Versöhnung durch Stellvertretung

Artikel von Christian Wegert
1. Februar 2015 — 6 Min Lesedauer
„Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden! Das alles aber [kommt] von Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Jesus Christus und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat; weil nämlich Gott in Christus war und die Welt mit sich selbst versöhnte, indem er ihnen ihre Sünden nicht anrechnete und das Wort der Versöhnung in uns legte. So sind wir nun Botschafter für Christus, und zwar so, dass Gott selbst durch uns ermahnt; so bitten wir nun stellvertretend für Christus: Lasst euch versöhnen mit Gott! Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm [zur] Gerechtigkeit Gottes würden.“ (2Kor 5,17–21)

Der Text behandelt das großartige Thema der Versöhnung. Diese haben wir alle nötig, denn durch unsere sündhafte Natur leben wir in Trennung und Feindschaft zu Gott. Er aber, der reich ist an Gnade und Barmherzigkeit, hat sich entschlossen, diese für uns unüberwindbare Trennung zu überbrücken. Versöhnung ist möglich, weil Gott aktiv wurde und weil er ein vergebender Gott ist.

Ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt dieser großartigen Versöhnung ist, dass sie durch Stellvertretung erfolgt.

Versöhnung erfolgt durch Stellvertretung

Die Frage, die nun im Raum steht, ist diese: Wie kann es sein, dass Gott mir meine Sünde nicht anrechnet? Wir haben es ja in Vers 19 gelesen: „Weil nämlich Gott in Christus war und die Welt mit sich selbst versöhnte, indem er ihnen ihre Sünden nicht anrechnete.“

„Versöhnung ist möglich, weil Gott aktiv wurde und weil er ein vergebender Gott ist.“
 

Wenn ein mehrfacher Mörder vor dem Richter erscheint und sagt: „Hohes Gericht, ich gestehe alles. Ich habe all diese Menschen umgebracht. Es tut mir wirklich leid, und ich entschuldige mich bei den Familienangehörigen. Würden Sie mir nun bitte vergeben und mich gehen lassen?“ Würde der Richter antworten: „Weil Sie mich so lieb gebeten haben, vergebe ich Ihnen. Sie sind frei. Sie können gehen.“? Nein, niemals. Dann wäre er nicht mehr lange Richter, weil er verpflichtet ist, sich an das Gesetz zu halten und gerecht zu urteilen.

Handelt Gott auf diese Weise? Sagt er: „Ach, wisst ihr, weil ihr so lieb fragt, erlasse ich eure Schuld.“? Natürlich nicht, denn das Gesetz muss trotz Vergebung zeitgleich eingehalten werden. Wie das geschehen konnte, erklärt uns Vers 21: „Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht.“

Jesus wurde für uns zur Sünde gemacht. Was bedeutet das? Wurde Jesus am Kreuz ein Sünder? Nein, niemals! Er war ein Lamm ohne Fehl und Tadel. Folgendes geschah: Am Kreuz behandelte Gott, der Vater, seinen Sohn so, als ob Jesus persönlich jede Sünde von allen Gläubigen begangen hätte. Dies tat der Vater, obwohl der Sohn Gottes tatsächlich keine einzige dieser Sünden begangen hat. Wir können auch sagen: Am Kreuz behandelte Gott seinen Sohn Jesus so, als ob dieser dein Leben gelebt hätte. Jesus lebte zwar nicht dein Leben, aber Gott behandelte ihn so, als hätte er es getan. Er goss seinen vollen Zorn gegen unsere Sünden über seinem Sohn aus, so als ob dieser der Schuldige wäre.

Am Kreuz also wurde Jesus von Gott so behandelt, als wäre er ein Sünder, obwohl er es nicht war. Warum tat er das? Er tat es für uns. Er tat es, weil er gerecht ist und uns wegen seiner Gerechtigkeit nicht einfach hätte laufen lassen können. „Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes 53,5).

Nun verstehen wir auch 2. Korinther 5,19: „Weil nämlich Gott in Christus war und die Welt mit sich selbst versöhnte, indem er ihnen ihre Sünden nicht anrechnete.“ Er rechnete „ihnen ihre Sünden nicht an. Aber er ließ sie nicht einfach unter den Tisch fallen, sondern rechnete sie stattdessen seinem unschuldigen Sohn an.

Das ist die eine Seite der Stellvertretung. Die andere Seite ist diese: „Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm zur Gerechtigkeit Gottes würden“ (Vers 21).

Lasst mich eine Frage stellen: Bist du gerecht? Wenn du an Jesus glaubst, dann ist dein Stand vor Gott „gerecht“. Aber ich frage: „Bist du gerecht?“ Wenn du dir nicht sicher bist, dann frage deine Frau. Sie wird dir eine ehrliche Antwort geben. Bist du gerecht? Nein. Selbst Paulus sagt zum Ende seines Lebens hin nicht: „Ich bin der gerechteste aller gerechten Menschen“, sondern er sagt: „Ich bin der größte Sünder“. Du bist nicht gerecht, und ich bin auch nicht gerecht.

Was heißt das dann: „… damit wir in ihm zur Gerechtigkeit Gottes würden“? Es bedeutet, dass Gott uns ansieht, als wären wir gerecht. Auf der einen Seite behandelte er seinen Sohn so, als hätte dieser unser Leben gelebt. Weil Gott das tat, konnte er auf der anderen Seite uns so behandeln, als ob wir das Leben seines Sohnes gelebt hätten.

„Das bedeutet, dass er nicht nur für uns starb, sondern auch für uns lebte!“
 

Deshalb hat Gott seinen Sohn auch nicht für ein verlängertes Wochenende auf diese Erde geschickt – am Freitag gekommen und gestorben und am Sonntag auferstanden. Nein, er lebte mehr als dreißig Jahre hier. Warum? Die Bibel erklärt uns, dass er in allem versucht wurde so wie wir, aber ohne Sünde. Das begann bereits im Säuglingsalter und änderte sich auch nicht in seiner Kindheit, in seinen Teenagerjahren oder als Erwachsener. Er erfüllte mit seinem Leben alle Gerechtigkeit, die Gott wohlgefällt. Warum tat er das? Damit sein Leben, seine Gerechtigkeit uns zugerechnet werden kann. Das bedeutet, dass er nicht nur für uns starb, sondern auch für uns lebte!

Am Kreuz also behandelte Gott seinen Sohn, als ob er unser Leben gelebt hätte. Er wurde zur Sünde gemacht. Er war kein Sünder, aber dein und mein Leben wurden ihm angerechnet. Und nun behandelt Gott uns so, als ob wir das Leben Jesu gelebt hätten. Versöhnung ist also möglich, weil Jesus unser Stellvertreter ist.