Gott in der Einsamkeit begegnen

Rezension von Bianca Hopcraft
20. Oktober 2022 — 8 Min Lesedauer

Das Cover des Buches Gott in der Einsamkeit begegnen strahlt etwas Warmes und Hoffnungsvolles aus. Zu sehen ist ein Glas, gefüllt mit einer hell leuchtenden Lichterkette vor einem bläulichen Hintergrund: Geborgenheit und Schönheit in der Dunkelheit.

Das Bild passt zur Botschaft des Buches der Autorin Lydia Brownback, das 2017 herauskam und erst kürzlich ins Deutsche übersetzt wurde. Das Buch richtet sich vornehmlich an Frauen, ist aber genauso für Männer relevant. Es behandelt keine schweren Fälle von klinischer oder psychischer Depression, sondern die Art von Einsamkeit, die jeder Mensch auf die eine oder andere Weise aus seinem Leben kennt und erlebt – egal ob single oder verheiratet, alt oder jung, arm oder reich, Mann oder Frau, allein oder in der Masse.

Die Autorin will uns helfen, die verschiedenen Formen und Gründe unserer gefühlten Einsamkeit besser zu erkennen und zu verstehen. Sie möchte anhand von Gottes Wort zeigen, wie wir hoffnungsvoll mit ihr umgehen können.

Schauen wir uns also an, was Brownback inhaltlich zu sagen hat.

Der Einsamkeit auf der Spur

Bereits in der Einleitung gibt Brownback einen ersten Einblick in den allgemeinen Grund von Einsamkeit. Einsamkeit hat ihren Ursprung im Garten Eden. Sowohl vor als auch nach dem Sündenfall kannte der Mensch das Gefühl, dass ihm etwas fehlte, wenn er allein war. Ihrer Meinung nach war auch die Erschaffung von Eva noch nicht die vollendete Lösung für Einsamkeit. Brownback sagt:

„Gott hat uns Menschen mit einer gewissen Fähigkeit zur Einsamkeit ausgestattet, damit unsere Sehnsucht ihm gilt und wir in ihm das alleinige Ziel unseres Lebens finden.“ (S. 9)

Dieser These geht Brownback anschließend in drei Hauptabschnitten im Buch nach:

1. Verstärkte Einsamkeit

In ihrem ersten Teil geht die Autorin generell auf einige Lügen ein, die unsere Einsamkeit verstärken können. Sie beobachtet etwa, dass heutzutage immer mehr Menschen dem Ziel der Selbstverwirklichung nachjagen und sich darum ständig zum Weiterziehen getrieben fühlen. Immer wieder brechen sie alle Brücken hinter sich ab und wundern sich dann, warum sie wieder so einsam sind.

Entlarvend fand ich auch die Lüge, dass Einsamkeit absolut böse sei und unbedingt vermieden werden müsse. Aus Angst vor Stille und Einsamkeit können wir uns leicht in alles flüchten, was sich in der Nähe befindet (z.B. Fernsehen, Soziale Medien, Essen, Alkohol etc.) und Gott keine Chance geben, in diesen Zeiten zu uns zu reden. Auch das kann uns letztlich noch tiefer in die Einsamkeit führen.

2. Erkannte Einsamkeit

Nach diesem allgemeinen Teil folgt der größte Teil des Buches. In zehn Unterkapiteln beleuchtet Brownback hier verschiedene Arten der Einsamkeit, z.B. die Einsamkeit des Abschiednehmens, des Gehorsams, der Trauer, der fehlgeleiteten Liebe, des Andersseins, des Single-Seins sowie Einsamkeit in der Ehe.

„Gott begegnete all diesen Menschen gerade in ihrer Einsamkeit persönlich und gab ihnen das, was sie am allernötigsten hatten: Er gab sich selbst.“
 

In den meisten Unterkapiteln führt Brownback dafür eine Person aus der Bibel an, die durch eine dieser Arten von Einsamkeit ging. Wir sehen unter anderem, wie Abraham die Einsamkeit des Abschiednehmens erlebte, als er alles Vertraute hinter sich ließ. Auch sitzen wir zusammen mit der Frau aus Samaria, die aufgrund von fehlgeleiteter Liebe in Einsamkeit lebte, zur Mittagszeit am Brunnen. Brownback zeigt auf, wie Gott all diesen Menschen gerade in ihrer Einsamkeit persönlich begegnete und ihnen das gab, was sie am allernötigsten hatten: Er gab sich selbst.

