Texte im Kontext der Erlösung predigen

Buchauszug von Matthias Lohmann
31. August 2022 — 3 Min Lesedauer

Die Botschaft der Bibel entfaltet sich durch fortschreitende Offenbarung. Jeder Text der Bibel steht in einem heilsgeschichtlichen Kontext. Deshalb sollte jeder Text in diesem Kontext verortet werden und daraufhin hinterfragt werden, wie sich der Text in den Strom der Erlösungsgeschichte, der zu Jesus hinführt, einfügt und welche Rolle er dabei spielt.

Die Geschichte von Josef aus dem 1. Buch Mose ist ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wie eine Geschichte aus dem Alten Testament von zentraler Bedeutung für den Fortgang der Heilsgeschichte ist, die im Evangelium mündet.

Natürlich lässt sich eine Vielzahl von wichtigen biblischen Lehren von Josef lernen. Doch Josef ist nicht in erster Linie unser Vorbild. Gott gebraucht die scheinbaren Irrungen und Wirrungen in seinem Leben, um ihn letztendlich so zu positionieren, dass er seine Familie von der Hungersnot retten kann. Nur so ist gewährleistet, dass Abrahams Same kommen kann, durch den alle Völker gesegnet werden sollen. Das Evangelium stand auf dem Spiel und so gebrauchte Gott die bösen Werke von Josefs Brüdern (und einiger mehr), um das auszuführen, was er geplant hatte, sodass seine Verheißungen viele Jahrhunderte später in Christus in Erfüllung gehen konnten. Nicht umsonst steht am Ende der Geschichte die großartige Erkenntnis: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk“ (1Mose 50,20).

Das Prinzip der Entwicklung kann auch auf die Eroberung Kanaans angewendet werden. Die Geschichten der Eroberung Kanaans unter Josua sind nicht nur Moralgeschichten und Ansporn, inmitten von Schwierigkeiten Mut zu haben, sondern sie erzählen, wie treu Gott sein Versprechen hält, sich selbst ein Volk in dem Land zu etablieren. Das Versprechen steht bei der Eroberung auf dem Spiel. Nur weil Gott sein Volk entsprechend seiner Verheißung eingesetzt und etabliert hat, darf man getrost sein, dass Gott auch den Fortgang der Heilsgeschichte so führen wird, dass eines Tages der lange erwartete Christus kommen würde.

Die Geschichte von Esther ist ähnlich. Das Buch Esther ist nicht nur eine Geschichte darüber, was es heißt, eine mutige Frau zu sein, sondern darüber, wie Gott vollmächtig Ereignisse inszeniert, um sein Volk zu bewahren und das Versprechen der Erlösung zu sichern. Wenn Gottes Volk ausgelöscht wird, wäre die Verheißung des Retters aus diesem Volk hinfällig.

„Viele Geschichten im Alten Testament sind letztendlich Teil der großen Geschichte der Bibel. Und so sollten diese Geschichten auch gepredigt werden.“
 

Diese drei kurzen Beispiele verdeutlichen, in welcher Form viele Geschichten im Alten Testament letztendlich Teil der großen Geschichte der Bibel sind. Und so sollten diese Geschichten auch gepredigt werden. Das Neue Testament selbst beginnt damit, dass es Jesus Christus in Bezug zur Geschichte und den vielen Geschichten im Alten Testament setzt. Sicherlich ist es kein Zufall, dass das Matthäusevangelium[1] mit dem Stammbaum Jesu beginnt, in dem man viele „alte Bekannte“ aus dem Alten Testament wieder trifft. Gott hat die Geschichte der Menschheit so geführt, dass sie eben nicht ziellos oder beliebig verläuft, sondern auf das Kommen des Herrn Jesus Christus zuläuft. Und die fortschreitende Offenbarung des Alten Testaments hat dies in ganz besonderer Weise im Fokus. Deshalb sollte jeder Textabschnitt aus dem Alten Testament in seinem Bezug zur Heilsgeschichte gepredigt werden, die letztendlich auf die große Heilsbotschaft des Evangeliums zutreibt.

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Dieser Auszug stammt aus dem Booklet Das Evangelium in jeder Predigt von Matthias Lohmann (S. 27–29). Das Booklet kann hier bestellt oder kostenlos als PDF heruntergeladen werden.


[1]  Auch die anderen Evangelien beginnen mit Rückbezügen auf das Alte Testament: Markus mit zwei AT-Zitaten (vgl. Mk 1,1–3), Lukas mit Reden und Lobgesängen mit AT-Bezug (vgl. Lk 1f) und Johannes geht sogar bis zur Schöpfung zurück und knüpft dabei ebenfalls an das AT an (vgl. Joh 1,1–14.17.29).