Wie Jesus das Passahfest erfüllte

Artikel von Justin Dillehay
7. April 2023 — 6 Min Lesedauer

Dieses Jahr beginnt das jüdische Passahfest am 5. April, genau zwei Tage vor Karfreitag. Die zeitliche Nähe dieser beiden religiösen Feste ist keine Neuigkeit. Es erinnert uns daran, dass Jesus während des Passahfestes gekreuzigt wurde und dass er als Jude nach Jerusalem kommen musste, um das Passah zu feiern.

Aber ist dies reiner Zufall? Wurde Jesus rein zufällig während des Passahfestes hingerichtet?

Die biblische Antwort ist hier ein klares Nein. Der Grund, warum Jesus zum letzten Mal nach Jerusalem kam, war nicht, um lediglich das Passah zu feiern, sondern um unser Passah zu werden. So schreibt Paulus in 1. Korinther 5,7 deutlich: „Denn unser Passahlamm ist ja für uns geschlachtet worden: Christus.“

Was ist damit gemeint?

Für die Antwort müssen wir zunächst zurück zum Ursprung des Passahfestes in 2. Mose 12 gehen. Dort sehen wir, warum das Passah notwendig war und was es bedeutete. Wenn wir die Bedeutung des Passahfestes verstanden haben, können wir näher darauf eingehen, wie Christus unser Passah wurde.

2. Mose 12: Das erste Passahfest

Der Schauplatz ist Ägypten und die Stimmung ist chaotisch. Ägypten ist gerade von einer Serie von neun Plagen heimgesucht worden. Die neun Plagen sind nicht nur eine Pechsträhne: Gott richtet Ägypten. Mehr als das, Gott hält sein Versprechen (vgl. 2Mose 2,23–25). Er hat Abraham, Isaak, Jakob und deren Nachkommen das Land Kanaan verheißen (vgl. 1Mose 15,18–21), doch diese sitzen seit Jahrhunderten in Ägypten fest. Es ist höchste Zeit, dass Gott sie herausholt und nach Hause bringt.

Doch da ist noch eine letzte Plage, die schwerste von allen. Bei allen (oder zumindest den meisten) vorangegangenen Plagen ist Israel verschont geblieben. Ihr Vieh ist nicht gestorben (vgl. 2Mose 9,6). Ihre Felder sind nicht verhagelt worden (vgl. 2Mose 9,26). Ihr Land ist nicht verdunkelt worden (vgl. 2Mose 10,23). Sie haben nichts getan, um diesen Plagen zu entgehen. Gott hat die Plagen nicht auf Israel gerichtet.

Aber die letzte Plage ist anders. Dieses Mal wird Gott auf alle zielen. Ohne weitere Vorkehrungen wird Gott alle Erstgeborenen in Ägypten töten, auch die Erstgeborenen Israels.

Warum?

Weil Israel, obwohl es Gottes auserwähltes Volk und über Jahrhunderte unterdrückt worden ist, in Wahrheit ein Volk von Sündern ist. Hesekiel 20,4–10 sagt uns, dass es sogar die falschen Götter Ägyptens angebetet hat! Gott kann so eine Sünde nicht einfach ignorieren.

Gott ist heilig und gerecht. Das ist die Botschaft der zehnten Plage. Die Botschaft des Passahs ist aber, dass Gott zugleich barmherzig ist. Bei diesem ersten Passah schafft Gott einen Weg, wie er gleichzeitig gerecht und barmherzig sein kann. Wir nennen dies Erlösung durch Stellvertretung.

„Das ist die Bedeutung des Passahs: Gott verschont die Kinder Israels. Nicht weil sie besser sind als die Kinder Ägyptens, sondern weil ein fehlerloses Lamm an ihrer Stelle stirbt und dessen Blut die Tür färbt.“
 

Dabei sind die Vorschriften Gottes einfach: Nimm ein Lamm, an dem kein Fehler ist, ein männliches Tier, ein Jahr alt (vgl. 2Mose 12,3–5). Untersuche es vier Tage lang, um sicherzustellen, dass es wirklich ohne Makel ist (vgl. 12,6). Schlachte dieses Lamm am 14. Tag des Monats, in der Nacht, in der der Todesengel alle Erstgeburt schlägt. Streiche dann das Blut des Lammes an deine Türpfosten (vgl. 12,7). Wenn Gott das Blut sieht, wird er an dir vorübergehen (vgl. 12,13).

Das ist die Bedeutung des Passahs: Gott verschont die Kinder Israels. Nicht weil sie besser sind als die Kinder Ägyptens, sondern weil ein fehlerloses Lamm an ihrer Stelle stirbt und dessen Blut die Tür färbt.

