit dem Alten Testament, was meine Eltern mit gemischten Gefühlen aufnahmen, weil sie wussten, wie schwer der Lesestoff war. Jahr für Jahr arbeitete ich mich durch den Text. Meine Abenteuerbibel, ein Geschenk meines geliebten und inzwischen verstorbenen Sonntagsschullehrers, ist nach meinen frühen Streifzügen durch die Heilige Schrift bis zur Unkenntlichkeit zerfleddert. Aber irgendwann im College endete meine Motivation, die Bibel für eine Belohnung zu lesen oder Gott dazu zu bewegen, auf mich herabzulächeln. Mein geistliches Leben, meine Sicht auf Gott und sogar meine Sicht auf das Evangelium selbst gerieten völlig aus den Fugen. Ich hatte nicht die nötige Motivation, jährlich durch die Bibel zu lesen.

„Ein Scheitern im Bibelleseplan bedeutet nicht gleich ein Scheitern im Glauben.“
 

Immer wieder versuchte ich, die einjährige Reise durch die Bibel zu machen, nur um festzustellen, dass mein Lesezeichen immer noch am Anfang von 3. Mose feststeckte, als es wieder Zeit war, den Weihnachtsbaum aufzustellen. Ein paar Jahre lang kämpfte ich mit Entmutigung und Frustration. Doch zum Glück durchlebte ich in den vergangenen zehn Jahren einen Prozess, der mich der Heiligen Schrift und dem Gott der Heiligen Schrift wieder näherbrachte – und außerdem vielen Freunden, die sich auf dem gleichen Weg befanden. Im Folgenden stelle ich vier Elemente vor, die mein Bibelstudium neu definiert und die Freude am regelmäßigen Bibellesen neu in mir entfacht haben.

1. Definiere die Erwartung neu

Ein großer Segen beim Studieren der Kirchengeschichte ist, dass du 2.000 Jahre lang treuen, Gott verherrlichenden Christen begegnest, die weitaus heiliger waren als du oder ich – und von denen viele ihre Bibel nie in einem Jahr durchlasen. Die Glaubensvorbilder, die teilweise gar keine Bibeln hatten oder nicht lesen konnten, befreiten mich vom schlechten Gewissen, dass ich mir nicht täglich die Zeit zum Bibellesen nahm. Sie ermutigten mich, ihre Ressourcen zu nutzen: Meditation, Auswendiglernen, Zuhören und Gemeinschaft. Ich brauchte diese Ermutigung meiner Vorfahren, die mir zeigten, dass ein Scheitern im Bibelleseplan nicht gleich ein Scheitern im Glauben bedeutet.

Ich habe einmal gehört, dass Martyn Lloyd-Jones zu einer Gruppe von Medizinstudenten sprach, die sich darüber beklagten, keine Zeit zum Bibellesen zu haben. Nachdem er ihre Ausrede abgetan hatte, sagte Lloyd-Jones: „Ich mache nur eine Ausnahme: Eine Mutter von Kindern im Vorschulalter, denn sie hat weder die Zeit noch emotionale Ressourcen.“ Seither habe ich diesen Spruch oft genutzt, um Mütter zu ermutigen, die sich in einer ähnlichen Situation befanden.

Ändere deinen Blick auf die Erwartungen, die mit dem Lesen der gesamten Bibel verbunden sind, und du wirst mehr und nicht weniger motiviert sein, etwas über Jesus zu erfahren, der uns gern in seinem Wort begegnet.

2. Definiere den Umfang neu

Warum erlaubst du dir nicht, dich auf das Lesen eines einzigen Buches der Bibel einzulassen, anstatt die ganze Bibel lesen zu wollen? Manchmal ist weniger mehr. Nimm dir ein Jahr, um ein Experte für ein bestimmtes Bibelbuch zu werden. Geh in die Tiefe, statt in die Breite.

Schreibe ein Bibeljournal für ein einziges Buch, während du den Text durcharbeitest. Formuliere Gebete, die vom Bibeltext inspiriert sind, und schicke sie an einen Gebetspartner. Nimm einen Kommentar zur Hand, der dir hilft, alternative Auslegungen des Textes in Betracht zu ziehen. Studiere einzelne Wörter, um ein besseres Gefühl für die Themen zu bekommen. Lerne einen Teil des Buches oder ein gesamtes kürzeres Buch auswendig. Gönne deiner Seele eine Pause, indem du die Schrift in einem langsameren Tempo liest.