Dabei nimmt sie immer wieder Bezug darauf, wie sich die jeweilige Einsamkeit auch in unserem eigenen Leben zeigen könnte. Sie ermutigt uns, dass der gleiche Gott von damals auch heute noch durch die Einsamkeit hindurch zu uns reden und unser Herz erfüllen will.

3. Beendete Einsamkeit

Schlussendlich widmet Brownback sich noch einem Herzensanliegen – der Familie Gottes, der Gemeinde. Dabei warnt sie zuerst vor Gemeinden, in denen ein Jesus verkündigt wird, „dessen Liebe niemals einen bestimmten Lebensstil verurteilen würde“ (S. 166), und die aus der Gemeinde eine „wertfreie Zone“ machen wollen. Sie meint, dass solche Gemeinden aus Eifer, alle Menschen ohne Buße einzugliedern, in der Gefahr stehen, den Einsamen und Außenseitern das vorzuenthalten, was sie vor allem brauchen: „Vergebung, Reinigung von Sünden und das Zugehörigkeitsgefühl, nach dem sie sich so sehr sehnen“ (S. 167). Darauf basiert für Brownback das wahre Evangelium von Jesus. Sie zeigt außerdem auf, dass die Stärke der Gemeinde darin besteht, dass wir dort einander mit unseren Gaben dienen und einander trösten können. Darum plädiert sie dafür, dass jeder Christ sich verbindlich in eine Gemeinde einbringt, um diesen Segen zu erfahren.

Kleine Schwächen, große Stärken

Man merkt, dass Brownback aus Erfahrung über das Thema spricht. Am interessantesten fand ich Brownbacks Ausarbeitungen über die verschiedenen Arten der Einsamkeit. Ein einziges Fragezeichen hatte ich hier bei Brownbacks Auslegung zur blutflüssigen Frau aus Markus 5 im Kapitel „Einsamkeit des Andersseins“. Brownback schreibt dort, dass die physische Krankheit der Frau ein Mittel gewesen sei, um von Jesus „von ihrer Sünde und von ihrer ewigen Trennung von Gott“ (S. 101) geheilt werden zu können. Auch wenn ich zustimme, dass es Jesus bei all seinen Wundern immer auch um eine geistliche Veränderung der Menschen ging, war mir nicht ganz klar, wie sie von dem Bibeltext auf genau diese Interpretation kam. Vielleicht wäre die Heilung des Gelähmten aus Markus 2 passender gewesen, um den Aspekt der Sündenvergebung hervorzuheben.

„Während viele Arten von Einsamkeit eher unserer Menschlichkeit und Gottesferne zuzuschreiben sind, scheint die Einsamkeit des Gehorsams gerade eine Folge dessen zu sein, dass wir Jesus nah sein wollen.“
 

Dafür sprach mich das Kapitel über die „Einsamkeit des Gehorsams“ besonders stark an. Brownback konfrontiert uns darin mit dieser nicht ganz einfachen Wahrheit: „Manchmal ist Einsamkeit der Preis, den wir für die Nachfolge Jesu zahlen“ (S. 65). Während viele Arten von Einsamkeit eher unserer Menschlichkeit und Gottesferne zuzuschreiben sind, scheint die Einsamkeit des Gehorsams gerade eine Folge dessen zu sein, dass wir Jesus nah sein wollen. Wie gehen wir damit um?

