Das Septembertestament

Rezension von Ron Kubsch
20. September 2022 — 2 Min Lesedauer

Martin Luthers Übersetzung der Bibel ist von epochaler Bedeutung für die Geistesgeschichte. Sie prägte die deutsche Sprache, Kultur und das kirchliche Leben im deutschen Protestantismus wie kein anderes Werk.

Luthers Entschluss, die Bibel aus den Altsprachen zu übersetzen, nahm im Dezember 1521 konkrete Formen an. Schon kurze Zeit später begann er damit, während seines Aufenthalts auf der Wartburg das Neue Testament aus dem Griechischen zu verdeutschen. In nur elf Wochen übersetzte er mit Unterstützung seiner Mitarbeiter das Neue Testament, das nach einem gründlichen Lektorat am 21. September 1522, also vor ziemlich genau fünfhundert Jahren, auf den Markt kam.

Das Septembertestament, Titelseite (Bild: Württembergische Landesbibliothek, Signatur: Bb deutsch 152201, gemeinfrei)

„In nur elf Wochen übersetzte Luther mit Unterstützung seiner Mitarbeiter das Neue Testament.“
 

Die Ausgabe, die auch Septembertestament genannt wird, wurde ein Bestseller. Schnell waren 3000 Exemplare verkauft. Luther nahm daraufhin das Alte Testament in Angriff. Nach Erscheinen mehrerer Teilausgaben konnte schließlich 1534 die erste vollständige Lutherbibel veröffentlicht werden.

Bernd Kollmann hat anlässlich des Jubiläums einen kostbaren Band zur Lutherbibel beim Gütersloher Verlagshaus publiziert. Das Buch ist ausgesprochen aufwendig und ansprechend gestaltet und behandelt alle relevanten Themen rund um das Mammutprojekt – darunter die Septuaginta, die Vulgata, die Erfindung des Buchdrucks, den Humanismus, die Apokryphen und die eigentliche Übersetzungsarbeit.

Die einzelnen Kapitel lesen sich kurzweilig und sind atemberaubend illustriert. Fast überall werden dienliche Hintergrundinformationen angeboten. So erörtert Kollmann etwa Luthers Haltung zur Offenbarung des Johannes. Der Reformator sprach ihr zunächst ab, apostolisch und prophetisch zu sein: „Er könne das Buch nicht hochachten, da in ihm Christus weder gelehrt noch erkannt werde“ (S. 113). Für die Ausgabe von 1530 brachte Luther freilich eine überarbeitete Vorrede zur Offenbarung heraus. Inzwischen sah er – angeregt auch durch den Aufmarsch der Türken vor Wien – in den Visionen des Johannes den Schlüssel zum Verständnis der Gegenwart.

Nicht immer bin ich der gleichen Meinung wie Kollmann. Aber insgesamt halte ich Martin Luthers Bibel für ein gelungenes Werk, das trotz aufwendigem Druck für erschwingliche 25,00 Euro angeboten wird. Die Investition lohnt sich.

Buch

Bernd Kollmann, Martin Luthers Bibel: Entstehung – Bedeutung – Wirkung, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2021, 208 Seiten, 25,00 Euro.

Ron Kubsch ist Studienleiter am Martin Bucer Seminar in München, Dozent für Apologetik und Neuere Theologiegeschichte sowie 2. Vorsitzender und Generalsekretär bei Evangelium21. Er bloggt seit über 15 Jahren unter TheoBlog.de und hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter Die Postmoderne (2007), und Der neue Paulus (2017). Seit 2009 ist er Schriftleiter der Zeitschrift Glauben und Denken heute. Ron ist mit Dorothea verheiratet. Sie haben drei erwachsene Kinder.