Warum wir uns mit Kirchengeschichte beschäftigen sollten
Kirchengeschichte. Christliche Geschichte. Einige von euch werden vielleicht schon versucht sein, mit dem Lesen aufzuhören. Geschichte ist für viele Menschen schließlich ein Thema, das langweilig, irrelevant und „weit weg“ ist.
Aber ich bin überzeugt, dass wir uns viel mehr mit der Geschichte des Christentums beschäftigen sollten. Dies kann sogar grundlegend für unseren Glauben werden.
„Wenn du Christ bist, ist Kirchengeschichte ein Stück weit auch Familiengeschichte.“
Der christliche Glaube ist in der Geschichte verankert. Wir lehren nicht eine Ansammlung von abstrakten Prinzipien oder philosophischen Ideen. Wir lehren die Wahrheit eines geschichtlichen Ereignisses. Wie Francis Schaeffer zu sagen pflegte: Wenn du vor 2 000 Jahren dabei gewesen wärst, hättest du mit deiner Hand über das Kreuz streichen und dir einen Splitter einfangen können. Wie töricht wäre es deshalb, wenn wir zu dem Schluss kämen: „Nun, ich glaube, dass Jesus in historischer Zeit gelebt hat, gestorben und auferstanden ist, und dass ich ohne diese historischen Ereignisse für immer verloren wäre, aber die Geschichte ist mir eigentlich egal.“
Wenn du Christ bist, ist Kirchengeschichte ein Stück weit auch Familiengeschichte. Denke einmal darüber nach. Die Kirchengeschichte zu studieren ist wie das Öffnen eines Fotoalbums, um die Familienhistorie einmal genauer zu betrachten.
Aber Kirchengeschichte ist nicht nur bedeutsam, sie ist auch äußerst praktisch. Hier sind sieben Möglichkeiten, wie das Studium der Geschichte uns dient.
1. Sie lehrt uns.
Kirchengeschichte ersetzt unser Unwissen durch Wahrheit. Der Philosoph Cicero sprach die Warnung aus: „Nichts von dem zu wissen, was vor deiner Geburt geschah, bedeutet, für immer ein Kind zu bleiben.“ Geschichte zu lernen, fördert unser Wachstum, weil es uns in der Realität ankommen lässt und mit dem konfrontiert, was tatsächlich passiert ist.
Die christliche Kirche hat eine herrliche, wenn auch wechselhafte Vergangenheit. So wie die biblische Geschichte des Volkes Gottes eine gemischte Geschichte ist – große Taten des Glaubens vermischt mit großen Sündenfällen – so ist auch die Geschichte der Menschen, die die Kirche im Laufe der Jahrhunderte gebildet haben. Die Historiker John Woodbridge und Frank James halten fest:
„Die Kirchengeschichte erinnert uns daran, dass Christen der Torheit schuldig werden, aber auch mutig für die Wahrheit einstehen können. Sie können egoistisch und selbstzentriert sein, aber auch demütig und weitherzig. Eine einzelne Person der Kirchengeschichte kann diese unterschiedlichen Merkmale tragen. Wir finden es vielleicht manchmal erschreckend, dass auch unsere Helden gefallen sind. Aber Gott wirkt durch Sünder, um seinen guten Ratschluss zu verwirklichen.“
Das Studium der Kirchengeschichte dient somit unserer Belehrung und unserem Wachstum.
2. Sie versetzt uns in Staunen.
Ja, ich gebe zu: Kirchengeschichte kann manchmal etwas langweilig erscheinen. Und zweifellos kann sie auch langweilig gelehrt werden. Wenn sie jedoch gut gelehrt wird, ist sie mit dem Nervenkitzel des Entdeckens verbunden – und das ist aufregend. Man lernt Menschen kennen, die man noch nie gesehen hat, und besucht Orte, an denen man noch nie war und auch nie sein kann, da sie nicht mehr existieren.
Die Erforschung deines geistlichen Erbes kann ein aufregendes Abenteuer sein.
3. Sie erweitert unsere Perspektive.
Die Kirchengeschichte befreit uns von unserer eigenen, eingeengten Perspektive und zeigt auf, worum es eigentlich geht.