Hier nimmt uns die Autorin mit in die Leiden von Josef, der aufgrund seines absoluten Gehorsams gegenüber Gott sogar ins Gefängnis geworfen und wortwörtlich vergessen wurde. Doch während wir uns Josefs tiefe Einsamkeit dort vorstellen und überlegen, ob er in dieser Zeit manchmal enttäuscht von Gott war, weist die Autorin darauf hin, wie oft in diesen Passagen der Satz „aber der HERR war mit Josef“ (1Mose 39,2.21.23) steht. Brownback macht klar, welche Kraft und Hoffnung in dieser Aussage steckt: „In jedem Augenblick eines jeden dunklen Tages war der Herr mit ihm. Er führte alles und jeden zu dem von ihm bestimmten Ziel“ (S. 68). Und dieses Ziel war, „eine große Schar von Geretteten am Leben zu erhalten“ (1Mose 45,7).

Brownback erinnert uns daran, dass unser Gott nicht nur mit uns durch die Einsamkeit geht, sondern auch etwas Rettendes mit ihr vorhat – oft sogar eine größere Rettung, als wir uns selbst ausmalen können. Diese Perspektive rührte mich besonders an. Mir kamen einige Glaubensgeschwister in den Sinn, die vor mir die Einsamkeit des Gehorsams auf sich genommen hatten, damit andere (auch ich) zum Glauben kommen und darin wachsen konnten. Das erfüllt mich mit tiefem Dank und ermutigt mich auch selbst, solche Zeiten hoffnungsvoll anzunehmen.

Auch die Kapitel über Einsamkeit in der Ehe und im Single-Sein waren hilfreich. Immer wieder betont Brownback hier, dass die Ehe weder Selbstzweck noch Allheilmittel für die Einsamkeit ist und auch nie dazu bestimmt war. Sie ist und bleibt nur ein „Hinweis auf die ultimative Ehe, die so viel besser sein wird als selbst die beste Ehe, von der wir in unzähligen Liebesromanen lesen“ (S. 139): die Ehe zwischen Christus und seiner Gemeinde, wenn er wiederkommt. Dabei bagatellisiert Brownback (selbst unverheiratet) keinesfalls die Einsamkeit und Sehnsucht, die man als Single verspürt. Mit vielen Erfahrungen aus ihrem eigenen Leben ermutigt sie ihre Leser jedoch liebevoll, Gott zu vertrauen und ein freudiges Single-Leben zur Ehre Gottes zu führen.

„In dem, was Jesus für uns durch sein Kommen, Sterben und Auferstehen durchlitten und vollbracht hat, dürfen wir immer wieder ultimativen Trost für unsere Einsamkeit schöpfen.“
 

In allen Kapiteln zieht Brownback schließlich immer wieder einen Bogen zu dem „Mann des Schmerzens“ hin, der eine noch viel größere Einsamkeit und Last als jeder andere auf sich nahm: Jesus Christus. In dem, was Jesus für uns durch sein Kommen, Sterben und Auferstehen durchlitten und vollbracht hat, dürfen wir immer wieder ultimativen Trost für unsere Einsamkeit schöpfen. Jesus ist derjenige, der versteht, heilt, vergibt und in die enge Gemeinschaft mit unserem Schöpfer führt. Er ist derjenige, der im Gegensatz zu allen irdischen Dingen oder Menschen niemals enttäuschen wird. Wir dürfen fest wissen, dass er wiederkommt – und dann wird alle Einsamkeit für immer verschwinden.

Fazit

Dieses Buch ist kein Selbsthilfebuch zur Einsamkeit, sondern eines, das klar auf unsere alleinige Hoffnung in Jesus Christus hinweist. Es setzt sich nicht in aller Tiefe und mit jeder Art von Einsamkeit auseinander, doch ich fand mich in vielen Beispielen erkannt und unterstrich mir viele erbauliche Aussagen und Formulierungen. Auch übersetzungstechnisch ist das Buch gut gelungen. Ich kann das Buch also jedem empfehlen, der ein leicht zu lesendes Buch zum Thema Einsamkeit sucht. Du wirst hier auf jeden Fall viel Gutes zum Nachdenken und zur Ermutigung finden.

Buch

Lydia Brownback, Gott in der Einsamkeit begegnen, Dillenburg: Christliche Verlagsgesellschaft, 2022, 192 Seiten, ca. 14,90 Euro.
Das Buch kann auch direkt beim Verlag bestellt werden.