Produktiv

Rezension von Viktor Harder
10. Mai 2022 — 6 Min Lesedauer

Auf dem säkularen Büchermarkt gibt es viele Bücher, die dem Leser helfen wollen, Dinge zu erledigen, sein Leben mit all den Terminen und Aufgaben in den Griff zu bekommen, oder – kurz gesagt – produktiv zu sein. Was aber bedeutet „Produktivität“ für Christen? Und welches Motiv sollte unsere Produktivität anleiten?

Das Buch Produktiv will ein praktischer Leitfaden für Produktivität zur Ehre Gottes sein. Dafür nutzt Tim Challies den ersten Teil des Buches, um die Grundlagen zu legen. Im zweiten Teil stellt er dann drei Werkzeuge vor, die man für Produktivität zu Gottes Ehre benötigt.

Deine Bestimmung: Gott verherrlichen, indem du anderen Gutes tust

Das Buch beginnt mit einem Katechismus, in dem es zunächst um fundamentale Fragen geht.

  1. Wozu hat Gott dich geschaffen?
  2. Wie kannst du Gott in deinem Alltag verherrlichen?
  3. Was sind gute Werke und was hat das mit Christi Werk zu tun?
  4. Bist du als sündiger Mensch in der Lage, gute Werke zu tun?
  5. Was bedeutet Produktivität?

Der Katechismus beantwortet diese und ähnliche Fragen (kurz, aber nicht oberflächlich!) und zeigt damit unsere Bestimmung auf: Gutes tun, um Gott zu verherrlichen.

Deine Berufung: effektive Haushalterschaft deiner Zeit, Energie und Gaben

Warum fällt es uns so schwer, anderen Gutes zu tun und Gott damit zu verherrlichen? Zum einen gibt es innere Ursachen wie Faulheit (zu wenig zu tun) und Geschäftigkeit (zu viel zu tun und seine Aufmerksamkeit auf zu viele Dinge zu richten). Der Autor nennt sie „Produktivitätsdiebe“. Zum anderen gibt es äußere Schwierigkeiten, die wie Dornen und Disteln die Feldarbeit erschweren. Egal, ob hauptsächlich die Produktivitätsdiebe es auf unser Herz abgesehen haben oder ob Dornen und Disteln unsere Produktivität einschränken – beides sind Wurzelprobleme. Fehlende Produktivität ist auf eine mangelhafte Theologie zurückzuführen.

„Wir sind berufen, unsere Zeit, Energie und Gaben effektiv und zur Ehre Gottes zu verwalten und einzusetzen.

Schließlich sind wir berufen, unsere Zeit, Energie und Gaben effektiv und zur Ehre Gottes zu verwalten und einzusetzen. Das ist die Art von Produktivität, die Challies meint.

Deine Verantwortlichkeiten: wofür du zuständig bist

Es bleibt nicht bei dieser abstrakten Beschreibung unserer Berufung. Challies nimmt den Leser an die Hand und fordert ihn auf, eine Inventur seiner Verantwortlichkeiten durchzuführen. Jeder Mensch hat Bereiche, für die er verantwortlich ist. Erst wenn man sich dieser Verantwortungsbereiche bewusst ist, kann man einen Blick für die Aufgaben der nächsten Woche oder des heutigen Tages ableiten. Es ist hilfreich, die Verantwortungsbereiche schriftlich festzuhalten. Tim Challies hat beispielsweise die folgenden Verantwortungsbereiche für sich definiert:

  • Persönlich
  • Familie
  • Gemeinde
  • Sozial
  • Geschäftliches

Seine Frau steckte die folgenden Bereiche für sich ab:

  • Persönlich
  • Familie
  • Haushalt
  • Sozial
  • Gemeinde

Das Ziel dieses Schrittes: Alle Verantwortungen in unserem Leben sollen einem dieser Bereiche zugeordnet werden können.

Dein Auftrag: die Hauptsache zur Hauptsache machen

Für jeden dieser Verantwortungsbereiche dann einen konkreten Auftrag zu formulieren, ist Challies’ Empfehlung im nächsten Abschnitt. Dabei gibt er auch Einblick in die Aufträge, die er für sich selbst verfasst hat. Zum Beispiel für den persönlichen Verantwortungsbereich:

„Erfreue dich an Gott zu seiner Ehre und zum Wohl aller Menschen!“ (S. 47)

Ausgehend vom jeweiligen Auftrag kann man dann konkrete Aufgaben ableiten, Prioritäten setzen und den Alltag planen. Mit einem klaren Auftrag vor Augen läuft man weniger leicht in Gefahr, einfach alles zu versuchen. Stattdessen kann man sich auf das konzentrieren, was man tun sollte.