3. Definiere die Dauer neu

Im Laufe der Zeit hat sich meine Aufmerksamkeitsspanne deutlich verkürzt. Da sich meine beruflichen und familiären Verpflichtungen vervielfacht haben, habe ich nicht die Disziplin, eine Aufgabe ein ganzes Jahr lang jeden Tag auf die gleiche Weise zu wiederholen.

Es gibt einen Grund, warum die meisten Diät- und Sportpläne nur 90 Tage umfassen. Deshalb lese ich stattdessen die ganze Bibel in 90 Tagen. Diese Zeitspanne ist kurz genug, um mich voll und ganz darauf zu konzentrieren. Es ist zwar arbeitsintensiv, aber ich schaffe es meistens, ein paar Monate am Stück an einer Aufgabe dranzubleiben. Somit ist das Ziel zu Beginn des Jahres erkennbar und erreichbar.

Geh in die Tiefe, statt in die Breite.
 

Ist deine Aufmerksamkeitsspanne zu gering für drei Monate? Ich habe sogar bereits einen 30-Tage-Plan durchgearbeitet. So bekommst du einen Überblick über die Heilige Schrift und hast immer noch 11 Monate Zeit, um dich tiefergehend mit einem einzelnen Buch zu beschäftigen.

4. Definiere die Methode neu

Erlaube dir, Hilfsmittel zu benutzen. Manche von uns sind Hörbüchern gegenüber kritisch eingestellt, aber vergiss nicht, dass die Heilige Schrift ursprünglich auch ein Hörbuch war – sie wurde dem Volk Israel und den frühen neutestamentlichen Gemeinden laut vorgelesen (vgl. Neh 8,1–3; 1Tim 4,13).

Sich auf diese Art mit der Heiligen Schrift zu beschäftigen, kann ein großer Segen sein, besonders in den erzählenden Teilen der Schrift (1. Mose–Hiob, Matthäus–Apostelgeschichte). Halte deine gedruckte Bibel griffbereit, um dir die Abschnitte der Audioversion zu merken, in die du mehr Zeit investieren und mit der du dich detaillierter beschäftigen möchtest. Es ist auch wichtig, eine Anwendung zu finden, die Bibelübersetzungen und Sprecher anbietet, denen du gern zuhörst. Die YouVersion-App etwa umfasst eine große Auswahl an Audiobibeln.

Du kannst auch Abwechslung in dein Bibellesen bringen, indem du jedes Jahr eine andere Übersetzung verwendest. Probiere in einem Jahr die Schlachter-, Elberfelder- oder Lutherübersetzung, wenn du eine besonders wörtliche Übersetzung des Textes lesen möchtest. Im nächsten Jahr kannst du für einen kommunikativen, leichter verständlichen Ansatz zur Neuen evangelistischen Übersetzung greifen. Die Neue Genfer Übersetzung versucht einen Mittelweg zu finden, der die Erzählung auf eine Weise wiedergibt, die viel mehr nach gesprochenem statt geschriebenem Deutsch klingt. Den Text auf eine neue Art zu hören oder zu lesen kann helfen, die „Eintönigkeit“ des Prozesses zu durchbrechen.

Die ganze Bibel ist geschrieben, um uns auf Jesus hinzuweisen (vgl. Joh 5,39). Definiere deine Annahmen über das alljährliche Bibellesen neu und lerne ihn auf eine neue Art und Weise kennen.

Mein Bibelleseplan für 30 Tage

1 1. Mose
2 2. Mose
3 3. Mose
4 4. Mose
5 5. Mose
6 Josua–Richter
7 Ruth–1. Samuel
8 2. Samuel
9 1. Könige
10 2. Könige–1. Chronik
11 2. Chronik
12 Esra–Esther
13 Hiob
14 Psalm 1–78
15 Psalm 79–150
16 Sprüche–Prediger
17 Hohelied–Jesaja
18 Jeremia
19 Klagelieder
20 Hesekiel
21 Daniel
22 Hosea–Amos
23 Obadja–Maleachi
24 Matthäus
25 Markus–Lukas
26 Johannes
27 Apostelgeschichte–Römer
28 1. Korinther–Epheser
29 Philipper–Jakobus
30 1. Petrus–Offenbarung