
God, Technology and the Christian Life
Steve Callahan war 76 Tage lang in einem kleinen Schlauchboot irgendwo zwischen Afrika und der Karibik verschollen. Ein Bootsunfall ließ Callahan abgemagert und benommen zurück. Mithilfe von Bleistiften schaffte er es, einen Sextanten zu bauen. Mit diesem primitiven Navigationsinstrument konnte er trotz aller Schwierigkeiten seinen Standort grob bestimmen, die richtige Strömung erwischen und sich so in Sicherheit bringen. Er wusste über die Realitäten, die im Universum feststehen, Bescheid – das rettete ihm schließlich das Leben.
Die meisten von uns haben es nicht nötig, sich auf dem Meer nach den Sternen zu orientieren. Dennoch sind wir dazu aufgerufen, uns treu nach Gottes Willen zu orientieren. Dafür brauchen wir ein Bewusstsein darüber, welches die Realitäten Gottes sind, die feststehen. Die Entwicklung der Technologie scheint viele Dinge zu bedrohen, die wir einst für feststehend hielten. Dinge, die wir heute für unverzichtbar halten, galten vor weniger als 50 Jahren noch als Science-Fiction. In den letzten 20 Jahren hat die Innovation in exponentiellem Tempo zugenommen. So wie es aussieht, wird dieses rasante Tempo des Wandels noch zunehmen.
Wie Tony Reinke in God, Technology, and the Christian Life (dt. „Gott, Technologie und das christliche Leben”) schreibt, sind viele Christen angesichts der modernen Technologie ratlos. Ob Flappy Bird, TikTok, künstliche Intelligenz oder Biotechnologie – die Welt der Technik kann verwirrend sein. Das Problem entsteht dort, wo unsere Verwirrung zu Angst führt und uns an dem Gott zweifeln lässt, der die Kontrolle über alles hat.
Die Lehre von der Technologie
Dies ist kein 12-Punkte-Ratgeber für einen besseren Umgang mit Technologie, es ist ein Buch über Gott – oder wie Reinke es formuliert: es ist seine Lehre von der Technologie (vgl. S. 30). Seine früheren Bücher Wie dein Smartphone dich verändert und Competing Spectacles befassen sich vor allem mit unserem Umgang mit der Technologie. In seinem neuen Buch geht Reinke darüber hinaus und bietet einen theologischen Rahmen, um klarer über Technologie nachzudenken.
„Gott sieht jedes Detail unseres Lebens und jeden Winkel im Silicon Valley.“
Viele Autoren versuchen, die Frage zu beantworten, wie wir zur Technologie stehen sollen. Stattdessen fragt Reinke, wie Gott zu unserer Technologie steht. Er erklärt, wie Gott jeden Teil des Universums, von der größten Galaxie bis zum kleinsten Atom, ordnet und lenkt: „Gott treibt alles an und lenkt alles nach seinem Willen und Plan. Die ganze Maschinerie der göttlichen Vorsehung arbeitet Gottes Plan entsprechend auf ein einziges, einheitliches Ziel hin: seine Herrlichkeit und die ewige Freude seines Volkes“ (S. 57). Gott sieht jedes Detail unseres Lebens und jeden Winkel im Silicon Valley.
Der Schmied und der Zerstörer
Gottes Vorsehung erscheint uns manchmal klar und ein andermal schwer zu begreifen. Gottes Vorsehung bei der Geburt eines Kindes zu erkennen, ist nicht schwer. Sie in den ethischen Spannungen des Klonens oder der in vitro-Fertilisation zu sehen, jedoch schon. Wie Reinke hervorhebt, scheint es manchmal, als befänden wir uns auf einer Achterbahn, die rücksichtslos ohne erkennbares Ziel zu immer größeren Entdeckungen rast. Oft überholt unsere Innovation unsere Ethik. „Das Leben in einer gefallenen Welt bedeutet, dass unsere Ethik niemals mit den neuesten technischen Möglichkeiten mithalten kann“ (S. 241).
Doch die Bibel macht deutlich, dass der unveränderliche Gott in all unseren technologischen Bemühungen aktiv präsent ist. Er ist sowohl über den Schmied als auch über den Zerstörer souverän (vgl. Jes 54,16–17). Gott ist allgegenwärtig, sowohl in den bahnbrechenden als auch in den fragwürdigen Entdeckungen der Menschheit. Er ist seiner geschaffenen Welt nicht fern, sondern in ihr aktiv. „Gott lenkt jeden König und jedes Königreich auf der Erde, indem er die ureigensten Wünsche des Königs, seinen freien Willen, lenkt … Das gilt für jeden König und für jeden Machtmenschen im Silicon Valley“ (S. 55).
