Das Evangelium vorleben?

Buchauszug von Benedikt Mankel
26. Januar 2022 — 4 Min Lesedauer

Menschliche Behauptung: Ich möchte lieber durch meinen Lebensstil greifbar Zeugnis geben und den Menschen die Liebe Gottes auf diese Weise praktisch vorleben.

Manche können eben gut reden, ich handle lieber. Jesus sagt doch selbst, dass wir unser Licht vor den Leuten scheinen lassen sollen, damit sie unseren Vater im Himmel preisen (Matthäus 5,16). Über meinen Lebensstil sehen die Menschen doch bereits, dass ich Christ bin. Wozu soll ich dann noch groß den Mund aufmachen? Und sagte nicht schon Franz von Assisi „Predige immer das Evangelium, wenn nötig auch mit Worten“? Außerdem bin ich von Natur aus eher schüchtern und zurückhaltend.

Biblische Antwort: Das Evangelium kann nicht vorgelebt, sondern nur verkündigt werden. Diese mündliche oder schriftliche Weitergabe des Evangeliums, und nicht unser christlicher Lebensstil, ist die Kraft Gottes zur Errettung der Menschen (Römer 1,16.17).

Das Evangelium ist mehr, aber niemals weniger als eine Nachricht. Es ist Information, es ist gute Botschaft und daher ist es ein „Kategorienfehler“, wenn wir meinen, dass Evangelium vorleben zu können. Wir können ja auch nicht unser Schulzeugnis vortanzen. Das Evangelium muss stattdessen mit Worten weitergesagt oder mit Buchstaben aufgeschrieben werden. Es muss gehört oder gelesen werden. Kommunikation ist nötig. Dies macht Paulus in Römer 10,9–14 deutlich.

J.I. Packer erklärt uns, mit welcher Methode Paulus evangelisiert hat:[1] Der Apostel lehrte in Synagogen, Häusern und auf öffentlichen Plätzen. Er argumentierte, er diskutierte, er zitierte, er begründete und er erklärte. Er wollte so viele Informationen über das Evangelium wie möglich verstanden wissen, bevor er die Menschen zur Umkehr und zum Glauben an Jesus aufrief. Obwohl wir also flexibel auf Ort, Zeit, Kultur und die Persönlichkeit des Gegenübers eingehen sollen („den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche“ – 1. Korinther 9,20–23), so ist doch das Evangelium, dessen Nachrichtencharakter und die somit notwendige Kommunikation dieser Botschaft unveränderbar.

An dieser Stelle möchte ich kurz darauf eingehen, welchen Einfluss unterschiedlichen Persönlichkeitstypen auf die Evangelisation haben können: Gott hat uns verschiedene Charaktere gegeben. Das Ziel ist nicht, uns zu identischen Charakterklonen zu machen. Wo unsere individuellen Wesenszüge nicht sündig sind (z.B. introvertiert/extrovertiert, stetig/spontan, leitend/mitarbeitend), dürfen wir diese als Stärken in der Evangelisation nutzen. Für eher ruhige, introvertierte Leute kann Evangelisation daher z.B. bedeuten, eine Email/ einen Brief zu schreiben, ein Gespräch bei einem Döner in Ruhe fortzuführen oder ein Buch zu verschenken, anstatt bei den „typischen“ extrovertierten Evangelisationsmethoden wie Straßeneinsätzen mit- zumachen.

Menschliche Behauptung: Ich bin kein Denker und auch kein studierter Theologe. Zum Evangelisieren genügt mir Johannes 3,16. Notfalls erzähle ich einfach, was ich schon alles mit Gott erlebt habe.

Es gibt eben einfache und komplizierte Menschen, die Praktiker und die Theoretiker. Um theologische Feinheiten und trockene Theorie geht es doch beim Evangelisieren sowieso nicht und im Präsentieren und Erklären war ich schon in der Schule schlecht. Johannes 3,16 weiterzusagen oder ein „Jesus liebt dich“ reicht mir als Botschaft völlig aus. Danach punkte ich eher, indem ich erzähle, warum ich gerne in meinen Jugendkreis gehe oder was ich letzte Woche mit Gott erlebt habe.

Biblische Antwort: Allein das Evangelium ist Gottes Kraft zur Errettung (Römer 1,16.17). Nur, wer das Evangelium versteht, kann auch daran glauben und somit gerettet werden (Römer 10,9-14). Am Verstehen des Evangeliums führt kein Weg vorbei, um Christ zu werden. Deshalb können wir nicht auf dessen Weitergabe verzichten, wenn Menschen Christen werden sollen. Und außerdem ist es für den anderen wichtiger zu wissen, was Jesus vor 2000 Jahren tat, als was er heute in deinem Leben tut (1. Korinther 15,1–4). Den bekannten Bibelvers Johannes 3,16 zu zitieren ist gut, reicht aber noch nicht für eine vollständige Evangelisation aus. Das liegt daran, dass dieser Vers eine Teilwahrheit des Evangeliums beinhaltet (Gott sandte seinen Sohn aus Liebe), aber andere Aspekte (z.B. stellvertretende Sühne am Kreuz) nicht benennt.

Du kannst nur weitergeben, was du selbst besitzt. Du kannst nur erzählen, was du dir gemerkt hast. Du kannst nur Hoffnung weitergeben, die du selbst kennst. Daher ist es entscheidend, das Evangelium gut zu kennen und es sich gut zu merken, selbst wenn du kein Denker bist oder nicht gerne präsentierst.

Wenn du eine Flasche verschüttest, was ist dann auf dem Boden? War Wasser in der Flasche, dann Wasser, wenn Cola, dann Cola. Dieses Prinzip gilt auch für unser Herz und für das, was wir beim Evangelisieren sagen (Mt 12,34.35).

Aber wie kannst du dir das Evangelium nun gut merken? Dafür möchte ich dir eine Merktechnik vorstellen. In der kürzesten Form ist dies das Schema „Gott – Mensch – Christus – Antwort“: Wenn du also jemandem von deinem Glauben erzählst, sollten diese vier Säulen dein Gedankengebäude stützen. Etwas länger formuliert kannst du dir die Grundwahrheiten des Evangeliums als vier Punkte mit jeweils vier Worten merken:

  • Gott hat uns geschaffen.
  • Wir sündigten gegen ihn.
  • Christus starb für uns.
  • Wir sollen ihm nachfolgen.

Das Ziel dieser Merkhilfe ist es, dass du das Evangelium strukturiert und verständlich in deinen eigenen Worten erklären kannst.

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Dies ist ein Auszug aus dem Buch Ein Leben zur Ehre Gottes, Band 2 (S. 44–47) von Hanniel Strebel, Jochen Klautke und Lars Reeh (Hrsg.). Weitere Infos und eine Bestellmöglichkeit gibt es hier.


[1] J.I. Packer, Evangelism and the Sovereignty of God, Inter Varsity Press, Downers Grove (USA) 1961, S. 42–53.

Benedikt Mankel ist Ehemann, Vater und studierter Mathematiker. Mit seiner Familie lebt er bei Gießen, wo er und seine Frau Alisa Mitglieder der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde sind. Er arbeitet bei der Deutschen Bundesbank in Frankfurt.