Erlösung durch Stellvertretung. Und aus dem Neuen Testament wird deutlich: Die Botschaft des Passahfestes ist auch die Botschaft von Karfreitag.

Karfreitag und das wahre Passahlamm

Wenn du dich jetzt wunderst, wie ein Tier die Stellvertretung für einen Menschen übernehmen konnte, dann ist die Antwort, dass das Lamm genau das eben nicht konnte (vgl. Hebr 10,4). Wie Gott an einem Menschen vorübergehen konnte, weil ein Tier an seiner Stelle starb, war immer noch ein Problem, das nach einer Lösung verlangte (vgl. Röm 3,25).

Und am Karfreitag wurde das Problem endlich gelöst.

So wie auch Israel während der zehnten Plage wegen des Götzendienstes Gottes Zorn ausgesetzt war, so sind wir alle wegen unseres Götzendienstes dem gerechten Zorn Gottes ausgesetzt. Wir alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit, die wir vor Gott haben sollten (vgl. Röm 3,23; Anm.d.Übers.). Und ohne weitere Vorkehrungen würde jeder Einzelne von uns auf ewig unter Gottes Zorn in dem ewigen Feuer umkommen, das für den Teufel und seine Dämonen vorbereitet wurde (vgl. Offb 19,20; 20,15; Anm.d.Übers.). Denn Gott ist heilig und gerecht.

Aber in seiner unendliche Liebe erdachte Gott sich einen Weg, um gleichzeitig gerecht und gnädig sein zu können. Erlösung durch Stellvertretung. Das Passah sollte ein Abbild davon sein, aber es war nicht die Wirklichkeit. Den wahren Stellvertreter finden wir dann in den Evangelien. Johannes der Täufer bringt es auf den Punkt: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!“ (Joh 1,29).

Wie bei jeder Typologie ist Jesus größer als sein alttestamentliches Abbild. Dieses Mal verlangte Gott nicht von uns, für ein Lamm zu sorgen. Er selbst sorgte dafür. Und dieses Lamm war kein Tier: Jesus ist ganz Gott und ganz Mensch wie wir, doch ohne Sünde (vgl. Hebr 2,17; 4,15).

Doch wie bei jeder Typologie entsprach auch Jesus seinem alttestamentlichen Abbild in vielen Dingen. Er war ein reifer Mann (vgl. Lk 3,23). Keiner seiner Knochen wurde zerbrochen (vgl. 2Mose 12,46; Joh 19,36). Er wurde geprüft und war völlig makellos (vgl. 1Petr 2,22). Und er wurde für unsere Sünden geschlagen (vgl. 1Kor 15,3; Offb 1,5). Wir rühmen uns, „dass [wir] nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, losgekauft worden [sind] aus [unserem] nichtigen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut des Christus als eines makellosen und unbefleckten Lammes“ (1Petr 1,18–19).

Genau das meint Paulus, wenn er schreibt: „Denn unser Passahlamm ist ja für uns geschlachtet worden: Christus“ (1Kor 5,7). Unsere Erlösung kommt durch seine Stellvertretung. Daher kann Gott zu uns sagen: „Und wenn ich [sein] Blut sehe, dann werde ich verschonend an euch vorübergehen“ (2Mose 12,13).

Bleibt nur noch eine Frage offen:

Ist sein Blut auch für dich gültig?

Befindest du dich unter dem Schutz seines Blutes?

Wie steht es doch gleich in 2. Mose 12? Streng genommen reichte es nicht, dass das Passahlamm geschlachtet wurde. Das Blut des Lammes musste an die Türpfosten gestrichen werden, damit Gott verschonend am Haus vorüberging. Hätten die Israeliten das vergessen, dann hätte ihnen das Lamm keinen Vorteil gebracht. So bemerkte Calvin einst: „Solange Christus außer uns bleibt und wir von ihm getrennt sind, ist alles, was er zum Heil der Menschheit gelitten und getan hat, für uns ohne Nutzen und gar ohne jeden Belang!“[1]

Du musst auf das Lamm schauen, welches für dich durchbohrt wurde, und es im Glauben als deinen einzigen Schutz vor Gottes Zorn annehmen. Der Glaube ist das Mittel, durch das sein Blut auf dich persönlich angewendet wird. Wenn du im demütigen Glauben an seine Tür klopfst, wirst du entdecken, dass in seinem Haus viel Platz für dich ist. Und wenn Gott das Blut sieht, wird er gnädig an dir vorübergehen.

Erlösung durch Stellvertretung.

Das ist die Botschaft des Passahfestes.

Das ist die Botschaft von Karfreitag.

Das ist die Hoffnung für die Welt.