Gott regiert nicht nur, indem er den Wechsel der Jahreszeiten bewirkt oder die Sterne am Himmel bewegt. Seine Souveränität ist viel persönlicher: Er regiert durch den Willen und die Sehnsüchte der Menschen. Reinke erklärt: „Gottes Souveränität zeigt sich für gewöhnlich nicht darin, dass er dem freien Willen des Menschen widerspricht, sondern darin, dass er durch den freien Willen des Menschen wirkt. Er regiert seine Geschöpfe, indem er ihre Begierden, ihre Wünsche lenkt. Schmiede wollen Schmiede, Zerstörer wollen Zerstörer sein“ (S. 54).
„Wenn Gott das Universum so souverän lenkt, dass er weiß, wann ein Sperling vom Himmel fällt, kannst du darauf vertrauen, dass deine Zukunft in den Händen eines Gottes liegt, der dich liebt und für dich sorgt.“
Die Implikationen dieser Aussage sind klar: Wenn Gott das Universum so souverän lenkt, dass er weiß, wann ein Sperling vom Himmel fällt, kannst du darauf vertrauen, dass deine Zukunft in den Händen eines Gottes liegt, der dich liebt und für dich sorgt. Reinke schreibt: „Unsere mächtigsten Visionäre existieren, weil Gott es so angeordnet hat“ (S. 65). Am deutlichsten sehen wir das beim Tod Jesu: „Mithilfe der Metalltechnik konnte ein Schmied drei lange Nägel und einen Hammer anfertigen. Der Zerstörer aber nutzte diese Erfindungen dafür, den Urheber des Lebens selbst zu töten“ (S. 61).
Wir verstehen vielleicht nicht, warum Gott das Böse dieser Welt zulässt, aber wir wissen, dass die schlimmste Tat der Geschichte von Gott vorherbestimmt war (vgl. Jes 53,10). Die größte Demonstration von Gottes Vorsehung erforderte die schlimmste Tat. Gottes Herrlichkeit leuchtet am hellsten in der Finsternis, weil Gottes Herrlichkeit am hellsten am Kreuz leuchtet.
Boote und Türme
Die Vorsehung Gottes hebt die Verantwortung des Menschen jedoch nicht auf. Reinke schreibt: „Es ist wahr: Kein einziger Sperling fällt ohne Gottes Willen und Zeitplan tot vom Himmel. Aber wenn wir einen Haufen Spatzen unter einer Windkraftanlage finden, sollten wir eine Umweltuntersuchung veranlassen“ (S. 249). Teer kann verwendet werden, um eine Arche abzudichten (vgl. 1Mose 6,14) oder um Türme zu bauen, die bis in den Himmel reichen (vgl. 1Mose 11,3). „Derselbe Eimer Teer kann verwendet werden, um unser Vertrauen in Gott zu stärken oder um Türme des Unglaubens zu errichten“ (S. 291). Es ist schon immer so gewesen, dass Technologie ein inhärentes Potential zum Guten oder zum Bösen hat. Reinke erklärt: „Das einer Technologie innewohnende Potenzial zum Bösen bzw. Guten bleibt so lange vage, bis jemand kommt und es mit einer bestimmten Absicht einsetzt“ (S. 70). Er weist darauf hin, dass diese „Innovationen eigentlich keine neuen Fragen aufwerfen, sondern eine größere Klarheit über alte Prioritäten verlangen“ (S. 242).
„Selbst wenn unsere schlimmsten dystopischen Träume wahr werden, selbst wenn künstliche Intelligenz den Arbeitsmarkt verwüstet, hat Gott immer noch die Kontrolle. “
Selbst wenn unsere schlimmsten dystopischen Träume wahr werden, selbst wenn künstliche Intelligenz den Arbeitsmarkt verwüstet, hat Gott immer noch die Kontrolle. Sein Plan ist immer noch perfekt. Gottes Absichten sind feste Realitäten, die uns in einer sich ständig verändernden Welt leiten werden. Reinke schreibt: „Während sich die Entwicklung der Technik der Kontrolle der Kirche entzieht, müssen wir auf den lebendigen Gott des Universums vertrauen, der alle Dinge lenkt“ (S. 295).
Es gibt noch viel zu tun. Wie Reinke sagt: „Wir evaluieren die Technik, weil die Technik sich nicht selbst evaluiert" (S. 242). Dies erfordert eine größere Klarheit über alte Prioritäten (vgl. S. 242). God, Technology, and the Christian Life ist ein guter Anfang. Dieses Buch drängt uns, auf den unveränderlichen Einen zu schauen, der das Universum durch das Wort seiner Macht erschaffen hat, erhält und regiert. Reinke lädt uns ein, auf Gottes Absichten zu achten – nur diese werden unsere Prioritäten klären.
Buch
Tony Reinke, God, Technology, and the Christian Life, Crossway, 2022, 320 S., ca. 17,10 Euro.