Drei Wahrheiten, die das Buch durchziehen

1. Gottes Ehre und Dienst am Nächsten

Es geht Challies nicht darum, wie man seine Aufgaben managt, um mehr Zeit für sich zu gewinnen. Auch nicht um eine Produktivität, die uns vor anderen oder uns selbst besser dastehen lässt („unsere Ehre“).

„Ziel unserer Produktivität ist es, Gott zu ehren, indem wir anderen mit guten Werken dienen.“
 

Ziel unserer Produktivität ist es, Gott zu ehren, indem wir anderen mit guten Werken dienen. Damit unterscheidet sich dieses Buch grundlegend von den vielen Büchern auf dem säkularen Markt.

2. Erwarte Schwierigkeiten und Unterbrechungen

Wir leben in einer gefallenen Welt und begegnen daher „Dornen und Disteln“. Außerdem erschwert unser sündiges Herz unsere Produktivität (durch Faulheit oder falsche Geschäftigkeit, Menschenfurcht oder Hochmut). Hinzu kommt die Schwierigkeit des Planens, weil wir die Zukunft nicht kennen.

3. Das Ordnungsprinzip: Alles braucht ein Zuhause; und Ähnliches gehört zu Ähnlichem

Aufgaben haben nichts im Kalender zu suchen und Termine gehören nicht in das Notizbuch. Als Lösungsvorschlag nennt Challies drei Bereiche (Aufgaben, Termine und Informationen) und dafür drei Werkzeuge.

Werkzeuge, Routinen und Systeme

Wie das Ordnungsprinzip praktisch umgesetzt werden kann, zeigt Challies ausführlich, indem er passende Werkzeuge vorstellt und verdeutlicht, wie diese zusammen ein System bilden und uns Routinen ermöglichen. Als Werkzeuge empfiehlt er Softwaretools wie Todoist, den Google-Kalender und Evernote. Ausführlich legt er dar, wie man diese Werkzeuge ausgehend von den vorstehenden Überlegungen (deiner Bestimmung, deinen Verantwortungsbereichen und Aufträgen) nutzen kann, um seine Aufgaben, Termine und Gedanken zu ordnen, zu priorisieren, festzuhalten und zu erledigen. Die Werkzeuge helfen dabei im Streben nach einer Produktivität zu Gottes Ehre. Als Routinen empfiehlt Challies eine tägliche Planung, die er „Coram Deo“ nennt und eine Wochenplanung, die er mit „Diene und überrasche“ überschreibt.

Ordnung ins Leben bringen und Gottes Souveränität

„Nur Gott gelingt es, seine tägliche Aufgabenliste abzuhaken.“
 

Das Buch von Challies verspricht unter anderem, Ordnung ins Leben zu bringen. Meiner Erfahrung nach kann das Buch tatsächlich eine Hilfe dabei sein. Trotzdem ist es (im besten Sinne) sehr nüchtern und bewahrt so vor zu hohen Erwartungen und damit einhergehenden Enttäuschungen. Challies macht immer wieder klar, dass unsere Produktivität immer unvollkommen bleiben wird, indem er C.J. Mahaney zitiert:

„Nur Gott gelingt es, seine tägliche Aufgabenliste abzuhaken.“ (S. 109)

Außerdem warnt er an einigen Stellen vor der Gefahr, unsere Produktivität zu einem Götzen werden zu lassen.

Ergänzende Ressourcen

Die deutsche Ausgabe wird ergänzt durch zwei Anhänge („Bezwinge deine E-Mails“ und „20 Tipps zur Steigerung deiner Produktivität”). Zudem gibt es zwei Arbeitsblätter („Produktivitätsarbeitsblatt” und „Diene und überrasche“), die man auf der Internetseite des EBTC herunterladen kann.

Buch

Tim Challies. Produktiv: Ein praktischer Leitfaden für Produktivität zu Gottes Ehre. Berlin: EBTC, 2021. 152 S., ca. 8,90 Euro.