„Fokussieren wir uns ausschließlich auf die Gegenwart, landen wir in einem geschichtlichen und geistlichen Vakuum.“
Ein Historiker machte einmal die Bemerkung, dass Geschichte uns nicht nur vom Einfluss anderer Zeiten befreit, sondern auch von dem Einfluss unserer gegenwärtigen Umgebung und ihrem Denken. Fokussieren wir uns ausschließlich auf die Gegenwart, landen wir in einem geschichtlichen und geistlichen Vakuum. Wir brauchen die Geschichte, um unseren Blick zu erweitern.
Außerdem stehen wir manchmal in der Gefahr, zu glauben, dass es vor langer Zeit ein goldenes Zeitalter der Lehre und des christlichen Lebens gab, zu dem wir zurückkehren müssen. Aber das ist eine Illusion. Kein Zeitalter hat eine Ebene christlichen Denkens und christlicher Praxis gekannt, das nicht nach dem zweiten Kommen Christi geschrien hätte.
4. Sie bietet uns Hilfestellung.
Die Kirchengeschichte wirft Licht auf gegenwärtige Trends und Umstände und bietet so Erklärungen, warum Dinge so sind, wie sie sind. Unsere gegenwärtigen Herausforderungen als Christen sind selten nur in unserer Zeit zu finden. Zum Beispiel wist du im Gespräch mit einem Mormonen merken, dass sie die Gottheit Christi verneinen. Sie gehen davon aus, dass er nicht der Schöpfer ist, sondern selbst geschaffen wurde. Diese Denkweise gab es aber auch schon im dritten Jahrhundert n. Chr. und ein Buch wie Über die Inkarnation des Logos von Athanasius, das als Antwort auf genau dieses Problem geschrieben wurde, kann uns helfen, auf die Argumente der Mormonen zu antworten.
5. Sie inspiriert uns.
Ich gehe davon aus, dass du das Gefühl kennst, durch die Geschichte einer historischen Figur ergriffen zu sein. Biographien zu lesen kann eine Quelle der Inspiration sein. Ob wir nun von der Gottzentriertheit Jonathan Edwards lesen, von der Beharrlichkeit Adoniram Judsons, vom Glauben Georg Müllers oder von der Überzeugung Martyn Lloyd-Jones’. In meinem Leben hat Gott oft Biographien gebraucht, um meine Seele zu ermutigen und neue Hingabe an Christus zu bewirken.
In der Bibel sehen wir, wie Glaubenstaten der Vergangenheit (Hebr 11,1–40) das Ausharren in der Gegenwart bewirken sollen (Hebr 12,1–2). Unser Erlöser gebraucht Geschichten von gestern, um unseren Lauf in der Gegenwart mit Kraft zu erfüllen.
6. Sie demütigt und überzeugt.
Wenn wir die Lebensgeschichten unserer geistlichen Vorgänger studieren, werden wir schnell merken, dass wir vielleicht gar nicht so beeindruckend sind, wie wir dachten.
Bethan Lloyd-Jones, die Frau des großen Predigers Martyn Lloyd-Jones, erklärte einmal: „Um meinen Ehemann zu verstehen, müssen Sie zunächst verstehen, dass er vor allem ein Mann des Gebets war und ein Evangelist.“ Fragen wir uns einmal selbst: Wenn die Person, die uns am besten kennt, ein Geheimnis über uns weitergeben sollte; würden dann Gebet und Evangelisation ganz oben auf der Liste stehen?
7. Sie entfacht Anbetung.
Wie könnte es anders sein? Die Kirchengeschichte vertieft unser Erstaunen über Gottes unerschütterliche Treue durch die Jahrhunderte hindurch. Wir werden bewegt, ihn für seine Rettung und Bewahrung zu preisen und ihm dafür zu danken, dass er Menschen trotz ihrer Schwächen gebraucht hat.
„Obwohl wir uns in der Kirchen-geschichte natürlich mit den Werken von Männern und Frauen beschäftigen, ist es doch Gottes Werk, das uns hier begegnet.“
Obwohl wir uns in der Kirchengeschichte natürlich mit den Werken von Männern und Frauen beschäftigen, ist es doch Gottes Werk, das uns hier begegnet. Es waren nicht die Christen, die die Kirche erbaut haben, sondern Christus: „Ich werde meine Gemeinde bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18).
Es gibt wenige Dinge, die uns so auf Jesus hinweisen wie die Kirchengeschichte. Wir denken vielleicht, dass es sehr viele Helden in der Vergangenheit gegeben hat, aber letztendlich bleibt nur einer übrig. Der Herr Jesus Christus ist der einzig perfekte Held, auf den all seine unvollkommenen Nachfolger hinweisen.